Wie weiter wachsen? Stadtplanung & Siedlungsentwicklung Region

  • @Munich2030, Bau-Lcfr,


    Bitte nicht den selben Fehler machen, den ich immer mache: Zu glauben, dass die Politiker und Medien ein ähnliches Weltbild haben wie ich/wir.


    Es interessiert sich kaum jemand für weiteres Wachstum der Stadt, vor allem nicht um annähernd ausreichendes Wachstum, besonders wenn die Veränderungen auch noch optisch Großstädtisch wirken.


    Die Devise heißt: Kommen wir igendwie um die Veränderungen herum.
    Auch wenn es verantwortungslos ist.


    Bei den Hochhäusern werden alle möglichen Register gezogen, um diese zu verhindern.
    Abstandsregeln, Statik, Feuergefahr, Infrastruktur.
    Bis vor kurzem waren sie nur für sozial schwache Schichten planbar, jetzt auf einmal nur für die Oberschicht.


    Auch ich bin am mühevollen zusammenkratzen von echten Fakten, hierbei werde ich mehr behindert als unterstützt.


    Mich interessiert NUR die Wirklichkeit und hab die Schnauze von Meinungen voll.

  • Bau-Lcfr: Bei höherem Baurecht ist die Grundsteuer entsprechend höher. Daher macht deine Rechnung dann Sinn, wenn es endlich eine passende Bodenrechtsreform (Besteuert wird nur noch der Grund, nicht Grund + Gebäudefläche) gibt.
    Hier ein Beispiel, das in etwa an deine Zahlen herankommt:
    http://bam-projekte.de/projekte/isarbelle.html



    Je exklusiver der Hochhausbau gehalten wird, desto teurer lassen sie sich als etwas Besonderes vermarkten, desto verbreiteter die Ansicht, in HH könnten nur Luxuswohnungen entstehen?



    Bzgl. der Baukosten für Hochhäuser / kl. Geschosswohnungsbau:


    TU Wien (+ 15 - 20% Kosten; ab 60m nicht mehr ökologisch?):
    http://www.wohnbau.tuwien.ac.at/downloads/Archiv/Wohnen%20auf%20hohem%20Niveau/Grundlagenforschung%20WS%202015/8.%20Ökologie%20und%20Wirtschaftlichkeit%20von%20Hochhäuser/8.%20Ökologie%20und%20Wirtschaftlichkeit%20von%20Hochhäuser%20-%20Ivas,%20Zeilinger.pdf


    Ab 60m ist vorallem aufgrund der nun vollständig abweichenden Brandschutzvorschriften mit höheren Baukosten zu planen:
    https://www.bauingenieur24.de/…usbau-nach-geschossen.htm


    Daher: Luxuswohnungen in hohen Türmen, bezahlbare Wohnungen in 60m Hochhäusern.



    Diskussion bitte in den Hochhaus Thread verschieben, danke.


  • Bei den Hochhäusern werden alle möglichen Register gezogen, um diese zu verhindern.
    Abstandsregeln, Statik, Feuergefahr, Infrastruktur.
    Bis vor kurzem waren sie nur für sozial schwache Schichten planbar, jetzt auf einmal nur für die Oberschicht.


    Letztens erst gelesen, dass Hochhäuser sinnlos sind, da man hier mit dem Wasserdruck Probleme hat. Das das Problem des Wasserdrucks technisch schon seit ewigen Zeiten gelöst ist (siehe zig Hochhäuser rund um den Globus) interessiert da natürlich keinen, solange man vordergründige, billige Propaganda betreiben kann.

  • Mal zusammengefasst meine Grundforderungen an die zukünftige Stadtentwicklung:


    • Keine neue Gegenden mit Einfamilien- / Doppel- / Reihenhäusern, außer sehr begrenzt als Nachverdichtung in bestehenden Gebieten solcher Art.
    • zukünftige Wohngebiete sollten alle im Geschosswohnungsbau entstehen, am besten mit Blockrand oder ähnlichen Formen mit Gebäudehöhen von 6-10 Stockwercken, gerne auch mit nicht konstant gleicher Traufhöhe.
    • "Gefällte Hochhäuser" sollten vermieden werden. Damit meine ich monotone extrem lang gezogene immer gleich gestaltete Häuser, die wie ein Hochhaus daherkommen, aber halt nicht hoch, sondern lang sind.
    • Hochpunkte bis zu ~60m sollten generell Bestandteil neuer Baugebiete sein, als Auflockerung bzgl. der Höhe und Betonung von Zentren. 60m sind bzgl. Sichtachen, Skyline, Alpenpanorame, Verschattung u.s.w. meistens unbedenklich.
    • Hochhäuser > 60m sollten in div. festzulegenden Clustergebieten entstehen.
    • Wohnungsnot wird man mit Hochhäusern nicht bekämpfen. Hochhäuser oder Hochpunkte sind Stilmittel um ein Viertel mehr Charakter zu geben, Zentren zu betonen und visuell auch ansprechender zu machen. Die Hauptlast der Bekämpgung von Wohnungsnot wird der Geschosswohnungsbau aus Punkt 2 leisten.
    • Beim Bürobau sollte man sich in Zukunft noch mehr in die Höhe wagen als im Wohnungsbau, da man hier meiner Ansicht nach leichter und unkomplizierter stapeln kann, als im Wohunugsbau und somit auch leichter und unkomplizierter Platz sparen kann.
    • Wohnungsbau muss in 4 Arten vorangetrieben werden.

      • Nachverdichtung (Überbauung Parkplätzen, Aufstockungen, Füllen von Blockrändern, ....)
      • Überplanung von bestehedenen Gebieten (Kasernen, Gewerbegebieten, die man nicht mehr braucht, ....)
      • Neue Wohngebiete auf der grünen Wiese / Feldern am Stadtrand.
      • Größere Wohngebiete oder sogar 1-2 Entlastungsstädte auf der grünen Wiese in Nachbargemeinden, unterstützt in der Planung vom Stadt / Landkreis / Land.


      Grundsätzlich sollte ein Ziel sein, dass wir mehr und wertvollere Naherholungsgebiete und auch Parks bekommen. Somit wird die Stadt in meinen Augen auch grüner werden. Felder zähle ich aber nicht dazu und auf Stadtgebiet sehe ich langfristig keinerlei Daseinsberechtigung für Felder.

    • Jedes neue Wohngebiet sollte ein Konzept für ÖPNV und v.a. auch für Fahrradschnellwege enthalten.
  • Sehr gut heraus gearbeitet, auch wenn meinem Auge eher konstante Traufhöhen gefallen. Aber sonst sehe ich das 100% auch so.

  • ^ Im Düsseldorfer Unterforum wurde mal geklärt, dass es als ein weiterer Fluchtweg gilt, wenn die Feuerwehr ein Hochhaus von zwei Seiten erreichen kann - dies macht die Lage an der Ecke des sonst niedrigeren Straßenblocks optimal. Wenn die höchstliegenden Räume nicht über 22 Meter über der Straße sein sollen, können die Flachbauten 7-8 Geschosse hoch sein (Wohnhäuser - Bürogebäude haben in der Regel höhere Geschosse).


    Man sollte nicht die Wohnungen in den unteren Geschossen höherer Türme vergessen, die meist viel preiswerter als jene ganz oben verkauft oder vermietet werden. Irgendwo fand ich unter den aktuellen Projekten in Deutschland ein Verhältnis von unter 1:2 - die unteren Wohnungen zum Preis wie in Flachbauten, erst die oberen richtig teuer.


    BTW: Laut dieser Studie in der ImmoblienZeitung vom 23.03 wollen die Entwickler derzeit viele weitere Wohnhochhäuser bauen. Die aktivsten werden genannt (die Zahlen sind vielleicht aktuelle Hochhaus-Projekte, vermute ich): GSP Gesellschaft für Städtebau und Projektentwicklung Berlin (49.500 Qm), Kondor Wessels (33.600 Qm), Pandion (zwei Düsseldorfer Wohnhochhäuser und IsarBelle in München - 32.300 Qm).
    Zwischen 2012 und 2020 wurden oder werden in Deutschland 78 Wohnhochhäuser mit 11.467 WE gebaut - davon 10% in B-Städten, die jedoch nicht näher definiert wurden.
    Die Kaufpreise liegen meist 23-53% über dem jeweiligen Durchschnitt in der vergleichbaren Lage (aber ohne Ausblick). 38% aller Hochhaus-Wohnungen seien laut Studie Eigentumswohnungen im Premiumsegment - ähnlich viele Mietwohnungen, diese jedoch in relativ niedrigeren Türmen.


    Die Investitionskosten seien laut Artikel im Schnitt inkl. Grundstück 4.700 EUR/Qm - von 2.000 bis 10.800 EUR/Qm (leider wurden keine reinen Baukosten genannt). Das ist doch weniger als der durchschnittliche Neubauwohnung-Qm-Preis in München?


    Der Artikel erinnert an den darüber erwähnten zweiten Fluchtweg - allerdings erst ab 23 Meter zwischen dem Boden des obersten Wohngeschosses und der Straße.

    8 Mal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • LugPaj: Danke für die schöne Zusammenfassung. Stimme in den meisten Punkten absolut überein und hoffe, daß dies dann auch von der Stadt München in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten in dieser Form umgesetzt wird.

  • ^^^ Der sog. 2. Rettungsweg hat nichts mit der Gebäudehöhe zu tun. Jede Wohnung, die nicht ebenerdig liegt, muss neben dem normalen Treppenhaus über einen zweiten Rettungsweg verfügen. Der 2. Rettungsweg muss kein Treppenhaus sein, es kann eine Notleiter sein, ein Dachfenster mit anleiterbarem Austritt, ein Balkon.


    Erst ab einer Höhe des obersten Fußbodens von mehr als 22 Meter über Straßen-OK oder bei Hinterhäusern scheiden als 2. Rettungsweg alle Lösungen aus, die auf Hilfe der Feuerwehr von außen setzen. Die Selbstrettung muss dann über ortsfeste Treppen funktionieren. Ab einer Höhe von 60 m nehmen die Anforderungen an den 2. Rettungsweg zu, dann muss es (innen oder außen) ein Treppenhaus sein, das nicht verrauchen kann (Überdruck, Schleusen).


    Die 22-m-Grenze kommt daher, dass die bei den Feuerwehren eingesetzte Standarddrehleiter wegen des Anstellwinkels i.d.R. keine Rettung aus Höhen von mehr als 22-23 m zulässt. Man kann zwar längere Drehleitern bauen, aber die werden zu schwer und zu unbeweglich. Man hätte dann einen höheren Platzbedarf für Rangier- und Aufstellflächen und ein höheres zul. Gesamtgewicht, dass die Rettungszufahrten aushalten müssten. Die Rettungszufahrten müssen für 16 t ausgelegt sein und sind es oft genug nicht. Das hätte dann z.B. auch Auswirkungen auf die Tragkraft von TG, über deren Decken Rettungswege verlaufen.


    Um den baulichen Brandschutz, der die sichere Selbstrettung gewährleisten muss, kommt man folglich nicht drumherum, das hilft alles Gejammer nicht. Bei Wohnhäusern höher 60 m kommt dann noch allerlei Haustechnik hinzu, die Platzbedarf hervorruft und hohe Betriebskosten verursacht (Brandmeldeanlage, Feuerwehrfunk, Rauchabzüge, Notstromversorgung, Druckerhöhungs- und -minderungsanlagen, getrennt für Lösch- und Trinkwasser, Feuerwehraufzug); das ist bestimmt noch nicht alles. Daraus folgt, Wohnen im Hochhaus ist notwendigerweise deutlich teurer. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass irgendjemand an diesem Punkt Abstriche verantworten möchte (s. Grenfell-Tower in London oder das aktuelle Ereignis im Trump-Tower in Manhattan)

  • So viel ich hier rauslesen kann:


    Alain Thierstein meint, dass die Gebäudeformen und deren Platzierung den Anforderungen für den wachsenden Großraum München in keiner Weise entsprechen.

  • Städtebauliches Potential in München müsste reichlich vorhanden sein...


    Bei der städtischen Grundfläche von 310km²:


    Potential für zusätzliche 3,75 mio Einwohner.


    Potential für zusätzliche 11 mio Büroarbeitsplätze


    Fläche für grün- und Wasserflächen: 103 km²


    Die bebaute Fläche von 207 km² wär dann etwa 1/3 mit Hochhäusern und 2/3 mit Blockrand bebaut.

  • Das wäre eine höhere Dichte als im dichtesten Schwabing-West, dafür müsste man wohl sämtliche Reihenhäuser, Einfamilienhäuser etc. abgerissen und neu bebaut werden.
    Ich hatte mal die Landwirtschaftsflächen in München rausgesucht und sie mit 5000/km2 bebaut (irgendwo in einem früheren Post), da kam ich auf zusätzlich mögliche 500 000 - 800 000 Einwohner, wenn alle entsprechend bebaut sind. Insbesondere auf der anderen Seite des Ringes im Nordwesten gibt es große Möglichkeiten.


    Aber für solche Pläne muss man die Leute auch abholen - dadurch, dass so viele Neubaugebiete so wenig Aufenthaltsqualität bieten, zieht es die Leute in die Innenstadtviertel wie Haidhausen, was zusehends voller und verstopfter wird, so dass die Anwohner immer grantiger werden und skeptischer gegenüber dem Wachstum. Geschickte Stadtplanung könnte da viel ändern. Leben und Charme der Stadt muss unbedingt mitwachsen, nicht nur Kästchenwohnungsbau.

  • Danke für die Einschätzungen.


    Das U Bahn Netz und die erste Stammstrecke der S sind die hauptsächlichen
    Zugewinne der Schienen-Infrastruktur.
    Das sternförmige S Bahn Netz stammt von 1870 bis 1940, mit den wenigen Unterführungen, Brücken und Bahnübergängen.
    Dieser Gleiskörper ist für das München der Monarchie gebaut worden.

  • Liebe Forumsmitglieder:


    In den Medien kursieren wieder Meldungen zum sich verschärfenden Nachfrage
    Überhang von Wohngebäuden.
    Wann beginnt jetzt eigentlich langsam die „erklärende“ Debatte, dass es ohne
    massiven Neubauvolumen mit dazugehöriger Infrastruktur immer enger wird?
    Wann werden die Irrmeinungen korrigiert, wie: „wenn jetzt Neubauten kommen wird alles
    nur noch mehr angeheizt, und wir werden verdrängt“.

  • ^ Der Düsseldorfer OB wiederholt bei jeder Gelegenheit die Losung "Bauen, bauen, bauen" - nicht als Einziger. Es ist die Sache der Medien, Politiker mit den Lösungsansätzen der anderen Metropolen zu konfrontieren. Wie weit ein Webforum dazu zählt und wirksam sein kann - jeder hat wohl seine Gedanken dazu.


    BTW: Beim Googeln zum Thema fand ich diesen Artikel vom 19.05, nach dem Aldi und Lidl künftig verstärkt Wohnungen über den Supermärkten errichten wollen - etwas, was hier im Forum öfters eingefordert wurde. Parkplätze in einer Tiefgarage - als beispielhafte Standorte wurden Frankfurt (mit einem konkreten Projekt), Hamburg, München, Düsseldorf und Berlin genannt.
    Wenn man sich alle diese eingeschossige Verkaufspavillons anschaut - ein wenig könnte auch das zur Problemlösung beitragen.

  • Mod: verschoben aus dem SEM Nordost-Thread



    krylosz:
    Der Speichersee ist Europareservat, EU-Vogelschutzgebiet, Feuchtgebiet internationaler Bedeutung und eine Important Bird Area.
    http://www.ismaninger-speichersee.de/startseite.html
    So schnell wird da nicht herum geplant.


    Nur weil der Speichersee ein schützen wertes Gebiet ist, kann man da trotzdem nördlich oder südlich davon eine Entlastungsstadt planen. Nördlich ist ja derzeit sogar eine Testrennstrecke von BMW....

  • Warum eine Entlastungsstadt in bisher unbewohntes Gebiet fast ohne Infrastruktur setzen? Das ist ökologisch sehr fragwürdig.


    Warum nicht viel eher Entlastungsstädte in schon besiedeltem Gebiet setzen? Etwa zwischen FFB, Germering und Olching oder zwischen Garching, Schleißheim und Eching oder zwischen Markt Schwaben, Kirchheim und Vaterstetten. Dort könnte man vorhandene Infrastruktur benutzen und verdichten. Reichlich Platz ist da vorhanden für mehr Entlastungsstädte als gebraucht werden.


    Es sollte meiner Meinung nach schon darauf geachtet werden, nicht mehr Boden zu versiegeln als notwendig. Deswegen ein klare Hierarchie in der Bebauungsstrategie: 1. Grosstadt verdichten 2. Im Ballungsraum die Vororte verdichten 3. Falls das Bisherige nicht reicht: zwischen den vorhandenen Vororten verdichten und 4. Falls das dann immer noch nicht reicht und der Ballungsraum auf über 10 Millionen wächst dann kann man über Entlastungsstädte nördlich des Speichersees nachdenken.