Amerikanische Fehlplanung

  • Amerikanische Fehlplanung

    Hier mal ein Bsp für amerikanische Fehlplanung. Das legendäre Stadtviertel Pruitt-Igoe in St. Louis. Gebaut wurde es für sozial schwache unterteilt in Gebiete für Schwarze und Weiße anfang der 50er. Bereits paar Jahre später sind fast alle Weißen weggezogen und das Viertel versank im Chaos. Anfang der 70er wurden alle Wohnblöcke komplett abgerissen. Hier ein Video man beachte die Musik ^^
    http://www.youtube.com/watch?v…hpBB2/viewtopic.php?t=725


    hat jemand schonmal davon gehört?

  • Das gabs nicht nur in St. Louis...


    schau mal unter "Title I" oder "Slum Clearance" Projekten in New York in den 50ern und 60ern nach... erschreckend was da alles abgegangen ist! Vielleicht der bekannteste Bauherr New Yorks in Verbindung mit der Finanz-, Immobilien- und Bauindustrie (Tammany Hall natürlich auch nicht vergessen) waren eine üble Verbindung... :Nieder:

  • Und da meckert mal noch einer über ostdeutsche Platten. Im Gegensatz zu dieser Tristesse sind das ja bei uns die reinsten Vergnügungsparks. ;)

  • Fehlplanungen von Großwohnsiedlungen!?

    Diese Planstädte als amerikaspezifisches Problem abzustempeln ist vollkommener Blödsinn. Wie schon weiter oben genannt gibt es dieses Problem auch anderswo. Auch hier bei uns in Deutschland.
    Ich würde es auch nur bedingt als Fehlplanung einstufen. Schließlich tragen solche Wohnblöcke dazu bei die extensive Suburbanisierung einzudämmen. Die Frage ist, was man hätte tun können um diese Häuser in eine attraktive Wohnlandschaft zu verwandeln!? Und da gibt es ganz sicher Möglichkeiten!
    Erwähnen sollte man dabei auch noch, dass diese Bilder auf Grund des Leerstandes noch viel "abscheulicher" wirkten.
    Wenn ich mir hier in Berlin das Märkische Viertel anschaue, nehmen sich diese beiden Planstädte nicht viel. Nur eben dass das eine noch bewohnt wird und das andere dem Erdboden gleichgemacht worden ist ...

  • Ihr vermengt hier Architektur, Städtebau und soziale Fragen miteinander.


    Ich darf vielleicht daran erinnern, dass die Menschen im Nachkriegsdeutschland, vereinzelt auch schon zwanzig Jahre früher, in ihren verranzten Altstadtwohnungen saßen und sich oft und lange Zeichnungen der angeblichen Städte von morgen ansahen, deren monotone Zeilen sich auch in den Dimensionen nicht allzusehr von den hier Gezeigten unterschieden. Und die Mehrheit war bei diesem Anblick voller Hoffnung!


    Dass in Marzahn die Fensterscheiben üblicherweise heil waren und dass Verwahrlosung, Gewalt und Depression sich in Berlin eher im Prenzlauer Berg und vor allem in Mitte breitmachten (was man heute nicht mehr wahrhaben will), lag an allen möglichen Faktoren - nur eben nicht an der angeblich so inhumanen Architektur! Im Westen das gleiche Spiel: während in einem privat finanzierten Wohnhochhaus in Steglitz bis vor wenigen Jahren (als es noch Wohnungsmangel in Berlin gab) vor allem der Typus "Wilmersdorfer Wittwe" residierte, wohnten im sehr ähnlichen Haustyp im Märkischen Viertel vor allem Leute, die früher oder später sprechsingende Kinder mit funkelnden Totenkopfmasken und anderen Leiden aufziehen sollten.


    Mal abgesehen davon sehen die meisten städtischen Bauten, ob nun in New York, Paris oder Berlin, von hinten auch nicht besser aus als die Blöcke in St. Louis von vorne.

  • ich denke schon, dass die architektur ihren teil zur verwahrlosung beigetragen hat. es gab nur in jedem dritten stockwerk eine haltestelle vom aufzug also im EG, 3OG, 7OG und 10OG. dadurch mussten die leute über laubengänge und dunkle treppenhäuser enorme wege bis zu ihrer wohnungstür zurücklegen. folglich hat sich niemand für das treppenhaus und die flure verantwortlich gefühlt. es enstand kein gemeinschaftsgefühl und das haus wurde als öffentlicher bereich angesehen.
    das klientel hat dem ganzen dann natürlich den rest gegeben. sozial schwache familien mit vielen kindern - und das anfang der 50er.
    so hab ich das gelesen.

  • Krasse Mentalität, so ne "Fehlplanung" in dieser Größe einfach mal aufzugeben und zu sprengen.
    In Deutschland wäre da viel früher interveniert und nachgebessert worden. Eigentlich ist das, soweit ich das sehen kann, der größte Unterschied zwischen den US-"Fehlplanungen" und ihren deutschen Pendants.


    Selbst wenn hier jetzt auch viele Platten abgerissen werden, so hat man denke ich dennoch einen ganz anderen Anspruch auf Langlebigkeit der Architektur un versucht zu renovieren, umzunutzen, retten, etc. was geht. Hat ja schließlich mal Geld gekostet...
    Vielleicht werden irgendwann mal nostalgisch gesinnte US-Amerikaner die Good-Old-German Platten besichtigen kommen :lach:

  • das haus wurde als öffentlicher bereich angesehen.


    Und öffentlicher Bereiche darf man verschmutzen und vandalisieren nach Belieben, oder wie? So sehen unsere Städte (und Dörfer) zumindest immer mehr aus.


    Ich stimme hier AeG zu: es kommt wohl mehr auf den "Inhalt" an.


  • hier mal ein bild von oben. ich verstehe nicht, warum der architekt so einfallslos war immerhin hat er auch das world trade center entworfen.

  • ^^


    nun ja, das World Trade Center war ja am Anfang alles andere als beliebt! Es wurde zusammen mit der Downtown Skyline erst über die Jahre zum Markenzeichen von NYC.

  • was ist jetzt eigentlich genau der sinn dieses threads? das wir uns bilder und die besten beispiele entsprechender siedlungen einanderreihen, anschauen und betroffenheit über deren heruntergekommenheit und architektonischer unzulänglichkeit äußern oder soll über die ursachen von vereinzelter verslummung in trabantensiedlungen diskutiert werden? :headscratch:

  • Ja, super Beispiel dafür, was funktioniert und was nicht ;). Man beachte besonders die beiden letzten Fotos auf Seite drei (tenements being demolished). Da sieht man dann wunderbar, dass Verwahrlosung keine Frage der Gebäudehöhe ist und Satteldächer auch nicht vor ihr schützen.


    Und noch einmal zu St. Louis: die Riegel vom Typ P2, die man in Berlin vor allem in Mitte, Friedrichshain und Lichtenberg findet, besitzen ebenso Fahrstühle, die nur in jeder dritten Etage halten, dazu die langen Verbindungsgänge und gefangenen Treppenhäuser. Ich weiß nicht, was darin heute so abgeht, aber zumindest in den ersten 25 Jahren ihres Bestehens ging es da recht gesittet zu. Und das lag bestimmt nicht daran, dass auf jedem Flur ein Stasi-Mitarbeiter postiert war.

  • So lange da nicht die Leute in die Obdachlosigkeit oder sonst wie in den Ruin getrieben werden, find ich das durchaus gut solche Fehlplanungen abzureißen. Kann fürs Stadtbild nur förderlich sein. Würde auch in Westdeutschland hier und da mal ganz guttun ;)

  • vielleicht kann man den thread ja durch public housing ergänzen.
    hier mal eine gute homepage, mit einer auflistung der publich housing areas in den USA.
    http://www.urbandecay.ca/
    die "robert taylor homes" siedlung in chicago hat den ruf des größten ghettos der welt.
    hier ein artikel, wenn auch aus dem jahr 1999.
    28 hochhäuser je 16 stockwerke mit 4321 wohnungen.
    http://www.zeit.de/1999/16/199916.chicago_.xml?page=1
    die bewohner werden wohl in die obdachlosigkeit verdrängt, das sie niemand sonst haben will. ich muss zugeben, bis jetzt habe ich wenig hinweise darauf gefunden, dass die architektur wirklich schuld an dem ganzen desaster ist. anscheinend ist es mehr eine frage des managements.
    in deutschland gibt es übrigens auch solche siedlungen, wenn auch in kleineren dimensionen. bsp: die Weißen Riesen in Duisburg Hochheide.

  • Ich denke, dass das Handeln der Amerikaner bzgl. der Robert-Taylor-Homes richtig ist.
    Sicher, man hätte diese Dinger auch stehenlassen können, aber schaut man sich mal die Geschichte und vor allem den Zustand der Siedlung genauer an, stellt man fest, dass ein Abriss der einzigst korrekte Weg ist. Viele der Häuser sind von Grund auf heruntergekommen. Es wäre ein großer Aufwand, diese wieder auf vordermann zu bringen. Des Weiteren wäre so eine grundlegende Sanierung bei bewohnter Bausubstanz ein riesiges logistisches Unterfangen. Kommt nun eben noch diese entsetzliche Geschichte dieses Viertels mit hinzu, erscheint ein Komplettabriss einfacher, schneller und günstiger und vor allem menschlicher zu sein.
    Die Bewohner des Viertels wurden ja, laut dem Artikel, verstreut über die Stadt angesiedelt. In Bereiche, wo auch viele weiße wohnen. Ich finde, dass das sogar ein hervorragender Zug ist!
    Die neue Bebauung, die nun anstelle dieses ehemaligen Ghettos geplant ist, korrigiert die Fehler aus den 60ern. Darüber hinaus werden viele Einkaufsmöglichkeiten, Grünflächen und humane Wohnhäuser geschaffen, die für -alle- sozialen Schichten konzipiert sind.
    Alles in allem geht es mir nur darum, diese negativen, pauschalen und meist auch inhaltslosen Behauptungen gegenüber den USA richtigzustellen. Dieser Antiamerikanismus ist nur eine Moderscheinung des Mainstreams, nichts weiter. Aber dieses Thema gehört hier ja nicht rein.
    Fehler in der Planung gibt es überall auf der Welt ...


    Und bzgl. der Frage über den P2:
    Ich habe hier (Lichtenberg) ein paar solcher Teile gegenüber stehen und muss sagen, dass dort keine großartigen sozialen Differenzen zu existieren scheinen. Zumindest nicht in einem überdurchschnittlichem Maße.
    Die Rathauspassagen am Alex sind übrigens auch mit diesem "Verkehrssystem" des P2 ausgestattet, wie viele andere Platten um diesen Platz auch.

  • Was mir beim Video über Pruitt-Igoe in St. Louis sofort aufgefallen ist, es gibt nirgendwo auf diesen Gebäuden, trotz aller Verwahrlosung auch nur ein Graffity. Für mich ein deutliches Zeichen dafür, wie sich in den letzten Jahrzehnten in unserer Gesellschaft die Einstellung gegenüber öffentlichem und fremdem Eigentum geändert hat.
    Unabhängig von der Architektur, läßt sich heute in Gebäuden, welche so groß sind, daß nicht mehr jeder jeden kennt, die Verwahlosung nur noch durch den Einsatz von privaten Firmen des Gebäudemanagements (Hausmeisterdienste, Sicherheitsdienste, Reinigungsfirmen, ...) verhindern.
    Es fühlen sich immer weniger Menschen auch verantwortlich für Dinge die ihnen nicht gehören.
    Ich muß da AeG Recht geben, es ist wohl weniger ein Problem der Architektur, als vielmehr der gesellschaftlichen Verhältnisse. Die Architektur ist aber wiederum in der Verantwortung, diese gesellschaftlichen Entwicklungen in ihren Entwürfen zu berücksichtigen. Es werden solche Entwürfe funktionieren, welche aufgrund ihrer geringen Größe die soziale Kontrolle noch ermöglichen. Bei größeren Gebäuden wird es darauf ankommen, den öffentlichen Raum weitestgehend zu reduzieren oder soweit als möglich kontrollierbar zu gestalten. Die sogenannte Privatisierung des öffenlichen Raumes wird sich zunehmend durchsetzen.

  • Die Grosssiedlung Steilshoop in Hamburg ist auch ein Beispiel fuer Verwahrlosung (gewesen) und war sogar im Erdkunde-Lehrbuch fuer die gymnasiale Oberstufe zu finden. Auch hier gab (oder gibt es immer noch?) das Problem, dass sich niemand fuer die Gemeinschaftseinrichtungen verantwortlich fuehlt. Der anfaengliche Mix aus Eigentums- und Sozialwohnungen ging verloren und Steilshoop verkam zum Ghetto (inklusive Jugendbanden, die aus Langeweile kleine Rohrbomben bauten und zuendeten). Die Wohnungen an sich sollen dagegen recht attraktiv geschnitten sein (soll auch einige Maisonette-Wohnungen dort geben).
    Mittlerweile soll es nicht mehr so schlimm da sein, vor allem dank der Bemuehungen, den Bewohnern ein vielfaeltiges Angebot an Zerstreuung zu bieten (Skatepark, Soziale Einrichtungen, Freizeitkurse etc.). Das Problem ist aber immer noch die schlechte Verkehrsanbindung (20.000 Einwohner auf wenig Raum ohne U-Bahn). Letzeres trifft uebrigens auf fast alle Hamburger Grosswohnsiedlungen zu (u.a. Osdorf, Kirchdorf-Sued).