Freiheits- und Einheitsdenkmal (in Bau)

  • Eine kleine Presseschau zu den neuen Wendungen.



    Die Welt nennt das Einheitsdenkmal eine intellektuelle Totgeburt und weist daraufhin, dass Berlin mit dem Brandenburger Tor bereits ein Einheitsdenkmal habe


    https://www.welt.de/kultur/art…darf-nicht-wahr-sein.html


    Die Süddeutsche sagt, das Einheitsdenkmal sei eher "lustig" als durchdacht und wirft dem Denkmal sinngemäß eine Banalisierung der Revolution 1989 vor ("Demokratie als Kinderspiel")


    http://www.sueddeutsche.de/kul…-als-durchdacht-1.3379657


    Die Neue Osnabrücker Zeitung hält den Entwurf für untauglich und fordert, nochmal über das Denkmal zu reden, schließlich wäre es gut, wenn das Denkmal aus einem freien Austausch der Bürger hervorgehen würde, den es ja verkörpern solle


    http://www.noz.de/deutschland-…-berlin-noch-einmal-reden


    Indes titelt die Unionsfraktion im Bundestag, einen offiziellen Beschluss des Bundestagsausschuss vorwegnehmend, "Das Freiheits-und Einheitsdenkmal kommt" in ihrer Pressemitteilung, in der erklärt wird, es habe sich ja die ganze Zeit um ein Projekt der Unionsfraktion gehandelt: "Es war und bleibt eine Initiative von CDU und CSU mit diesem Denkmal an die friedliche Revolution von 1989 und die gesamte positive Freiheits- und Einheitsgeschichte Deutschlands zu erinnern.".


    https://www.cducsu.de/presse/p…und-einheitsdenkmal-kommt

  • Ich weiß jetzt endlich, woran mich diese Wippe erinnert: An die Schale des Salz- und Pfefferstreuersets von Wagenfeld – ein Designklassiker. Vielleicht sollte man das Gebilde mit zwei Riesenstreuern bestücken, die dann symbolisieren, dass Deutschland erst durch Einheit (Salz) und Freiheit (Pfeffer) die richtige Würze bekommt! :doof: Im Ernst: Das kann doch keiner mehr ernstnehmen...


    Was ich allerdings auch nicht ernstnehmen kann, ist das Ausmaß an Bestürzung, das hier einige an den Tag legen: "Ein schwarzer Tag für Berlin", "Wir Deutschen machen uns lächerlich", und so weiter. Ein albernes Denkmal ist ein albernes Denkmal. Schlimmstenfalls wird man es ignorieren, bestenfalls wippt es ja doch und es macht Spaß, darauf herumzulaufen. Ein Drama ist das alles nicht.

    Einmal editiert, zuletzt von Architektenkind () aus folgendem Grund: Falsches Zitat korrigiert.

  • ^die Streuer von WMF habe ich auch auf dem Esstisch stehen und kenne die Assoziation nur zu gut. ;)


    Thierse wirft uns damit im Übrigen eine Verachtung der historischen Leistung der Ostdeutschen vor, weil wir Gegner der Wippe sind. Aber hör/lies selbst:


    http://www.deutschlandfunk.de/…ml?dram:article_id=378982


    (neckisches Detail am Rande, der Interviewer fragt "15 Millionen Euro sind nicht wirklich viel Geld, oder?" und laut Thierse erinnert das Brandenburger Tor an Preußen und die Nazi-Zeit, aber nicht an die Wiedervereinigung)


    Dabei sagt Thierse mit seinem Vorwurf an die Gegner der Wippe indirekt, dass das Denkmal dazu da sei, die historische Leistung der Ostdeutschen zu ehren. Also doch kein Einheitsdenkmal für alle Deutschen?! Die Sichtweise des wohl glühendsten Befürworters und politischen Förderers der Wippe ist zumindest aufschlußreich und das Interview wirft neue Fragen auf.

  • Mit Thierse verfährt man am besten so: ignorieren. Der Mann ist völlig verwirrt, spricht aber stets im Brustton der Überzeugung.


    In der Denkmalfrage halte ich es wie Architektenkind: Wir sollten sie nicht so über die Maßen wichtig nehmen. Wenn die Wippe albern wird, wird sie eben albern. Dann wird man über kurz oder lang über einen Ersatz oder eine Ergänzung nachdenken. Und vielleicht funktioniert die Wippe ja doch besser als vermutet. Ich finde es jedenfalls schwer, mir das Ding in echt vorzustellen. Werde mich wohl überraschen lassen müssen.

  • Herrn Thierse zu ignorieren halte ich nicht für den besten Ansatz.


    Er hat ja in vielen Einzelargumenten garnicht so unrecht, nur zieht er die völlig falschen Schlüsse daraus und versucht eine Ost/West-Konfrontation aufzubauen.
    Auch versucht er die Deutungshoheit über die Ereignisse '89/'90 bzw. dessen Denkmals zu übernehmen, die hat er aber sicher nicht.


    Es ist eben nicht so, daß die Gegner der Wippe vereint den Ostdeutschen ihre Verdienste um den Prozeß der Wiedervereinigung absprechen wollen.
    Die meisten Gegner lehnen ebenso nicht ein Denkmal als solches ab, sondern den Standort bzw. die Form der Wippe.


    Wenn Herr Thierse seiner eigenen Argumentation streng folgen würde erschließt sich mir nicht weshalb das Brandenburger Tor nun geschichtlich belastet sein sollte, der Sockel des alten Nationaldenkmals aber nicht.
    Deshalb finde ich seine Art der Argumentation doch sehr willkürlich und völlig untauglich.


    Auch vermisse ich ein Angebot um aus diesem Denkmal ein wirklich gesamtdeutsches Denkmal zu machen.
    Für mich währe z.B. das Denkmal vor dem Reichstag (Platz der Republik) zu errichten ein solches.


    Der Reichstag bezieht eben auch die Westdeutschen in den Wiedervereinigungsprozeß mit ein.
    Dort wurden 1990 gemeinsam die Fahnen geschwenkt und gefeiert.
    Dorthin zogen die Abgeordneten (Ost wie West) vom beschaulichen Bonn um einen neuen gesamtdeutschen Bundestag zu etaplieren der die Wiedervereinigung gestalten und vollenden soll.


    Wenn man jetzt versucht bei diesem Einheitsdenkmal die Gewichtung der Verdienste in Ost und West zu zerlegen und gerade in der Form des Herrn Thierse dient man der Sache sicher nicht.
    Wenn man die höchstmögliche Akzeptanz für ein Freiheits- u. Einheitsdenkmal erreichen will sollte man sich auch dieses Scheinargument der "preußischen Kolonnaden" sparen, denn die haben mit einem für oder wieder eines neuen Denkmals nichts zu tun (zumindest sollten sie es nicht).


    Herr Thierse sollte erkennen, daß der Haushaltsausschuß nicht die Kolonnaden gegen ein Freiheits- u. Einheitsdenkmal tauschen will, sondern hauptsächlich ein Problem mit dem Standort des neuen Denkmals hat.
    Zwischen den Zeilen lesen hilft da manchmal und dürfte dem Herrn Thierse eigentlich geläufig sein.



    Gruß, Jockel

  • Ich bin froh, dass das jetzt so entschieden wurde.


    Ich finde, dass es Deutschland gut steht, einfach mal nicht so bitter erst mit seiner Gechichte umzugehen, sondern mal ein bisschen "albernheit" zuzulassen. Man kann doch mal dem leider zu oft zutreffenden (Vor-)Urteil entgegenwirken, dass die Deutschen immer Stock-ernst sind und nie Humor beweisen können.


    Ich freue mich darauf, dass ich als Wessi mit meiner Ossi-Frau und meiner heute zweijährigen Tochter in ein paar Jahren auf diese Waage/Wippe gehen kann dort der Kleinen dann erklären werde dass das Denkmal daran erinnert, dass ihre Mutter vor 28 Jahren um die Ecke an einer Demo teilgenommen hat und wir deshalb eine Familie sind. Ich glaube auch, dass es ihr so eher in Erinnerung bleiben wird, als der Anblich rigendwelcher Kolonnaden wie es sie überall gibt.


    Und ob das Ding unten aus Messig oder Streckmetall oder Alu ist ist mir wurscht, mich interessiert das große Ganze nicht nicht die Materialität en Détail der Untersicht.


    PS: "Albern" ist der Vorwurf, das Projekt sei ein Elitenprojekt, wenn er von denjenigen kommt, die dort die alten preußischen Kolonnaden rekonstruieren wollten. DAS war ein Elitenprojekt!


    PS: Bitte mal den Thread-Titel ändern.

  • Mit Geschichte abern oder etwas "albernheit" umzugehen finde ich völlig fehl am Platz.
    Ich fand es z.B. garnicht albern in Leipzig, am 9. Oktober '89, von in der Richard-Wagner-Straße aufgefahrenen Panzern belauert und bedroht zu werden.


    P.S.: Dvorak, ich vermute mal, daß deine Frau damals noch im Kleinkindalter war.
    Zu der oben beschriebenen Demo hat man seine Kinder aus Sicherheitsgründen unbedingt zu Hause gelassen und gehofft, daß die Familie nach der Demo sich überhaupt noch vollzählig in die Arme schließen kann.

  • Meine Frau war 4 Jahre und kann sich lebhaft daran erinnern, weil sie selbst laufen musste, ihre jüngste Schwester im Kinderwagen lag und die Mittlere hinten auf dem Kinderwagen stand.


    Mein Großvater war Zwangsarbeiter, hat einen Großteil seiner Freunde und einen Teil seiner Familie in den Ghettos Zdunska Wola und Lodz verloren, wurde in den 50ern von der VR-Polen UND der DDR als politischer Häftling durch die Gefängnisse des Ostblocks rumgereicht und konnte uns NUR mit Albernheiten von seinem Leben erzählen. Der Mann konnte gar nicht anders. Der Mann war nie respektlos gegenüber den Toten oder sich selbst, hat sich aber nicht seine Freude am Leben nehmen lassen wollen und das auch geschafft. Der Mann kam aber aus einer deutsch-polnisch-tschechisch-jüdischen Familie (wahllose Reihenfolge) da wird einem ein bisschen Humor automatisch in die Wiege gelegt.


    Zur Erinnerung: Die friedliche Revolution in der DDR hat KEINE (gewaltsamen) TOTEN gefordert (jedenfalls meines Wissens nicht) und ist für mich und den überwiegenden Teil der Bevölkerung (DDR, BRD, Europa/Welt) ein Moment der Freude. Ich brauche da keinen Ort um Kränze niederzulegen und in würdevollem Schweigen Tränen zu vergießen, diese Orte gibt es zu genüge (Holocaust-Mahnmal, Neue Wache, Marienborn, Hohen-Schönhausen etc.). Ich will mich freuen, weil der überwiegende Teil meiner Familie(n) damals wie schon mehrfach Jahrzehnte zuvor auf die Straße gegangen ist und sich ihre Freiheit erobert hat, teilweise unter extremen Entbehrungen (siehe oben). Ich kann mich noch erinnern, wie wir mit der Familie in Polen angestoßen haben, weil sich alle gefreut haben, dass ist für mich bis heute das Gefühl, dass ich damit verbinde. Jemand der vom DDR-Regieme "zum Sterben weggesperrt wurde" hat vor dem Fernseher gejubelt. Geht das besser?


    Ich mag die Waage/Wippe, weil sie endlich mal ein bisschen Witz hat in all der dröge-deutschen Erinnerungskultur. Wenn sich einige nicht drauf einlassen können: bitteschön, die können die Einheit in stillem Gedenken am Brandenburger Tor feiern und dort Kränze niederlegen. Für mich ist das nichts.

  • ^ Das Problem an der Wippe ist zum Teil, dass das Versicherungsrecht viel mitgestaltet und die Wippe nur recht wenig wippen wird, so dass das mit der Freude eher ein stilles und ruhiges Vergnügen werden wird.

  • Im Gegensatz zum nun gekippten ;) Alleingang des Haushaltsausschusses ist das ursprüngliche Verfahren formal korrekt abgelaufen. Natürlich hat der Entwurf technische, inhaltliche und ästhetische Schwächen - das ist unbenommen. Am positivsten finde ich jedoch, dass damit nun entgültig klar ist, dass eine Reproduktion dieser merkwürdigen Kolonaden nicht kommen wird - nach meiner Meinung ein klares Singnal dafür, dass ein restaurativer Umgang mit der Gestaltung des Schlossumfeldes (als Spielwiese für einen gleichermaßen Umgang mit der Gesellschaft) als gescheitert anzusehen ist. Ich finde es nicht plausibel, warum Berlin wie 1900 aussehen soll...

  • ^man kann ja gerne eine Meinung pro Wippe haben. Aber es wäre schön, wenn dazu nicht postfaktische Behauptungen erhoben werden.


    Der Haushaltsausschuss hatte keinen "Alleingang", sondern erhielt vom Bundestagsplenum das letzte Wort übertragen. Ausdrücklich. Der Ausschuss hat das Projekt dementsprechend dieser "Vollmacht" abgelehnt. Und ein Hinterzimmergespräch zwischen Fraktionsvorsitzenden "kippt" keinen Beschluss des Haushaltsausschusses, egal, was die Presse sich für Schlagzeilen dazu ausdenkt.


    Eine löbliche Ausnahme ist der Tagesspiegel, der sich um eine sachliche Darstellung bemüht, dementsprechend Kulturstaatsministerin Grütters auf Nachfrage des Tagesspiegel klarstellt, dass die Bundesregierung das Projekt neu anschieben müsse und es einen neuen Beschluss im Plenum brauche und die Finanzierung erneut geprüft werden müsse:


    http://www.tagesspiegel.de/ber…nheitswippe/19397722.html


    Die Stellungnahme von Grütters/der Bundesregierung findet sich im letzten Absatz.


    Das parlamentarische Verfahren muss nochmal neu durchlaufen werden, denn das letzte Wort des Haushaltsausschusses war natürlich final - und bei einem parlamentarischen Beschluss gibt es kein "heute so, morgen anders". Eine abgelehnte Beschlussvorlage ist "final" abgelehnt. Das ganze Gerede der politischen Befürworter von "verbindlichen Bundestagsbeschlüssen" war reiner Lobbyismus der Befürworter für das Projekt. Der einzige verbindliche Bundestagsbeschluss war letztlich der, der das Projekt gestoppt hat. Offiziell ist der Stand bis auf Weiteres daher auch nach wie vor "gecancelt". Bis der parlamentarische Prozess neu durchlaufen wurde, diesmal mit einer mehrheitlichen Zustimmung (und zwar durch alle Gremien). Im Grunde ist es eine Unverschämtheit der Fraktionsspitzen und der Presse, das als reine Formalie vorwegzunehmen, weil sich die Fraktionsvorsitzenden im Hinterzimmergespräch dazu geeinigt haben. Das degradiert den Bundestag zur Alibi-Veranstaltung. Dieses Demokratieverständnis setzt sich mit der Wippe wahrlich ein Denkmal. Bürger wollen es nicht, ob es die Parlamentarier wollen wird gar nicht erst abgewartet. "Die Chefs" haben es ja schließlich ausgekungelt.


    Mir ist das Projekt als Staatsbürger inzwischen einfach nur noch peinlich. Ich klinke mich an der Stelle aus der aktiven Diskussion aus. Ich ärgere mich nur jedesmal neu, wenn ich mich damit befasse, über das, was hier für eine Farce veranstaltet wird. Sorry für den scharfen Ton.

  • Naja - Unkenntnis kann man mir vielleicht vorwerfen, weil ich nicht jedes Detail der etwas verworrenen Beschlusslagen zu diesem Denkmal nachvollzogen habe. Das ist auch akzeptabel. "Postfaktische Behauptungen" würde ich das nicht nennen - um hermeneutisch eine Klarstellung zu liefern: Mit Alleingang des Haushaltsausschusses habe ich die Idee und dessen Beschluss bezeichnet, Geld für die Reproduktion der ehem. Kolonaden des Nationaldenkmals freizugeben (in höhrem Umfang als für den Ursprungsentwurf!). Dieser Beschluss hat im luftleeren Raum geschwebt - Beschlüsse gab es nur zum Thema "Einheitsdenkmal". Wie die Idee "Kolonaden" da aufgetaucht ist und warum auf einmal dafür mehr Geld ausgegeben werden sollte, als für den aus Kostengründen rechtlich einwandtfrei gestoppten Ursprungsentwurf, das empfand ich als Alleingang. - Und seien wir doch ehrlich: Würden wir nicht alle etwas hier im Forum vermissen, wenn es nicht diese Kontroverse und zum Teil scharfe Auseinandersetzung zwischen "Traditionalisten" und "Modernisten" geben würde? ;)

  • Vergessen wird in diesem komplizierten Prozess übrigens noch, dass das Grundstück vor dem Stadtschloss der Stadt Berlin gehört, der Senat also laut der zuständigen Senatorin Lompscher ein Mitspracherecht hat. Mit der Begründung hatte sie ja schon eine Blockade für die "geschenkten" Kolonnaden angekündigt.


    Von der Wippe scheint sie genauso wenig zu halten, wie ich ihrem Twitter-Account gerade entnommen habe. Insofern sehe ich die Sache auch noch nicht als entschieden an.

  • Sehr enttäuschend das sich nun scheinbar doch die Wippe durchsetzt. Aus rein architektonischer Sicht wäre die Wiederherstellung der Kolonnaden wünschenswert gewesen.


    Aber es ist wahrscheinlich eine ewige Diskussion: Intellektuelle Kunst versus Harmonie/Ästhetik. In diesem Falle bin ich auf der Seite der Ästhetik und sehe zwar den Sinn eines Einheitsdenkmals und verstehe die Hintergründe, die sicherlich einleuchtender sind als eine Rekonstruktion eines Kaiserdenkmals. Rein ästhetisch gefällt es mir aber nicht. Daher hätte ich mir die Rekonstruktion gewünscht für ein harmonisches Ensemble im Stadtzentrum.

  • Ich bin in Sachen Freiheits- und Einheitsdenkmal jetzt doch ziemlich optimistisch. Die Entscheidung für die Kolonnaden hat doch wie ein Weckruf gewirkt. Sehr positiv sehe ich, dass dieses wichtige Projekt jetzt nicht für parteitaktische Spielchen missbraucht wird, sondern dass es eine parteiübergreifenden Konsens zu diesem Projekt gibt. Dazu gibt es zwei Bundestagsbeschlüsse und eine gültige Baugenehmigung. Daher könnte noch in diesem Jahr mit dem Bau begonnen werden.


    Weiteren Rückenwind dürfte das Projekt durch die Argumente der Gegner bekommen. Sicher gibt es auch Gegner, die funktionale oder finanzielle Bedenken haben. Es gibt aber auch viele, die diese Dinge nur vorschieben, um ein antidemokratisches Weltbild zu kaschieren. Man muss ja nur lesen, was im Stadtbild-Deutschland-Forum so abgeht. Der eine wünscht sich ein "Nationalbewusstsein wie vor 1914", ein zweiter wünscht sich das Kaiser-Wilhelm-Denkmal zurück, und ein dritter meint, dass man vielleicht nicht mit der Tür ins Haus fallen sollte, sondern sich vorerst auf die Kolonnaden beschränken sollte. Und einige Argumente sind sehr nah an den Thesen von Björn Höcke, über die sich gerade alle demokratischen Parteien aufregen.


    Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass das demokratische Bewusstsein in Deutschland so stark ist, dass diese Kräfte nicht durchkommen werden. Und die bisherige Entwicklung bestärkt mich darin.

  • Also wenn sich "demokratisches Bewusstsein" in der Befürwortung der Einheitswippe manifestieren würde, müsste man sich ernsthaft Sorgen um dieses Land machen. Du schiebst wieder mal einige Radikalinskis aus dem APH vors Loch, um ein "Gut gegen Böse" Szenario zu konstruieren. Die sind aber überhaupt nicht repräsentativ. Wer das Denkmal ablehnt, tut dies in der übewältigenden Mehrheit der Fälle, weil ihm der Entwurf und/oder der Umgang mit dem denkmalgeschützten Sockel nicht gefällt.

  • Das "demokratische Bewusstsein" in Deutschland ist sogar so stark, werter Genosse Klarenbach, dass es auch Denkmäler von Marx, Engels und Lenin aushält, aufgrund deren Ideologie weltweit zwischen 85 und 100 Millionen Menschen ihr Leben verloren haben.

  • ^ Man wird hier ja zum Papagei: Marx war ein großer Sozialkritiker und Philosoph und hat – bei allen Fehlern – von der Logik der kapitalistischen Wirtschaftsweise vieles verstanden, was den modernen Wirtschaftswissenschaften bis heute nicht aufgegangen ist. Als Lenin seine Revolution machte, war Marx seit 34 Jahren tot; ihn für die Opfer des Sowjetsystems und des Stalinismus verantwortlich zu machen, zeugt von Ahnungslosigkeit. Als niederschwelligen Einstieg in die Aktualität marx'scher Gedanken sei z.B. dieser gänzlich harmlose Bestseller empfohlen (bei dem man nebenbei auch einiges über Adam Smith und John Maynard Keynes lernen kann).


    @ Bato: Kannst Du gerne löschen, aber bitte lösche dann den Quark von Architektator gleich mit.

  • Du schiebst wieder mal einige Radikalinskis aus dem APH vors Loch, um ein "Gut gegen Böse" Szenario zu konstruieren.


    Agitprop. Once learned, never forgotten. Und das Architektenkind rezitiert allabendlich die Mitschriften aus dem Geschichts-Proseminar von vor zehn Jahren. Willkommen auf Seite 50+ eines Diskussionsstranges in der Sektion Berlin des DAF. :D


    Wer das Denkmal ablehnt, tut dies in der übewältigenden Mehrheit der Fälle, weil ihm der Entwurf und/oder der Umgang mit dem denkmalgeschützten Sockel nicht gefällt.


    So isset. Trifft beides auf mich zu. Vor allem stört mich, dass man nicht erst einmal den neu entstehenden Raum vor dem Berliner Schloss/Humboldtforum im Endzustand auf sich wirken lässt, bevor man ihn mit einem Großmöbel gleich wieder zustellt.

  • So leid es mir tut, aber in der Sache hat Klarenbach recht: der Bundestag hat das Projekt beschlossen, und zwar überparteilich und mit großer Mehrheit, und jetzt wird es gebaut. Ich finde das zwar auch grundfalsch - trotzdem muss ich das akzeptieren.


    Dass aber gleich Leute, die sich das Kaiser-Wilhelm-Denkmal wiederwünschen in die Nähe von Björn Höcke gestellt werden ist dumm und einfältig. Natürlich darf der König der ersten deutschen Einheit geehrt werden und wird dies auch allerorten. Das hat nicht mit irgendwelchen Rechtsaußen-Sprüchen à la Höcke zu tun. Diese Argumentation ist eine der Ursachen für den offenbar unaufhaltsamen Aufstieg von Parteien rechts der CDU/CSU, keine mutige argumentative Attacke dagegen.


    Was, Architektenkind, Marx betrifft ist in der Tat W.I. Uljanow der Massenmörder, weniger die beiden friedlich vor der Spreefront des Humboldtforums stehenden Rentner. Wenigstens hier sollte Konsens herrschen.


    Was aber die Obstschale betrifft ist sie wirklich typisch deutsch: sie wippt nicht mehr (dank bürokratischer Hindernisse und minderheitenkorrekter Eingriffe (Gehbehinderte), tut aber trotzdem so als könne sie ohne Wippen Volkes Macht inkarnieren. Der Widerspruch - das ist auch typisch - scheint niemandem aufzufallen, weil das Ziel nur heisst für die Wende ein Denkmal zu schaffen - egal was. So kommen die Veteranen der Wende mit denen zusammen, die eine Schloßwestfassade ohne zeitgenössische Entstellung ("Bruch") nicht ertragen können (hierzu gehört z.B. Klarenbach) - und schwupps ist die Mehrheit da.