Rund um die Parochialkirche

  • Von wegen die Berliner interessierten sich nicht für ihre Altstadt. Bei der Weihe des neuen Glockenspiels und der rekonstruierten Kirchturmspitze der Parochialkirche blockierten mehr als 3000 Menschen die Klosterstrasse und summten ( mangels Textfestigkeit) den Choral von Leuthen.


    Nachdem die Menge "Nun danket alle Gott" geschmettert hat und Hans Wall de Soldatenkönig hochleben liess war es beim Chral von Leuthen eher ein gesummter Klangteppich.


    Ausflüge ins Preußentum dort, hier im Thema weiter.
    Bato

  • Schaltet doch bitte alle mal nen Gang runter. Ich war auch da und von Pathos und einem Chor der 5000 Summenden würde ich da nicht reden.
    Es waren eher ca. 3000 Leute da. Eigentlich war ab 15 h das Konzert angesagt aber tatsächlich kam zuerst ein kleiner Weihe Gottesdienst nachdem "Der Mond ist aufgegangen" gespielt wurde. Es wurden im Rahmen des Gottesdienstes auch Kirchenlieder intoniert und wie das in Kirchen häufig ist mal mit guter mal mit schlechter Textkenntnis.
    Ein grosser Teil der Anwesenden hat einfach zugehört.


    Das mit dem Preussenkönig haben wohl nur die wenigsten mitbekommen und geklatscht wurde NUR nach den einzelnen Musikstücken. ..


    Ich fand die Moderation von Kathrin Boehme vom RBB passend: Schon nach ein paar Sekunden ( von Der Mond...)war die Liebe der Berliner erneut entfacht...


    Ich fand das beeindruckend und man freut sich einfach darauf diese Glocken nun häufig zu hören.


    Ich bin nicht dafür auf dem MEF die Altstadt zu rekonstruieren muss aber zugeben dass man sich anhand der Glockenmelodien die so durch die Klosterstrasse klangen sich direkt wünschte dort durch heimelige Gassen zu schlendern statt ...nunja...ins Nichts zurück zu kehren...


    P.S. Die anonyme Kommentarfunktion in diesem Forum gehört abgeschafft . Die nervt ungemein.

  • Ein Unterschiede zur üblichen Reko-Diskussion ist doch hier, dass die Kirche da war, aber der Turmaufsatz fehlte - was die Kirche einfach wie ein Torso aussehen ließ. Das wurde jetzt (endlich und erfreulicherweise) korrigiert und ist aus meiner Sicht anders zu bewerten als z. B. die Reko des Stadtschlosses oder der Garnisonkirche in Potsdam.


    Ich war bei der Glockenshow nicht dabei und habe auch nicht de RBB-Film gesehen, aber dass einzelne Leute "ergriffen" geschaut haben, ist anzunehmen. Das muss aber nichts mit Rückwärtsgewandtheit etc. zu tun haben, sondern eher mit Emotionen, wie sie viele ja auch beim Anschalten der Weihnachtsbeleuchtung am Brandenburger Tor zeigen. :) Was ja auch nicht schlimm ist.


    Es ist aber genausowenig schlimm, die offenen Münder oder Konstantins in der Tat etwas verklärt und schwülstig wirkenden Beitrag freundlich ironisch zu kommentieren. ;)

  • Von wegen die Berliner interessierten sich nicht für ihre Altstadt.


    Deshalb ist die Parochialkirche ein wunderbares Beispiel dafür, dass dem genau nicht so ist. Das wird auch beim Schloss so sein, wenn es erstmal steht. Die Leute die es abfällig als Attrappe und Disneyland bezeichnen, werden dann ganz miesepetrig zuschauen wie die Leute es feiern. :lach:

  • Hallo? Erst kommen 20.000 zu einer - Baustelle - und ein Jahr später 8.000. Daraus schliesst Du, Tomov, ein "nicht so großes Interesse"? Das ist doch absurd, bei keinem Bauvorhaben in Berlin war das Interessere derart groß.


    Was aber bite meinst Du mit dem Satz die "Altstadt-Wiederaufbaufrage waren die Aussagen der Bevölkerung auch eindeutig ablehnend"? Wer ist da wann und wie befragt worden und wo lassen sich Ergebnisse besichtigen?

  • Hallo? Erst kommen 20.000 zu einer - Baustelle - und ein Jahr später 8.000. Daraus schliesst Du, Tomov, ein "nicht so großes Interesse"? Das ist doch absurd, bei keinem Bauvorhaben in Berlin war das Interessere derart groß.


    Ja, das ist absurd. Ich zum Beispiel habe mir die Baustelle des Schlosses/Humboldtforums beim Tag der offenen Baustelle (oder wie das hieß) 2015 angesehen, 2016 aber nicht. Daraus zu schließen, mein Interesse wäre in einem Jahr von 100 % auf 0 % gefallen, wäre abwegig. Da der Bau aber weitgehend nach Plan läuft und ich darüber hier und anderswo bereits viel gelesen hatte, habe ich mir den Besuch diesmal geschenkt.

  • ^ Hier noch ein paar weitere Bilder dazu (von vorletzter Woche), leider nur in Handyqualität.


    Klostergärten:



    Der Hof der Klostergärten ist direkt zur Kirche hin ausgerichtet, dieser bekommt einen Zierbrunnen:





    "Runde Ecke" des Hofes:



    Zusammenspiel zwischen Parochialkirche und Klostergärten:



    Parochialkirche mit neuem Turm:



    Klosterstraße, Blick nach Norden:



  • Vor einigen Tagen ist mir, zu meiner Überraschung, aufgefallen, dass man den neuen Turm der Parochialkirche auch vom Lustgarten recht gut sehen kann, sogar mit belaubten Bäumen. Von November bis April dürfte die Sicht dann noch ein klein wenig freier sein.

  • Habe mir den Neubau am letzten Donnerstag mal vor Ort angeschaut. Der Neubau macht sich eigentlich ganz gut, hat aber auch ein paar deutliche Schwächen. Für meinen Geschmack hat man es mit den Loggien etwas übertrieben. Weniger ist manchmal mehr. EG und 1. DG sehen leider sehr gequetscht aus und das Fassadenmaterial ist jetzt auch nicht besonders wertig.





  • Bato hat Recht bei dem Patzschke/Schwebel Bau gibt es viele Schwächen - über die Verwendung einer Vollwärmeschutzfassade aus Polysterol hinaus.


    1. Die Zusammenfassung des EG/OG ist unproportioniert. Besser wäre ein Gurtgesims zur Gliederung gewesen.


    2. Wenn man traditionell baut darf man nicht die Loggien stapeln wie Balkone am Plattenbau in Marzahn. Hier wäre Vielfalt in der Gestaltung Trumpf - es muss auch nicht jede Etage den gleichen Grundriß haben, wenn man für € 7.000/qm verkauft.


    3. Die Dachflächenfenster sind gruselig.


    4. Der Mix aus Granit und gelbem Sandstein in der Freifläche ist schwierig.


    5. Die orangene Farbe in der Passage: brrr. Und dann mattbronzierte Leuchten . Alles viel zu wild gemischt für eine gediegene Wohnanlage.

  • ^ Das Rot in den Durchgängen finde ich so schlimm nicht, sonst aber volle Zustimmung. Es zeigt sich mal wieder, dass Patzschke drei Dinge nicht beherrscht: Proportionen, Details und Material (wobei Letzteres den Vorgaben des Bauherren geschuldet sein dürfte). Man schaue sich die Balkongitter und die schwarzen Jalousien an. Oder diese Fensterschlitze im Parterre. Oder dieser Blumenpokal, der aussieht wie ein Pappmaché-Imitat für eine Filmkulisse. Es ist unglaublich, was sich reiche Leute heutzutage für einen Schrott andrehen lassen...


    Wenn ich mir einen gelungenen Nöfer anschaue (es gibt auch misslungene), denke ich mir: Neo-Historismus hat was. Bei Patzschke wende ich mich wirklich jedes Mal mit Grausen ab.

  • Na, da muss ich Dir mal zustimmen. Die Nöfers sid jedoch in der Regel Neo-Moderne, wenn auch Frühmoderne. Was wir heute als "zeitgenössische Architektur" kennen hat ja mit "Moderne" kaum mehr etwas hinzu.

  • Wenn man traditionell baut darf man nicht die Loggien stapeln wie Balkone am Plattenbau in Marzahn. Hier wäre Vielfalt in der Gestaltung Trumpf - es muss auch nicht jede Etage den gleichen Grundriß haben, wenn man für € 7.000/qm verkauft.


    Das ist ein interessanter Hinweis. Als ich mir das Gebäude vor wenigen Wochen angesehen habe, dachte ich erst, man sieht kaum, dass es sich um einen kompletten Neubau handelt, aber genau darin ist dann doch der Unterschied zu merken. Aber wahrscheinlich wäre eine unterschiedliche Anordnung wie man sie noch bei vielen Gründerzeithäusern findet für 7000 €/qm lange nicht zu haben.


    Dennoch finde ich, dass das Gebäude dem Parochialkirchhof an seiner Südseite eine gute Fassung gibt.

  • Die Nöfers sid jedoch in der Regel Neo-Moderne, wenn auch Frühmoderne.


    Richtig, aber da gibt es Unterschiede. Nöfer hat Häuser wie das TU-Gebäude in der Marchstraße gebaut, deren Stil man neoklassisch-modern nennen könnte – da bin ich Fan. Dann macht er Projekte wie den Beuth-Hof Süd, der viele Fehler hat, die man auch von Patzschke kennt, aber hochwertiger umgesetzt ist – das finde ich so mittel. Und schließlich findet man diese Sorte Edel-Historismus, wie sie das Palais Holler verkörpert: Bestes Material, gelungene Proportionen, gründerzeitliche Formen – aber die Fassade im Detail gegenüber den Vorbildern "frühmodern" reduziert. Auch wenn mir diese Richtung des Bauens aus diversen Gründen nicht ganz geheuer ist – das meinte ich mit "hat was".


    Hält man nun so einen "Hat-was"-Nöfer neben das hier verhandelte Patzschke-Werk, möchte man an das Büro Patzschke gerichtet Schiller zitieren: "...und wer's nie gekonnt, der stehle weinend sich aus diesem Bund". ;)

  • Was Patzschke betrifft sind wir einer Ansicht, der Sohn hat nicht den Genius der Zwillinge. Da drängen auch eher jüngere nach wie Sebastian Treese.


    Die Beuth-Höfe Süd finde ich auch nicht glorios - es ist - glaube ich - die Geschossigkeit, die die Sache wieder monoton macht. Diese übereinanderstehenden Loggientürme und die nicht umgesetzte Hierarchisierung der Geschosse - verbunden mit dem Staffelgeschossunsinn unserer Zeit. Ich weiss - vieles ist Kundenwunsch (z.B. gleiche Geschosse). Natürlich sollen die Stränge und Nutzungen durch alle Geschosse gehen, um Kosten zu sparen. Die Staffelgeschosse bringen mehr Fläche als Berliner Dächer. Aber da kann man aber aus der gründerzeitlichen Tradition, die hier Pate steht, mehr rausholen - zumal in der Regel auch mit einem Berliner Dach schon 2 Geschosse mehr im Bau sind als 1890 - bei gleicher Traufe.


    Palais Holler würde ich nicht Edel-Historimus nennen. Nöfer dennt den Stil "Futuro" *gg*. Nein, was man sieht, ist dass Nöfer versucht kontextuell zu bauen und nicht stets sein Ding zu machen. Das finde ich - erstmal - gut. Und letztendlich ist der Bau auch frühmodern - irgendwo zwischen 1900 und 1912.