Ein Herz für die Nürnberger Südstadt

  • Ein Herz für die Nürnberger Südstadt

    Die Südstadt gilt gemeinhin nicht gerade als der schönste und beliebteste Stadtteil Nürnbergs. Auf den ersten Blick ist im Vergleich zu "In-Vierteln" wie St. Johannis, Gostenhof und den Gärten hinter der Veste auch architektonisch und städtebaulich nicht viel geboten: Die Bebauung ist sehr dicht, durch großflächige Bombenschäden vor allem in den Bezirken Galgenhof, Steinbühl und St. Peter ist die Bausubstanz in erster Linie nach 1945 entstanden.


    Und dennoch gibt es hier viel zu entdecken! Wer sein ästhetisches Empfinden etwas für die Architektur der 1950er und 1960er Jahre öffnet, wird hier auf hübsche und z.T. noch weitgehend unverbaute Häuser der Wirtschaftswunderzeit treffen. Leider hängt auch über diesem Teil Nürnbergs das Damoklesschwert der Kernsanierung und Fassadendämmung. Mehr noch als die reich dekorierten Fassaden der Gründerzeit leiden die Häuser der Nachkriegszeit unter Dämmung und dem Austausch von Türen und Fenstern; denn diese oftmals schön gestalteten Details sind es, die den Häusern ihre unverwechselbare Identität geben.


    Zum Auftakt kommen ein paar Bilder aus der Breitscheidstraße in Galgenhof (https://maps.google.de/maps?q=…3%BCrnberg&gl=de&t=m&z=16). Benannt ist die Straße nach dem Sozialdemokraten Rudolf Breitscheid (* 1874), der von den Nazis im KZ Buchenwald interniert und dort 1944 bei einem alliierten Bombenangriff getötet wurde.

    3 Mal editiert, zuletzt von Hans Ebert ()

  • Die Breitscheidstraße von hinten nach vorne


    "Bub, heid is Weldschbardooch!" könnte der Titel dieses Sgraffito am Sparkassengebäude an der Ecke Allersberger Straße/Breitscheidstraße sein. Geschaffen hat es der heute weitgehend vergessene Nürnberger Fassadenkünstler Jakob Dietz (sein Monogramm "JD" kann man unten rechts erkennen).



    Hier eine Totale des ziemlich imposanten Gebäudes von der gegenüber liegenden Seite der Allersberger. Die Fassaden des Hauses werden derzeit saniert; das Sgraffito und die Faszien der Fenster bleiben dabei erhalten.



    Originale Französische Balkone am Haus Breitscheidstraße 55. Die Geländerfüllung aus Bandeisen in Form einer Sinuskurve ist typisch für die 1950er Jahre. Solche netten Details kann man noch an vielen Häusern in der Südstadt finden. Auch die dunkelorange Fassadenfarbe dürfte originalgetreu sein.




    Insgesamt sind die Wohnhäuser der Nachkriegszeit in Nürnberg eher schlicht und zweckmäßig gehalten. Die Eckhäuser bilden eine Ausnahme. Hier hat man oft versucht, durch interessante Fassadengestaltungen, Erker und die zeittypischen "Blumenfenster" ein bisschen Schwung ins Straßenbild zu bringen. Am Haus Breitscheidstraße 49 hat man dem eckseitigen Erker eine farbig abgsetzte Felderung verpasst.



    Ein wahres Schmuckstück ist dieser fast komplett original erhaltene Hauseingang von Nr. 49 mit gewelltem Flugdach aus Beton, kleinteiligem Fliesenmosaik und einer Haustür aus Stahlrahmen mit Reliefglaslichte und dem typischen Diagonalgriff mit Verkleidung aus schwarzem Kunststoff (Mipolam). Nur die Klingelanlage ist neu, passt aber ganz gut zum Rest.






    Haus Nr. 47 ist meines Erachtens ein klarer Fall für die Bayerische Denkmalliste! Fast alles an dieser Fassade ist noch original, angefangen von den reizvollen Wellblechbalkonverkleidungen über den schön gestalteten Hauseingang mit Originaltür und Deko aus Messingblech bis zum überstehenden Hausdach. Allein der Fassadenputz dürfte neuer sein, der Anstrich in Zartrosa dürfte aber dem bauzeitlichen Zustand entsprechen.




    Das Eckhaus Nr. 35 hat noch eine originalgetreue Fassadenfassung und alte Schaufenster, sogar mit erhaltener Fallarm-Markise. Wie lange diese schönen Details noch erhalten bleiben, steht in den Sternen...




    Haus Nr. 32 besitzt am Treppenhaus charakteristische vorkragende Blumenfenster, einen wohl bauzeitlichen Fassadenton sowie abstrakte "Kunst am Bau" im Supraporte der Eingangstür. Solche Einzelheiten sind es, die den Reiz der an sich einfachen Nürnberger Nachkriegsbauten ausmachen. Leider verschwinden sie mehr und mehr.

  • Danke, das Thema taucht hier in der Tat noch nicht auf. Schön dass es überhaupt mal jemand thematisiert. Man könnte fragen, worum sorgt man sich denn bei den ganzen zu Hauf vorhandenen Nachkriegsbauten? Ist doch toll wenn die endlich saniert werden. Doch so undifferenziert kann man das nicht sehen, jedenfalls dann nicht, wenn man mit offenen Augen in der Stadt unterwegs ist und in der Lage ist, die Architektur, das Design eines Hauses, zu erkennen. Und das geht bei überstürzten Sanierungsmaßnahmen ganz schnell hops.


    Und wirklich, um den Stil der 50'er Jahre als einen solchen zu erkennen (bei Wohnungseinrichtungen, Möbeln ,Klamotten und Autos ist man da schon weiter), braucht man einen scharfen Blick. Ich selbst sehe daran zu oft vorbei.


    Schonmal gezeigt, in der Humboltstraße Ecke Dallingerstraße befinden sich ggü. der Herz-Jesu-Kirche an einer eher unbedeutenden Straßenkreuzung dieses opulente Fassadenbild:



    Eine Signatur ist leider nicht sichtbar. Weiterhin zeichnet sich die Gebäudegestaltung durch das ausladende Zahnkranzgesims des Daches, der zierlichen Fensterlaibungen und der etwas abgesetzten Gebäudeecke aus, die durch großformatige Fenster mit zierlichen Brüstungsfeldern gegliedert ist. Nichts davon bliebe übrig, wenn man das Haus energieberatergerecht mit einer Hülle überzieht.

  • nothor: Oh ja, dieses Fassadenbild ist wirklich ganz großes Tennis! Auch fällt es durch seine avantgardistische Gestaltung aus dem Nürnberger Rahmen. Die Figuren erinnern an zeitgenössische Bildhauerarbeiten von Henry Moore und Josef Henselmann. Bei solchen Häusern und solch qualitativ hochwertiger Kunst am Bau frage ich mich, warum sowas noch immer keinen Denkmalschutz genießt. Anscheinend möchte man lieber so lange warten, bis der Bautenbestand derart ausgedünnt ist, dass es fast nichts mehr zu schützen gibt. Hat man ja bei den Gründerzeitbauten auch so gemacht.

  • Man merkt das eigentlich erst, wenn man länger in anderen Großstädten Deutschlands unterwegs war, und wieder nach Nürnberg zurück kommt. Gebäude dieses Stils sind in Berlin, Leipzig, aber auch Köln eigentlich Fehlanzeige. In Nürnberg sind sie Stadtbildprägend.


    Vergleichbar ist das m.E. mit der sozialistischen Kunst am Bau, die man im Osten aber großflächig ausgedünnt oder ganz beseitigt hat.

  • Saxonia: Das finde ich sehr vorausschauend! In Nürnberg ist man offensichtlich noch nicht so weit — oder besser: in München, dort wird ja letztlich entschieden. Die Nürnberger Wohn- und Geschäftshäuser aus den 1950er/1960ern, die unter Denkmalschutz stehen, kann man an einer Hand abzählen. Wenn sie nicht gerade von Star-Architekten wie Sep Ruf sind, haben sie sowieso wenig Chancen.

  • Teil II - Von der Wölckern- bis zur Humboldtstraße

    Hier kommt der 2. Teil meiner "Tour de Südstadt Nürnberg":



    Die Wölckernstraße bildet zusammen mit der Landgraben- und der Schweiggerstraße die Ost-West-Verkehrsachse durch die Südstadt (https://maps.google.de/maps?q=…e,+N%C3%BCrnberg&t=m&z=16). Die Straße trägt den Namen der Nürnberger Patrizierfamilie Wölckern auf Kalchreuth. Ihre Randbebauung stammt zumeist aus der Nachkriegszeit.


    Diese Ansicht der Kreuzung Allersberger/Wölckernstraße zeigt in der Bildmitte das Haus Wölckernstraße 81, das sich durch seine geringe Höhe und die geteilten Fenster von der Umgebung abhebt. Höchstwahrscheinlich handelt es sich um ein nach dem Krieg notdürftig in Stand gesetztes Gründerzeithaus. Provisorien dieser Art kann man noch an vielen Stellen im Stadtgebiet sehen, sie werden allerdings immer häufiger durch Neubauten ersetzt.




    An der Wölckernstraße steht einer der letzten alten "Filmpaläste" Nürnbergs: 1954 eröffneten Arthur und Anna Mariani das "Atrium", eines von einst zahllosen Lichtspielhäusern in der nach dem Krieg wieder auferstandenen Stadt. Geplant hat das Gebäude der Nürnberger Architekt Ludwig Ammon. Nach dem Tod des letzten Filmvorführers 2008 musste das traditionsreiche Haus seine Pforten schließen — wie so oft aus Gründen der Rentabilität (vgl. dazu folgenden Artikel in der NZ: http://www.nordbayern.de/nuern…de-1.899601?searched=true). Das Gebäude ist nach wie vor vermietet und bewohnt, die Kinoeinrichtung soll angeblich intakt sein (hier ein Bild von ca. 2008: http://einestages.spiegel.de/s…/atrium_in_nuernberg.html), ebenso wie die schönen Eingangstüren mit ihren expressiven Griffen.




    Läuft man die viel befahrene Wölckernstraße entlang, findet man heute nur noch wenige alteingesessene Geschäfte. Eine Ausnahme bildet das "Fotostudio Karl Harren" (Nr. 70), das es unter diesem Namen seit 1893 gibt. Das Geschäftslokal (erbaut wohl ca. 1955/1960) ist ein Charakterkopf inmitten der schlichten Bebauung: Der grüne und orange Fassadenanstrich — er ist wohl bauzeitlich — passt ausgezeichnet zur nostalgischen Agfa-Leuchtreklame, die aus den 1970er Jahren stammen dürfte. Bei Foto Harren ist man offensichtlich sehr stolz auf das Geschäftshaus und präsentiert es in einer historischen Zeichnung (mit der ursprünglichen Leuchtreklame) auf der Webseite (http://www.fotostudio-harren.de/).



    Auffällig viele der Nachkriegswohngebäude (hier Dallingerstraße 17, errichtet 1958 von Franz Stehlik) haben ihre Erbauer mit Inschrifttafeln versehen, die an das Jahr der Vollendung und oftmals auch den Architekten erinnern. Diese Inschriften bezeugen die Aufbruchstimmung der Wirtschaftswunderzeit und das neue Selbstbewusstsein der Baumeister, die maßgeblich daran beteiligt waren, die zerbombte Stadt wieder aufzubauen. Heute kennt kaum einer mehr die Namen dieser Architekten. Die Dallingerstraße ist übrigens nach zwei Künstlern benannt: Anton Paul (1772-1843) und seinem Sohn Andreas Leonhard Dallinger (1806-1874).




    Man kann von Pelzläden halten, was man will — dieses hier (übrigens längst geschlossen) in der Dallingerstraße 19 besitzt einen typischen Ladeneinbau der 1950er/1960er Jahre. Dazu gehören Schaufenster und Ladentür aus Stahlrahmen mit eloxierten Rahmenleisten sowie der in goldener Schreibschrift handgemalte Name der einstigen Inhaberin auf der Glaslichte der Tür.



    Zwischen den Häusern Dallingerstraße 21 (oben) und Paulstraße 4 (unten) verläuft die Grenze zwischen den Nürnberger Stadtteilen Galgenhof und Lichtenhof. Die beiden um 1955 erbauten Häuser sind typische, als Kopfbauten konzipierte Eckgebäude der Nachkriegszeit mit flachen Walmdächern und weitem Dachüberstand.


    Die Haustür von Paulstraße 4 ist sicher jünger, wahrscheinlich aus den 1970er Jahren. Solche aufwendig gestalteten Türgitter aus Metall waren seinerzeit der letzte Schrei. Heute wirken sie etwas gruselig, können es in punkto künstlerischer Anspruch aber ohne Zweifel mit jeder Baumarkttür unserer Tage aufnehmen.


    An der Westseite der Dallingerstraße weitet sich der Stadtraum zu einem Platz, auf dem die 1905 geweihte katholische Herz-Jesu-Kirche steht. Der neugotische Bau von Franz Xaver Ruepp gehört zu den wenigen Bauten aus der Vorkriegszeit, die in diesem Teil von Lichtenhof erhalten blieben. Das Bild zeigt den sonst so nicht sichtbaren Chor der Kirche nach dem Abbruch des alten Pfarrhauses aus den 1920er Jahren (hier ein Bild des Gebäudes: https://maps.google.de/maps?q=…Iw&cbp=12,317.21,,0,-7.27).


    Noch ein Eckhaus — hier Humboldtstraße 133. Ein Klassiker der 1950er Jahre sind die asymmetrisch geschnittenen Balkone mit abgerundeten Ecken. Sie fügen sich harmonisch in das Gesamtbild ein und geben der schlichten Fassade einen etwas behäbigen, "nierentischmäßigen" Schwung.


    Den Abschluss dieses Rundgangs bildet das große Wandbild am Haus Humboldtstraße 148, das nothor bereits vorgestellt hat (http://www.deutsches-architekt….php?p=400990&postcount=3). Das Gemälde war bereits vor Abbruch des Pfarrhauses von Herz-Jesu von der Kreuzung Dallinger-/Paulstraße aus gut zu sehen und bildet einen künstlerisch gestalteten Point de vue für diesen Straßenabschnitt.

  • Deine Rundgänge mit der 50'Jahre-Brille sind wirklich erstaunlich erhellend. Viel zu einfach urteilt man diese Gebäude der Wiederaufbauzeit ab und meint, sie einfach ersetzen zu müssen. In der Tat ist mir aufgefallen, dass auffällig viele Gebäude noch bis BJ Ende der 50'er Jahre ganz selbstbewusst mit Inschrifttafeln ihren Ursprung bekunden. Das hat aber wohl in den sechzigern sehr nachgelassen, heutzutage gibt es soetwas garnicht mehr.


    Mehr davon!

  • nothor: Mir sind diese Tafeln lange Zeit auch nicht aufgefallen. Ich glaube, dass das ein letztes "Aufzucken" der Tradition der Jahrhundertwende ist, als man an vielen Häusern die Namen von Architekt und Bauherr mit Jahreszahl verewigt hat. In der früheren Nachkriegszeit, als Baukunst tatsächlich noch eine weitgehend handwerkliche Tätigkeit war, wollte man wohl an diese Tradition anknüpfen. Später scheint der Stolz verflogen zu sein, es wurde mehr industriell gebaut. Über die Gründe, warum das ab den 1960ern in Nürnberg kaum mehr auftaucht, kann ich auch nur mutmaßen. Komischerweise hängen die Tafeln sehr oft an Gebäuden, die eher nicht so aufwendig gestaltet sind. Aber das dürfte Zufall sein. Über die Architekten findet man leider so gut wie nie was raus, müsste man schon tiefer schürfen, im Stadtarchiv oder so. Wenn ich Zeit habe, recherchiere ich da mal. Ein paar von ihnen, z.B. Markus Mayer-Eming und Egmont Ros sind Söhne von bekannteren Architekten der Jahrhundertwende. Gustav Siegel liest man auch oft, der steht sogar im Nürnberger Künstlerlexikon, aber das ist eine absolute Ausnahme.

  • Teil III - Über die Allersberger Straße nach Glockenhof

    Weiter geht's durch die Südstadt...


    Die Allersberger Straße (https://maps.google.de/maps?q=…11.089947&num=1&t=h&z=19; benannt nach der Marktgemeinde Allersberg im Landkreis Roth) ist eine der Hauptverkehrsachsen der Südstadt, sowohl für den Auto- als auch für den Tramverkehr. Nördlich der Schweiggerstraße markiert sie außerdem die Grenze zwischen den Stadtteilen Galgenhof und Glockenhof.


    Die Bebauung in diesem Bereich ist mit wenigen Ausnahmen nach 1945 entstanden. Der allgemein etwas "verwohnte" Eindruck der Häuser wird durch die modernen Reklametafeln noch verstärkt; dabei finden sich bei näherem Hinsehen darunter noch ein paar interessante Zeugen des Wiederaufbaus mit originalen Details.



    Das Haus Allersberger Straße 76 gehört mit Baujahr 1974 zu den jüngeren Gebäuden an diesem Straßenabschnitt. Es erinnert etwas an die klassischen Scheibenhochhäuser der Trabantenstädte der Nachkriegszeit — nur viel kleiner.



    Schon auf dem Gebiet des Bleiweißviertels dominiert dieses Kaufhaus (Baujahr 1960) die Kreuzung Schweigger-/Allersberger Straße. Typisch für die Entstehungszeit sind die Rasterfassade, die Fensterfront im 1. Obergeschos sowie das zurückgesetzte Dachgeschoss, das Platz für eine großzügige Loggia lässt und dem Koloss ein wenig von seiner Massigkeit nimmt.



    Gegenüber steht wieder ein klassisches Eckhaus der Wirtschaftswunderzeit (Schweiggerstr. 1) mit weit auskragendem, flachen Satteldach und dreigeteilten Fenstern. Man beachte die französischen Fenster auf der rechten Seite — ein bisschen weltstädtische Wohnlichkeit selbst im Verkehrsmoloch. Hier war die automobilgerechte Stadt Teil des Lebensgefühls! Die Ladeneinbauten hat man, wie auch am Kaufhaus gegenüber, leider später, wohl in den 1980/1990er Jahren, erneuert.




    Und auch so etwas gibt es in der Südstadt: Hinter den Rückfassaden der großen Mietshäuser an Allersberger- und Schweiggerstraße duckt sich im Hinterhof ein kleines Juwel — das Haus Schweiggerstraße Nr. 7. Den Einzelformen im Heimat- bzw. Jugendstil zu Folge ist das Häuschen um 1900/1910 gebaut worden und hat den Bombenkrieg überdauert.



    Eher traditionell (in der Waschmittelwerbung würde man sagen "herkömmlich") ist das Eckhaus Allersberger Straße 53/Ecke Enderleinstraße mit umlaufendem Flugdach über dem Laden im Erdgeschoss und heller Putzfassade gestaltet.





    In den 1950er/1960ern Jahren waren Fassaden-Komplettverkleidungen mit Fliesen und Travertin der letzte Schrei. Reinliche Hauseigentümer wissen noch heute um die Vorteile der Fliesen, die man einfach nur "abkärchern" muss (soweit die Theorie). Hier hat man versucht, durch Farb- und Oberflächenwechsel aus dem Praktischen einen gestalterischen Mehrwert zu erzielen. Und das, wie ich finde, ganz gut. Wenn man genauer hinsieht, dann offenbart das Haus Allersberger Straße 49 noch mehr originale Details, etwa die auskragenden Blumenfenster am Treppenhaus und die Eingangstür mit gewölbtem Metallgriff. Allenfalls als "suboptimal" ist die überbordende Reklame zu bezeichnen, die dem Haus viel von seinem Reiz und seiner differenzierten Gliederung nimmt.




    So unscheinbar es aussieht, das Haus Allersberger Straße 66 ist im Verhältnis zu vielen seiner Nachbarn noch weitgehend original erhalten. An diesem Gebäude zeigt sich wieder einmal, wie wichtig die originalen Ladeneinbauten für den Charakter der Nachkriegsbauten sind: Der Hauseingang besitzt noch die bauzeitliche Verkleidung mit Muschelkalkplatten, Schaufenster mit eloxierten Stahlrahmen und eine Haustür mit fein abgesetzten Zierleisten, Reliefglaslichten und kreisrundem Türdrücker. Fehlt nur noch das Fräulein mit Blümchenkleid und Cateye-Brille, die zu ihrer vor der Haustür geparkten Isetta stöckelt...



    Wie das Kaufhaus an der Straßenecke besitzt auch das Haus Allersberger Straße 68 noch ein Obergeschoss mit großen Panoramafenstern sowie originale Einbauten und Fassadenanstrich. Die knallbunte und überdimensionierte Reklame stiehlt aber leider auch hier der ohnhein eher schlichten Architektur vollends die Show. Zu schade, dass die klassische Leuchtreklame in Schwungschrift heute kaum mehr Liebhaber findet — diese Fassade würde enorm davon profitieren.



    Ei, was haben wir den da! Nein, kein Ei, sondern den IMEX-Pavillon am Guttenbergplatz in Glockenhof (https://maps.google.de/maps?q=…,11.087157&num=1&t=h&z=19). Ursprünglich war er ein Blumenladen (daher die großen Schaufenster, die das Innere tagsüber mit Licht durchfluten). Der Nürnberger Architekt Heinz Buff — von ihm stammt auch die städtische Berufsschule I an der Augustenstraße — hat ihn 1959/1960 erbaut. Er gehört zu den letzten seiner Art und steht unter Denkmalschutz. Der Pavillon wird heute nach behutsamer Restaurierung, gehegt und gepflegt, als Straßencafé benutzt und ist mit originalen Möbeln der 1950er/1960er liebevoll ausgestattet. Mehr zur Geschichte des Pavillons, inklusive alter Fotos und Planzeichnungen findet man hier: http://www.der-pavillon.org/bau_history.htm. Wer mag, kann in dem heimeligen Rund eine Party schmeißen — oder einfach bei Kaffee und Kuchen eine Zeitreise in die Wirtschaftswunderzeit machen.

  • Danke für den Rundgang. Du zeigst gut auf, wie fragil die filigrane Gestaltung der 50'er ist, und wie arg sie beeinträchtigt wird schon von kleinen Veränderungen wie eben Reklame oder diese umproportionierten neuzeitlichen Monsterfenster. Als Highlight empfinde ich ja stets die Eingangsbereiche und Türen, und hier erkennt man auch den Starken Kontrast zur Bausweise vor dem 2. WK: Naturstein (vorzugweise poliert) und farbiges Metall statt Holz und Putz/Stuck.


    Übrigens hat es der frühere Blumenpavillion am Guttenbergplatz letztens in die Presse geschaft mit einem Beitrag, wonach der Betreiber des gemeinnützigen Cafe-Projektes dort den Standort aufgeben wird. Die Geschäfte laufen nämlich nicht mehr seitdem in der Nähe am Heumann-Areal so massiv gebaut wird. Pavillions wie diese sind mir nur 2 in Nürnberg präsent, der zweite ist an der Regensburger Straße ggü. der Kirche St. Peter (den du sicher auch bald gezeigt hättest? :):


  • nothor: Haha, ja, da hast Du Recht — diesen Pavillon hätte ich auch noch gezeigt; allerdings ist mein Bild nicht so schön (hab's im Januar aufgenommen, Schneematsch inklusive!). ;) Dieser Pavillon ist wirklich klasse und noch weitgehend unverbaut! Schade, dass der IMEX schließen muss... Ich hoffe, dass man ihn wenigstens weiterhin mieten kann. Und das alles wegen der bekloppten Baustelle nebenan!


    Was die Eingangsbereich der Nachkriegshäuser angeht, gebe ich Dir vollkommen Recht. Da ist noch eine gewisse Wertigkeit und ein Gestaltungswille zu erkennen, den man später so nicht mehr findet. In den 70ern vielleicht noch hie und da. Aber seitdem es Konfektionsware aus dem Baumarkt gibt, sieht's da düster aus. Mir geht es echt gewaltig auf den Wecker, dass inzwischen gefühlt nur noch drei Außentürmodelle verbaut werden (altbacken, Kunststoff oder pseudomodern), wobei selten Wert auf den Zusammenklang mit der Architektur gelegt wird. Ich verstehe ja, dass man ramponierte Türen nicht einfach so lassen kann, aber manchmal wäre Reparieren echt intelligenter als Neumachen.

  • Das Eckgebäude Allersberger Straße Ecke Breitscheidstraße, dass du auf den ersten beiden Fotos deiner Fotodokumentation vorstellst, wurde zwischenzeitlich saniert und präsentiert sich heute so:



    Wem auch immer das Gebäude gehört, ich finde derjenige hat sich viel Mühe um den Erhalt des Charmes der Entstehungszeit gegeben. Sogar die Traufe hat das Kassettenfries behalten:



    Lediglich das Erdgeschoss hat die Sparkasse etwas aufgehellt. :daumen:


    Und weil es gut zum Thema "Sparen" des Sgraffito passt, in der Wirthstraße Ecke Anne-Frank-Straße wird das Thema "Wiederaufbau" überdeutlich dargestellt.



    Ich denke es gab wohl eine Zeit, in der war man stolz auf die wiederaufgebaute Südstadt.

  • Ist zwar nicht mehr direkt Südstadt, aber auf jeden Fall der Süden der Stadt und unbedingt zeigenswert:



    Es handelt sich dabei um den Eingang eines reinen Wohnhauses ohne jegliche Ladeneinbauten, eine Durchfahrt für eine gewerbliche Nutzung eines Hofes oder Hinterhauses existiert hier auch nicht. Sehr viel Aufwand also für ein Wohnhaus, was hat also der Architekt hier audrücken wollen?

  • Weil es schöner ist wenn hinter den Dingen ein Sinn steckt. ;)
    Die Gestaltung an sich weckt bei mir Assoziationen an Afrika. Wie dem auch sei, Verzierungen haben mindestens den Zweck, zu gestalten und zu repräsentieren. Und es ist bemerkenswert, dass man das in der Nachkriegszeit gemacht hat, ohne dass es dazu eine offensichtlichen Grund gab.

  • nothor: Wow, danke für die schöne "Kunst am Bau"! Besonders das Mosaik ist klasse!! Erinnert an Miró mit diesen Phantasiegestalten aus geometrischen Formen. Schade, dass diese Kunstwerke so wenig bekannt sind und meist wenig beachtet werden. Umso wichtiger sie in Wort und Bild zu dokumentieren, bevor sie verschwinden. Der Denkmalschutz muss hier mehr tun - die Kunstgeschichte hört nicht 1933 auf.

  • Ein bisschen Siebziger in der Gibitzenhofstraße:



    und nicht weit davon entfernt in der Landgrabenstraße grüßt der deutsche Michel: