Vorläufig keine Alex-Türme!

  • Puh! Hier geht's ja hoch her. Ich hatte ja versprochen, noch auf TowerCat zu antworten, habe aber das Gefühl, es ist alles gesagt worden - nur noch nicht von jedem. Beide Seiten reden hartnäckig aneinander vorbei, wobei man sich als Verfechter eines in den Dimensionen behutsamen Städtebaus, der auf die Größe und Lage alter Gebäude Rücksicht nimmt, fortwährend des Vorwurfs erwehren muß, man wolle die letzten zwei Jahrhunderte rückgängig machen. Besonders absurd sind die immer wieder (bei einigen, nicht allen Teilnehmern) auftauchenden dezenten Anspielungen, daß man den Absolutismus zurück haben wolle, nur wenn man die Wirkung der als Gesamtkunstwerk entworfenen barocken Städte nicht durch Wolkenkratzer mutwillig zerstört sehen will. Ich muß gestehen, daß ich diese Versuche, städtebauliche Fragen mit Moral aufzuladen besonders lästig finde, denn eigentlich drücken sich Leute wie Kampflamm und ich doch nicht so mißverständlich aus.


    Ich will mich aber auch nicht drücken. Darum die Frage vor allem an TowerCat: Gibt es nach der ganzen Debatte der letzten Tage noch ein Argument, auf das ich antworten sollte?


    Übrigens: Leider hat mich kein Kurzurlaub sondern Arbeit vom Forum ferngehalten - aber die fand teilweise am Comer See statt. Das ist ja auch nicht schlecht (und voll von traditioneller Architektur) :D

  • Original geschrieben von Kampflamm
    Bauen wir jetzt Hochhäuser, damit sie sich wie zu Hause fühlen? Es geht nicht um Disneyland, sondern eine Architektur die sich am alten Alexanderplatz orientiert. Was soll übrigens das Disneyland Argument? Große Architekten haben sich oft an älteren Epochen orientiert oder wurden, wie Leo von Klenze, dazu gezwungen, sogenannte "Souvenirarchitektur" zu errichten. Dank dieser Souvenirarchitektur, und Ludwig I., ist München zweifelsfrei die schönste deutsche Großstadt, wenn man Umfragen Glauben schenken mag.


    jeder epoche ihren stil! wir leben in der postmoderne.


    und dass münchen vielen deutschen gefällt ist mir kein wunder - verkörpert münchen nicht doch viele klischees des ach so oft verschmähten bayerns?


    du sprichst von klenze und ludwig I? diese menschen bauten monumente - damals wie auch heute keine architektur für die menschen. oder möchtest du in die walhalla ziehen? :D schön anzusehen ist klenze sicher (über ludwig I sag ich mal nix.. :rolleyes: ). aber wie gesagt die zeiten in denen in deutschland monumente der macht gebaut wurden... oder einfach das bauen des bauens wegen - diese zeiten sind leider oder gott sei dank (jeder hat da seine eigenen meinung dazu) vorbei. ist halt mal so. immer dieses deutsche denken die zeit aufhalten zu müssen :rolleyes:

  • Welche Moral? Kein Mensch hat doch hier den Vorwurf geäussert dass der angestrebte Erhalt alter Strukturen irgendwie mit einem Zurücksehnen nach dem Absolutismus zusammenhängt - obwohl es derartige Äußerungen auch schon gab (nicht in diesem Thread).


    Ich persönlich mag die historische Architektur sehr, aber gleichzeitig finde ich auch den Hochhausentwurf am Alex einfach genial. Realistisch gesehen wird es eine Gesamtrekonstruktion eh nie geben. Mehr als ein paar historisierende Bauten sind neben einer Unmenge von Neubauten nicht drin - und all das nur um die barocken Strukturen (wohlgemerkt ohne groß nennenswerte barocke Gebäude) zu erhalten?

  • Welche Moral? Kein Mensch hat doch hier den Vorwurf geäussert dass der angestrebte Erhalt alter Strukturen irgendwie mit einem Zurücksehnen nach dem Absolutismus zusammenhängt - obwohl es derartige Äußerungen auch schon gab (nicht in diesem Thread).


    Na, da gab es auch hier ein paar Bemerkungen. Aber es lohnt nicht, darauf einzugehen


    Ich persönlich mag die historische Architektur sehr, aber gleichzeitig finde ich auch den Hochhausentwurf am Alex einfach genial. Realistisch gesehen wird es eine Gesamtrekonstruktion eh nie geben. Mehr als ein paar historisierende Bauten sind neben einer Unmenge von Neubauten nicht drin - und all das nur um die barocken Strukturen (wohlgemerkt ohne groß nennenswerte barocke Gebäude) zu erhalten? [/B]


    Ja darüber kann kann man natürlich reden. An dieser Stelle sind wir ganz offensichtlich unterschiedlicher Ansicht. Ich hätte nichts gegen die Hochhäuser am Alexanderplatz, wenn sie nicht so nahe an den Resten der Barockstadt stünden, deren Silhouette durchaus noch einen Eindruck des ursprünglichen Plans gibt, auch wenn die Zahl der erhaltenen Barockhäuser verschwindend gering ist. Und da bin ich dezidiert der Ansicht: Jawohl, all das "nur" um die barocken Strukturen zu erhalten! Die Strukturen sind es, die das Gesamtbild mindestens ebenso prägen wie die einzelnen Häuser. Die erfolgreichsten Wiederaufbau-Geschichten in Deutschland, die Städte, die heute allgemein als die schönsten gelten, haben ihren Ruf doch nicht daher, daß massenhaft historische Bauten rekonstruiert worden wären, sondern daß die sogenannten Leitbauten wiederentstanden sind und im übrigen viele, viele neue Häuser, die ihr Entstehungsdatum auch gar nicht leugnen, die aber die alten Strukturen und Dimensionen der Stadt respektieren. DAS ist es, was Nürnberg, Hamburg und nicht zuletzt München so beliebt macht. Und das ist es, was ich auch Berlin gönne.

  • Ja. Ich sehe es genauso, wobei ich selbst ja ohnehin eine Position zwischen den Stühlen einnehme. Ich spreche moderner Hochhaus-Architektur in keiner Weise grundsätzlich die Fähigkeit ab, ein faszinierendes lebenswertes Stadtgefühl zu vermitteln (auch wenn ich gerade überlege, wo das wohl einmal gelungen ist - vielleicht in Tokio-Shinjuku). Wahrscheinlich bin ich der einzige hier, der selbst 70er-Jahre-Beton-Einkaufszentren noch etwas abgewinnen kann.


    Die Schmerzen setzen bei mir dann ein, wenn die Proportionen aus den Fugen geraten. Um es zuzuspitzen: Man muß doch nicht ausgerechnet einen Trumptower direkt neben ein Barockschloß bauen, das er um Längen überragt - womöglich noch mitten in die zentrale Sichtachse, aber leicht seitlich versetzt, so daß die gesamte Wirkung der barocken Inszenierung zerstört wird. Darum - und nur darum - geht es mir in diesem Fall.

  • Noch eine letzte Ergänzung, weil mir das Beispiel gerade einfiel. Was ich in Berlin gerne verhindern würde, ist der folgende Effekt:



    Das ist die Mary Queen of the World Cathedral in Montréal

  • Original geschrieben von Isek
    jeder epoche ihren stil! wir leben in der postmoderne.


    und dass münchen vielen deutschen gefällt ist mir kein wunder - verkörpert münchen nicht doch viele klischees des ach so oft verschmähten bayerns?


    du sprichst von klenze und ludwig I? diese menschen bauten monumente - damals wie auch heute keine architektur für die menschen. oder möchtest du in die walhalla ziehen? :D schön anzusehen ist klenze sicher (über ludwig I sag ich mal nix.. :rolleyes: ). aber wie gesagt die zeiten in denen in deutschland monumente der macht gebaut wurden... oder einfach das bauen des bauens wegen - diese zeiten sind leider oder gott sei dank (jeder hat da seine eigenen meinung dazu) vorbei. ist halt mal so. immer dieses deutsche denken die zeit aufhalten zu müssen :rolleyes:


    Es geht doch nicht um Zeit aufhalten. Man kann ja neue Gebäude in ein "altbackenes" Viertel integrieren. Der Mosche Palast (heißt das Gebäude so, oder so ähnlich?) am Leipziger Platz ist für mich ein Beispiel gelungener(er) moderner Architektur, genauso wie, nach näherer Betrachtung, die Dresdner Bank am Pariser Platz. Wie gesagt Hochhaus = Modern stimmt nicht immer, genauso wenig wie Historische Architektur = ländlich/revisionistisch.


    Interessant ist, dass du über Monumente redest. Sind Wolkenkratzer nicht moderne Monumente? Al Qaida hat sich ja nicht umsonst das WTC für ihre Attacken ausgesucht. Außerdem plädiere ich ja nicht für eine Prachtstraße am Alex, sondern für ein ansprechendes Viertel. Wer sich übrigens Speers Pläne für "Germania" ansieht, weiß das das Monumentale ganz bestimmt nicht "gemütlich" wirkt.

  • wolkenkratzer sind zur zeit die markantesten bauwerke die gebaut werden. manche sogar aus pestige. aber grundsätzlich ist der wolkenkratzer ein arbeits- manchmal sogar wohnplatz.


    wolkenkratzer in das passende ambiente plazieren? wohl wohl! der alexanderplatz hat für mich ein passendes umfeld. die 150meter hohen türme erschlagen dort auf keinster weise irgendwelche historischen strukturen. 10 150meter türme am gendarmenmarkt oder in der münchner altstadt zu bauen wäre unfug. darin ist sich doch jeder hier einig..

  • Die Diskussion erübrigt sich doch: die 'historischen' Gebäude in Alexnähe kann man an einer Hand abzählen. Was dort fehlt ist ordentliche Blockrandbebauung, Hochhäuser sind Zugabe. Der Alexanderplatz ist seit 35 Jahren provisorisch bebaut, das muß ein Ende haben.

  • Genauso ist es: viele Ostdeutsche fühlen sich ihrer geschichtlichen Identität beraubt und klammern sich an Dinge, die für Außenstehende weniger als geringe Bedeutung haben.

  • Original geschrieben von nuelle
    genau.....deshalb sollte man auch forum-hotel und fernsehturm stehen lassen.......


    Sehe ich auch so.


    Ich hätte nichts gegen die Hochhäuser am Alexanderplatz, wenn sie nicht so nahe an den Resten der Barockstadt stünden, deren Silhouette durchaus noch einen Eindruck des ursprünglichen Plans gibt


    Wenn du so argumentierst, dann dürfte man in Berlin eigentlich überhaupt keine Hochhäuser bauen, da das ganze Zentrum ja von irgendwelchen historischen Strukturen durchzogen ist. Ich würde es für sinnvoller halten den Alexanderplatz in die Hand der neuen Architektur zu geben und sich dafür verstärkt auf andere Gegenden, wo es mehr Reste gibt und ein historischer/historisierender Wiederaufbau leichter möglich ist, zu konzentrieren.

  • Original geschrieben von nuelle
    genau.....deshalb sollte man auch forum-hotel und fernsehturm stehen lassen.......


    Den Fernsehturm einzureißen wäre eine Katastrophe, dass Forum-Hotel (ParkInn) hingegen muss nicht stehenbleiben. Es ist zwar falsch wahllos DDR-Erzeugnisse zu tilgen, allerdings ist es genauso falsch wahllos DDR-Erzeugnisse als erhaltenswert einzustufen. Erhaltenswerte DDR-Architektur in Alexnähe bzw. im Zentrum-Ost sind für mich das Haus des Lehrers, das Staatsratsgebäude und die Karl-Marx-Allee/Frankfurter Allee, korrigiert mich bitte wenn ich etwas vergessen habe.

  • Aber die ganze östliche City zur musealen Wiederaufbauzone zu erklären hielte ich doch für etwas,äh, kleinstädtisch...


    was ist an einer großräumigen reko kleinstädtisch?


    Was dort fehlt ist ordentliche Blockrandbebauung, Hochhäuser sind Zugabe


    stimmt! wenn man erst einmal eine struktur geschaffen hat, mit einem platz und straßenzügen, dann kann man über hochhäuser reden, aber auch nur dann, wenn sie sich der umgebung unter ordnen, d.h., dass sie nicht als "monument" entworfen werden sollten, sondern als teil eines ganzen - und das heißt für mich auch, dass sie ein wenig kleiner gehalten werden sollten.
    Kai

  • Kaiser

    Die neuen Häuser werden doch untergeordnet - aus diesem Grunde hat man ihnen ja allen eine einheitliche Höhe verpasst. Daran konnte auch "The Donald" (Trump) nichts ändern. Maß aller Dinge ist am Alex, daß die Besucher des Fernsehturms über die Dächer der Häuser schauen können.
    Du kannst Dir mal ein Diagramm anschauen, wie sich der erste Alexturm im Vergleich zum Fernsehturm unterordnen wird. Hier:http://www.skyscraperpage.com/diagrams/?4051649

  • Original geschrieben von TowerCat
    Bin jetzt nicht ganz up to date, aber ist das Forum Hotel / ParkInn nicht saniert worden? Und schaut jetzt anders aus als früher?


    Wenn das so ist, könnte bitte jemand greifbare Bilder Vorher / Nachher posten? :)


    ne isser nicht....dat ding hat eigentlich nur einen neuen namen bekommen.....ne neue fassade wäre natürlich gold wert.....allerdings ist der turm dan nix mehr für ostalgiker.....

  • Mitte der Neunziger haben sie mal schlappe 40-50 Mille (DM) investiert. Das war aber rein für die Zimmerausstattung und um das Casino unterm Dach konkurrenzfähig zu machen.
    Wie Nuelle schon sagt, da wäre ja die Hölle los, wenn man an der Fassade etwas ändern würde.:baa:

  • @ matte
    der von dir gezeigte turm (der neben dem TV-Tower?) ist mir definitiv zu hoch.
    ich finde der fernsehturm sollte das hauptaugenmerk bleiben, sodass er nicht mit 160m+ türmen konkurieren muss
    Kai

  • Original geschrieben von Kaiser
    @ matte
    der von dir gezeigte turm (der neben dem TV-Tower?) ist mir definitiv zu hoch.
    ich finde der fernsehturm sollte das hauptaugenmerk bleiben, sodass er nicht mit 160m+ türmen konkurieren muss
    Kai


    das tut er auch nicht.....der turm den du meinst soll erheblich weiter weg vom fernsehturm gebaut werden......am bahnhof friedrichstraße......am alex selbst soll nix höher als 150m werden....