"Friendly Alien"- Das neue Kunsthaus in Graz

  • "Friendly Alien"- Das neue Kunsthaus in Graz




    Hierzu ein Artikel aus der Welt:



    Ganz wie ein Walfisch

    Und ohne eine einzige gerade Wand: Das neue Kunsthaus in Graz



    Definitionsmacht ist Trumpf im Spiel der öffentlichen Meinung. Allein schon mit der Namensgebung haben die Architekten ihr Produkt gegen Angriffe gewappnet. Peter Cook und Colin Fournier nannten ihr neues Grazer Kunsthaus "friendly alien". Und alle, ob Politiker, Medien oder der viel zitierte Mann von der Straße, taten es ihnen nach. Der Trick wirkt ebenso einfach wie überzeugend. Wie, wenn nicht grundsätzlich freundlich, sollen Erdenbürger einem "freundlichen Außerirdischen" begegnen? Einwände sind da von vornherein höchstens Details vorbehalten.



    Wie wäre es dem Kunsthaus ergangen, hätten sich andere, eher an der Gestalt orientierte, Spitznamen durchgesetzt? Eine "blaue Blase" ist leicht aufzustechen und zerplatzt; einem "fetten Kunstherz" droht der Infarkt; ein "gestrandeter Wal" hat kaum Zukunft. Ihren "friendly alien" schlossen die Grazer jedoch sofort nach der Landung ins Herz.



    Österreichs Architekturkritik hat, kein Wunder, gar manches zu bemängeln. Insbesondere im Vergleich mit dem Entwurf der beiden britischen Architekten, der im Jahre 2000 von der Jury einstimmig zum Siegerprojekt gekürt worden war. Von der ursprünglich geplanten schimmernden Transparenz der "Haut" blieb nämlich nichts übrig, der Übergang von außen nach innen ist optisch eben nicht mehr durchlässig.



    Kosten- und Zeitvorgaben stutzten die visionäre Kühnheit auf irdisches, auf steirisches Maß zurecht. Das Vorhaben war unter allen Umständen 2003, im Jahr der europäischen Kulturhauptstadt Graz, zu vollenden Ohne Termindruck wäre es wahrscheinlich nie realisiert worden. Darum ist Colin Fournier mit dem fertig gestellten Bau immerhin "zu 80 Prozent zufrieden". 40 Millionen Euro - zu je einem Drittel finanziert von Stadt, Land und Bund - wurden aufgewendet, dem für die "Bespielung" des Kunsthauses zuständigen Intendanten des Landesmuseums Joanneum, Peter Pakesch, stehen 2000 Quadratmeter Ausstellungsfläche zur Verfügung.



    Eine Herausforderung, gewiss, denn das Grazer Kunsthaus ist wohl die weltweit einzige Großgalerie ohne eine einzige gerade Wand. Variable Stellflächen und Hängevorrichtungen haben das bewusst einkalkulierte Manko auszugleichen. Die biomorphe Konstruktion am rechten Mur-Ufer wurde mit mehr als 1000 blauen Acrylplatten verschalt. Dahinter installierte die Berliner Gruppe "realities:united" ringförmige Leuchtstoffröhren, sodass die Fassade zum Riesenbildschirm wird, auf dem nächtens grob gerasterte Bilder, Texte oder Zeichen erscheinen. Oben auf dem Schutzpanzer trägt das Gebäude zahlreiche "Nozzles", die ihm buchstäblich tierische Präsenz geben. Die rüsselartigen Ausbuchtungen sollen zudem Tageslicht in die obere Ausstellungshalle leiten.



    Klingt in der Theorie nicht schlecht, sieht auch recht hübsch aus, funktioniert aber in der Praxis überhaupt nicht. Denn die Halle gleicht einer aparten, ziemlich düsteren Höhle. Dafür lässt sich durch einen der Rüssel ein prächtiger Ausblick auf den Grazer Schlossberg samt Uhrturm genießen. Von der so genannten "Needle", einem verglasten Horizontalelement auf Dachhöhe, bietet sich gleichfalls ein herrlicher Rundblick über die Türme der zum Weltkulturerbe erklärten Altstadt.



    Gelungen ist auch die Verbindung zwischen dem Kunsthaus und dem Eisernen Haus, einem frühen, denkmalgeschützten Gusseisenbau, in der nun die "Camera Austria" Sitz und Ausstellungsraum hat. Das Erdgeschoss, in Glas gehalten, beherbergt ein Café, den Museumsshop, eine Medien-Lounge und das Foyer.
    Quelle:http://www.welt.de

  • gefällt mir! graz kann sich so ein gebäude leisten - da gibt's noch nicht soviele glasfassaden und eine intakte altstadt...
    Kai

  • Auch wenn ich sehr für futuristische Architektur zu begeistern bin, kann mir dieses Gebäude einfach nicht gefallen...."Ganz wie ein Walfisch" - ja, nur ohne dessen Eleganz, dagegen von außerordentlicher Plumpheit. Und: "ohne eine einzige gerade Wand" - gerade diese hätte hier jedoch gut getan.
    Trotzdem plädiere ich keinesfalls für Abriss, so wie Schinkel - stehen lassen (durchaus interessant), beim nächsten mal allerdings bitte eleganter.