Baugeschehen: Sonnenberg/Yorckgebiet

  • Ich finde Kleingärten sympathisch und erkenne ihre Bedeutung in einer Stadt - sowohl aus sozialer als auch ökologischer Perspektive - an. Allerdings gibt es Stellen, an denen Kleingärten eben nicht wirklich passen. Und dazu gehören meiner Meinung nach Baulücken und Stadtplätze. Und gerade der Humboldtplatz hätte als Stadtplatz mit einer dichteren Umbauung wirklich Potential. Jetzt hat Chemnitz noch genug zentralere Freiflächen, sodass eine Verlegung der Gärten zum derzeitigen Zeitpunkt eh keinen Sinn machen würde... Und mit dem Bau von Einfamilienhäusern dort oben ist die Idee des Stadtplatzes ohnehin gestorben - von daher: alles gut :daumen:

  • Die Fläche zwischen der Riemannschen Fabrik und dem heutigen Johannes-Keppler-Gymnasium (ehemals Humboldtschule) war seit ca 1910 in den Bebauungsplänen als Stadtplatz vorgesehen. Ursprünglich sollte ja das ganze Gebiet bis etwa höhe Yorckstraße wie der heutige Sonnenberg entwickelt werden. Nach dem Ersten Weltkrieg waren diese Planungen weitgehend obsolet. Die Bauten aus der Zwischenkriegszeit orientierten sich schon nur noch grob am geplanten Raster. Weite Flächen sind da schon als Kleingärten ausgewiesen worden, bspw. östlich der Körner- und Pestalozzistraßenstummel. Aber 1930 ist der Humboldplatz noch explizit ausgewiesen und offiziell heißt er ja immer noch so, nur ein Platz ist es nicht mehr.
    Ich weiß nicht ob das Hobby einiger Menschen ausreicht, um eine sinnvolle Stadtentwicklung zu verhindern. Die Gärten waren seinerzeit Notlösungen. Sicher sind die heute in zentraler Lage begehrt. Das sollte aber keine Ewigkeitsgarantie darstellen. Im Chemnitzer Umland stehen schließlich genug Gärten leer.

  • Ein Garten im Umland ist keine Lösung für den Städter. Das schöne am Kleingarten ist doch, dass man abends noch mal hin kann. Ohne Auto!

  • Die Fläche, die dort heute mit Gärten belegt ist, ist riesig. So stark wird Chemnitz nie wieder wachsen, dass sämtliche vorhandenen Gärten aufgegeben werden müssten. Ich würde mir aber langfristig wünschen, dass rund um den Humboldtplatz ein nettes Wohngebiet entsteht, welches sich am alten Straßengrundriss orientiert. Wie Saxonia schon schreibt, ist die Sinnhaftigkeit der Gärten in bestimmten, für eine Wohnnutzung attraktiven Lagen, eigentlich nicht gegeben. Gerade die Sanierung der Fabrik kann und soll hier oben als Entwicklungsanschub dienen. Die Gärten verhindern das.


    Konkret wäre mir eine Weiterentwicklung der Fürstentstraße in Richtung Hofer Straße, die Eckausbildung der Fürsten-/ Hofer Straße, sowie die Entwicklung der Hofer Straße zwischen Fabrik und Beethovenstraße wichtig.


    Sind denn überhaupt alle Gärten dort belegt und bewirtschaftet? Ich glaube, dass man hier über den Tausch von Gärten schon recht viele Flächen gewinnen könnte...


    @ Saxonia: Hast du zufällig alte Pläne zur ursprünglich geplanten Entwicklung des Sonnenberges? Gerade das Straßenmuster im östlichen, nie realisierten Teil, ist sehr spannend. Hier vor allem die Bereiche um die Sebastian-Bach-/ Bayreuther Straße, die Fläche östlich vom Sportplatz des Gymnasiums sowie die angedeuteten Rundungen der Körner- und Pestalozzistraße.

  • In der Fotothek gibts einige Karten. Die Entwicklung lässt sich recht gut nachvollziehen.


    Hier eine Karte von 1899. Der westliche Sonnenberg ist schon weitgehend bebaut. Das fragliche Gebiet im Osten gehört noch gar nicht zu Chemnitz, sondern zum Industriedorf Gablenz. Ursprünglich ein klassisches Waldhufendorf. Die typischen Gewannfluren vom (heute verrohrten) Gablenzbach in der Dorfmitte bis zum Zeisigwald hin sind gut zu erkennen. Auch einige Dreiseithöfe stehen noch. Die Grenze zwischen Chemnitz und Gablenz verläuft knapp hinter der deshalb auch so benannten Grenzstraße, später Zietenstraße.


    Auf der Karte von 1902 sind schon einige Veränderungen zu erkennen. Gablenz ist mittlerweile eingemeindet (seit 1900). Das geplante Raster für die zukünftige Bebauung reicht nördlich der Fürstenstraße im Osten bis zur heutigen Hofer Straße. Südlich der Fürstentraße ist man ganz optimistisch, das Raster reicht schon bis zur neuen östlichen Stadtgrenze zu Niederhermersdorf.


    1905 reicht die Planung nördlich der Fürstenstraße dann bis zur Zeisigwaldstraße. Einige Häuser am nördlichen Rand des neuen Viertels zur Planitzstraße (später Lenin-, heutige Heinrich-Schütz-Straße) stehen bereits. Die Dietzel'sche Ziegelei (etwa heutiger Kreuzungsbereich von Bayreuther und weitergedachter Sebastian-Bach-Straße) ist optimistisch überplant. Die einzig benannte Straße, ist die nach eben jenem Inhaber der Ziegelei Theodor Dietzel benannte Dietzelstraße ('49-'91 Fritz-Heckert-Straße, heute Hofer Straße). Die übrigen Straßen sind noch namenlos bzw. existieren wohl noch gar nicht.


    1910 sieht die Sache schon wieder etwas anders aus. Die meisten Straßen haben nun Namen. Häufig standen Städte in Franken (Bayreuth, Würzburg, Nürnberg) und Altbayern Pate (München, Regensburg). Der spätere Humboldtplatz, bzw. die "Humboldthöhe" ist zumindest schonmal als "Platz" ausgewiesen. Die ambitionierte Planung bis zur Niederhermersdorfer Ortsgrenze ist wieder verschwunden.


    1915 sind schon einige Abweichungen auszumachen. Die Ziegelei hat sich doch als recht beständig erwiesen. Sie wird erst 1920 schließen. Die Straßenplanung ist an ihrer Stelle zwischen Dietzel(Hofer)Straße, Beethovenstraße, Humboldstraße und Yorckstraße wieder verschwunden. Auch wird der Plan insgesamt etwas an die örtlichen Begebenheiten und wohl auch die Topografie angepasst. So macht die Fürstenstraße an der Stelle der Neugebauten Humboldtschule einen Knick nach Süden. Der Bereich südlich der Fürstenstraße löst sich ganz vom Raster und die markante Rundung der Münchner Straße zwischen Fürsten- und Albrechtstraße entsteht. Weiter westlich ist nun geplant, die Schüffnerstraße bereits an der Sonnenstraße enden zu lassen. Die Quartiere nördlich davon werden nach Osten verlängert und machen einen kleinen Knick. Stattdessen soll nun die Hammerstraße über den noch aufzulassenden Friedhof nach Norden in einem Schwung bis zur Fürstenstraße durchgebunden werden. Die Schüffnerstraße wird ab der Fürstenstraße in Würzburger Straße umbenannt. Auch der Humboldtplatz hat seinen Namen bekommen.


    Kleiner Sprung zu 1930 (zwei Teile) Einiges an den Planungen ist obsolet geworden. Viele Baugrundstücke sind inzwischen zu Kleingärten umgewandelt. So zum Beispiel an der Paul-Gerhard-Straße aber natürlich auch dort wo heute Pestalozzi-, Sonnen-, und Körnerstraße mehr oder weniger als Sackgasse enden. Die Bebauung nach Parzellenstruktur ist weitgehend aufgegeben worden. Jetzt entstehen typische Siedlungsbauten der beginnenden Moderne wie der Wissmannhof oder die zwei Anlagen an der Hofer Straße (hier noch nicht drauf). So siehts im Wesentlichen bis heute aus.

  • Oh, sehr spannend! Vielen Dank für die Links und deine Ausführungen. Was mich tatsächlich überrascht hat: Nicht alle Baulücken, die heute auf dem Sonnenberg existieren, waren bis 1945 überhaupt bebaut. Bisher bin ich schon davon ausgegangen, dass die meisten Lücken durch Krieg und Sozialismus sowie Abrisswahn der 90er Jahre entstanden sind. Gerade der letzte Link zeigt ja aber, wie viel Raumkante am Lessingplatz um 1930 noch gar nicht bebaut war. Oder dass der Plattenbau hinter der Markuskirche am neuen Albertiplatz eigentlich auch nie auf abgeräumten Altbauten entstanden ist.


    Sehr spannend auch die Entwicklung entlang Augustusburger und Ufer-Straße. Da zeugen ja leider nur noch sehr wenige Reste von der einstigen Bebauung entlang des Baches.

  • Das weiß ich leider nicht. Vielleicht nicht umzugswillige Betriebe, die eine Bebauung verhinderten? In den Plänen sind sie allerdings nicht eingezeichnet. Ich könnte mir auch eine erhebliche Grundstücksspekulation vorstellen. Auffällig ist schon, dass gerade im westlichen Sonnenberg viele Lücken frei geblieben sind, obwohl der Bereich um den Körner- und Lessingplatz (im Osten etwa bis zur heutigen Tschaikowskistraße) schon Ende der 1860er fertig projektiert war. Stattdessen hat man munter weiter nach Osten geplant.
    Es gibt eine recht umtriebige AG Sonnenberg-Geschichte. Vielleicht wissen die mehr. http://www.ag-sonnenberg-geschichte-in-chemnitz.de/

  • Könnte es nicht an der jüngeren Geschichte liegen, dass Grundstücke anders als geplant dann doch nicht bebaut worden sind? Mit Beginn des 1. Weltkrieges kam ja der Bauboom in deutschen Städten abrupt zum Erliegen und die Folgen dieses Krieges sowie die weitere Geschichte verhinderten eine zweite Gründerzeit.

  • Das ist für die Zeit nach 1914/1918 durchaus eine Erklärung. Da haben ja nur noch vereinzelte Lückenschließungen im Blockrand stattgefunden, wie bspw. das ASB-Haus in der heutigen Ludwig-Kirsch-Straße 23.
    Erklärt aber nicht, warum die Grundstücke bis dahin nicht schon längst bebaut waren. Denn wie gesagt, der Plan bestand hier schon seit den späten 1860ern. Die Karrees im Westen und Süden, heute überwiegend durch Plattenbauten ersetzt, stammten in ältesten Teilen noch aus den 1860ern und waren bis 1880 schon weitgehend bebaut. Ok, mit der Gründerkrise 1873 verlangsamt sich die Entwicklung wieder etwas. Aber wenn wir uns den Block direkt hinter der Markuskirche anschauen, dann ist die Bebauung zur Zietenstraße, die es ja heute noch gibt, etwa 1888-89 entstanden. Dann passiert nichts mehr. Dabei werden in unmittelbarer Nähe noch nach 1910 ganze Blocks hochgezogen. Ein Großteil der Bebauung an der östlichen Zietenstraße nördlich der Fürstenstraße stammt erst aus dieser Zeit und auch südlich davon wird erst da ein guter Teil der Blocks bis zur Sonnenstraße errichtet.

  • 2 neue Grundschulen, inklusive Oberschule auf dem Sonnenberg bis 2024 geplant


    "Sonnenberg Online" berichtet über geplante Schulneubauten, die bis 2024 in Betrieb gehen sollen:


    Als Standorte sind die Jacobstraße/Tschaikowskistraße und Planitzwiese vorgesehen.
    Insgesamt rechnet man mit einer Investitionssumme von 120 Millionen Euro.


    Die geplante Grundschule an der Planitzwiese soll kombiniert auch als Zweizügige Oberschule realisiert werden.

  • ^ Die Standorte finde ich leider nicht so toll.... Schulbauten sollten auch in Chemnitz als Teil des Städtebaus gesehen werden und der Stadtstruktur dienen.


    Das Quartier Jakob-/Tschaikowski-/Augustusburgerstraße funktioniert als Grün- und Sportfläche ganz gut und wird in der Bevölkerung hervorragend angenommen. Hier einen Solitär reinzusetzen, entbehrt jeglicher Logik. Stattdessen sollte die Grünfläche dort bis hoch an die Jakobstraße vergrößert werden. Meine Alternativvorschläge für den Schulbau:


    1) Neben dem Altbau Jakobstraße 36 könnte die Baulücke entlang der Tschaikowskistraße geschlossen werden. Das Gebäude könnte sich bis an die Augustusburger Straße strecken und hier einen Blockrand fast vollständig schließen. Die Straßenbahnhaltestelle wäre direkt vor der Tür. Der dort befindliche Saatgutgarten könnte ohne großen Aufwand umverlegt werden - etwa an die Jakobstraße.
    2) Gegenüber dem neuen Netto zwischen Sonnen-/ Tschaikowski-/ und Jakobstraße. Die Brachflächen hinter dem Plattenbau macht einen traurigen Eindruck - eine Nutzung ist für mich hier nicht ersichtlich - außer als wilder Parkplatz. Die Schule würde sich in einer verkehrsberuhigten Seitenstraße mitten im Quartier befinden. In Richtung Süden (zum Bunten Garten und der Augustusburger Straße) würde eine Platzkante neu entstehen.


    Auch eine Schule an der Planitzwiese sehe ich kritisch - zum einen sollten die Gewerbeflächen für Gewerbe freigehalten werden, zum anderen tun mir die Kinder leid, die in eine Schule gehen müssen, die neben einem Toom-Baumarkt und einem Rewe-Markt echt am (gefühlten) Ende der Stadt liegt.
    Hier würde ich die Ecke Heinrich-Schütz-/ Zietenstraße neben dem Altbau H.-S.-Straße 5 als Alternative sehen. Für die Beräumung von Industriebrachen gibt es aktuell Fördergelder von Freistaat und Bund. Die Industriegebäude im Hinterhof der Nummer 3 und 5 sind auch nicht erhaltenswert. Die Kleingärten können umverlegt oder sukzessive leergezogen und nicht neu verpachtet werden. Dadurch könnte das ganze Fünfeck dort neu entwickelt werden: Bildung, Wohnen und Kultur (im Industriegebäude Palm-/Reinhardstraße).

  • Lobend erwähnen muss man den Wiederaufbau der historischen Dach und -Giebelaufbauten an der Markusstraße 33.
    Der Bauherr macht das zu 100 % aus seiner tasche.Hut ab.

  • ^ Du meinst bestimmt die Markusstraße 35 die sich in Sanierung befindet.
    Zuletzt mit der Markusstraße 40, hier < sowie ab hier weiter zurückklickbar <<<.

    Einmal editiert, zuletzt von (dwt). ()

  • Nein ,die 33.sieh mal nach ! sieht Klasse aus.die 40 und 35 gehören einem , sagen wir mal , nicht gerade seriösen Geschäftsmann aus dem Saarland.fragt mal die Nachbarschaft...