Umbau Luitpoldhaus

  • Also wie schon erwähnt, fällt für meinen Geschmack der Entwurf bei weitem nicht so schlecht aus, wie hier meistens gepostet... allerdings was ich wirklich nicht verstehe:


    Wenn alle Welt über Flachdächer schimpft... von der Esthetik und der unzureichenden Abdichtung... warum werden die Dinger dann nach wie vor gebaut??? Ein Dach das sich etwas an der Dachlandschaft orientiert würde dem Ding um einiges Besser stehen!!! Betreffend der Farbgestaltung stimm ich Seh-Zeichen zu! Es sollten wirklich besser Erdfarben genommen werden.


    Gruß


    Mattes

  • Es geht hier primär nicht um den Entwurf an sich, Mattes, sondern vor allem um die fehlende Rücksichtnahme auf die Altstadtsituation. Man kann sich nicht über eine fünf Millionen Euro teure Lände für Touristenschiffe freuen und die gleichen Touristen damit düpieren, indem man gleichzeitig das Objekt deren Begierde als lästiges Übel negiert. Hast Du dich eigentlich mal mit der Architekturgeschichte der Nürnberger Altstadt eingehender beschäftigt?


    Das entworfene Gebäude wäre andernorts vielleicht sogar eine Zierde, aber an dem geplanten Ort muß sich die Stadt schon mal fragen lassen, was sie eigentlich will. Ist die Altstadt nur noch lästiges Übel? Kennt die Doppelzüngigkeit keine Grenzen? Endet das Ausschlachten der Innenstadt zu Lasten der Wahrung des Ensembles nie, oder hat es offenbar gerade erst begonnen? Moderne Architektur in der Altstadt sollte sich integrieren und dazu beitragen, dasjenige zu fördern und aufzuwerten, was das Ensemble ausmacht.

  • Ok, wenn es um das Einbinden (oder eher nicht einbinden) dieses Bau´s in die Altstadt geht, muss ich dir recht geben! Denn wenn man diesen Bau nicht isoliert sieht, sondern in einem Zeitraum von Jahrzehnten mit mehreren kommenden Bauten, dann kann man evtl wirklich davon sprechen, dass die Altstadt langsam ausgehölt wird, bzw die Gefahr dazu besteht! Da hast du recht. Allerdings wenn ich nur den Platz um das Kino sehe, dann finde ich es nach wie vor nicht schlecht.


    Da ist jetzt sicherlich die Frage ob eine lokale Aufwertung eines Bereiches der Ausschlachtung der Altstadt vorzuziehen ist... wohl eher nicht... :(


    Wenn allerdings der Übergang zur Katharinenruine stimmig ist, könnte es evtl trotzdem ganz gut gelingen? Ich kann mir allerdings die Anbindung an die Ruine schlecht vorstellen...
    Also sehe ich wohl eher mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf das Projekt.

  • Ich gebe ja zu, daß es einen Unterschied macht, ob man diesen Bau neben dem CineCitta oder am Tiergärtnertorplatz errichtet (obwohl, seht euch den 70er-Jahre-Anbau hinter dem Dürerhaus an). Unter den Optionen hätte ich eben entweder die Wiederherstellung des alten, gründerzeitlichen Luitpoldhauses gesehen oder einen Neuentwurf, der Rücksicht auf das Gesamtensemble Altstadt nimmt, wobei das an der Stelle sicher ein gewisses Format haben kann, weil ringsherum schon teils größere Bauten stehen (Cine, Gewerbemuseum, Norishalle, Parkhaus, Kons), aber die Bibliothek auf der anderen Seite gerade die Grenze darstellt zwischen diesen größeren Gebäuden und einerseits den ins Mittelalter zurückgehenden Gebäuden des Katharinenklosters sowie der kostbaren, teils ebenso alten kleinteiligen bürgerlichen Bebauung, die sich am Wespennest/Peter-Vischer-Straße erhalten hat. Auch wenn vieles außen herum zerstört wurde, kann man vor Ort aufgrund der vielfachen stadtgeographischen Bezüge das stark gesuchte besondere Flair und die bewunderte geschichtliche Tiefe der Nürnberger Altstadt erleben. Das würde durch so einen bleich darüber grinsenden Riegel verhöhnt werden.

  • Aber eines darf dann doch nicht vergessen werden:


    Die Anforderungen an eine Bibliothek haben sich doch innerhalb der vergangen 100 Jahre gewaltig geändert. Man kann natürlich über eine Rekonstruktion des alten Luitpoldhauses nachdenken, nur liegt auf der Hand, das dieses für andere Nutzungsbedingungen konzipiert wurde. Sollte man den Aufwand einer Rekonstruktion der Fassade bei Abstimmung auf die dahinter liegenden Räume wagen, ist man schnell bei einer Debatte wie sie gerade um das Stadtschloss in Berlin geführt wird. Und runtergebrochen auf den gebauten Quadratmeter stehen da ganz andere Summen für anspruchsvolle Lösungen zur Verfügung.




    Letztlich gibt es wohl drei Wege innerhalb der Altstadt:


    1 modernes, eher einen Bruch mit altem hervorrufendes Bauen
    2 vollständige Rekonstruktion alter Bausubstanz (wenn überhaupt möglich)
    3 den behutsamen Versuch zwischen Tradition und heutigen Anforderungen zu balancieren.



    zu 1. hier sind wahrscheinlich die meisten Leser im Forum der Meinung, das dies nur in Ausnahmefällen für die Alstadt sinnvoll wäre, schließlich hat Nürnberg innerhalb seiner Mauern ein Erbe zu wahren.


    zu 2. dies wäre wohl auch kaum möglich, schließlich ist viel alte Bausubstanz unzureichend dokumentiert und entspricht auch kaum den heutigen Ansprüchen von Verkehr, Gewerbe und Wohnen. Wenige herausragende Ausnahmen (z.B Pellerhof) sind aber begrüßenswert. Vorhandenes ist also zu pflegen, altes (leider) auf Postkarten zu bewundern.


    zu 3. ja das ist der weg den Nürnberg nach 45 meist beschritten hat. mal mit weniger, mal mit mehr fortune. die flächenhafte 50er Jahre eintönigkeit vor allem in Teilen der Sebalder Altstadt gehört aber nicht zu meiner Vorstellung von hochwertiger Architektur im Geiste nürnberger Bautradition.




    Letztlich ist bei jedem Bau von neuem zu Fragen welchem Nutzen er entsprechen soll und wie gut er zur Umgebung passt. Nach längerer Betrachtung des Entwurfs und der hier geführten Diskussion bin ich mir auch nicht mehr sicher ob der Entwurf das gelbe vom Ei ist, aber bauen in Nürnberg wird sich weiterhin schwierig gestalten.



    Nur hoffe ich, das am Ende nicht jedes Projekt zu verwaschen daher kommt wie eben der Wohngenossenschaftseinheitbrei rund um den Laufer Schlagtorturm...


    D.

  • Stimme Dexter zu. Rekonstruktion um jeden Preis kann ja nicht die Antwort unserer Zeit sein, selbst wenn unsere Antwort nicht immer die richtige ist. Der "Nürnberger Weg" ist der Nachkriegszeit war der angemessene, auch wenn nicht alles klappte (wem gelingt das schon?). Ich kanns nicht mehr hören, das gegeneinander-ausspielen von altem und neuem Bauen - gute Beispiele von letzterem gibts doch auch in Nürnberg (Neues Museum, Kreuzgassenviertel, Sebalder Höfe, geplanter Neubau Betten Nagel). Und mit den schlechten wird man als selbstbewusste Stadt leben können müssen. Für richtig schlecht halte ich den geplanten Neubau der Stadtbibliothek sicher nicht. Deutlich besser wäre allerdings ein Wettbewerb gewesen.


    Jedes einzelne Leben beruht letztlich auch auf nix anderem als "Versuch und Irrtum". Wieso sollte das ausgerechnet beim Planen und Bauen anders sein?

  • Versuch und Irrtum ist aber kein Freibrief zur Beliebigkeit, sondern nur eine Beschreibung eines Symptoms. Man darf in der Altstadt meiner Meinung nach nicht ganz frei herumexperimentieren, da das Risiko eines Schadens für das Ensemble zu hoch ist.


    Ich befürworte Rekonstruktionen, das dürfte kein Geheimnis sein. Allerdings ist es für mich kein Diskussionsthema, alles abzureißen und wiederaufzubauen. Entgegen landläufiger Meinungen ist das zwar nicht schlichtweg unmöglich. Auch ist das alte Nürnberg sehr gut dokumentiert worden.


    Für mich ist ideal und keineswegs ein Widerspruch eine maßvolle Kombination aus Neuentwürfen, gelegentlichen Rekonstruktionen und dem unbedingten Erhalt echter Altsubstanz.


    Das verklemmte Ablehnen jeglicher Rekonstruktionen in ideologischem Maße finde ich einfältig. Es basiert auf vielfachen Mißverständnissen und plakativen Äußerungen und wird im übrigen vor allem von Vertretern spezifischer Interessen geäußert, aber nicht von der Bevölkerung. Der leider oft unterschätzte Wert einmal in Angriff genommener oder erst recht fertiggesteller Rekonstruktionen für das Stadtbild ist in der Regel unbestritten. Oder wer möchte heute die Kaiserstallung, den Luginsland, die Frauenkirche (außer der Fassade), den Wolff'schen Bau usw. missen? Es handelt sich bei diesen um "historische Lügen" im Sinne von Rekonstruktionsgegnern.


    Hättet ihr lieber eine Art Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Frauenkirche mit einem Betonklotz hinten dran und eine Burgruine als Stadtkrone? Ich nicht. Neue Architektur entsteht auch ohne Verhinderung von Rekonstruktionen in bester Qualität überall auf dem Globus und zeugt von unserer Zeit. Aber wir verlieren durch den Verzicht auf Wiederaufbau Informations- und Inspirationsquellen aus der Vergangenheit, und auf diesen basiert letztlich unser geistiges Vermögen.


    Und ich meine auch, daß ein Wiederaufbau ein besseres Zeichen für Versöhnung, Hoffnung und Überwindung von Krieg und Zerstörung ist als noch eine einzelne Ruine, die als Mahnmal gegen den Krieg interpretiert werden soll, weil die geschundene Altstadt selbst ein einziges gigantisches Antikriegsdenkmal ist. Vor allem ist die Erinnerung an die Schöpfung und den Inhalt der großen geistigen Leistungen wichtige als die Erinnerung an deren banale Zerstörung.


    Ich gebe zu, daß die 50er-Jahre-Architektur wie zum Beispiel in der schon genannten Sebalder "Steppe" recht nüchtern und spröde ist. Ich habe mal einen ausführlichen und hoffentlich nicht zu tendenziösen Spaziergang durch diese Gegend im APH-Forum gepostet, einschließlich Vergleichsbildern alt/neu. Auch wenn ein Nicht-Bewohner regelmäßig keinen Grund hat, dort rein zu gehen, fügt sich die Architektur gerade durch ihre Blässe, der Beibehaltung des Stadtgrundrisses und der Dachlandschaft in das Gesamtbild der Altstadt so weit ein, daß die erhaltenen Baudenkmäler und die Gesamtanlage der Altstadt in ihrer Aussage nicht nur keine Beeinträchtigung erleiden, sondern sogar wirklich noch von "Altstadt" gesprochen werden kann, auch wenn 90% der Bausubstanz aus der Nachkriegszeit stammen. Daran sieht man aber auch wieder, daß die Qualität der Elemente der Altstadt so hoch und so bedeutend und prägend ist, daß sie über die Zerstörung nachwirkt. Dieses Phänomen wird allseitig geschätzt und das ist es auch, was es zu pflegen gilt.


    Deswegen halte ich den Wiederaufbau auch für gelungen, wobei der Verlust von fast 100 historischen Bürgerhäusern nach 1945 sowie die zunehmende Vernachlässigung der Wiederaufbauprinzipien seit dem Ende der 1950er Jahre nicht zu verhehlende Schönheitsfehler sind.


    Insoweit weigere ich mich, zu akzeptieren, daß man mit Schlechtem leben können muß. Wer zwingt dazu? Und warum von vornherein so resignierend? Und heißt Selbstbewußtsein Wurstigkeit? Das ist für mich nur gespieltes Selbstbewußtsein.

  • Für mich ist ideal und keineswegs ein Widerspruch eine maßvolle Kombination aus Neuentwürfen, gelegentlichen Rekonstruktionen und dem unbedingten Erhalt echter Altsubstanz.


    Das verklemmte Ablehnen jeglicher Rekonstruktionen in ideologischem Maße finde ich einfältig. Es basiert auf vielfachen Mißverständnissen und plakativen Äußerungen und wird im übrigen vor allem von Vertretern spezifischer Interessen geäußert, aber nicht von der Bevölkerung. Der leider oft unterschätzte Wert einmal in Angriff genommener oder erst recht fertiggesteller Rekonstruktionen für das Stadtbild ist in der Regel unbestritten. Oder wer möchte heute die Kaiserstallung, den Luginsland, die Frauenkirche (außer der Fassade), den Wolff'schen Bau usw. missen? Es handelt sich bei diesen um "historische Lügen" im Sinne von Rekonstruktionsgegnern.


    Also ich kann dein formuliertes Ideal (siehe Zitat) ohne bedenken unterstützen, ich persönlich bin auch kein Rekonstruktionsgegner.



    Aber:
    Jede Rekonstruktion steht und fällt mit ihrer Bestimmung. Natürlich war die Burg und die bedeutendsten Baudenkmäler wieder aufzubauen! In diesen Fällen ging es aber auch nie um die Funktion als um die historische Bedeutung der Gebäude. Die Burg ist ein Museum, die Kirchen im Grunde ähnliches (mit teils religiöser, teils weitläufigerer kultureller Funktion). Bereits das Rathaus wurde nur in Grundzügen (meines Wissens) wiederhergestellt, letztlich wurde beim Wiederaufbau auf zeitgemäße Anforderungen geachtet.


    Und da liegt auch wirklich der Knackpunkt:
    Die von dir angesprochenen, noch nach dem Krieg abgerissenen Häuser waren einfach unzeitgemäß! Auch wenn es ein Frevel war sie abzureissen - und diesbezüglich den Altstadtfreunden für ihren Einsatz zum stoppen dieses Idiotismus zu danken ist - muss man doch festhalten, das dies nie möglich gewesen wäre, wenn sich nicht die allgemeinen Ansprüche an Wohnen, Gewerbe und Verkehr geändert haben. Und dies waren eben wirklich die Ansprüche der Bevölkerung.


    Und auch heute noch möchte so mancher Nürnberger doch am liebsten mit dem Auto in die schrecklichen Parkhäuser durch teils autobahnähnliche Durchbrüche in die Altstadt brausen. Der Verweis auf den Bürgerwillen halte ich daher für problematisch, weil sich hinter Stadtplanung eben mehr verbirgt als die Abstimmung über schöne oder hässliche Fassaden. Uns selbst heute sind es meist die wirklich alten Gebäude in der Innenstadt, die schlecht vermietet oder genutzt werden. Hohe Instandhaltungskosten, hohe Nebenkosten (Heizung) schlechte Raumausnutzung, schiefe Wände, behindertenunfreundlich, dunkel, horrende Kosten für den Einbau zeitgemäßer Technik, Hürden des Denkmalschutzes und und und.


    Zur Sebalder Altstadt:
    Ja, man hat schnell und unauffällig aufgebaut und auf die wesentlichen Bautraditionen versucht Rücksicht zu nehmen. Aber gute Architektur, das heißt für mich innovative Ideen im zu bebauenden Kontext, wurde dabei meist nicht verwirklicht.


    Nun kann man (oder will man) nicht alles alte wieder aufbauen. Vielmehr müssen nun zeitgemäße, hoffentlich weniger verhaltene Versuche zum aufpolieren der Innenstadt gesucht werden. Die ein oder andere Rekonstruktion ist dabei durchaus zu begrüßen.


    Im Falle der Bibliothek ist aber ein Wiederaufbau aus reinen Funktionsgründen einfach nicht tragbar. Es muss also ein zeitgemäßer Bau her.
    Ein meines erachtens ausserordentlich geglückter Versuch der letzten Jahre war der Neubau des Admiralkinos. So, oder auch wie das Neue Museum, stell ich mich moderne Architektur in Nürnberg beispielsweise vor!


    D.

  • Dexter, nur kurz:


    Beim Luitpoldhaus meine ich auch, daß nicht nur die Wiederherstellung eine Option ist. Allerdings spricht hierfür, daß das Gebäude im Kern noch vorhanden ist. Mir gefällt die riesige Treppe z B. sehr gut, man müßte sie nur besser inszenieren. Das Haus sieht jetzt freilich traurig aus. Schließlich sind Treppen ein baukulturelles Sonderphänomen, besonders in der Barockzeit.
    Einen barrierefreien Eingang braucht man ohnehin zusätzlich. Ich hätte eine Integration des Vorhandenen, auch der schönen Säulenhalle im Inneren, interessanter gefunden. Die Nutzbarkeit ist natürlich immer wichtig, und bei Denkmälern ist stets die größte Herausforderung, eine dem Umbau vorzugswürdige Nutzung im Bestand zu finden. Insofern hätte vielleicht auch eine neu entworfene Ergänzung mehr in Richtung charakteristischer Altstadtarchitektur geführt als der jetzige Vorschlag.


    Zu dem Spaziergang durch die "Steppe" ist zu sagen, daß ich mir sehr viele Gedanken um Nürnbergs Stadtbild mache. Wie du richtig sagst, kennt man die alten Bilder, aber erst durch die bewußte eigene Gegenüberstellung erhält man einen Begriff von der Baugeschichte der Stadt.


    Ich lasse mich auch zu gerne in den Bann des alten Nürnberg ziehen, und es kostet immer wieder Energie, in der heutigen Altstadt das Großartige und gleichzeitig Sympathische und Vertraute zu suchen, das die alten Bilder ausstrahlen. Dennoch meine ich, daß Nürnberg wunderbare Möglichkeiten hat, eine großartige Altstadt wiederzugewinnen, und damit meine ich nicht nur den Wiederaufbau des Alten.


    Klar meine ich, daß die Gebäude in der Steppe angepaßte Zweckbauten sind. Aber die Würdigung geht in letzter Zeit allgemein dahin, daß es sich in der Gesamtkonzeption gerade der geschlossenen Steppenbebauung um ein bemerkenswert einheitliches und bewußt gestaltetes sowie für Nürnbergs Wiederaufbau charakteristisches Ensemble handelt. Es ist insofern trivial, wenn man die Vorkriegshäuser dem gegenüberstellt und dann deren Schlichtheit beklagt, aber es ist nun mal unumstößlich, und das wollte ich mit dem Spaziergang zeigen.


    Zur Bebauung des Hauptmarktes schreibe ich im anderen Strang noch was.


    Die Ansicht, die nach dem Krieg abgerissenen Häuser wären einfach unzeitgemäß gewesen, habe ich wohl mißverstanden. Ich glaube nicht, daß Du den Abriß ernsthaft rechtfertigen willst. Denn dann hätte man ein einfaches Argument gehabt, die Altstadt plattzumachen. Die Interessenlage ist auch bei den "großen" Baudenkmälern im Grunde keine andere als bei den Bürgerhäusern. Nur hatten die vielfach keine Lobby, und die Menschen waren in der Wirtschaftswunderzeit wahnsinnig. Ich sage dazu nur, daß die schlimmsten Abrisse in den 60er und noch bis weit in die 70er Jahre stattgefunden haben. Platz war außerdem genug, um auch an anderer Stelle moderne Wohnungen zu bauen, dafür muß man nicht jahrhundertealte Baudenkmäler opfern.


    Unsinn ist auch, daß historische Gebäude schlecht vermietet oder genutzt werden können. Deren geringe Anzahl, verbunden mit einer einmaligen Kultiviertheit und Ausstrahlung sorgt von selbst dafür, daß es kaum Leerstand gibt. Heruntergekommene Neubauten und heruntergekommene Altbauten dürften insofern keinen großen Unterschied ausmachen. Aber wenn Du mir da stichhaltige Nachweise lieferst, bin ich gerne bereit, zu lernen. Doch im Ernst: das ist auch an sich für mich kein Argument, das kulturelle Erbe aufs Spiel zu setzen, auf dem doch unser ganzer Wohlstand und unsere Errungenschaften letztlich basieren. Wir bau'n uns a schöne neue Welt - wer daran heute noch glaubt, und meint, alles Alte auf den Schutt werfen zu können, der hat für meine Begriffe nichts begriffen.


    Übrigens: gerade das Admiralkino halte ich für eine Katastrophe. Ein unförmiger Haufen Beton. Das Vorgängergebäude war mit seiner zierlichen Gliederung viel angenehmer. Vom Neuen Museum bin ich aber auch begeistert.


  • Die Ansicht, die nach dem Krieg abgerissenen Häuser wären einfach unzeitgemäß gewesen, habe ich wohl mißverstanden. Ich glaube nicht, daß Du den Abriß ernsthaft rechtfertigen willst. Denn dann hätte man ein einfaches Argument gehabt, die Altstadt plattzumachen. Die Interessenlage ist auch bei den "großen" Baudenkmälern im Grunde keine andere als bei den Bürgerhäusern. Nur hatten die vielfach keine Lobby, und die Menschen waren in der Wirtschaftswunderzeit wahnsinnig. Ich sage dazu nur, daß die schlimmsten Abrisse in den 60er und noch bis weit in die 70er Jahre stattgefunden haben.


    Um Gottes willen, nein, ich will den Abriss nicht rechtfertigen!


    Aber mit Ausnahme der herausragenden Bauwerke wie Stadtmauer, Burg, Weinstadtl, Frauen-, Lorenz-, Sebalduskirche und einigen anderen Gebäuden war die Erhaltung der übrigen Gebäude wohl uninteressant. Besonders in der Lorenzer Altstadt konnten sie dem Modell der Einkaufsstadt einfach nicht standhalten. Wobei ich wirklich nicht weiß wo was wann abgerissen worden ist. Die Nürnbeger Altstadt hat sich ja bis zum Krieg als Stadt in der Stadt erhalten. Erst nach dem Krieg wurde vorallem die Lorenzer Seite zum Einkaufs- und Konsumparadies mit untergeordneter Wohnfunktion.




    Unsinn ist auch, daß historische Gebäude schlecht vermietet oder genutzt werden können. Deren geringe Anzahl, verbunden mit einer einmaligen Kultiviertheit und Ausstrahlung sorgt von selbst dafür, daß es kaum Leerstand gibt. Heruntergekommene Neubauten und heruntergekommene Altbauten dürften insofern keinen großen Unterschied ausmachen. Aber wenn Du mir da stichhaltige Nachweise lieferst, bin ich gerne bereit, zu lernen.



    Persönlich fällt mir beispielsweise der leider derzeit traurige Altbau in der oberen Wörthstraße ein in dem lange das Cafe Lindberg war. Ein sehr schmales, reizvolles Sandsteingebäude in schlechtem Zustand. Das Lindberg ist da aber schon vor 2 oder 3 Jahren ein oder zwei Häuser weiter gezogen. Eine Freundin von mir hatte dort im 2ten Stock auch ein Kleidergeschäft. Das Haus hat zum Beispiel keine Heizung, nur Öfen und steht derzeit meines Wissens mit Ausnahme des Erdgeschosses weitgehend leer.
    Auch der jahrelange Leerstand des Eckhauses am Unschlittplatz (kürzlich saniert) oder das lange vernachlässigte Gebäude am Cafe Sebald (welches ja auch jetzt aufwändig saniert wurde) fallen mir aus dem Stehgreif ein. Oder was war lange mit dem wirklich imposanten Haus gegenüber der Sebalduskirche (Ich glaube es ist das "Schürstabhaus")?



    Dies alles sind im Grunde Gebäude für Liebhaber die die mit vielen finanziellen Risiken verbundene Instandsetzung nicht scheuen! Ein Bau aus den 50ern oder den 60ern lässt sich schon aufgrund seiner Bauweise recht einfach Instandsetzen oder gleich Umbauen. Die Raumaufteilung ist für heutige Ansprüche gemacht und wenn nicht verträgt die Statik den zunehmenden Bedarf an Verkaufsfläche. Das Mandel-Haus an der Lorenzkirche soll ja demnächst auch aufwändig entkernt werden um heutigen Ansprüchen zu genügen. Und das alles ohne große Problem mit Denkmalschutz.



    Das "kulturelle Erbe" wird dabei häufig aus rein pragmatisch-finanziellen Gründen aufs Spiel gesetzt. Was wirft ein Gebäude ab? Wie lässt es sich verwerten? Wenn die Kosten zu hoch erscheinen wird es beseitigt. In Berlin hat vor einigen Jahren ein Bauarbeiter ein Nachbarhaus das im Wege weiterer Investionen stand "unabsichtlich" mit seinem Bagger so stark beschädigt, das die Instandsetzung nicht mehr lohnte. Daraufhin wurde es abgerissen und die Investoren waren ein Problem los (Das ganze ging vor Gericht, der Bauarbeiter wurde verurteilt da es sich um keinen Unfall handeln konnte). So weit kann es gehen wenns ums Geld geht.




    Dennoch meine ich, daß Nürnberg wunderbare Möglichkeiten hat, eine großartige Altstadt wiederzugewinnen, und damit meine ich nicht nur den Wiederaufbau des Alten.



    Klar meine ich, daß die Gebäude in der Steppe angepaßte Zweckbauten sind. Aber die Würdigung geht in letzter Zeit allgemein dahin, daß es sich in der Gesamtkonzeption gerade der geschlossenen Steppenbebauung um ein bemerkenswert einheitliches und bewußt gestaltetes sowie für Nürnbergs Wiederaufbau charakteristisches Ensemble handelt.



    Ich denke ebenso das die Altstadt ein Pfund ist, mit dem Nürnberg gut wuchern kann. Nur die zaghaften Verschlimmbesserungen bei Häusersanierungen haben weiter dazu beigetragen, die Nachkriegsbauten zu "trivilialisieren". Plastikfenster, zentimeterdicker Dämmschutz mit Kratzputzfassade und hin und wieder ein Paar Chörlein und Erkerchen - das alles ist doch wirklich provinziell.



    Im Zuge der baldigen Sanierung sollten meines Erachtens mal wirklich individuelle, kleinteilige Lösungen für verschiedene Häuser gefunden werden. Der monotone Einheitsbrei ist doch im Grunde das negative Spiegelbild der einstigen Fülle an Form und Material. Die ein oder andere Reko darf da auch gern dabei sein. Alt und Neu können sich durchaus vertragen, vieles fällt und steht eben mit der Origninalität einer Idee und der Güte des Baumaterials.



    D.

  • Wie ich gerade erst in einer Pressemitteilung gefunden hab, hat die Stadt Nürnberg bereits Anfang Mai angekündigt, das sämtliche Hürden für den weiteren Umbau des Luitpolhauses zur Zentralbibliothek aus dem Weg geräumt sind. Es werden nun zirka 25 Millionen Euro investiert, nach erfolgreichen Verhandlungen mit der Regierung von Mittelfranken bekommt man auch höhere Zuschüsse (insgesamt fast 9 Millionen) aus dem Programm "Soziale Stadt".



    D.

  • wie lange will die Stadt eigentlich noch zuwarten? Die Stadtbibliothek musste vor vielen Monaten, ich weiss schon gar nicht mehr vor wie vielen, schnell ausziehen


    und


    seitdem ist zumindest nichts mehr sichtbares passiert.
    Eher muss man sogar befürchten dass die Bausubstanz des Luitpoldhauses durch die Nichtnutzung weiter leidet und dann plötzlich "ganz überraschend" Nachträge etc. nötig werden.

  • ein überwiegend sehr guter Kommentar zum Thema stand in der NZ:
    http://www.nz-online.de/artikel.asp?art=1055654&kat=11


    zumindest der opportunismus und populismus in dieser Stadt ist absolut weltmeisterlich.



    => warten bis die ersten Zucken, warten auf die ersten Reaktion, warten wie es weitergeht, dann endlich kurz vor knapp aufschreien und entweder lautstark protestieren oder zustimmen. Wie es gerade genehm erscheint.... :Nieder:


    Nicht nur beim Luitpoldhaus gut zu beobachten. (siehe auch diverse Diskussionen hier im Forum).


    Ich warte auf den ersten "Umfaller" beim Augustinerhof. Wer wettet mit mir?

  • immer wenn es losgehen soll kommen sie aus ihren Löchern.
    Noch besser diese mobile Bürgerversammlung .. sie fürchten Baulärm am Milchhofgelände .. uaaaahhhhh. Die Lärmfreie Baustelle wurde noch nicht erfunden .. und überhaupt .. mal abgesehen von dem einen Mietshaus neben Reim/bsk . wo sind am Milchhof noch Anwohner die sich gestört fühlen können? Denke die Bahn schirmt ganz gut ab zu den Anwesen auf der anderen Seite der Gleise.... Norikus .. hmm .. zu weit weg.
    Hauptsache gegen alles sein .. das scheint das Motto der Bürgerversammlungen und Initativen.

  • Information oder Desinformation?

    Zitate von kurushiX:

    immer wenn es losgehen soll kommen sie aus ihren Löchern.


    Hauptsache gegen alles sein ..


    kurushiX ist das nicht ein wenig einfach als Erklärung? Und überhaupt, was hat denn das mit dem Milchhof zu tun?


    Warum kommen die erst jetzt? Oder ist nicht die richtige Frage: Warum hat das Baureferat nicht rechtzeitig die Öffenlichlkeit gesucht, warum wurde das seit langem in Fachkreisen kritierte Projekt die ganze Zeit hinter verschlossenen Türen behandelt? Um jetzt sagen zu können: "So und nicht anders?"


    Offene Kommunikation sieht anders aus.


    So ein Vorhaben muss öffentlich erörtert werden. Schließlich ist eine Bibliothek ein explizit öffentlicher Kulturort. Ist da die Anmutung einer Allerwelts-Bauträger-Büroarchitektur die richtige Antwort?


    Die öffentliche Diskussion dieser Frage ist überfällig. Kritisieren kann man nur dass sie erst so spät einsetzt.
    Aber ist es die Schuld der Öffentlichkeit, der Bürger, der Interessierten, dass es keine rechtzeitige und ehrliche Information gab. Sind sie für die geheimiskrämerische amtliche Handhabung dieser wichtigen öffentlichen Bauaufgabe verantwortlich?


    ___________


    Was mich heute morgen allerdings doch ein wenig verwundert die Augen reiben liess, ist die verharmlosend manipulierte Fotosimulation des Baureferats (das ansonsten diese Woche ja eher durch Sprachlosigkeit zum Thema aufgefallen ist), die in der NN und der NZ von heute ist.

    Zunächst einmal ist die Fotomontage, (leicht erkennbar auf Basis eines stark verzerrten Teleobjektivfotos von der Burgterasse her) so definitiv nicht richtig:
    Der Querriegel ragt deutlich weiter vor. Seine Vorderkante liegt nämlich (wie der Lageplan deutlich zeigt) etwa in einer Linie mit der Fassade des Gewerbemuseums, bzw. sogar noch davor.
    Das Beste aber: Versuchet doch einmal die Katharinenruine (sie stünde nämlich unmittelbar - Abstand 9,50m ! - vor dem Querriegel) zu finden: Tatsächlich vom Erdboden verschwunden! (auf dem Foto wegretuschiert)
    Fällt Euch dazu noch was ein? Mir nicht.

    (Abgesehen davon ist der Blick von der Burgterrasse doch nicht unbedingt der wichtigste: Er ist aber sicher für die mit dieser Fotomanipulation verfolgte Intension der geeignetste. Das Dach der Akademie ist nämlich nur zu sehen weil der Fotostandpunkt von hier oben so hoch ist. Von der Heu- oder der Museumsbrücke - vermute ich mal - sieht man nichts mehr, weil das Glasregal alles verdeckt.)

  • Seh-Zeichen:
    mit Deiner Kritik hast Du zwar recht, machst es Dir aber auch mal wieder zu einfach, indem Du nur auf die Verwaltung einschlägst (siehe auch andere Beiträge von Dir in diesem Forum zu Missständen in dieser schönen Stadt).


    Vor über einem Jahr haben Baukunstbeirat und auch der Stadtrat, als gewählte Vertretung der Bürgerschaft, dem Projekt in dieser Form die "grundsätzliche" Zustimmung erteilt. Das heisst alle die jetzt mal wieder laut schreien, wussten spätestens seit knapp einem Jahr(!!!), was ungefähr geplant war (siehe bspw. hier: http://online-service.nuernber…s/agendaItem.do?id=424464 oder auch hier: http://online-service.nuernber…s/agendaItem.do?id=425266).


    Gehört oder gelesen hat man aber NICHTS!


    Halt, hier im Forum wurde das Thema ab November 2008 kontrovers diskutiert. Das war's aber schon...



    Wenn Du kritisierst, dann bitte alle, die Deiner Meinung Schuld sind. Wie bei so vielen anderen Theme haben unsere Stadträte mal wieder gepennt oder sie haben schlicht und einfach die Tragweite ihrer damaligen Beschlüsse nicht vorhergesehen geschweige denn erkannt (siehe KJR-Anbau an der Stadtmauer, dem im Schulausschuss alle Vertreter aller Parteien zustimmten).
    Da niemand sooft "pennt", tendiere ich ganz stark zu letzterem; was bei einem "Laientreffen" noch nicht mal unbedingt negativ sein müsste, passierte es a) nicht so regelmäßig und säßen b) für die diversen Parteien nicht auch Fachleute im Stadtrat.


    Und,
    wenn die oben verlinkten Dokumente zu wenig aussagekräftig gewesen wären, dann hätten Stadtrat bzw. die entsprechenden Ausschüsse auf MEHR Informationen VOR eine Entscheidung bestehen müssen... Ist aber anscheinend auch nicht erfolgt.



    Deine immerwiederkehrende Skandalisierung ist also eher Teil des hiesigen Problems als Teil einer möglichen Lösung.
    (die Verwaltung wird darauf nämlich nicht mit mehr Offenheit reagieren, sondern noch mehr im stillen Kämmerlein ihr Leid sich gegenseitig klagen und sich noch mehr zurückziehen - sofern sie das hier und an anderen Stellen überhaupt mitbekommt bzw. mitbekommen will...)


    _______________________________________
    Hier der Link zum Kommentar der NN mit der von Seh-Zeichen kritisierten Fotomontage
    http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=1057888&kat=10&man=3



    ps. bei dem was ich bisher an kleinformatigen Plänen, Fotos etc. gesehen habe, wundere ich mich nur wie viele Andere so definitiv urteilen können. Aber vielleicht haben die auch alle genaue Plänge, Ansichten, Modelle etc. um sich Urteil und Meinung bilden zu können.


    pps.
    die nächsten "Skandale" warten nur auf ihre Ausbreitung in den Medien und allseititiger Zitierung: neue Kohlenhofstraße, Nordbahnhofgelände, Sparkassengebäude am Altstadtring, Turnhalle am Hans-Sachs-Gymnasium, Lessing-Saal, Hauptpost am HBF, Tiefes Feld, usw. usf.
    Vorgeschichte ist immer recht ähnlich...

  • Und es ist ein Skandal

    Mag ja sein, dass es der ein oder andere Stadtrat gewusst hat, was da auf uns zukommt, als Bürger hat man davon jedoch nicht viel mitbekommen. Das einzige was in der Zeitung zu lesen war, (und dort informiert man sich im allgemeinen), dass der Entwurf zu hitzigen Diskussionen führte.
    Ich habe mich selber drei mal (!) darum bemüht die Entwürfe zu sehen. Leider vergebens. Entweder war die Entwürfe nicht mehr da, oder die Leiterin der Stadtbibliothek. Selbst das Hochbauamt konnte/wollte mir nicht weiterhelfen. Dann habe ich aufgegeben.
    Erst vor ein paar Tagen konnte man die Entwürfe in der NN sehen. Ich fülle mich als Bürger daher schlecht informiert und sehe auch nicht ein warum ich noch eine höhere Holschuld auf mich nehmen soll um mich über Bauprojekte zu informieren.
    Nein die Verantwortung liegt bei Rat und Verwaltung. Diese müssen die Bürger frühzeitig über die Pläne aufklären. Das dies nicht geschehen ist, liegt wohl daran, dass man die Bürger vor vollendeten Tatsache stellen wollte und ihnen gleich den schwarzen Peter zuschiebt. Wenn ihr mit dem neuen Bau nicht einverstanden seit, dann seit ihr dafür veranwortlich, dass der Stadt 9 Mio. Zuschuss verloren geht.
    Das ist kein schöner Stil. Und schade, dass ich dieses Forum nicht früher entdeckt habe.


    P.S. Sollte dieser Bau wirklich wie jetzt geplant kommen, muss ein Kopf rollen. Baureferent Baumann muss zurücktreten, wenn er seiner Aufgabe nicht gewachsen ist einen altstadtverträglichen Bau zu planen und durchzusetzen.