Zukunft des Rathausforums / Marx-Engels-Forums

  • Vorhin konnt ich mir die Pläne nicht anschauen. Also, ich finde das Konzept eigentlich recht gut. Nur der Fersehturm dürfte etwas problematisch werden. Aber mal abgesehen vom Denkmalschutz oder so, dürfte es doch keine große Sache sein, den Turm unten herum zu umbauen, oder? Aber naja, wird eh nicht so kommen...

  • Der Ansatz ist gut. Einige Punkte stören mich jedoch entschieden. In erster Linie die gedrängten Platzverhältnisse vor'm Roten Rathaus. Hier kann das Rathaus nicht angemessen wirken und die engen Plätze repräsentieren das weitläufige Berlin sehr schlecht. Der Rathausplatz sollte daher mit dem Neuen Markt einen Platz bilden - sauber eingefasst von den Blockstrukturen wie Albers sie sich vorstellt. Damit wäre die Fläche sehr großzügig und die Proportionen meines Erachtens optimal.
    Desweiteren geht mir die Beziehung zum Fernsehturm hier zu weit verloren. Ich würde ihn zwar ebenso ein Stück weit aus dem Vordergrund nehmen (seine Größe macht ihn sowieso zwangsläufig (über)präsent) - allerdings nicht derart verbauen. Es braucht eine direkte Blickbeziehung vom neuen Platz bis direkt zum Fundament. Ausserdem eine saubere Einbindung in die nordöstliche Blockstruktur.


    Meine Kritikpunkte hab ich ganz schnell hier im Albersplan eingezeichnet: hier (blau).
    Meinen eigenen Vorschlag der meine Kritikpunkte berücksichtigt hab ich schonmal gepostet ;): hier (noch ohne MEF-Bebauung).

  • Die Vorschläge gefallen mir, abgesehen vom Verlust der Sockelbebauung des Fernsehturms, gut. Interessant finde ich die Idee den Neuen Markt und den Rathausplatz durch eine Passage zu verbinden. Das wäre dann tatsächlich mal eine Passage in Berlin und nicht einfach nur eine Mall. Auch, dass Marx gen Westen blicken soll halte ich für eine charmante Geste.
    Für die Petrikirche sehe ich zwar kaum eine Verwendung, gefallen tut mir aber der Burelli und Chiarcossi Entwurf besser. Abgesehen von dieser nutzlosen Einfriedung am Eingang hat er doch was sehr klassisches. Irgendwas zwischen Antike und 50er Jahre finde ich. Dazu diese extrem ästhetische Darstellung...wunderbar.

    Einmal editiert, zuletzt von million () aus folgendem Grund: Rechtschreibung, Grammatik....

  • Schließe mich meinem Vorredner in weiten Punkten an. Allerdings würde ich versuchen, den Sockelbau des Fernsehturms weitgehen zu erhalten und einfach den Block, der ihn umgibt, aus dem Plan rausstreichen und einen Platz ringsherum lassen. Eingebaut zu werden, hat er nun wahrlich nicht verdient.
    Warum man nun die Petrikirche wieder aufbauen sollte, erschließt sich mir nicht, aber der Kollhoff-Entwurf sagt mir sehr zu, dass halte ich nicht nur (wenn man die anderen Entwürfe betrachtet) für die Schönste, sondern auch für die sinnvollste Lösung.

  • Im Tagesspiegel ist ein interessantes Interview mit dem Architekturhistoriker Wolfgang Pehnt zum Thema erschienen:
    http://www.tagesspiegel.de/kul…ehnt-Mitte;art772,2819096
    Er kritisiert darin die Pläne zur "Wiederherstellung" der Berliner Altstadt und regt an eher die gegenwärtige städtebauliche Situation als eine Grundlage für die Weiterentwicklung des Berliner Zentrums zu nehmen, anstatt sich auf die längst verschwundene mittelalterliche Altstadt zu beziehen. An den Plänen aus dem Buch von Stimmann kritisiert er besonders die dort geplante Umbauung des Fernsehturms.


    Im Großen und Ganzen kann ich Pehnt zustimmen. Meiner Meinung nach sollte man sich bei den zukünftigen Plänen wirklich eher an der heutigen Situation orientieren und diese verbessern anstatt zu versuchen eine Art Altstadt wiederentstehen zu lassen. Besonders der Fernsehturm, als ein Wahrzeichen Berlins, sollte auf gar keinen Fall innerhalb von Baublöcken versteckt werden!

  • Der Tagesspiegel berichtet, dass am Dienstag im Senat ein Ablauf für die städtebaulichen Streitereien in Bezug auf das MEF-Areal umrissen wurde: Noch dieses Jahr beginne eine Diskussion mit öffentlichen Veranstaltungen, 2012 ein Gestaltungswettbewerb und frühestens ab 2017 solle das Forum umgestaltet werden.


    Bis hier also überhaupt das erste Gebäude errichtet wird, werden noch einige Jahre ins Land ziehen.


    Artikel Tagesspiegel

  • Wie bereits gestern im Stadtschloss-Wiederaufbau-Thread geschrieben, kann man in der FAZ von gestern einen Artikel zum Thema Stadtschloss und Wiederaufbau der historischen Mitte lesen.


    Im 2. Schwerpunkt hat es der Autor vor allem auf Stimmann und seinem Buch „Berliner Altstadt - Von der DDR-Staatsmitte zur Stadtmitte“ abgesehen (ähnlich wie in dem von mescha berlinkten Artikel) und kritisiert dessen Wünsche nach der kompromisslosen Wiederherstellung der historischen Mitte. Das Buch sei eine Tragödie da es vor allem aus der städtebaulichen Ideologie Stimmanns entspringe und vergleicht diese sogar mit der von Walther Ulbricht – was darin nicht hereinpasse müsse verschwinden.


    Die Entwicklung auf dem Gebiet der historischen Innenstadt habe demzufolge für Stimmann vor über hundert Jahren aufgehört; was danach passierte sei zu negieren und in den ursprünglichen Zustand wieder zurückzuversetzen (metaphorisch könnte man es bspw. so umschreiben, als ob ein 30 Jahre alter Mensch in der in Gegenwart wieder Körper und Geist eines 15jährigen zurück erhält während alle anderen Menschen um ihn herum sich nicht verändern). So passe auch der Fernsehturm, obwohl schon lange eines der Wahrzeichen Berlins, Stimmann nicht in den Kram. Die bekannte Raumstudie von Bernd Albers zeige hierbei die Vorstellungen Stimmanns wonach der Turm möglichst unsichtbar gemacht werden sollte.
    Geschaffen würde entsprechend der Intention des Autors aber nur eine „Kulissenstadt“ mit dem Menschen als Statist.


    Artikel FAZ

  • @ Bato


    Die harsche Kritik an Stimmanns Buch "Von der DDR-Staatsmitte zur Stadtmitte" halte ich für deutlich überzogen.
    Ich habe es mir gekauft und mit großem Interesse gelesen.
    Stimmann und die anderen Autoren setzen sich sehr wohl äußerst differenziert mit der Historie, den unterschiedlichen Strömungen und den örtlichen Besonderheiten auseinander.
    Insbesondere die Dokumentation der historischen Entwicklung ist eine erstaunliche Fleißarbeit.
    Das Ergebnis dieser Aufarbeitung führt zu dem Ergebnis, daß zwischen Spree und Bahnhof Alexanderplatz ein riesen Fundus von Lebens- und Baukukultur unter Straßenbelag und Rasen begraben liegt. Schließlich war dort die Keimzelle Berlins!


    Diesen Fundus wieder für die Stadt zu erschließen ist eine legitime Zielsetzung.


    Manche allerdings können sich das alles nicht vorstellen und / oder haben Angst davor. :lach:


  • Das Ergebnis dieser Aufarbeitung führt zu dem Ergebnis, daß zwischen Spree und Bahnhof Alexanderplatz ein riesen Fundus von Lebens- und Baukukultur unter Straßenbelag und Rasen begraben liegt. Schließlich war dort die Keimzelle Berlins!
    ...


    Genau so ist es. Es geht schlichtweg darum, dieser Stadt wieder ein Stück ihrer über Jahrhunderte gewachsenen Struktur und Kultur zurückzugeben. Dazu muss nicht jedes alte Gebäude wiederhergestellt werden - ganz im Gegenteil. Es entstehen neue Quartiere entlang der historischen Linien, unterstützt durch einige wenige Leitbauten. Es ist ein klares Zeichen gegen die Ignoranz und Kulturlosigkeit einer der düsteren Epochen der Stadt.

  • Reinhard Rupsch
    Dem stimme ich einfach mal pauschal zu. Stimmanns Buch habe ich selbst noch nicht gelesen, aber Richters Artikel liest sich schon arg polemisch.


    Es ist völlig legitim sich Gedanken um die Gestaltung eines solch großen und unbebauten Areals in der Stadtmitte zu machen; selbst wenn dies eine umfassende Bebauung nach sich ziehen würde. Und sich an der räumlichen Struktur der Altstadt zu richten muss auch nicht heißen, dass Vergangheit (hier die Nachkriegsgestaltung und -bebauung) negiert wird. Denn zum einen wird sie ja wie du richtig schriebst durchaus mit einbezogen und 2. ist auch eine vergangenheitsorientierte Entwicklung trotzdem Entwicklung.


    Vielleicht könntest du ja ein bisschen vom Inhalt des Buches wiedergeben; wäre sehr interessant und gerade für diesen Thread sehr fruchtbar mehr vom Buch zu erfahren.

  • Rennaissance der Berliner Altstadt

    Von der DDR-Staatsmitte zur Stadtmitte


    << Das Thema „Berlin und sein historisches Zentrum“ ist mit dem am 28.11.2008 zu Gunsten des Entwurfs von Farancesco Stella entschiedenen Architekten-Wettbewerb keineswegs abgeschlossen.
    Im Gegenteil.
    Das ambitionierte Projekt zu Einrichtung eines „Humboldtforums“ hinter den rekonstruierten Fassaden des Berliner Schlosses markiert den Beginn einer neuen Etappe in der schwierigen Beziehung der (Doppel-) Stadt zu ihren Geburtsorten zwischen St. Marien, Rathaus, dem Molkenmarkt, St. Petri, der Werderschen Kirche und – darin eingeschlossen – dem Schloss.
    Die problematische Wahrnehmung dieser ältesten Teile Berlins beginnt bei der Bezeichnung. In jeder anderen europäischen Metropole redet man voller Stolz über die Altstadt. Barcelona, Lissabon London, Madrid, Mailand, Paris, Prag, Rom, Wien.
    Dies galt auch für Berlin, allerdings nur bis etwa zur MITTE DES 19. JAHRHUNDERTS und danach nur sehr verhalten bis zu ihrer physischen Zerstörung durch die Bomben des Kampfs um Berlin und der darauf folgenden weit radikaleren „zweiten Zerstörung“ durch Politik und Planung in den Jahren nach 1945.

    Die trotz der starken Kriegszerstörungen bis weit in die Nachkriegszeit gut erhaltenen Stadtgrundrisse von Alt-Berlin ( mit dem neuen Markt, St. Marien,St. Nikolai ), der Parochialkirche und der Alten Synagoge, Cölln (mit St. Petri), dem Friedrichswerder und der Friedrichwerderschen Kirche am Markt wurden nach dem Kriegsende durch den „Kollektivplan“ zunächst planerisch ausgelöscht, um Teil einergänzlich neuen Idee einer Stadtlandschaft mit einer „grünen Mitte“ nach dem Bild von Hans Scharoun zu werden, um dann nach 1950programmatisch zum politischen und architektonischen Zentrum des neu gegründeten DDR-Staates ausgebaut zu werden.
    Aus den Trümmern der schon durch die Nazis schwer angeschlagenen Stadtmitte wurde nach weiteren rücksichtslosen Abrissen, Enteignungen der Grundstückseigentümer und den Mustern schnell wechselnder, radikaler Planungen die funktionale und räumliche Mitte des DDR-Staates und ihrer sozialistischen Einheitspartei SED. … >>


    Auszug aus dem Vorwort von Hans Stimmann.


    Das Buch hat folgende vier Themenschwerpunkte:


    1. FRIEDRICHSWERDER


    In dem gemäß dem Planwerk Innenstadt realisierten Teil lässt sich bereits etwas von den Möglichkeiten einer neuen innerstädtischen Wohn- und Lebensatmosphäre mit Nachbarschaften, Kindern, Arbeiten und Wohnen erahnen.
    Noch fehlen allerdings die Bebauung am Werderschen Markt westlich der Friedrichwerderschen Kirche und die Rekonstruktion der Bauakademie. Erst mit dieser Wohnbebauung am Werderschen Markt und mit der Wiedererrichtung der Bauakademie wird dieses Quartier seinen stadträumlichen und kulturellen Mittelpunkt zurückerhalten.



    2. MOLKENMARKT / GROSSER JÜDENHOF


    Das Quartier um den ehemaligen Stadtplatz Molkenmarkt mit dem ausgelöschten Großen Jüdenhof, dem mächtigen Stadthaus und den Resten des Gymnasiums zum Grauen Kloster befindet sich seit 1996 in der Planung. Nach dem Beschluß des Senats von 1999, bei dem der Molkenmarkt wegen der in der Regierungskoalition aus CDU und SPD nicht konsensfähigen Lösung der Verkehrsprobleme ausgeklammert wurde, erfolgten mehrere Überarbeitungen. Der letzte Entwurf, der in dem Buch Erwähnung findet, wurde 2008 vorgelegt. Auf dieser Grundlage fußt der aktuell vorgelegte Bebauungsplan. Mit den Bauarbeiten ist allerdings erst in einigen Jahren zu rechnen.
    Den neuen Mittelpunkt des Quartiers bildet leider nicht der Molkenmarkt, sondern ein neuer, asymmetrisch angelegter Platz vor dem Stadthaus. Eine längst überholt geglaubte, berlintypische Verbeugung vor dem Autoverkehr – und das ausgerechnet in der Altstadt, 20 Jahre nach dem Fall der Mauer im Jahre der großen Finanzkrise!
    Mit der neuen Grunerstraße entsteht eine Geschäftsstraße am ehemaligen Altstadtrand.
    Mit der Wiedereinrichtung des Gymnasiums zum Grauen Kloster wird an die große Tradition dieses Ortes als Zentrum des geistigen Lebens angeknüpft werden.



    3. ALT-CÖLLN / St. PETRIPLATZ / GERTRAUDENSTR.


    Den dramatischen und aus heutiger Sicht fast unwirklichen Vorgang des 1960 begonnenen Abrisses der gut erhaltenen St. Petrikirche schildert Gerhard Boß.
    Nach den jüngsten Ausgrabungen im Bereich der bisher vier (!) Petrikirchen an diesem Platz mit dem dazugehörigen Friedhof wissen wir wieder etwas mehr über die Geschichte der Altstadt von Cölln. Im weiteren Umgang mit diesem Wissen herrscht allerdings berlintypische Rat-, Mut- und Fantasielosigkeit, gepaart mit dem Pragmatismus der Verkehrsplaner und der theoretischen Blockade der antlichen Denkmalspflege, die hier das Feld den Archäologen überlassen hat.
    Eine Ausnahme ist der Mut der nur noch dem Namen nach existierenden Gemeinde St. Petri. Der Gemeinderat votierte viereinhalb Jahrzehnte nach der Sprengung FÜR einen Kirchenneubau. Erst durch die Thematisierung dieser Bauaufgabe für den Neubau von St. Petri kann damit begonnen werden, die derzeitige Leere des über sieben Jahrhunderte sakralen Orts wieder aufzuheben.
    Für diese provokative Aufgabe haben die Architekten Augusto Romano Burelli (Udine/Venedig), Paul Kahlfeldt (Berlin), Hans Kollhoff (Berlin), Christoph Sattler (München) und Natascha Meuser (Berlin) Entwürfe für eine fünfte St. Petrikirche skizziert.



    4. NEUER MARKT


    Fehlen in Alt-Cölln Kirche, Rasthaus, Straßen und Plätze und damit die architektonischen Bedeutungs- und Erinnerungsträger, so sieht es im Quartier von Alt-Berlin nur auf den ersten Blick besser aus.
    Hier stehen zwar die St. Marienkirche und das Rathaus und es fehlen „lediglich“ die Bürgerhäuser an den alten Adressen: Neuer Markt, Heilig-Geist-Straße, Bischofstraße, Hoher Steinweg, Kleine Poststraße, Burgstraße. Doch erst mit einer Rekonstruktion des Stadtgrundrisses und der parzellären Bebauung mit den Häusern, die den Maßstab der Altstadt aufnehmen, erhielten das isolierte Rathaus und St. Marien ihre Rolle als herausragende Bauten der Kirche bzw. der Kommune im historischen Zentrum der europäischen Stadt Berlin zurück.
    -/-


    Im Buch sind mehrere Stadt- und Schwarzpläne aus den letzten beiden Jahrhunderten abgebildet. Sie dokumentieren den bis zum heutigen Tage entstandenen Verlust, wohl aber auch die Chancen, die wir zur Rückgewinnung wenigstens eines Teils noch haben.


    Reinhard Rupsch

  • Eine gestrige Veranstaltung zur historischen Mitte hat die Stadtbaufrau Lüscher genutzt, mit blumigen Worten gegen eine Bebauung des von ihr "Rathausforum" getauften Areals zu plädieren. Zwei interessante Fakten:


    - Das unmittelbare Umfeld des Fernsehturms wird endlich aufgewertet. DIe Grünanlagen gepflegt, die Ramsch-Buden weg, weniger Parkplätze, etc. Planung durch Levin Monsigny Landschaftsarchitekten.


    - Am östlichen Ende ist die Erweiterung des Bestandsgebäudes zur Liebknechtstr. auf dem guten Weg der Reaisierung, und für den geplanten Baukörper südlich ("Block c2")steht ein Wettbewerb an.



    "Ratshausforum"? Wie klingt denn das?! Sowas bebaut man ohne große Not. "WIlly-Brandt-Forum" oder "Berliner Freiheit", sowas bleibt geschützt;)

    Einmal editiert, zuletzt von avila () aus folgendem Grund: Großes Rästelraten

  • Ich weiß auch nicht warum so ein schön weitläufiger Platz wie der Rathausplatz unbedingt bebaut werden muss, nur damit die Gebäude entweder leer stehen oder woanders Leerstände entstehen. Ich bin für eine Aufwertung des MEF und des Rathausplatzes und eventuell wenn die Nachfrage besteht ein wenig Randbebauung, aber ansonsten ist eine Bebauung dort nicht mehr zeitgemäß, da sich die Stadtstruktur komplett verändert hat. Obwohl ich ein Gegner des historisierenden Wiederaufbaus bin kann aber das Nikolaiviertel wohl kaum als Argumentation oder schlechtes Beispiel gelten, da das Niklaiviertel aus Platten besteht und man das vielerorts auch sieht, das war halt die DDR. Heute würde man Historisches ganz anders rekonstruieren.

  • ^
    Was heißt denn eigentlich komplette Änderung der Stadtstruktur? Unterliegt eine Stadt und dementsprechend auch die Stadtstruktur nicht einem ständigen Wandel (und gerade in Berlin)? Es sind die Menschen die dafür sorgen, dass sich Strukturen im permanenten Wandel befinden. Und wenn eine Generation sich zu einem erneutem Wandel entschließt, dann ist das m.M.n. stets zeitgemäß. Ob dieser Wandel positiv oder negativ für die Entwicklung war, zeigt sich im Laufe der Zeit.


    Auch deine Aussage bezüglich des erwartbaren Leerstandes kann ich nicht ganz nachvollziehen. Die Lage ist für eine Wohnbebauung nicht unattraktiv. Wenn sie in eine gewissen Kleinteiligkeit (allerdings nicht im Sinne der friedrichswerderschen) daherkommt und weniger massiv (also sich nicht an die Plattenbauumgebung orientiert), dann dürfte die Vermietung kein Problem sein. Anders natürlich bei vornehmlicher Büronutzung; da hat Berlin tatsächlich viel Überschuss (wer weiß ob die Lage in 10 Jahren nicht wieder anders aussieht?).


    Generell halte ich auch die Bezeichnung Rekonstruktion der historischen Mitte für irreführend. Rekonstruiert werden dort wenn überhaupt alte Blockstrukturen. Die Architektur dürfte in den seltsten Fällen historisierend ausfallen.


    Eine Aufwertung des MEFs für die nächsten Jahre ist sicherlich eine gute Sache. Das Problem ist allerdings die U5-Baustelle. Bevor die Bauarbeiten nicht beendet sind, brauch mit einer (umfassenden) Umgestaltung des MEFs nicht begonnen werden. Es bleibt also viel Zeit für eine Diskussion über die Entwicklung des Areals ;)


    Edit:
    @ Reinhard Rupsch: Danke übrigens nochmal für die Kurzzusammenfassung :)

  • @ Richard Neutra: Der Platz muss nicht bebaut werden. Aber er sollte bebaut werden. Denn: In der Summe mangelt es Berlin an urbaner Dichte - und nicht etwa an weitläufigen, offenen (Grün-)Flächen. Allen guten Absichten zum Trotz ist die Nachkriegsmoderne mit ihrer Vorstellung, eine vorstadt-artige aufgelockerte Bebauung in die Innenstädte zu holen, gescheitert. Nicht umsonst suchen ideologieübergreifend alternative Kreuzberger ebenso wie arrivierte Architekten oder Grossbürger heute eher den engen Hinterhof als die weitläufige "Brache". Hinzu kommt, dass diese Leerflächen Stadtzusammenhänge zerreissen. Sie isolieren Stadtteile und Menschen voneinander. Sie verbinden sie nicht. Ihre Wirkung ist meist nicht viel besser als die einer Autobahn. Davon abgesehen sprechen auch zunehmend ökologische Argumente für eine massive Nachverdichtung Berlins. Im Hinblick auf Transportaufwand, Heizaufwand, Ver- und Entsorgungsaufwand sind, exemplarisch, viele in der Fläche um Berlin herum verteilte weitere Kleinmachnows eben viel ungünstiger als Nachverdichtung. Ich sehe nur Vorteile einer Wiederbebauung des Marienviertels. Ob dann historisierend oder nicht gebaut wird, ist eine ganz andere Frage. Die Mehrzahl der Gegner sperrt sich meines Erachtens sowie eher aus ideologischen denn aus sachlichen Gründen (die Ostmoderne ist betroffen und es würden eher Wohnungen für "Reiche" entstehen).

  • Es mag ja auch gute Argumente für eine Bebauung geben, sehe ich ja auch alles ein, aber mein Eindruck ist nicht unbedingt, dass es Berlin an Wohnungen mangelt? Ist die Nachfrage so groß, dass neue Wohnungen in diesem Gebiet sofort aus der Hand gerissen würden? Trotz der guten Lage, ich bezweifle das eher. So weit ich weiß hat es lange gedauert bis beispielsweise die Apartments am Potsdamer Platz halbwegs vermietet bzw. verkauft waren und ich weiß nicht ob es da nicht immer noch Leerstände gibt. Verdichtuung des Stadtraums: Ja, aber doch nicht an einer Stelle, die von der Bevölkerung gut angenomme wird, wie man auf den Fotos sehen konnte. Es gibt noch so viele freie Flächen in Berlin, da gibt es wohl bessere Stellen, wenn es überhaupt entsprechend großen Bedarf nach Wohnungen gibt.

  • Richard Neutra: Die Wiederherstellung des Stadtgrundrisses im Bereich Rathausplatz/MEF würde in einem so langen Zeitrahmen stattfinden, daß sich die Nachfrage wohl entwickeln kann. Daß der bestehende Platz angenommen wird, halte ich allerdings für kein durchgreifendes Argument. Für die meisten Passanten liegt dieser Bereich wohl in jedem Fall auf dem Weg - egal, was dort steht (oder nicht steht).


    Davon abgesehen ein interessantes Projekt. Für die Bebauung spricht, daß der gesamte Bereich jetzt eine amorphe Platzstruktur hat, die nicht einmal durch ihre Größe wirkt. Im Gegenteil sieht man deutlich, daß da ein Stück der Innenstadt entfernt wurde und nun einfach fehlt.


    Allerdings kann ich mir vorstellen, daß statt einer Wiederherstellung des historischen Grundrisses auch eine neue, geplante Lösung Sinn machen könnte. Man mag einwenden, daß es in Berlin seit Beseitigung des Altbaubestands keine überzeugende Innenstadtplanung gegeben hat. Das schließt m.E. aber nicht aus, daß es eine solche Planung in der Zukunft geben kann.


    Ein Altstadtgrundriß ist außerdem nicht immer sinnvoll, sondern beruht zu einem gut Teil auf historischen Zufällen. In Berlin ist die historische Verbindung aber abgerissen. Es wird nach der Bebauung auch nicht mehr die Bevölkerungsstruktur der Vorkriegszeit vorhanden sein. Es entsteht also in jedem Fall ein neues Viertel.


    Ein solches Viertel kann aber sicher gut nach heutigen Gesichtspunkten geplant werden. Auch in Paris ist die Neuplanung und -bebauung der Innenstadt nach den Bedürfnissen im 19. Jh. aus heutiger Sicht gelungen.


    Schließlich handelt es sich nicht um ein einzelnes Rekonstruktionsprojekt wie das Schloß, bei dem eine einigermaßen konsistente Lösung zu erwarten ist. Bei der Altstadtbebauung wird es vermutlich Anpassungen an die Eigentümerstruktur, öffentlich-rechtliche Vorgaben und stadtplanerische Gesichtspunkte geben, was zu einem weniger „authentischen“ Gesamtergebnis führen dürfte. Das Schloß paßt sich außerdem in ein für die Rekonstruktion sprechendes städtebauliches Umfeld ein (Unter den Linden, Schloßplatz). Für eine Altstadtbebauung auf dem historischen Grundriß sehe ich dagegen kein vergleichbares städtebauliches Bedürfnis.