Boulevard Süd-West | Europacity

  • Gemeint war der genius loci Berlins, nicht der dieses speziellen Ortes (an dem sich ja vorher ein Güterbahnhof befand).
    Zitat gekürzt. Bitte möglichst knapp zitieren. Danke
    Bato


    Hm, ich bin mir nicht sicher ob man Berlin als ganzes einen genius loci überstülpen kann. Kann man aus meiner Sicht nicht. Für mich ist der immer ortbezogen. Und zwar im engeren Umfeld.
    Was aber das Europa-Viertel von FFM betrifft, so gebe ich Ihnen recht. Das ist unterste Schublade. Insofern kann man der vielgescholtenen Berliner Architektur durchaus noch was positives abgewinnen.

  • In der Berliner Zeitung ist die Rede davon, dass der Entwurf von den Architekten Kleihues + Kleihues stammt, mit großen Fenster und Natursteinfassade.


    Ich bin etwas verwirrt, ist damit der zweite Bau weiter nördlich an der Heidestraße gemeint?


    :confused:

  • Woher kommt eigentlich der Name des Strangs? Ich hoffe, dass man die Heidestraße nicht in Boulevard ... umbenennt. Die Bindestrichstraßennamen sind m.E. schon schlimm genug.


    Steht im Startpost eine Seite zuvor.
    Bato

  • Hm, ich bin mir nicht sicher ob man Berlin als ganzes einen genius loci überstülpen kann. Kann man aus meiner Sicht nicht. Für mich ist der immer ortbezogen.


    Zugegeben, den Begriff "genius loci" habe ich hier vielleicht etwas zu weit gefasst. Was ich sagen wollte, dürfte trotzdem klar geworden sein: Ich finde die (überwiegend noch geplanten) Bauten in der Europacity ohne jeden Bezug zu den baulichen Traditionen Berlins und auch nicht annähernd kraftvoll genug, einen neuen eigenen Akzent zu setzen. Entsprechend austauschbar ist das Ergebnis.


    Es muss sich niemand wundern, wenn die (gefühlte) Mehrheit der Leute - zu der ich nicht gehöre - von moderner Architektur keine gute Meinung hat, wenn moderne Architekten selbst in solchen Traumlagen wie am Europa- und am Washingtonplatz (am größten Kreuzungsbahnhof Europas, am Spreebogen und am Humboldthafen, in Sichtweite von Kanzleramt und Reichstagsgebäude) nur solche austauschbaren Kisten produzieren.


    Wie gut muss eine Lage denn eigentlich sein, um Architekten und Bauherrn zu inspirieren?


    Und warum sollte es nicht möglich sein, mit den Mitteln moderner Architektur unverwechselbare Orte zu schaffen? Das hat doch gleich gegenüber, bei Kanzleramt und Bundestagsverwaltung ("Band des Bundes") auch geklappt.


    Mein Verdacht ist, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hier eine unrühmliche Rolle spielt. Anstatt auf die konsequente Entwickung des Stadtbildes zu setzen und entsprechende Vorgaben zu formulieren, scheint man seit einigen Jahren vor allem an einer schnellen Verwertung interessiert zu sein. Das war in Berlin schon mal besser, obwohl es der Stadt finanziell mittlerweile sogar etwas besser geht als noch in den 1990ern und frühen 2000ern. Aber da war der Senatsbaudirektor auch noch nicht eine solche ... Lusche.

  • Dass in Berlin eben internationaler Standard errichtet wird, und das in Masse, ist bekannt. Ein Ortsbezug ist, das ist richtig, nicht zu erkennen.


    Näher kommt man den Ursachen aus meiner Sicht, wnn man sich die 5 Dimensionen von Architektur vergegenwärtigt:


    1.-3. Höhe mal Breite mal Tiefe: Eigentlich keine großen Fehler gemacht. Einheitliche Tarufhöhe mit gelegentlichen Dominanten.


    4. Stellung im Raum: Der Städtebau ist so ziemlich das Uninspirierteste, was ich je gesehen haben. Schematisch, ohne jede Überrauschung, erwartetbar und gähnend langweilig. Kaum Bldung von gefassten Räumen, kein Spiel zwischen Dichte und Weite, schnurgerade Straßen, bei denen man die Blitzer gleich bei der Erstellung mit einbauen kann, da die Menschen einfach nur schnell durch wollen.


    5. Geschichtlichkeit (die 5. Dimension): so gut wie nicht vorhanden. Ein lächerlicher Bau ist übrig geblieben, mit dem man an die Vergangenheit andocken könnte. Auch bzgl. der Architektur ist keine Reminiszenz an die Vergangenheit, auch punktuell nicht, zu erwarten.


    Summa: Öde, austauschbar, beliebig. Man kann nur hoffen, dass der Berlin-Boom weiter geht damit diese Klötze nicht leerstehen.

  • Doch, genauso wie im Frankfurter Europaviertel scheint es auch in der Berliner Europacity zu laufen ... In beiden Fällen hat man eine Großchance, einen innenstadtnahen neuen Stadtteil zu entwickeln, komplett in den Wind geschossen und stellt stattdessen die Gegend mit diesen grässlichen Investorenbuden voll.


    Komischerweise ist das seit einigen Jahren ein in ganz Berlin zu beobachtendes Phänomen. In den 1990er und frühen 2000er Jahren, als es noch riesige Brachen gab und kein besonderer Nachfragedruck herrschte, wurde zum Teil richtig gut gebaut. Jetzt, wo sich das Marktumfeld radikal gebessert hat, werden Top-Lagen (Leipziger Platz, Alex) oder Gebiete mit großem Potential (Europacity) mit diesen 0815-Kästen förmlich zugemüllt.


    Du sprichst das gewandelte Marktumfeld an. Die größere Nachfrage ist sicher ein Grund für diese Entwicklung. Und ich glaube, daß es noch einen weiteren Grund für diese Schuhkarton-Architekur gibt.


    In Berlin ist Freifläche (noch) kein knappes Gut, da genug Freiflächen vorhanden sind. Freie Bauflächen sind bisher nicht wertvoll genug. Erst wenn die Fläche knapp wird, wird man sie besser nützen bzw. hochwertiger bebauen.
    Mit anderen Worten: zuerst wird alles mit billigen Schuhkartons zugebaut. Und erst danach, wenn nur noch wenige Restflächen vorhanden sind, wird man sich um bessere Architektur bemühen.

  • Bisher steht da ja noch nicht soviel und den Tour Total und die neue Hertz Zentrale als grässliche Investorenbuden zu bezeichen halte ich für völlig überzogen.


    Ja, die Hertz Zentrale ist zugegebenermaßen wirklich gut. Wenn ich mir allerdings die Pläne der Senatsverwaltung zur Heidestraße/Europacity anschaue, dann bleibe ich skeptisch.
    Letztendlich handelt es sich bei diesen Plänen um eine Ansammlung von Schuhkartons. Große Schuhkartons, kleine Schuhkartons, langgezogene Schuhkartons, Schuhkartons ... so weit das Auge reicht.


    Und auch der kastenförmige Tour Total ist am Ende des Tages nur ein Schuhkarton, der - ausnahmsweise - mal nicht flach, sondern hochkant hingestellt worden ist.

  • In Berlin ist Freifläche (noch) kein knappes Gut, da genug Freiflächen vorhanden sind. Freie Bauflächen sind bisher nicht wertvoll genug. Erst wenn die Fläche knapp wird, wird man sie besser nützen bzw. hochwertiger bebauen.


    Das scheint dann wohl ein bundesweites "Problem" zu sein. Denn die gleiche Stadtplanung mit den gleichen Fassaden hingerastert von einer kleinen Architektenclique findest du landauf landab in allen sog. Europavierteln der Großstädte. Wenigstens in FFM findet sich noch das ein oder andere interessante Hochhaus.

  • Angst-Architektur in Europavierteln deutscher Großstädte

    Das scheint dann wohl ein bundesweites "Problem" zu sein. Denn die gleiche Stadtplanung mit den gleichen Fassaden hingerastert von einer kleinen Architektenclique findest du landauf landab in allen sog. Europavierteln der Großstädte.


    So ist es. Vielleicht liegt das bundesweite Problem auch darin, daß deutschen Architekten einfach die Kreativität fehlt.


    Die konformistische Architektur in den Europavierteln deutscher Großstädte ist typisch deutsch. Sie spiegelt die deutsche Angst-Mentalität wider. Es geht um Angst davor, aufzufallen. Angst davor, mutig zu sein. Angst davor, Farbe zu zeigen. Angst davor, kreativ zu sein. Angst einfach vor allem! Die Deutschen sind ein ängstliches Volk und sie zeigen diese Mentalität auch in ihrer Architektur. Die Folge ist diese bundesweit zu bestaunende Verhinderungs-Architektur, die nichts aussagen möchte bzw. für nichts stehen möchte.

  • ^ Es stimmt nicht, dass deutsche Architekten nichts vernünftiges zustande bekommen. Gerade in Berlin wurde IMO teils sehr viel anspruchsvolle und überzeugende Architektur gebaut, mehr als in anderen Hauptstädten. Auch in Hamburg und Frankfurt (nicht im Europaviertel). Als völlig neu geplantes Viertel fällt mir noch die Hafencity ein und hier hat man IMO teils sehr überzeugende Ansätze, besonders im 1. BA. Wer keine Idee und kein Konzept hat, scheint mir hier wie in Frankfurt eher die Verwaltung und der Entwickler CA Immo zu sein.

  • Dass der Würfelhusten an der Hamburger Hafencity "überzeugend" sein soll ist zumindest strittig. Wenn dass jedoch der Masstab ist muss die Eurocity auch etwas "überzeugendes" werden.

  • ^ Wenn man moderne Architektur nicht rundheraus ablehnt besteht zumindest die Chance, dass einen die Hafencity überzeugt. Als mutlos würde ich sie jedenfalls nicht bezeichnen. Sie hat etwas unverwechselbares und hat auch über Deutschland hinaus Maßstäbe gesetzt. Viele Menschen aus dem Ausland schwärmen von ihr.

  • ^^Das Teherani-Zitat "Würfelhusten" ist jetzt auch echt gelutscht.... Die Hafenstadt überzeugt jetzt nicht alle total, aber Bauabschnitt eins und auch Baakenhafen sind und werden gehobenes Niveau. Überseequartier und Magdeburger Hafen ist eher Durchschnitt, und da sieht man auch gleich, was größere Parzellierung anrichtet - aber natürlich ist die gesamte Planung "überzeugend". Hinsichtlich Größe, Lage, Konsistenz und Qualität wäre ein solches Projekt in Berlin never ever möglich. Insofern können die Berliner von mir aus bashen was das Zeug hält - die Hafenstadt ist ein erfolgreiches Stadtentwicklungsprojekt und Benchmark für Flächen-Neubau-Stadtenwicklung (--> Wär ich froh wenn am Humboldthafen und Eurocity ähnlich geplant und gebaut worden wäre), wie die Frankfurter Altstadt Benchmark für rekonsturktionsorientierte Stadtreparatur (--> Alt-Berlin, Alt-Cölln) ist.

  • ... die Hafencity finde ich durchaus gelungen, obwohl ihr ein echter Hingucker fehlt. Das heimliche Benchmark für die Hafencity mit seiner Elbphilharmonie war ja das Opernhaus von Sydney, daran gemessen ist die EP recht unspektakulär. Mir gefällt noch der Rheinauhafen in Köln recht gut.


    Aber das Benchmark für alle ambitionierten Entwicklungsgebiete der Stadt liegt in Berlin selbst. Das Areal des Potsdamer Platz. Was entlang der Linkstraße, Bellevuestraße oder am Tunnel Tiergarten gebaut wurde, kann sich international absolut sehen lassen. An die großen Glasfassaden des Sony Center oder den Volksbank Komplex ist IMHO in Berlin kein späterer, kommerzieller Bau gestalterisch rangekommen.Wichtig ist mir, dass die Heidestraße als breiter Boulevard ausgeführt wird, mit genügend Platz für Grünstreifen, Rad und Fahrwege.


    Potsdamer Platz, eigene Bilder, gemeinfrei


    Überhaupt würde ich an der Stelle der Verantwortlichen mich mehr international orientieren. Die Berliner EC wird zuallererst ein Bürostandort und muss deswegen nicht durch besondere Urbanität glänzen. Hier könnten viel Solitäre gebaut werden, eine einheitliche Höhenkante halte ich für vollkommen überflüssig. Ich für meinen Teil halte die EC nördlich des HBF für den aus städtbaulicher Sicht am meisten geeigneten Hochhausstandort in Berlin.


    Hier noch ein schönes Beispiel aus Paris, so was wäre z.Z. in Berlin kaum vorstellbar.


    Das so wenig inspiriert gebaut wird, dürfte auch an der nachlassenden Investitionsbereitschaft liegen, die m.E. wesentlich durch die völlige Entkopplung von Entwickler / Eigentümer und Mieter verursacht ist.

  • ^ Es stimmt nicht, dass deutsche Architekten nichts vernünftiges zustande bekommen. Gerade in Berlin wurde IMO teils sehr viel anspruchsvolle und überzeugende Architektur gebaut, mehr als in anderen Hauptstädten.


    Ach ja, welche Hauptstädte denn?
    Wen willst du hier verarschen?



    Darf ich dich was fragen?
    Bist du einer der Angesprochenen?
    Oder: Wie kann man nur so blind sein?


    Selbst in französichen Kleinstädten und holländischen Dörfern wird anspruchsvoller gebaut als in unserer Hauptstadt!

  • ^^ Du überrascht mich, Kleist, scheinbar liegen wir geschmacklich doch nicht so weit auseinander, abgesehen natürlich vom Städtebau (Bürostandort? So was wie Niederrad?).


    ^ Ich antworte mal, auch wenn ich keine große Lust verspüre... Was nach der Wende im Zentrum Berlins gebaut wurde hält IMO dem Vergleich mit jeder großen Stadt weltweit stand. Ganz anders schaut es aus, wenn man die Innenstadt verlässt und sich ein durchschnittliches Wohnviertel anschaut, da geb ich dir Recht.

  • ... eine einheitliche Höhenkante halte ich für vollkommen überflüssig.


    Etwas in diese Richtung schrieb ich unter #17 - wie es danach hiess, der niedrigere Kunstcampus-Block solle die Höhe umliegender Bauten bestimmen. Das sehe ich weiterhin nicht ein - wenn eine Ausnahme möglich ist, müsste auch eine zweite gestattet sein.


    Wieso sollte ein Areal inmitten der Innenstadt nicht urban wirken nur weil es vorwiegend Büronutzung hat? (Abgesehen davon, dass es ja auch einige Wohnbauten gibt) Eine Ansammlung der Solitäre wie in der Hamburger City-Nord oder im Düsseldorfer Seestern wirkt geistlos, auch 'nur' auf dem Arbeitsweg ins Büro gesehen wirkt sowas deprimierend. Eine Straßenflucht mit Läden im EG wäre schon nicht verkehrt, doch dies kann gerne mit wiedererkennbaren Fassaden und einigen höheren Gebäudeteilen kombiniert werden. So wie jemand darüber für räumliche Überraschungen plädierte. Abwechslungsreiche Gestaltungen und öffentliche Räume ja - aber nicht völlig undefinierte Stadträume wie es meist inmitten der Solitäre ist. Die als Vorbild zitierten Bauten am Potsdamer Platz versuchen, Straßenblöcke und Quartiere zu bilden - lose Solitäre ohne Beziehungen miteinander sind sie nicht.

  • Etwas in diese Richtung schrieb ich unter #17 - wie es danach hiess, der niedrigere Kunstcampus-Block solle die Höhe umliegender Bauten bestimmen. Das sehe ich weiterhin nicht ein - wenn eine Ausnahme möglich ist, müsste auch eine zweite gestattet sein.


    Warum denn? Man hätte auch einfach ein paar mehr Hochhäuser im Teilbereich "Am Hauptbahnhof" einplanen und damit locker den Bedarf abdecken können.

  • Was nach der Wende im Zentrum Berlins gebaut wurde hält IMO dem Vergleich mit jeder großen Stadt weltweit stand.


    Nur ein Paar europäische Beispiele: Barcelona, Rotterdam, Den Haag, Lyon, Paris, London(und das obwohl die englische Architektur oft noch schlimmer ist als die deutsche), Mailand etc. pp.


    Mit KEINER der hier genannten Städte könnte es Berlin neubautechnisch auch nur annähernd aufnehmen...
    Es mag ein Paar Ausnahmen geben (Kollhoff-Tower oder z.B Band des Bundes), der Rest jedoch ist biedereres, rückwärtsgewantes, pseudo-speersches(!) und immergleiches Würfelhusten (schönes Wort übrigens, vielen Dank an den Erfinder) ohne eigene oder gar neue Ideen: Deutsche Angst-Architektur, bloss nicht auffallen...