Braunschweig

  • Braunschweig

    Zu aller erst, die Fotos spiegen NICHT die Stadt wieder! Das ist eigentlich nicht mein Stil, da ich gern alles von einer Stadt mitnehmen - jedoch hatte ich nur einmal - auf dem Weg zur Uni richtig zeit (und das Wetter passte auch) Fotos zu machen. Der Weg zur Uni führte mich durch die - was ich gesehen hab - schöneren Gegenden Braunschweigs.
    Absolut krass ist, was mit der alten mittelalterlichen Innenstadt passiert ist. Die Drogen der Stadtplaner in den 50er und 60er Jahren verteufel ich!!! War im Rathaus und hab mir ein großes Stadtmodell angeguckt - wie Braunschweig vor der Industrialisierung aussah. Hab keine Ahnung wie sich die Stadt im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts veränderte. Doch konnte ich einige nette Gegenden aus der Gründerzeit und der Jahrhundertwende ausmache.
    Was dann nach dem Krieg geschah muss einfach nur heftig gewesen sein. Da laufen 8 spurige Straßen mitten durch die alte Kernstadt. Wer braucht in Braunschweig sowas? Die Straßen haben doppelt soviel Spuren wie der Mittlere Ring - aber nur ein Fünftel der Autos fahren drauf! Dachten die Stadtplaner dass Braunschweig Millionenstadt wird???
    Diese absolute Tristesse in manchen Gegenden wirkt sich natürlich auf das urbane Leben richtig aus. So extrem leer hab ich die Straßen in keiner Großstadt angetroffen. Und vor allem: Man sieht KEINE ausländischen Mitbrüger. Krass das sticht so richtig ins Auge. Mag ja sein dass sie alle nur daheim rumhocken - weil Winter - weil keine urbanen Aufenthaltsflächen.
    Dabei sehe ich durch aus noch einiges an "Rettungspotential": Man muss schrittweise die Narben heilen lassen - die Straßen rückbauen! Die baulichen Strukturen der Nachkriegszeit aus dem Stadtbild herausnehmen. Dass diese Maßnahmen für eine Stadt wie Braunschweig nicht so leicht sind wie für Stuttgart, Frankfurt oder München ist auch klar - dazu fehlt einfach die Power. Aber stückchenweise wird das schon gehen.


    So nun die Fotos:







































    happy discussing!

  • Schade, daß du nicht mehr Zeit für die Innenstadt hattest. In der Stadt haben sich einige herausragende Baudenkmäler erhalten, insbesondere die grossen Kirchen.


    Daß der Wiederaufbau deutscher Städte nach dem Krieg häufig zu furchtbaren Ergebnissen führte wissen wir alle. Braunschweig scheint ein besonders abschreckendes Beispiel zu sein.

  • ja die kontraste sind einfach sowas von heftig. für mich ist braunschweig mit frankfurt die stadt mit den krassesten gegensätzen. da steht ein klassizistisches oder gotisches schmuckstück wie es ohne weiteres auch in münchen oder wien zu finden wäre neben derart hässlichen bunkern - wahnsinn.

  • Braunschweig muß vor dem Krieg eine beeindruckende Fachwerk-Altstadt gehabt haben. Leider haben die Bomben davon nicht viel übrig gelassen. Ein regelrechtes Verbrechen war der Abbruch der Schlossruine, der aus ideologischen Gründen passierte. Übel auch die Gegend um den etwas abseits gelegenen neuen Hauptbahnhof (Braunschweig hatte früher einen Kopfbahnhof), die sehr weitläufig und öde mit breiten Autostraßen und einigen Hochhausblocks gestaltet ist. Allerdings gibt es in der Stadt noch einige sehr schöne und sehenswerte Bauten und Stadtviertel. Die Rekonstruktion des Schlosses könnte ein weiterer Baustein zur Stadtreparatur sein, wobei die Auswirkungen des neuen ECE-Centers auf die bestehende Einzelhandelsstruktur abzuwarten sind.

  • Sehr schöne Fotos. Ich war nur einmal dort, hatte aber leider keine Gelegenheit, solche schönen Spots zu entdecken, vielen Dank. Einige Straßenzüge haben mich irgendwie an München erinnert...

  • Um solche Straßenzüge zu finden, musst du dich aber in erster Linie im östlichen Ringgebiet auf die Suche begeben, weil dort noch am Ehesten alte Strukturen zu finden sind. In der Innenstadt sind sicher auch Altbauten zu finden, aber das muss man sich vorstellen wie Oasen in eine großen Wüste. Nach dem Krieg wurde nämlich da System der Traditionsinseln beim Neubau des Kerns angewndet. Jawohl, Neubau, nicht Wiederaufbau, weil nur die wenigsten Bauten rekonstruiert wurden, mit dem Ergebnis, dass Braunschweig im Zentrum regelrecht mit Bausünden gespickt ist. Da kann das ECE-Center meines Ermessens nach auch nicht viel ausrichten.

  • Ja, aber viel ist das nicht, es sei denn, du bist ein Fan des Brutalismus, dann kannst du hier einiges finden

  • Aber eigentlich ein wunderbarer Grundriss..ist die Innenstadt wirklich so schlimm?


    St. Aegidien und ein paar andere Bauten sind doch durchaus sehenswert. Und der Kohlmakt ist doch ein recht gemütliches Plätzchen?
    (das Konzept der "Traditionsinseln" lässt allerdings nichts gutes vermuten..)


    Interessante Fotos isek!

  • Du hast gute Vorahnungen, Basti. Die Traditionsinseln sagen alles. Ringsherum reiht sich nämlich eine Bausünde nach der anderen. Du musst dazu wissen, dass der gesamte Nordbereich der Altstadt ein Totalverlust war, und der Rest ist den Städteplanern zum Opfer gefallen. Am schlimmsten ist es in den Berichen Bohlweg, JFK-Platz und Radeklint. Da wurde einfach alles dem Auto geopfert. Bitter ist auch, was manchmal unter Denkmalschutz gestellt wird, sei es der neue Hbf oder das ehem. Horten-Haus. Den Vogel unter den Bausünden in Braunschweig schiessen zwei Objekte nebenbei noch ab: Das Technische Rathaus und der Affenfelsen (Ein Studentenwohnheim am Rebenring.

  • musste aber erkennen, dass selbst innerhalb der traditionsinseln derbste löcher klaffen. nur muss man gezwungender maßen zu den extrem niedlichen fachwerkhäuschen gucken.
    die fotos sind allesamt entlang des östlichen grabens entstanden. gorb: auf meinem weg vom hotel (nahe dem lva richtung) richtung techn.uni.

  • Zitat von arnd

    Ja, aber viel ist das nicht, es sei denn, du bist ein Fan des Brutalismus, dann kannst du hier einiges finden


    Ich wollte doch nur ein bißchen Stadtmarketing betreiben, aber du läßt mir ja keine Chance... ;)


    Im Ernst, so übel ist die Stadt eigentlich nicht. Da gibt es einige andere Städte in Deutschland, die mindestens ebenso schlecht wiederaufgebaut wurden.

  • Da stimme ich dir wiederum auch zu, aber so schlimm wie in Braunschweig sieht es nur in wenigen Städten aus, oder kannst du da eine objektive Liste aufstellen?

  • Duisburg finde ich schlimmer (Autobahn direkt vor dem Bahnhof, Industriebrachen), oder das kürzlich in der Galerie vorgestellte Ludwigshafen. Da gefällt mir Braunschweig besser.

  • Na da muss ich doch mal eine Lanze für mene Heimatstadt brechen. *g* Braunschweigs mittelalterlich Fachwerkinnenstadt wurde zu 95 % zerbombt . . .bzw. in einem Feuersturm nach einem entsetzlichem Bombardement am 13. /14. Oktober 1944 dem Erdboden gleich gemacht. DAs Gebiet der damaligen Fachwerkaltstadt war erst vier Jahre zuvor komplett saniert worden.


    Dieser Teil der Stadt hat sich sicherlich bis heute nicht wieder davon erholt, was aber auch an voreiliger Nachkriegbebauung und damit bis heute ungeklärten Grundstücksgrenzen liegt - es wurden einfach Baublöcke von WIhnbaugenossenshcaften quer zu den alten Gassenstrukturen geklotzt, so dass nur Stirnseiten zu den Strassen zeigen. Wer es kennt : Weber strasse undangrenzend.


    Andererseits sind viele Wahnsinnsprojekte nie verwirklicht worden, weil Hannover las neue Landeshauptstadt BS immer wieder das Geld abgegraben hat - BS war ja ein selbständiger Staat innerhalb des Reiches gewesen und immer mit Hannover in Konkurrenz, welches im 19. Jahrhndert seine Selbständigkeit an Preussen opfern musste ! ( innerlich lachend )


    Dadurch sind viele Strukuturen erhalten geblieben und man findet oft noch alte Gebäude. Besonders in der Innenstadt sind viel GEbäude erhalten geblieben. Der Bilderrundgang zeigt da sher wenig. Nur einiges aus em Uni-Viertel und dem Magniviertel. Die "schlimmen" Bilder stammen aus dem Bereich Theaterwall + Fallersleber Straße. Dort blieb kein Stein auf dem anderen nach der Bombennacht. Die Atrasse hat ihren alten Verlauf - aber nur Bauten aus den 50ern. Sie wurde komplett durch eine Baugenossenschaft wiedererrichtet.


    Es sind aber Umbaupläne fertig sie auf eine FAhrspur zurückzubauen und zu begrünen, die alte Brücke aus dem 19. Jahrhundert wieder in alter Breite zurückzubauen usw.


    Damit würde ein Programm der letzten JAhre die Strassen in ihrer alten Form wiederzubeleben fortgesetzt !


    Auch werden immer mehr Baulücken aus Kriegsschäden geschlossen und ein nachhaltiges Konzept zur Gestaltung der Innenstadt usw. ist aufgestellt.


    Es würde mich Seiten kosten das alles hier darzustellen, aber es bewegen sich derzeit alleine private Investitionen im Rahmen von knapp 400 Millionen Euro in BS. Öffentliche noch nicht alle eingerechnet.


    Derzeit werden Bohlweg und Georg-Eckert-Strasse zurückgebaut, welche in den 60er + 70er Jahren auf das vier bis sechsfache ihrer Größe verbeitert wurden. Der Bohlweg stellte einst das Zentrum und die Flaniermeile der Stadt schlechthin dar. . .


    Das soll nun wiedererstehen, indem ihm ein Boulevard-Charakter verleiehen wird. Das Stadtzentrum rückt mit der Reko des SChlosses wieder in seinen alten Bezugsrahmen zurück.


    Gleichzeitig folgen noch andere Projekte in diesem Rahmen : Umbau LAnger Hof, Rathausvorplatz Münzstrasse STeinweg Tehatervorplatz usw.


    Alles im Rahmen dieses Konzeptes . .


    Wer mehr wisen möchte kann sich gerne bei mir melden. Habe jede Menge Links und Daten auf meinem Rechner !


    Wäre schön, wenn ich diesen Thread wieder etwas beleben könnte. BS ist es durchaus Wert !


    Nebenbei hat es Hannover nichts gebracht die Kohle abzuziehen aus BS. Die Riesenprojekte die dadurch realisiert wurden zählen heute zu den größten Problemzonen dieser Stadt. Als Beispiel sei das Ihme-Zentrum genannt und etliche Verkehrsschneisen in Hannover, welche den alten Stadtgrundriss bis zur Unkenntlichkeit negieren, um "luftige" und "offene" Stadträume zu schaffen. Im Hinterkopf ging es den Planern auch darum, dass solch breite Strassen schlicht Brandschneisen für den FAll eines weiteren Krieges sind !


    Sowas wurde in BS nur einmal verwirklicht : Kurt-Schumacher-Straße. Ihr fiel der WIndmühlenberg, Ottmers ( Architekt des Satdtschlosses ) in BS berühmte Gusseiserne Brücke über die Oker ( wurde heimlich verschrottet ) und Viewegs-Garten zum Opfer. . . neben Teilen des Löwenwalls usw.

  • Sehr eindrücklicher Bericht, vielen Dank. Ich würde mich freuen, wenn du einige der genannten Projekte noch ausführlicher darstellen würdest.

  • Zitat von rec

    Sehr eindrücklicher Bericht, vielen Dank. Ich würde mich freuen, wenn du einige der genannten Projekte noch ausführlicher darstellen würdest.


    Welche Projekte meinst du denn genau? ODer was würde dich interessiren ? Kenne mich mit dem System auch leider nciht so aus hier, sonst würde ich ggf. auch nen Link plazieren . . .

  • Der Umbau des Bohlwegs ist sicher im Zusammenhang mit dem ECE-Center/ Schloss recht interessant. Wenn du da Infos/ Links hast (natürlich auch bzgl. Langer Hof, Steinweg usw.), dann nur her damit. Einfach per copy&paste ins Textfeld einfügen. Würde mich freuen.

  • Zitat von rec

    Der Umbau des Bohlwegs ist sicher im Zusammenhang mit dem ECE-Center/ Schloss recht interessant. Wenn du da Infos/ Links hast (natürlich auch bzgl. Langer Hof, Steinweg usw.), dann nur her damit. Einfach per copy&paste ins Textfeld einfügen. Würde mich freuen.


    Teste ich dann demnächst mal aus. Ich ahbe das Schlossprojekt und die damit verbundene Umgestaltung der angrenzenden Bereiche ( war Bedingung für ECE die übrige Stadt ans Center anzubinden ) seit 2002 verfolgt. Da gibt es sehr umfangreiches MAterial. Vor allem sind interesant die Plänbe für die Gestaltung der Aussenbereiche ums SChloss und das Gutachten von Prof. Ackers zur Anbndung der City - alle Maßnahmen beruhen mehr oder minder auf seinen Vorschlägen.


    Kann dir das mailen oder du schaust selbst auf http://www.braunschweig.de DA kann man das alles finden. GEnauer : Unter städtebauliche Planungen und dann Sonderprojekte DA ist alles über das ECE-Center. AUch Modelle usw. Das Ackersche Gutachten findest du da auch.


    Schau einfach mal. Wenn nicht meld dich einfach.

  • Braunschweig wurde nicht nur durch Angriffe getroffen, die Braunschweig auch als Ziel hatten. Viele Bomber die es bei Angriffen auf ost- und süddeutsche Städte nicht fertiggebracht haben ihre Bomben ins Ziel zu bringen, mussten ihre Bomben woanders abwerfen, oder in Kauf nehmen, dass der Sprit nicht bis England reit. Da hat man die übriggebliebenen Bomben einfach mal auf Braunschweig geworfen, weil es so schön auf dem Weg lag. Zwar haben die Alliierten kein Phosphor geworfen, dafür aber eine frühe Art des Napalms. Da es kaum eine Stadt gab die mehr Fachwerkhäuser hatte als Braunschweig war der Einsatz von Brandbomben die totale Kathastrophe für die Stadt.
    In meiner alten Schule (kleine Burg) hatten wir ein paar Karten, die ein Zeichner direkt nach dem Krieg angefertigt hatte. Er hat dabei alle Gebäude aus der Vogelperspektive gezeichnet. Das heißt eigentlich nur ein paar. Die Karte bestand zu gut 80% aus braunen Haufen und dazwischenliegenden Straßen.
    Eigentlich finde ich die Innenstadt heute aber ganz OK. Von der Bezirksregierung kann man über Burgplatz und Hagenmarkt zum Altstadtmarkt gehen und viele recht hübsche Gebäude sehen.