Deutschlands schönste Bausünden

  • Deutschlands schönste Bausünden

    Für einen ARD-Fernsehbeitrag zur deutschen Baukultur bitten wir um Vorschläge:
    Wir beschäftigen uns mit den derzeit aktuellen Schloßrekonstruktionen bzw. dem Wiederaufbau historischer Bauten in meherern deutschen Städten und dem damit verbundenen Versuch Geschichte zurückzugewinnen.
    Das schließt auch den oft fragwürdigen Umbau und Abriß der Nachkriegsmoderne ein. Dem Versuch, "Bausünden" aus dem Stadtbild zu tilgen und die Zentren "aufzuwerten", fallen auch architekturhistorisch bedeutende Bauten zum Opfer. Und oft ist das, was folgt, nicht von höherer Qualität. Im Gegenteil - in vielen Städten entstehen Bauwerke oder neue Stadtteile, die gelegentlich den Eindruck erwecken, dass Bauherren, Architekten und Stadtplaner nichts aus den Fehlern der 60er und 70er gelernt haben.
    Wir suchen noch deutschlandweit nach aussagekräftigen Beispielen für in den letzten Jahren entstandene Neubauten, die an repräentativen Plätzen entstanden sind und architektonisch nicht befriedigen. Es muß sich dabei nicht zwingend um Gebäude handeln - was man mit einem Brückenbauwerk alles zerstören kann, zeigt das Beispiel Dresden ja sehr deutlich.
    Wir sind auch nicht allein auf Großstädte fixiert. Gerade das Baugeschehen an landschaftlich sensiblen Orten mit starker Tourismusausrichtung(Nordseeinseln, Rheintal, Oberbayern) hat zum Teil erschreckende Folgen.
    Für alle Antworten (gerne bebildert) möchten wir uns jetzt schon bedanken - wir werden nicht alle beantworten können.

  • Achso, das Forum soll hier Ihnen die Arbeit abnehmen, die sie später bezahlt bekommen? Ist das Ihr Ernst?
    :mad:

  • 1) Alte Hauptpost Köln unweit des Domes in einer Strasse mit noch relativ viel erhaltener Gründerzeitlicher Substanz:


    http://www.naanoo.com/freeboar…opic=233709&forumid=16288


    Erbaut 1898, nach dem Krieg vereinfacht aufgebaut.


    1998 abgerissen, durch eine Seniorenresidenz ersetzt.


    http://hotel.unterkunft.de/acc…pictures/4D/46669web.jpeg


    2) Und "wunderschöne" Beispiele für Allerweltsarchitektur der Shoppingcenter, austauschbar, billig und schnell gebaut, riesengroß in manchmal kleinteiliger Umgebung und oftmals in sehr zentraler Lage:


    http://www.ece.de/geschaeftsfe…ktuebersicht/deutschland/


    Die Bausünden von heute werden den Städten morgten Kopfzerbrechen bereiten.
    ECE ist einer der größten auf diesem Geschäftsfeld, es gibt aber sicher Konkurrenten, die die architektonische Qualität noch unterbieten können


    3) erst wenige Jahre alt und hoffnungslos daneben: Viele von Investoren hochgezogene Großkinoprojekte. Schnell gebaut, haben sie nicht nur viel kleine Kinos ruiniert. heute sind sie halb leer, einige sollen sogar wieder geschlossen haben. Neben vorzeigbaren Projekten in den Großstädten, z.B. Cinedome in Köln, entstanden vor allem an kleineren Orten deutlich minderwertige Bauten. Stellvertretend nenne ich das Kinopolis in Bad Godesberg, dem ehemalige Zentrum Bundesdeutscher Diplomatie


    http://www.belocal.de/images/17214,1,3,238,0,true,true,0.jpg


    leider steht das Kinopolis nicht auf der grünen Wiese, sondern im Zentrum dieses schönen Stadtteils...

  • Falls es um historische Rekonstruktionen geht, ist unser Nachbarland Polen als Sündenfall bekannt. Dort wurden reihenweise bestehende Bauensembles zerstört um andere Projekte wieder aufzubauen. In Gdansk-Danzig hat man um die Altstadt zu rekonstruieren, reihenweise Gebäude außerhalb der Stadt abgerissen um aus den Steinen die Altstadt zu rekonstruieren.
    Andere Sündenfälle sind sicherlich die Umgestaltungen von Baudenkmälern, wo bewußt an Schlössern etc bestimmte Elemente von Stilrichtungen entfernt wurden. Es gibt dort auch Schlösser an denen ganze Seitentrakte abgerissen wurden, da diese nicht polnisch von den österreichern um 17xx angebaut wurden.


    Bei Bedarf kann ich noch Literaturangaben nennen.

  • Ein Paradebeispiel wären auch die Schloss-Arkaden in Braunschweig. Die Fassaden an sich gehen noch in Ordnung, aber der Konsum-Tempel dahinter gilt in den Augen vieler als ein architektonischer Missgriff vor dem Herrn.


    Auch umstritten ist die Französische Botschaft am Pariser Platz in Berlin von Christian de Pontzamparc, da sie in den Augen mancher Menschen gar nicht zu den benachbarten Gebäuden passen will, aber das könnte auch ein guter Ausdruck der Rebellion gegen die Baubürokratie in Berlin sein.

  • ^^Das Darmstadium finde ich schön. Es passt jedenfalls besser zur Wissenschaftsstadt Darmstadt als ein Altbau. Besser kann ein Konferenzzentrum nicht aussehen. Ich assoziere mit der ESA und Teilchenphysik jedenfalls keine Altbauten. Ich bin übrigens nicht der Einzige der beim Darmstadium in eine Science Fiction artige Verzückung geraten ist, insofern ist bei dieser futuristischen Schönheit alles in Ordnung.


    Mich interessiert es übrigens auch wann diese Dokumentation im Fernsehen zu ersichten ist?

  • ^^Das Darmstadium finde ich schön. Es passt jedenfalls besser zur Wissenschaftsstadt Darmstadt als ein Altbau. Besser kann ein Konferenzzentrum nicht aussehen. Ich assoziere mit der ESA und Teilchenphysik jedenfalls keine Altbauten. Ich bin übrigens nicht der Einzige der beim Darmstadium in eine Science Fiction artige Verzückung geraten ist, insofern ist bei dieser futuristischen Schönheit alles in Ordnung.


    Mich interessiert es übrigens auch wann diese Dokumentation im Fernsehen zu ersichten ist?


    Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten, aber mal abgesehen ob jetzt ein Alt- oder Neubau da besser hinpasst, kann ich beim Darmstadium keine futuristische Schönheit entdecken. Ich würde es eher als Altbacken bezeichnen. Ein mißlungener Rückgriff auf den Baustil der späten 70iger Jahre. Jetzt schon veraltet. Tagsüber dunkel, abweisend und hässlich, eigentlich nur abends zu ertragen...

  • Das ist immer das gleiche Argument, wie hat man vor 50 Jahren gebaut? So baut man heute nicht mehr und deshalb bauen wir wie vor 200 Jahren. Eine Logik die mir nie logisch erscheinen mag. Wenn man vor 50 Jahren die Todesstrafe abgeschafft hat, dann lynchen wir bald wieder im Kollektiv, weil man es vor 300 hundert Jahren getan hatte. Alles fadenscheinig. Genauso wie die Nachhaltigkeit der alten Architektur. Warum ist am Römer denn ständig die Optik verändert worden? Gegen diese "Logik" für Altbauten gibt es sowieso kein Vorankommen... :lach: Sinnlos Teil 2.

  • Jep, das ist doch alles blanke Polemik. Das "Darmstadium" ist (persönlich betrachtet) wirklich das mit großem Abstand beste Gebäude seit 50 Jahren rund ums Schloss.
    Ganz im Gegensatz zum grausamen Hotel neben dem Audimax. Das hat wirklich den Titel "Bausünde" verdient.


    Das verwinkelte Kongressgebäude bildet eine einfassende Kante zum Schloss, passt von den Proportionen und bildet, aufgrund seiner vielen Kanten und Winkel, trotzdem einen super Übergang zur kleinmaßstäblichen Bebauung dahinter.


    Es passt sich aus Stadtplaner- und Architektensicht sozusagen perfekt ein.


    Vielleicht sollte man darüber mal eine Doku machen? Die Interpretationsansätze der Architekten und Stadtplaner im Gegensatz zu den Assoziationen eines recht großen Teils der Allgemeinheit.
    Schließlich klaffen da ja wohl unüberwindbare Gegensätze. Ich kann beide Seiten irgendwie verstehen, sehe jedoch anhand der komplett unterschiedlichen Beurteilungskriterien kaum einen Ausweg.


    Insofern eignet sich das Darmstadium allerdings wirklich als eine der "schönsten" Bausünden, während das Hotel nebenan wohl für fast alle einfach nur noch eine Bausünde ist.

  • Das ist immer das gleiche Argument, wie hat man vor 50 Jahren gebaut? So baut man heute nicht mehr und deshalb bauen wir wie vor 200 Jahren. Eine Logik die mir nie logisch erscheinen mag. Wenn man vor 50 Jahren die Todesstrafe abgeschafft hat, dann lynchen wir bald wieder im Kollektiv, weil man es vor 300 hundert Jahren getan hatte. Alles fadenscheinig. Genauso wie die Nachhaltigkeit der alten Architektur. Warum ist am Römer denn ständig die Optik verändert worden? Gegen diese "Logik" für Altbauten gibt es sowieso kein Vorankommen... :lach: Sinnlos Teil 2.


    Da habe ich mich wohl nicht richtig ausgedrückt. Sorry, ich wollte nicht sagen dass ich grundsätzlich Architektur der 70iger Jahre schlecht finde, sondern dass das Darmstadium ein misslungender Rückfriff auf diese Zeit ist, d.h. Defizite aus einem vergangen Baustil sind für mich im Darmstadium deutlich erkennbar. Und ich bleibe dabei, das Darmstadium sieht für mich nicht futuristisch aus. In diesem Stil haben Ende der 70iger Jahre Mittelständler überladen bombastische Unternehmenszentralen auf der grünen Wiese gebaut. Was gross und bedeutend und aussdrucksvoll aussehen möchte, wirkt auf mich in dieser aussgesuchten Citylage als Fremdkörper.

  • Sendetermin

    An alle Interessenten:
    Über den Sendetermin informieren wir rechtzeitig, voraussichtlich läuft der Beitrag Ende Februar.
    Vorerst vielen Dank für die Vorschläge!

  • Ich wollte mir vor kurzem die ehemalige Großbäckerei in Braunschweig ansehen, weil die im braunschweiger Architekturführer als eines der 100 wichtigsten Gebäude der Stadt aufgelistet war. Ich geh um ein paar Blocks auf der suche nach dem Gebäude, als mir beim Blick auf den großen Haufen geschredderter Backsteine ein Licht aufgeht. Einer der wenigen Vertreter der Neuen Sachlichkeit in Braunschweig wurde geopfert für (festhalten) ein Altenheim. :starwars: Leider ist es noch nicht fertig, und eigent sich wohl auch wenig als Beispiel.


    Die wirklich alten Gebäude haben seit einger Zeit Bestandsschutz, was leider auch für alte Bausünden gilt. Zur Zeit sind gerade wieder die 50er und 60er und Fabriken beliebt bei Abriss- und Umbauunternehmen (natürlich nur die guten, den ganze unrat lässt man stehen) .:nono: Eignen sich oft super um einen Hornabch oder Real drauf zu bauen - oder nur den Parkplatz.

  • ^Oder sie werden unter Denkmalschutz gestellt wie die Fassade des KAUFHOF-Gebäudes oder der Hauptbahnhof, aber ob dass das Gelbe vom Ei ist, wage ich sehr wohl zu bezweifeln, nicht wahr!?

  • Ich finde es schon gerechtfertigt, das Kaufhof und Bahnhof unter Denkmalschutz stehen. Du wirst mir doch sicher zustimmen, dass wenn man Karstadt (alle 3 zusammen), Kaufhof, City-Point, das tolle neue Kimmich-Haus und die beiden Gebäude südlich vom Kaufhof nebeneinander stellt, das Gebäude gleich viel besser aussieht. Unter den braunschweiger Kaufhäusern finde ich eigentlich nur das Flebbe-Haus besser, der C&A ist auch nicht ganz mein Fall.
    Den Bahnhof finde ich auch ganz gut, der zieht den Berliner Platz regelrecht in das Gebäude hinein. Leider gehört er ja zu den Gebäuden, für die historische Baumasse abgerissen wurde, und passt (leider) deshalb fast in den Thread hier rein.
    Ich denke aber, dass man gerade Gebäude aus den 50-70ern öfter unter Denkmalschutz stellen sollte, weil sie besonders gefährdet sind. Regelmäßig sieht man doch, dass gerade solche Häuser, obwohl sie viele Qualitäten haben gegen banales ersetzt werden, weil sie halt gerade nicht im Trend sind. Z.B. am Steinweg in Braunschweig. Dort haben fast alle Gebäude Klinker- oder Fleisenfassaden, was die Einzigartigkeit dieser Strasse ausmacht. Einige dieser Gebäude werden jetzt bunt verputzt, was ihnen auch noch das letzte bischen Besonderheit nimmt. Sowas ist zwar nicht die Welt, aber auch kleine Schritte führen in die falsche Richtung.