Leipzig: Gentrifizierung (ehem. "Windmühle vs. Abschwiff")

  • Dass Angebots- und Bestandsmieten zwei Paar Schuhe sind, ist ja klar. Man sollte beides berücksichtigen und keine fatalistischen Schlüsse aus den teilweise erschreckend hohen Angebotsmieten ziehen, sich aber auch nicht von teils noch niedrigen Bestandsmieten in Sicherheit wiegen lassen.
    Die angegebenen Zahlen sagen doch vor allem eines aus - für den durchschnittlichen Bestandsmieter stieg das Einkommen stärker als die Gesamtmiete (dass die Kaltmiete gesunken ist, kann man ausschließen - interessant wäre allerdings noch eine Aufsplittung nach Kaltmiete/Nebenkosten).
    Das ist erst einmal ein gutes Zeichen - wer bereits Mieter ist, kann sich seine Wohnung im Schnitt weiterhin leisten. Die Zahlen sagen aber nichts über Entwicklungen in einzelnen, besonders gefragten Vierteln aus. Und sie sind auch irrelevant für Mieter, die keine Chance auf eine Besserung der Einkommenssituation haben. Sie sagen auch nichts darüber aus, was einem Bestandsmieter passiert, der seine Wohnung verliert/aufgeben will (Eigenbedarfskündigung, anderer Flächenbedarf usw.) und der dann plötzlich mit aktuellen Angebotsmieten konfrontiert wird. Aus Erfahrungen im Umfeld wird dann sehr häufig der Umzug in ein weniger angesagtes Viertel fällig.

    Wenn die Nachfrage nach Wohnraum hoch ist, lohnt es sich für den Vermieter allemal, Bestandsmieter mit Mieterhöhungen zu vergraulen und anschließend bei der Neuvermietung nochmal ordentlich draufzulegen. Und die Nachfrage ist in attraktiven Lagen und gerade bei Familienwohnungen heftig. Da kommen bei ordentlichem Schnitt und guter Lage selbst zu Besichtigung im PH 16 mal schnell >20 Interessenten.

  • Mal zum Vergleich das aktuelle Mietpreisniveau in München. In der bayerischen Landeshauptstadt liegt die Durchschnittsmiete noch satte 2,50 Euro über der Leipziger Spitzenmiete. Eine 100 Quadratmeter große Wohnung kostet in Leipzig demnach im Schnitt 570 Euro kalt, in München schon 1620 Euro.

  • ^Wie man preiswertes Wohnen umsetzen kann, zeigt Chemnitz.
    Dort sollen Altbauten saniert werden (leerstehend!) mit einer Zielmiete von 4,10 Euro pro qm KALT.
    Wieso die LWB dies nicht getan hat, bleibt offen. Bestände hatte sie zur Genüge, Wachstum in der Stadt gab es seit 2004 und Nachfrage wäre definitiv da gewesen, da viele Gebäude auch in Seitenstraßen standen. Schließlich ist auch das kommunale Unternehmen GGG in Chemnitz nicht mit Rekordgewinnen nach der Wende groß geworden, um jetzt so etwas aus umfangreichen Finanzrücklagen umzusetzen, der Leerstand ist dort immer noch größer als in Leipzig.
    https://www.ggg.de/pressemitte…x_ttnews%5Btt_news%5D=406
    Bei uns wurden selbst gut erhaltene und bewohnte Altbauten, die also auch Geld einbrachten, verkauft, quer durch die ganze Stadt und jetzt muss man umfangreich Neubau betreiben oder bei privaten Investoren nach sozialem Wohnungsbau "betteln".
    In Leipzig wären 4,10 vermutlich schon viel zu niedrig, aber selbst 5 oder 5,50 €/m² wären bezahlbare Mieten.
    Die Leidtragenden sind die Leute, die nicht 10 oder 15 Euro kalt investieren können. Und davon gibt es immer noch einige, vermutlich um die 100.000 Leipziger sind weiterhin von Hartz, Sozialhilfen, Wohngeld usw. abhängig.



    Die GGG geht sogar so weit, dass sie Neubau, Ausbauhaus, hochwertige EIGENTUMSwohnungen und preiswerte WE nebeneinander saniert/baut/verkauft und somit in allen Feldern agiert, was der Idealfall für ein kommunales Unternehmen ist. Die LWB macht hingegen Nonsens wie in der Gletschersteinstraße, wo selbst erfahrene Immobilienmakler drüber schmunzeln, wie man in der Lage diese Kaltmiete aufrufen kann und dann noch "nur per Post" die Mietpreise und Codes versendet... Preiswerte WE werden nicht in Angriff genommen, man plant und entwirft und hofft wohl auf Fördermittel (sozialer Wohnungsbau), die GGG macht das ganze wenn ich das richtig sehe ohne Fördermittel.


    "Die Planungen sehen einen Neubau auf dem Grundstück Brühl 65 vor, in dem speziell Auszubildenden und Studenten das Zimmerangebot „StudiWohnen“ geboten werden soll. Neben der Sanierung des Wohnhauses Brühl 45 wird mit dem Brühl 71 ein weiteres Projekthaus zum Selbstausbau verwirklicht. Im Gebäude Brühl 32 plant die GGG als Bauträgerin moderne Eigentumswohnungen und wird das Hochhaus Georgstraße 24/26 sanieren, um dort preiswerte Wohnungen für Haushalte mit niedrigen Einkommen zu schaffen. Im Ergebnis entsteht so auf dem Brühl ein breiter Wohnungsmix für verschiedene Zielgruppen und Ansprüche. "


    Auch wenn Chemnitz langsamer wächst, kann man von dem kommunalen Unternehmen wohl viel lernen, wobei einige Fehler in Leipzig nicht mehr zu beheben sind (massiver Altbauverkauf) ...


    PS: @ Cowboy
    Die teuerste Wohnung (bzw. genauer genommen zwei Penthouses) in Leipzig hat mittlerweile eine Kaltmiete von 15,00 in Leipzig und warm 17,50 €/m², befindet sich in der Ferdinand-Lasalle-Straße (Hausnummer "geheimgehalten").
    Es geht also steil bergauf, 2015 lag die Grenze noch bei ca. 13 Euro kalt, zumindest was mir bekannt ist und möblierte WE ausgenommen.


    München ist mit Leipzig nicht vergleichbar, für die Einkommen vieler MA bei BMW und Porsche steht in München oder Stuttgart niemand auf, weil man damit dort keine Miete bezahlen könnte, während man hier schon Gutverdiener ist (Leiharbeiter und Co. mal ausgenommen, da gibts auch einige Gebiete mit nur um die 10 Euro/h).
    Desweiteren frage ich mich, woher die 3% Leerstand in München kommen (siehe verlinktes DAF Post von Cowboy)
    Das BBSR gibt Werte von unter 1% an, was wohl realistischer ist, schließlich liegt selbst Leipzig beim marktaktiven Leerstand schon unter 3%.


    "In den Metropolen Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main und München liegt die Leerstandsquote inzwischen unter einem Prozent"

  • ^ Ach so, d.h. in München arbeiten wohl nur noch BMW-Mitarbeiter im oberen Management? Normale Arbeitnehmer gibt es dort gar nicht mehr:,Polizisten, Krankenschwestern, Supermarktmitarbeiter, Busfahrer, Kellner, Lehrer usw? Verdienen die alle so viel mehr als in Leipzig, dass sie sich eine Durchschnittsmiete von 16,20 Euro kalt locker, flockig leisten können? Wohlgemerkt mit dem Hintergrund, dass hier schon lamentiert wird, wenn neu sanierte Altbauwohnungen in Leipzig zwischen 7 und 9 Euro kalt kosten, weil sich das angeblich ja kaum noch einer leisten kann.


    Die baulichen Aktivitäten am Brühl in Chemnitz sind nach allem, was ich hier gelesen habe, eine Ausnahmeerscheinung und aus der Not geboren. Der Brühl war heruntergekommen und verwaist, und was bietet sich da mehr an, den einstigen Boulevard als erstes für Studenten attraktiv zu machen? In Leipzig hat man mit zu wenig Studenten sicher keine Probleme. Ob in Lindenau, Plagwitz, Reudnitz oder nach wie vor in der gute alte Südvorstadt.


    Vielleicht können die Chemnitzer mich berichtigen, aber außer am Brühl investiert die GGG nirgendwo in Altbauten, die vor 1919 errichtet worden sind.

  • Sie sanieren jetzt einige Gründerzeitgebäude auf dem Sonnenberg, siehe hier. Da soll die Miete auch so um die 4 Euro kalt liegen. Teurer würde man sie dort ohnehin (noch) nicht vermietet bekommen.

    Einmal editiert, zuletzt von Saxonia ()

  • ^^
    Ach Cowboy. Natürlich gibt es auch in München andere Bevölkerungsgruppen, die nicht im Geld schwimmen. Es ging oben um die Unterschiede bei Automobilfirmen und diese sind deutlich. Wir hatten in Leipzig Leiharbeiter für <10 Euro pro Std. bei diesen Firmen, dafür steht in Bayern keiner morgens auf.
    Inwieweit in München noch Leute in anderen Branchen 8,50 pro Std. oder allgemein niedrige Einkommen bekommen, weiß ich nicht. Es wird aber signifikant weniger sein als bei uns und entsprechend sind die Mieten schwer vergleichbar, auch weil München eine ganz andere Entwicklung hatte als Leipzig (BRD statt DDR, dauerhaft Wachstum statt lange Zeit der Schrumpfung usw.). Die Dynamik dort ist seit Ewigkeiten vorhanden, bei uns hätte man die Zeit, solche Entwicklungen zu verhindern.
    Immer mit dem Augenmerk darauf, dass wir auf einem anderen Niveau agieren. Trotzdem kann es hier ganz schnell zu eklatantem Mangel an Wohnungen kommen, wenn weiter pro Jahr 6.000-8.000 HH zuziehen und nur 2.000 WE p.a. neu entstehen o. saniert werden. Bei aktuell 2-3% marktaktiven Leerstand und 2-3% inaktivem (wovon einiges nicht sofort auf den Markt kommt, da ungeklärte Eigentümer usw.) ist diese Reserve in 1-2 J. weg. Da die Einkommen niedriger liegen, sind auch immer häufiger auftretende Mieten von 10, 12, 14 Euro kalt für die Masse nicht finanzierbar. Ob München 16 Euro im Schnitt hat, ist irrelevant.
    Man kann die gleiche Situation auch bei völlig anderen Mietpreisen erreichen, eben weil die HH entsprechend andere Einkommen haben.


    "den einstigen Boulevard als erstes für Studenten attraktiv zu machen?"
    Hast du das Zitat bzw. den Link richtig gelesen? Die GGG schafft nicht nur Wohnraum für Studenten, sondern auch Eigentumswohnungen. Ich glaube kaum, dass das Zielpublikum da Studenten sind ;). Die GGG baut sogar für Studenten neu. Parallel wird einfach saniert. Da man aufgrund diverser Bauvorschriften, ENEV usw. i.d.R. nicht unter 8 Euro kalt vermieten kann, muss die GGG Ansätze haben, um die Mieten für Studenten attraktiv zu halten oder die Zimmer sind entsprechend klein.
    Es geht hier nicht darum, wie gut oder böse der Brühl ist, sondern um die innovativen Ansätze von Neubau über Eigentum bis hin zu einfacher Sanierung von Altbauten. Bei der LWB sieht man davon nichts. Sowohl die Gletschersteinstraße als auch am Wintergartenhochhaus sind die Mieten weit höher. Ein Konzept, wie man preiswertes Wohnen auch ohne Fördermittel vom Bund/Freistaat schafft, fehlt. Und ein Stück weit h die Objekte, nämlich (halb)leerstehende Altbauten, die man schnell wieder bezugsfertig machen könnte. Wurde alles verramscht (die Preise waren auch mal unter Wert, nur um sich um jeden Preis zu entschulden), jetzt denkt man über zurückkaufen (sic!) und Neubau nach, obwohl Leipzig nicht erst seit 2015 wächst, bis 2014 aber Häuser verkauft wurden.
    Hier wurden definitiv Fehler gemacht, zumindest bewohnte Objekte vor allem in den Lagen, wo sie eh kaum präsent ist (Gohlis, Schleussig usw.) hätte die LWB halten müssen und können, ohne daran zugrunde zu gehen.

  • ^ Na gut, mir ist die Situation in Chemnitz zu wenig bekannt, um mit dir darüber zu streiten. Mit der Chemnitzer GGG verbinde ich jahrelangen Verfall und Abriss von Altbauten, während das Hauptaugenmerk des kommunalen Wohnungsunternehmens bislang auf Plattenbauten lag. Dass die GGG am Brühl und vereinzelt am Sonnenberg sehr einfach saniert, um die 4 Euro kalt zu halten, finde ich angesichts der von (dwt) gezeigten Bilder auch nicht gerade von Vorteil. Es ist ja nicht so, dass in Chemnitz nur arme Leute wohnen. Im Gegenteil, habe ich ja erst kürzlich aufgezeigt, dass das Haushaltseinkommen in Chemnitz höher ist als das in Leipzig. Aber wenn man innerstädtische Gebiete wie am Brühl oder auf dem Sonnenberg über so lange Zeit vernachlässigt, dann will dort auch jetzt kein Gutverdiener mehr hin, der sich schon längst sein Eigenheim am Stadtrand errichtet hat. Ich sehe die einfachen Sanierungen mit einer Miete von 4 Euro kalt auch in Hinblick auf die sozialen Durchmischung kritisch.


    Der Unterschied zwischen Leipzig und München ist mir durchaus bekannt, aber mir ist deine Argumentation zu einfach. Du führst auf, dass in Leipzig immer häufiger "10, 12, 14 Euro kalt" verlangt werden und beklagst, dass sich die Masse das nicht mehr leisten kann. Im Anschluss erwähnst du, dass es dabei irrelevant sei, wenn in München im Schnitt 16 Euro kalt verlangt werden. Also wenn wir schon von der Durchschnittsmiete reden, dann reden wir in Leipzig von 5,70 Euro kalt und in München von 16,20 kalt. Das wäre ein gerechter Vergleich. Ich kenne darüber hinaus niemanden, der in Leipzig über 8 Euro kalt zahlt, und ich kenne einige Gutverdiener. Die Masse in Leipzig zahlt zwischen 5 und 7 Euro kalt pro Quadratmeter.


    Ich bin öfter im Dunckerviertel in Neulindenau (Bilder hier) oder hinten in Leutzsch an der Heimteichstraße (Bilder da) unterwegs. Das ist alles LWB-Gebiet mit Wohnanlagen aus den zwanziger bis sechziger Jahren. Dort befinden sich in den Schaukästen aktuelle Wohnungsanzeigen, die im Internet auf den einschlägigen Portalen oft nicht inseriert sind. Es gibt sicher aufregendere Gegenden in Leipzig, aber Grünau oder Paunsdorf ist es eben auch nicht. Und die Wohnungen sind alle sehr gut in Schuss, haben durchdachte Grundrisse und kosten meist nur knapp über 5 Euro kalt. Die Wohnanlagen und das Umfeld wirken darüber hinaus sehr grün und gepflegt. Das nur als Beispiel, wo und wie ein großer Teil der Leipziger Bevölkerung wohnt.

  • ^
    Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass die Durchschnittsmiete immer noch sehr günstig ist.


    Es geht vor allem um die Angebots- und Erstbezugsmieten, die im Neubau immer das zwei bis dreifache vom Durchschnitt betragen und auch im Altbau weiter anziehen. Die Baukosten sind ein Faktor, ja. Aber oben drauf kommt eben, dass viele Gebäude hochwertig(st) saniert werden. Dass es auch anders geht, sieht man nicht nur bei der GGG in Chemnitz. Sicher hat die GGG auch viel falsch gemacht, aber in Sachen Verfall und Abriss war die LWB lange Zeit nicht besser, gehen doch mehrere 100 Abrisse auf ihr Konto, teils sogar bei Gebäuden, wo es Interessenten für eine Sanierung gab. Nicht umsonst ist damals das Stadtforum entstanden.
    Die Stadt Leipzig hat hier zu lange geträumt, anstatt auf LWB + Bauträger zuzugehen und z.B. im Altbau preiswerte Sanierungen zu forcieren - nicht massenhaft, aber in den Gebieten, wo sonst (indirekt oder direkt) Verdrängung stattfindet. Zahlreiche Beispiele ehemaliger LWB-Gebäude gibt es, die teils zu 100% vermietet waren und wo die Mieten von 3 auf 8 oder 9 Euro kalt gesprungen sind. Dass eine Sanierung dort teilweise dringend nötig war, ist unbestritten. Jedoch hätte die LWB auch selbst tätig werden können, statt fast alle Altbaubestände an DGG, GRK und Co. zu verkaufen. Wer darüber nachdenkt, Bestände zurückzukaufen (vermutlich für den 10fachen Preis heute), muss gemerkt haben, dass manch Entscheidung falsch war. Warum der Verkauf von Altbauten dann nicht spätestens 2013/14 gestoppt wurde, bleibt fraglich.


    Dass es im Neubau nicht günstiger geht, ist durchaus klar, hier sind diverse Verordnungen, Gesetze, Grundsteuer, Hebesatz usw. usf. (manche Werte je nach Region unterschiedlich hoch) Preistreiber. Aber da Betongold gerade die einzige gute Anlage scheint, wird fast jede neue WE mit Designerbädern, Luxus, teils monströsen Balkonen usw. ausgestattet, einfache Ausstattung Fehlanzeige. Mir kann niemand sagen, dass allein die Bauvorschriften zu 14 Euro kalt führen, wenn (selten) auch 8 möglich sind. Immer noch teuer, aber eben fast 50% weniger.


    Der große Teil der Bevölkerung wohnt NOCH günstig. Wie geschrieben, geht es nicht nur um Bestandsmieten. Wenn ein immer größerer Teil >8 Euro/m² kostet, geht der Schnitt irgendwann hoch, zudem sind die Mieten ungleich verteilt. Citynah ist 5,70 selten, in Grünau oder Paunsdorf oft die Regel oder gar darunter. D.h. der Schnitt ist nicht aussagekräftig für jeden Stadtteil. Und durch das Abschmelzen des Leerstandes im Rekordtempo steigt der Preisdruck. Ich kenne sehr viele, die Mieterhöhungen seit 2015 das erste Mal erhalten haben. Da wird dann gern das oberste Ende ausgereizt, weil der Mietspiegel noch nicht mehr hergibt.
    Mal sehen, wann das Wohnungsmarktbarometer kommt, da ist in Sachen Publikation seit 2013/14 leider nchts mehr passiert, während am Markt EINIGES los war, vor allem der Leerstandsabbau durch den starken Zuzug.


    Der Vergleich mit München Erstbezug (Leipzig) vs. Durchschnitt (Mü.) war ungünstig formuliert, hast du Recht.

  • Ich finde es ein wenig absurd, die Wohnungsmarktentwicklung in Leipzig ausgerechnet mit Chemnitz und München ins Verhältnis zu setzen. Ist ein wenig so, als würde man das Wetter in Deutschland mit dem Wetter in der Sahara und am Nordpol vergleichen.


    Trotz des leichten Wachstums der letzten Jahre in Chemnitz, ist immer noch kein wirklicher Druck auf dem Wohnungsmarkt vorhanden. Deswegen muss die GGG teilweise mit "Kampfpreisen" wie 4€/m² in guten Lagen um Studenten buhlen, weil auch bei privaten Eigentümern keine deutlich höheren Mietpreise aufgerufen werden. Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass die GGG nicht unbedingt viel von Wohnungsverkäufen hätte, falls denn überhaupt ein Käufer da wäre. Der Brühl war/ist auch eine politische Entscheidung gewesen, da quasi nebenan mit dem Neubau der Zentralbibliothek ein neuer Campus entsteht und der verwaiste Brühl eine Studentenmeile werden soll(te). Wie in Chemnitz aber üblich steht in Innenstadt und innenstadtnahen Bereichen immer noch Wohnen/Schlafen über Leben (siehe z.B. Atomino). Der Kassberg ist vielleicht der einzige Bereich, wo die GGG ihre eigentliche Funktion erfüllen könnte, aber auch da gibt es anscheinend noch genug Wohnungen, die sich Studenten leisten können. Entsprechend sehe ich da nicht wirklich den Verknüpfungspunkt mit dem Leipzig von heute.


    Und bei München sollte man auch nicht vergessen , dass München flächenmäßig kleiner als Dresden, aber fast dreimal soviele Einwohner wie Leipzig besitzt (direktes Umland sogar mal außen vorgelassen). Und von der wirtschaftlichen und politischen Bedeutung/Strahlkraft im Vergleich zu Leipzig brauchen wir glaube ich auch nicht erst anfangen.


    Also warum nicht die Situation eher mit einer Stadt auf Augenhöhe, ähnlicher Entwicklungsgeschichte und vergleichbaren Rahmenbedingungen vergleichen, ergo: Dresden. Schnell mal rausgesucht: Laut dieser Quelle ist die Durchschnitssmiete in DD in 12/2016 bei 7,88 €/m² und laut der Statistischen Mitteilung Bauen und Wohnen der Stadt Dresden von 2015 die Leerstandsquote bei 6,5%.


    Mir fehlt leider gerade die Zeit, mich noch weiter durch den Dresdner Wohnungsmarkt zu wühlen, aber der Vergleich erscheint mir dennoch passender als mit Chemnitz/München.

  • Mod. Cowboy: Beitrag verschoben, ursprünglich Antwort auf diesen Beitrag.


    Und leider merkt man auch, dass unser OB von Immobilienwirtschaft wenig Ahnung hat, wenn er meint, man müsse nur mehr bauen und schon gibt es genug preiswerten Wohnraum und würden die Mieten (Achtung!) fallen...
    Dass diese Theorie seltenst funktioniert, sollte selbst Leuten ohne Fachkenntnisse klar sein. Wenn ich in Lindenau 500 WE mit 9, 10 oder 12 Euro kalt baue, fallen woanders die Mieten. Was für eine Logik! Das Gegenteil ist der Fall, der DURCHSCHNITT steigt stadtweit immer mehr an, da momentan zu 100% hochwertig gebaut wird. Sozialen Wohnungsbau gibt es nicht und selbst fürs mittlere Segment wird nichts NEU gebaut, maximal saniert. Unter 9 Euro gibt es keinen Neubau. Wenn "Reiche" Wohnungen verlassen und zum Lindenauer Hafen ziehen, erhöht nahezu jeder Vermieter den Preis im Rahmen des Mietspiegels oder lässt sie gleich. Niemand senkt seine Miete bei der aktuellen Nachfrage. Wieso redet unser OB (gestern im MDR auch noch deutlicher) so einen Unfug?


    Weiterhin wird zu wenig gebaut, ergo steigt durch anhaltende Nachfrage der Mietpreis im Mittel stadtweit so oder so an. Wird zu viel gebaut, gibt es Leerstände, die dann ggf. wie in den 2000er Jahren wieder mit viel Geld abgerissen werden müssen. Es gibt also kein Allheilmittel, aber wenn man nur hochwertig + Luxus baut, ist noch lange keinem einzigem Geringverdiener oder Arbeitslosen geholfen, weil angeblich Mieten fallen.
    Der 1.4. ist doch erst in etwas mehr als 4 Wochen ;)

  • Volkswirte sehen das etwas anders: nach deren Theorie bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis. Mehr Wohnungen erhöhen des Angebot und drücken somit den Preis. Daß die Durchschnittspreise trotzdem steigen, spricht nicht gegen diese Theorie: die Preise würden ohne diese (teuren) Neubauten noch mehr steigen.
    Außerdem schöpfen teure Neubauten die Nachfrage nach hochwertigem Wohnraum ab - so daß bei Altbauten beispielsweise die Preise sinken oder weniger stark steigen.
    Die gestiegenen Mieten sind der Grund, daß es für private Investoren überhaupt erst wieder attraktiv ist, Wohnungen in MFH neu zu bauen. Erst die gestiegenen Preise sorgen dafür, daß sich Neubauten wieder lohnen?
    Die Politik setzt mit jeder Form des Eingriffs diesen Mechanismus außer Kraft:
    - Mieten deckeln -> Investitionen werden uninteressant -> Neubau und Sanierung gehen zurück
    - Sozialwohnungen bauen -> Steuergelder werden investiert -> Problem der Bewertung "wer ist zu welchen Konditionen berechtigt, Sozialwohnungen zu mieten"
    Leider ist der aktuelle Markt schon Ergebnis einer Politik:
    - Verteuerung des Bauens durch immer neue Vorschriften
    - Verteuerung des Bauens durch zu wenig ausgewiesenes Bauland
    Die unterschiedlichen Preise fürs Wohnen in unterschiedlichen Gebieten (München versus Hoyerswerda zum Beispiel :D ) zeigen, daß der Wohnungsmarkt von vielen Faktoren determiniert wird, die er nicht beeinflussen kann.

  • Die Frage ist, wie sinnvoll es ist, den Wohnungsmarkt als einen Markt zu begreifen. Man könnte auch von zwei bis drei verschiedenen Märkten sprechen - denn auf dem Markt für hochpreisiges Wohnen sind andere Akteure unterwegs als auf dem für günstiges Wohnen.


    Es ist also gar nicht so klar, welchen Effekt ein höheres Angebot am Markt für teures Wohnen auf die Preise am Markt für günstiges Wohnen hat. Dass es einen Effekt gibt, ist plausibel, aber wie stark mag der sein?



    - Mieten deckeln -> Investitionen werden uninteressant -> Neubau und Sanierung gehen zurück


    In der realitätsfernen Modellwelt der Wirtschaftswissenschaften ist das richtig. In der Realität eher nicht: Es kommt eben auch darauf an, wie viele Investoren nach Leipzig drängen bzw. wie attraktiv andere Städte im Vergleich sind. Wenn, um es beispielhaft zu machen, in Leipzig Platz für 10 Investitionen ist, es 15 Investitionen gibt, eine Mietdeckelung aber 5 Investitionen abschreckt, dann - gehen Neubau und Sanierung auch nicht zurück.


    - Verteuerung des Bauens durch immer neue Vorschriften
    - Verteuerung des Bauens durch zu wenig ausgewiesenes Bauland


    Das finde ich plausibel. Freilich sind das immer Trade-Offs, das ist ja alles nicht nur aus Spaß so wie es ist.

  • ^ Die Frage ist, wie sinnvoll es ist, den Wohnungsmarkt als einen Markt zu begreifen. Man könnte auch von zwei bis drei verschiedenen Märkten sprechen - denn auf dem Markt für hochpreisiges Wohnen sind andere Akteure unterwegs als auf dem für günstiges Wohnen.


    Nicht nur das, auch die Klientel, die diese Wohnungen mieten, könnte verschiedener kaum sein. Hier wird ständig was von 12 bis 14 Euro Miete geschrieben und dabei so getan, als ob das für die Bevölkerungsmehrheit in Leipzig zutrifft. Dann kommen gern Arbeitslose und Hartz-IV-Empfänger ins Spiel und es wird geglaubt, diese beiden Extreme miteinander vermischen und darüber seriös diskutieren zu können. Oder wenn westdeutsche Studenten, die vor 15 Jahren aus ihrer elterlichen Reihenhaustristesse geflohen sind und glaubten, hier mit 3 Euro kalt mitten im Zentrum das Wohnparadies gefunden zu haben, medienwirksam gegen Entmietung protestieren, dann spiegelt diese Praxis wohl kaum die Gesamtlage auf dem Leipziger Wohnungsmarkt wider.


    Die 12 Euro kalt, die bei CG in der Prager Straße zB verlangt werden, sind zumeist auf Neuleipziger zugeschnitten, die aus beruflichen Gründen kurzfristig hierher ziehen. Das sind inzwischen eine ganze Menge und ich bin mir sicher, dass viele solcher Wohnungen und weitere sog. Boardinghäuser in Leipzig folgen werden. Natürlich ist die Fluktuation bei solchen Wohnungen groß. Wer hier ankommt, ist erst einmal froh über solche Angebote, um dann in Ruhe zu sehen, wie es weiter geht (dauerhaft in Leipzig ja oder nein, pendeln oder Familie nachholen, falls Familie nachgeholt wird steht Umzug in eine größere Wohnung oder Haus an usw.).


    Es ist absurd anzunehmen, dass in einer schnell wachsenden Stadt wie Leipzig, in der die Wirtschaft brummt, die Löhne steigen und ohnehin alles teurer wird, die Mieten nicht anziehen würden. Und dennoch: Die Masse mietet wie schon vor 7 Jahren zwischen 5 und 7 Euro kalt. Die GRK-Wohnungen in Gohlis beispielsweise, die dieser Tage auf den Markt kommen, liegen bei unter 7,50 Euro kalt. Das entspricht in etwa dem Niveau, dass man schon um 2010 für sanierten Altbau mit Erstbezug bezahlt hat. Ein Bekannter zieht im Mai in eines der schönsten Wohnhäuser von Gohlis und konnte dabei sogar die Miete runterhandeln. Er zahlt jetzt 6 Euro kalt für eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit Galerie, von der aus man einen fantastischen Ausblick auf die gesamte Stadt genießt. In Gelsenkirchen und Duisburg bekommt man auch viele Wohnungen für 6 Euro kalt oder weniger. Aber wie die aussehen, wissen wir auch, wenn wir mal auf Immo-Scout suchen.


    Natürlich ist es sinnvoll darüber zu diskutieren, wie der Wohnungsneubau in der Stadt gestaltet werden kann, so dass auch ärmere Bevölkerungsschichten daran teilhaben. Die dreißig Prozent, die auf dem Areal des ehem. preuß. Freiladebahnhofes als sozialer Wohnungsbau entstehen sollen, geht bereits in die richtige Richtung und entspricht dem, was auch in westdeutschen Ballungsräumen mit viel angespannterem Wohnungsmarkt als in Leipzig bei Neubauvorhaben umgesetzt wird.

  • LVZ-Artikel zur Mietpreisentwicklung auf Basis der kommunalen Bürgerumfragen:
    http://www.lvz.de/Leipzig/Loka…uenau-Nord-auf-Platz-zwei


    Leider Stand 2015. Grünau-Nord und Schönau demnach innerhalb von zwölf Jahren mit Mietsteigerungen von knapp 30 Prozent. Im Vergleich zwar immer noch günstig, aber solche Steigerungen muss man als Bestandsmieter auch erst einmal abfedern können.
    In einzelnen Vierteln, meist in Randlage, gab es bis 2015 teilweise auch leichte Rückgänge - aber nur im ganz niedrigen, einstelligen Prozentbereich.

  • ^ Wenig verwunderlich, warum die Mieten gerade in Grünau überproportional gestiegen sind. Das hat weniger mit der Attraktivität als vielmehr mit dem Anstieg des Regelsatzes für Hartz-IV-Empfänger auf knapp 5 Euro kalt zu tun. Wer möchte da noch für 3,73 Euro vermieten?


    Auch wenn der LVZ-Artikel wieder reißerisch aufgemacht ist: Der Anstieg der Mieten in den letzten 13 Jahren fiel sehr moderat aus. Ich brauche sicher nicht noch einmal im Einzelnen aufführen, in welcher Situation sich Leipzig 2003 befand, und in welcher Situation sich die Stadt heute befindet.

  • Das ist ein Online-Medium, etwas Clickbaiting muss da schon sein.
    Ansonsten ist der gestiegene Regelsatz sicher eine naheliegende Erklärung. Trotzdem sollte man solche Entwicklungen in meinen Augen in erster Linie aus der Sicht der Betroffenen sehen. Was bedeutet eine Mietsteigerung um knapp 30 Prozent für einen Geringverdiener, der sich die Wohnung früher aus eigener Kraft leisten konnte? Für ihn ist doch völlig egal, dass die Leipziger Mieten für deutsche Großstadtverhältnisse immer noch sehr günstig sind und dass die Stadt um ihn herum boomt - da geht es um die eigene Perspektive, um das eigene Schicksal.
    Von Grünau aus gibt es nun wohl auch kaum noch wirklich günstigere, innerstädtische Alternativen. Schließlich war Grünau selbst noch vor ein paar Jahren eine Ausweichlösung, wenn nur eine richtig geringe Miete leistbar war - das ist nun aber praktisch auch schon Geschichte.


    Was die Aussage angeht, dass die Mieten in den letzten 13 Jahren nur sehr moderat angestiegen sein sollen - wenn man es pauschal mit Blick auf Bestandsmieten betrachtet, mag das ja stimmen. Aber auch damit macht man es sich etwas einfach. Je nach Lage und Wohnungsgröße/Zimmerzahl sind zumindest die Angebotsmieten teils massiv angezogen. Die Abhängigkeit der qm-Miete von der Wohnungsgröße kann man hier schön erkennen:
    https://www.wohnungsboerse.net/mietspiegel-Leipzig/7390
    Die qm-Preise für große Familienwohnungen mit um die 100 qm und für kleine Single-Wohnungen um die 30 qm sind in den letzten Jahren viel stärker angezogen als die für mittelgroße Wohnungen mit 60 qm. Entsprechend sind auch die Belastungen für unterschiedliche Klientel unterschiedlich stark angestiegen.

  • wenn preise sich durch das verhältnis von angebot und nachfrage regeln, dann bilden steigende mieten (neben der allgemeinen inflation) vor allem gestiegene einkommen (ob selbst erwirtschaftet oder aus sozialleistungen bezogen) ab.


    wie cowboy bereits am 9. dezember 2016 im thread "leipzig: stadtleben" in #1021 dankwenswerterweise - aber hier leider völlig unbeachtet geblieben - aus dem 3. quartalsbericht 2016 zitiert hatte, ist die mietbelastungsquote (also der anteil der gesamtmiete am haushaltseinkommen) für familien in leipzig zwischen 2008 und 2015 nicht angestiegen, sondern im gegenteil sogar gesunken:


    bei alleinerziehenden mit kind(ern) von 37 auf 33 prozent
    bei paaren mit einem kind von 26 auf 24 prozent
    bei paaren mit mindestens zwei kindern von 29 auf 25 prozent.


    oder anders ausgedrückt: die einkommen in haushalten mit kind(ern) sind seit 2008 stärker gestiegen als deren mietausgaben.


    gerade diese zahlen halte ich für wichtig, da kinder nicht aus eigener kraft zur erhöhung des haushaltseinkommens beitragen können. aus den zahlen kann ich nicht ableiten, dass alles immer schlimmer würde.

    Einmal editiert, zuletzt von dj tinitus ()

  • Das sind aber Durchschnittswerte. Man müsste sich die Mietbelastungsquote für die gesamte Einkommensverteilung anschauen. Es ist ja möglich, dass die Mietbelastungsquote für Menschen mit hohem Einkommen stark gesunken, für solche mit niedrigem Einkommen aber stark gestiegen ist.

  • wenn preise sich durch das verhältnis von angebot und nachfrage regeln, dann bilden steigende mieten (neben der allgemeinen inflation) vor allem gestiegene einkommen (ob selbst erwirtschaftet oder aus sozialleistungen bezogen) ab.


    Gerade in Leipzig dürfte der Wechsel vom Nachfrage- zum Angebotsmarkt ganz entscheidend für die Preisgestaltung sein. Und das auch schon ziemlich unabhängig von der Einkommenssituation, da reichen Bevölkerungswachstum bei gleichzeitig schwindendem Leerstand/unzureichender Bautätigkeit. Mieten können dann auch entkoppelt vom Einkommen steigen - eine Entwicklung, die es wohl gerade in vielen Großstädten gibt.


    Die Zahlen zur Mietbelastungsquote hatte ich schon mitbekommen - das ist natürlich ein positiver und erfreulicher Indikator. Kleines Manko - auch hier sind ganz überwiegend Bestands- und nicht aktuelle Angebotsmieten ausschlaggebend.

  • Das sind aber Durchschnittswerte. Man müsste sich die Mietbelastungsquote für die gesamte Einkommensverteilung anschauen. Es ist ja möglich, dass die Mietbelastungsquote für Menschen mit hohem Einkommen stark gesunken, für solche mit niedrigem Einkommen aber stark gestiegen ist.


    Das erinnerte mich gerade daran - Bild (sorry..., sollte alternativ auch direkt im Bericht stehen) hat hier gezeigt, wie unterschiedlich die Mietbelastungsquote in einzelnen Stadtteilen ausfällt:
    http://www.bild.de/regional/le…chnung-50763538.bild.html
    Die Belastung variiert schon je nach Ortsteil sehr deutlich und erreicht zwischen 24 und 39 Prozent der Haushalts-Einkommen. Und zum Teil ist sie durchaus in Stadteilen hoch, in denen eher Menschen mit niedrigem Einkommen wohnen und die Mieten noch vergleichsweise günstig sind.