Leipzig: Universitätsklinikum (Neubau, Umbau, Sanierung)

  • Die Begründung mit den Grünflächen mag zwar hier nicht ganz so an den Haaren herbeigezogen sein, aber wird sie doch desöfteren und vermehrt als Begründung für Abrisse historischer Bauten missbraucht (siehe auch "Lichter Hain" und "Dunkler Wald"). In Leipzig gibts sehr viele Grünflächen. Auch in diesem Bereich und dessen Umfeld. Wir befinden uns dort mitten in der Stadt! Wir können nicht überall riesige, weitläufige Parkanlagen haben. Was ist denn das für eine Denke? Das ist doch total beknackt! Wir reißen die restlichen unzerstörten historischen Häuser ab, weil ein Teil von Planern, Architekten oder städtischen Entscheidern nicht fähig oder willens sind, diese in Konzepte einzuarbeiten. Zudem ist auch bei Erhalt des Gebäudes ein großflächiger Grünbereich vorhanden.


    Komischerweise kommen in Leipzig vermehrt die öffentlichen Bauträger (Stadt, TLG, etc.) auf solche Ideen, bei denen die Kosten nicht ganz so die große Rolle spielen. Private Bauträger dagegen kalkulieren knallhart und überlegen sich dreimal, ob sie vorhandene qualitative Substanz erhalten und erkennen vermehrt die positiven Vermarktungsmöglichkeiten dieser historischen Gebäude und integrieren sie in ihre Planungen.

  • also ich kenne das betreffende gebäude recht gut, da dort die zahntechnik momentan untergebracht ist. meiner meinung nach ist ein abriss das wirklich sonnvollste. innen ist es absolut keine schönheit, abgesehn vom aktuellen zustande (total heruntergekommen). die räumlichkeiten sind echt nicht zeitgemäß, da wäre nur eine entkernung sinnvoll .... und so "hübsch" ist die fassade nicht, um sie mit einem so hohen aufwand zu erhalten. ich würde sagen, dass dort seit wirklich 30 jahren nicht mehr groß gemacht wurde.
    die entwürfe des wettbewerbs waren auch lange zeit im OKL-neubau ausgestellt, keine ahnung, ob das immer noch so ist. viele ähneln sich, aber es sind auch echt gute dabei, finde ich.

  • @ LEgende: es geht hier um einen Klinikcampus mit tausenden Patienten. Wer krank ist, für den ist auch der Weg zum Friedenspark oder zum Areal des Bayerischen Bahnhofs zu weit. Dein Vergleich passt nicht: hier soll nicht eine neue Brachfläche temporär genutzt werden, hier soll der Campus der Universitätskliniken funktionell ergänzt werden. Dass es schade um die Gebäude ist, hat damit erstmal nichts zu tun. Dass der Grünflächenbedarf nun wirklich nicht an den Haaren herbeigezogen ist, hast du ja selber schon angedeutet ;)


    @ Aixois: Es handelt sich um das 5 stöckige Gebäude, dass etwas versetzt an der Nürnberger zwischen Phillip-Rosenthal-Straße und Liebigstraße steht, sowie den zweistöckigen Bau mit Satteldach östlich davon.


    @ LEonline: Weißt du, ob es sich um einen Anbau oder ein zusätzliches Gebäude handelt?

  • Ranger:


    Ich dachte eigentlich das dieses Forum mit seinen unzähligen Sanierungsfotos hier schon längst Beweis genug ist, dass es auch anders geht. Aber da hab ich mich scheinbar getäuscht.


    Wenn deine Aussagen als Grundlage für Sanierungsentscheidungen in den letzten 20 Jahren genommen worden wären, dann würde wohl halb Leipzig mittlerweile nicht mehr stehen. Ich empfehle immer wieder gern den Film "Ist Leipzig noch zu retten?" oder eben hier die Vorher-Nachher-Fotos im Forum! Es gab sehr viele Ruinen die u.a. nur durch Leute gerettet und wiederhergestellt wurden, weil sie sich mit diesen historischen Gebäuden identitifiziert haben und diese denen am Herzen Lagen. Oftmals entgegen der maximalen kurzfristigen Rendite und dem üblichen Investoren-Geschwätz. Sondern Investitionen in Gebäude, die auch noch in 70 oder 100 Jahren ihren Charme haben und vor allem langfristigen Wert haben. Darum gehts!


    DaseBLN: Dann hat man vielleicht das falsche Grundstück ausgewählt? Zudem frag ich mich, warum man eine Klinik unbedingt an eine der größten Hauptverkehrs-Kreuzungen bauen muss, wenn sich die Patienten erholen sollen. Oder liegen die 24h am Tag im Park? :D

  • ^ Nein LEgende, Priorität in diesem Gebiet hat ein funktionierender Klinikcampus. So einfach ist das.


    Ein Innenumbau zur Nutzung für medizinische Zwecke ist übrigens keineswegs vergleichbar mit einer Umnutzung als Wohnbebauung. Wenn die alten Gebäude auf dem Campus entsprechend nutzbar sind, wurden sie auch saniert, das zeigen mehr als genügend Beispiele entlang der Liebigstrasse. Deine Andeutung, dass öffentliche Auftraggeber per se lieber Abreißen und Neubauen, hat also zumindest in diesem Falle hier keine Grundlage.


    Ich muss aber Ranger auch widersprechen: natürlich könnte man aus diesem Gebäude wieder ein Schmuckstück machen, der gegenwärtige Zustand ist da als Entscheidungshilfe denkbar ungeeignet. Was das betrifft, muss ich LEgende recht geben.

  • och legende, diese innenhofsituation mit kleinem park wertet doch den gesamtkomplex der universität enorm auf. denn wer im krankenhaus vor sich hin darb, freut sich über jede erreichbare grünfläche. und durch seine eingeschlossenheit entsteht doch ein urbanes fleckchen.


    bitte wäge doch ersteinmal verlust und gewinn gegeneinander auf und schrei nicht bei jedem backsteinbau laut auf.


    hast du dir mal angeschaut, was in leipzig im vergleich zu allen anderen kommunen in den neuen bundesländern mit der altbausubstanz passiert? hier wird um jedes haus gerungen.


    jammern auf hohem niveau sag ich da...


    mal etwas anderes. ich habe neulich in einem gespräch mit einem bekannten vernommen, dass der gesamte unikrankenhauskomplex zwar vom freistaat als bildungseinrichtung finanziert wird, aber nach fertigstellung privatisiert werden soll. habt ihr so etwas auch schon vernommen?


    und noch abschließend meine meinung: mit der zukünftigen umlegung der haltestellen, der citytunnelstation, dem neuen vorplatz zum bayrischen und der begrünung der windmühlenstraße wird der zweitschlimmste versiegelungs-schandfleck der stadt (nach dem goerdelerring natürlich) langsam erträglich.
    schade, das die lwb ihre platten direkt am platz nicht zurückbauen mag...

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  • Mensch Leute, mit euch kann man sehr gut diskutieren, und ihr habt ja so gesehen auch teilweise recht und ich versteh das auch. Aber wir wissen doch wie es in der Praxis läuft: Hier ein Abriss, da ein Abriss, da auch...dort ja, da das Haus mittlerweile einsturzgefährdet ist, dieses eventuell auch, da der Eigentümer unbekannt ist, und dieses bitteschön auch, da wir die Zufahrt für Parkplätze benötigen. Ihr wisst was ich meine! Es geht ums Prinzip! Wer einmal lügt, lügt immer. Und darum gehts mir. Mit etwas gutem Willen wäre das Haus integrierbar gewesen. Man hätte das im Vorfeld festelegen sollen, basta. Und die Architektengruppe aus München hats ja sogar integriert! So aber kommt jetzt das Argument mit dem Park. Wo soll denn das enden?


    Klar werd ich mich über diese Bebauung auch freuen. Vor allem in Verbindung mit der Umgestaltung der Tram-HS und des Bayrischen BHFs. Aber es verschwindet auch gewachsene Bebauung, Tradition, Zeitgeschichte, Kultur, letztlich ein Stück Leipzig!


    Und das Thema Platten und LWB am Bayrischen Platz lassen wir lieber ruhen. Über die könn wir vielleicht so in 20 Jahren mal diskutieren. Oder es geschieht vorher ein sinnvolles Wirtschaftswunder in Leipzig.

  • das uniklinikum ist schon längst eine private einrichtung, gekennzeichnet durch ein AöR .... der Bildungsauftrag liegt weiterhin beim Bundesland .... deswegn arbeiten im klinikum selbst auch viele leute mit unterschiedlichen arbeitgebern .... manche sind angestellte der klinik ... (zb die techniker) und professoren eben angestellte das freistaates. ganz easy.


    was vll hervorzuheben ist, bei eurem dauernden gemeckre, das uniklinikum leipzig ist eins der wenigen krankenhäuser, die in der lage sind, aus eigener kraft schwarze zahlen zu schreiben (einige von euch erinnern sich vielleicht noch an den aufschrei deutscher krankenhäuser, dass ihnen milliarden fehlen ^^)


    und da es nun wirklich um kein schmuckstück handelt, bei diesem hinterhof bau .... es ist was anderes, wenn wir von geschlossenen bauten wie im waldstraßenviertel, südvorstadt, oder straßenzügen wie barfussgässchen reden. aber hier? an dieser stelle? wenn man auf biegen und brechen ALLES erhalten will, ist irgendwann kein platz mehr für neues .... ma drüber nachdenken ^^ wenn bauten aus ddr zeiten abgerissen werden sollen, seid ihr alle immer ganz vorne dabei, um dies zu unterstützen! bissl paradox. (geht vorallem in richtung LEgende)


    und ich finde persönlich, dass der neue entwurf sich schon versucht gut in die umgebung einzufügen (höhe des gebäudes, verlauf der front ... alles sehr harmonisch!)

  • Zum Thema Neubau „Klinik für die Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde“ mit Bezug auf #58 zur Vervollständigung zwei alte Darstellungen nachgetragen:


    Alte Zahnklinik Nürnberger Str. 57:
    1910 Eröffnung als Zahnärztliches Institut, Quertrakt rechts im Krieg zerstört, bis 1954 Wiederaufbau.
    Darstellung von 1909
    http://i153.photobucket.com/al…19/leipziger1/Bild130.jpg


    Nürnberger Str. 55 Ecke Liebigstr. 10
    Pharmakologisches Institut – Medizinische und Chirurgische Polikliniken
    1888 eröffnet, im Krieg zerstört, danach Umzug in die Härtelstr. 16/18 (bisheriges Messehaus)
    http://i153.photobucket.com/al…19/leipziger1/Bild129.jpg

  • Vielen Dank für die historischen Bilder!


    Bilder sagen bekanntlich mehr als Worte. Gerade das von leipziger!


    Es ist/war ein attraktiver Bau, der dem ohnehin fast im Krieg komplett zerstörten Bayrischen Platz bis zum heutigen Tage ein Gesicht gegegen hat. WENN der Wille und das Bewusstsein für geschichtliche Tradition und architektonische Identität dagewesen wäre, hätte man dieses sicherlich mit in den Neubau integrieren können.


    Auf dem Bild von stahlbauer sieht man auch schön den Zustand des heutigen Hotels am Bayrischen Platz zu DDR-Zeiten. Das sieht nach seiner Sanierung heute auch wieder schick aus.

  • ^ Wie gesagt LEgende - auf dem Campus der Universitätsklinikums zählt zuallererst Funktionalität. Wenn man befunden hat, dass man das Gebäude für die Funktionen, die man auf dem Campus noch benötigt, nicht praktisch nutzbar machen kann, andererseits den Platz aber anders nutzen kann, dann hat dies die Priorität. Ein gut funktionierendes Uniklinikum ist übrigens auch in deinem Interesse - je mehr Gutverdiener dort arbeiten, desto mehr zahlungskräftige Mieter/Käufer für Altbauwohnungen gibt es im Süden und Osten der Stadt.


    Dass man aus den Gebäuden optisch noch was machen könnte, ist doch unbestritten. Nur stehen sie eben an der falschen Stelle. Als Hinterhofgebäude würden sie übrigens keineswegs das Gesicht des bayerischen Platzes prägen, das wird der Neubau tun.

  • Das Finanzministerium hat am gestrigen 26. Februar das neue Sonderlaborgebäude der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie der Universität Leipzig übergeben. Das Gebäude wurde bereits im Kreuzer gelobt, so richtig kann ich mich dem aber nicht anschliessen. Die Fassadenausführung wirkt sehr hochwertig und die Kubatur ist soweit in Ordnung (Traufhöhe, Bauflucht etc.), aber der Entwurf an sich ist doch sehr simpel. Hier wäre definitiv mehr drin gewesen. Besonders die Fensterformate erinnern mich doch arg an meine (ebenfalls dreistöckige) Plattenbau-Grundschule. Bevor allerdings wieder rumgeätzt wird, sollte man nicht vergessen, dass hier die Investition an sich zählt und die Arbeitsbedingungen der betreffenden Fachbereiche extrem verbessert werden. Hier dazu noch ein paar Bilder:





    Nebenan ist der Geschossaufbau fürs das neue zentrale Forschungszentrum des Uniklinikums so gut wie fertig, das gläserne Treppenhaus wurde aber noch nicht begonnen, komischerweise ist auch die Fassade des linken Gebäudeteils noch unbehandelt:



    Hier nochmal der Entwurf:



    Hier noch zwei Impressionen aus der Ecke - zuerst die Notfallaufnahme des Uniklinikums:



    Das Institut für Geophysik und Geologie der Universität Leipzig:



    Grüße,
    *D

  • Da muß ich LEgende doch mal verteidigen (obwohl der sich noch gar nicht zu Wort gemeldet hat :lach:). Letztlich ist alles Ansichtssache. Und für mich ist dieses Institusgebäude ein architektonischer Fehlgriff. Die Würfelform und das Verhältnis von Größe der Fenster zum restlichen Baukörper gefallen wir ebensowenig wie die übertrieben schlichte Fassade. Da kann der Bau noch so funktional sein, eine irgendwie geartete architektonische Qualität ist das für mich nicht. Aber wir werden es vermutlich alle überleben...

  • Die Projekte rund um die Uni-Kliniken sind ab heute in diesem Thread gebündelt. Cowboy.




    Der 1. Teil des zentralen Forschungslabors an der Liebigstraße ist fertiggestellt. Wie DaseBLN schon weiter oben schrieb, wundere auch ich mich, warum bislang nur dieser Gebäudeteil in den Genuss einer Sanierung kam.


    Das zentrale Forschungslabor mit saniertem und unsaniertem Gebäudeteil.


    Fassadendetail. Trotz zusätzlichem Obergeschoss und diverser Technikaufbauten: Die historische Würde des Gebäudes, das von Hubert Ritter um 1930 errichtet wurde, blieb erhalten.






    Weitere Bauvorhaben auf dem Gelände der Uniklinik.


    Weiter östlich befindet sich dieser Gebäudekomplex (vermutlich aus den Fünfzigern), der Schritt für Schritt einer neuen Nutzung zugeführt wird. Im Sockelgeschoss entsteht eine Biobank-Forschung.




    Eigene Bilder

  • Ich weiß nicht, ob das hier schon einmal verlinkt wurde. Auf der Seite der Architekten sander.hofrichter ist ein Entwurf des Neubaus Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde des Universitätsklinikums zu sehen:
    http://www.a-sh.de/projects/li…inikum-leipzig/#/de/2586/


    Sander Hofrichter wurden auf der in Beitrag #15 dieses Strangs verlinkten Competitiononline-Ergebnisseite als Ankauf erwähnt. DaseBLN

    Einmal editiert, zuletzt von DaseBLN ()

  • Eingerüstet ist auch inzwischen dieser Abschnitt des Klinikums in der Liebigstraße:


    Die Aufstockung (aus den 1930ern?) wird entfernt:


    Vermutlich kommt eine neue Aufstockung in moderner Ausführung wie beim benachbarten Abschnitt, doch vielleicht wird man zumindest die Gebäudeecke zur Brüderstraße in den ursprünglichen Zustand (1915) zurückversetzen...


    Danke für die Fotos. Ich habe deinen Beitrag mal hier reingepackt, damit dieser Strang nicht vollends in Vergessenheit gerät. C.


    (Quelle: Eigene Bilder)

  • ^ Durchaus möglich (und begrüßenswert allemal), dass das Dach in seinen Ursprungszustand versetzt wird. Auch wenn man es heute kaum erkennt, die linken beiden Gebäudeflügel auf dem 1. Bild sind gründerzeitlich und m.W. von keinem Geringeren als Arwed Roßbach (Palais Roßbach) errichtet worden, der rechte Flügel und die Seite in der Liebigstraße sind um 1930 von Hubert Ritter im Stil der klassischen Moderne "überformt" worden.