Frankfurter Architekturdebatte: Wie zu bauen sei

  • Ich denke die "Baufreiheit" ist etwas sehr wichtiges. Die ganze Diskussion, "Wie zu bauen sei" darf sich nur auf sehr begrenzte Gebiete beschränken.
    Schließlich muss man ja bei dieser Demokratie-debatte hinterfragen, ob eine potenzielle Mitbestimmung der Bevölkerung nicht die Grundrechte des Bauherren verletzt.
    Bebauungspläne und ähnliches sollten in diesem Kontext ja auch möglichst neutral und technisch gehalten werden.


    Was dann letztendlich gebaut wird ergibt sich ja dann wirklich "demokratisch" aus den Interessen der Bauherren.
    Und ich kann mich da dann auch nicht oft genug wiederholen: Wenn moderne Investorenkisten im Geschosswohnungsbau kritisiert werden, dann liegt das nicht an Geschmacksverfehlung, sondern schlichtweg daran, dass der Endkunde nur nach Quadratmeter pro Euro schaut und weder bereit ist für historisierende noch für ansprechende moderne Architektur zu zahlen.

  • ^
    Nicht bereit ist oder nicht kann.


    Ein bisschen Steuerungsmöglichkeiten haben Projektentwickler und Investoren aber schon - meistens werden die halt Renditeerwartungen oder Sparzwängen geopfert...

  • Natürlich habe ich ganz Bewusst gerade dieses Schloss neben die zwei Hochhäuser in Frankfurt gestellt.

    a.) Das Schloss stammt aus einer gar nicht so fernen Vergangenheit aber dennoch so weit zurück, dass unzweideutig feststeht, dass es über lange Zeit in breiten Schichten beliebt ist und wohl auch in Zukunft bleiben wird. Aber dass es wiederum so extrem ist, dass es nichtsdestotrotz von den Gegnern als kitschig beschimpft werden kann. Damit wollte ich auf der historischen Seite eine angreifbare Wahl treffen.

    b.) Die zwei Türme in Frankfurt, weil beide ganz neuzeitlich sind und dennoch, in ihrer modernen Bauweise, wenn auch schwache, kaum wahrnehmbare historische Bezüge aufweisen und auch fast ausnahmslos positiv bewertet werden. Damit wollte ich auf der modernen Seite vermeiden eine extreme und damit eventuell unfaire Wahl zu treffen.

    Xalinai in #38 kommentiere ich nur soweit, als dass er mit seinen Äußerungen genau da hinein getappt ist wo die ideologischen Gegner oder Verhinderer, einer dem Menschen und dessen Bedürfnissen angepassten Stadtplanung und Gebäudegestaltung, den Pfad schon platt getreten haben.

    Um was es mir geht, hat bayer in #37 kurz und treffend pointiert.

    Eine weitere Aussage sollte sein, dass sich ein Bauwerk so gut es nur geht an seinem Standort einfügen und die "Menschen" auf der Straße ansprechen muss. Das kann auch mit "innovativen" oder nie gesehenen neuen Elementen geschehen.

    Dass Gebäude muss berücksichtigen, dass es von "Menschen" belebt wird und für lange Zeit oder für immer die Lebenswelt, den Lebensraum der Menschen prägt und gestaltet. Ein Baustil und Arrangement wie beim Opernturm oder des neuen geplanten historischen Museums oder Riedberg oder Boulevard West, wird dem noch lange nicht gerecht. Gerade die immer wieder zu hörenden, gebetsmühlenartig vorgebrachten Einwände, dass eben die Investoren bestimmen, dass das Geld da sein muss, dass es sich rechnen muss usw. generieren eine städtische Landschaft die dann eben dementsprechend auch wirkt. Hier werden die Problemviertel für die nächsten Generationen verwirklicht. Die Investoren sind dann schon weiter gezogen oder gestorben.

    Wenn man entsprechende Zeitungsartikel zum Thema Städte- und Wohnungsbau liest, oder auch mal TV-Sendungen dazu sieht, so zeigt sich dass dieses Thema so ganz langsam einen breiteren Rahmen bekommt. Selbst namhafte Investoren mahnen bereits schon ein Umdenken an. Sie werden immer mehr gezwungen, sich von dem langsam gesättigten Markt von Geschäfts- und Büro-Häusern, dem Markt von neuen Wohnhäusern in der Stadt oder den stadtnahen Räumen zuzuwenden. In diesem Markt sehen sie das zukünftige Potential. Dieser Markt wird aber nur funktionieren, so sehen sie es selbst, wenn die städtebauliche Planung und die Architekturleistung eine sehr viel mehr "menschliche" Komponente bekommen als bisher. Die städtebauliche Herausforderung unserer Zeit und jedem muss klar sein wer hier in erster Linie gefordert ist.

    Einmal editiert, zuletzt von RobertKWF () aus folgendem Grund: r/t


  • Xalinai in #38 kommentiere ich nur soweit, als dass er mit seinen Äußerungen genau da hinein getappt ist wo die ideologischen Gegner oder Verhinderer, einer dem Menschen und dessen Bedürfnissen angepassten Stadtplanung und Gebäudegestaltung, den Pfad schon platt getreten haben.


    Über den Pfad den Du entlang tappst will ich auch nicht reden, aber die Anpassung der Gebäude an die Bedürfnisse "der Menschen" umfasst mehr als eben nur Optik.
    Die Frankfurter Altstadt erfüllte aufgrund ihrer gewachsenen Struktur einen bestimmten Zweck in der damaligen Stadt.
    Dieser Zweck ist mitsamt der Struktur verloren gegangen bzw. wurde an naderen Orten der Stadt abgebildet.


    Eine neue Bebauung, da hast Du recht, muss den Bedürfnissen der Menschen Rechnung tragen - doch tut sie das in der von Dir angestrebten Form? Und den Bedürfnissen welcher Menschen? Denen, die in der Mitte der Stadt leben wollen oder denen, die dort zur Erbauung oder Unterhaltung mal hingehen?

    Dass Gebäude muss berücksichtigen, dass es von "Menschen" belebt wird und für lange Zeit oder für immer die Lebenswelt, den Lebensraum der Menschen prägt und gestaltet. Ein Baustil und Arrangement wie beim Opernturm oder des neuen geplanten historischen Museums oder Riedberg oder Boulevard West, wird dem noch lange nicht gerecht.


    Das stellst Du jetzt als Fakt so hier hin.


    [FONT=Verdana]Gerade die immer wieder zu hörenden, gebetsmühlenartig vorgebrachten Einwände, dass eben die Investoren bestimmen, dass das Geld da sein muss, dass es sich rechnen muss usw. generieren eine städtische Landschaft die dann eben dementsprechend auch wirkt. Hier werden die Problemviertel für die nächsten Generationen verwirklicht. Die Investoren sind dann schon weiter gezogen oder gestorben.


    Die ebenfalls immer wieder gebetsmühlenartigen Vorträge, man müsse doch, ohne den Kostenaspekt zu berücksichtigen, schöne Gebäude in der Anmutung der vorletzten Jahrhundertwende bauen, in der Hoffnung dass sie dann den Menschen im übernächsten Jahrhundert noch gefallen sind aber auch nicht besser.
    Seitdem Gebäudenutzer und Gebäudeentwickler sich getrennt haben, gibt es doch diesen Konflikt:
    Gebäudenutzer sind diejenigen, denen man noch am ehesten erklären kann, dass ein hochwertiges Gebäude nicht nur der Allgemeinheit sondern auch ihnen selbst (über ein besseres Image) nutzt.
    Gebäudeentwickler, sind jene die mit dem spitzen Bleistift rechnen und sich bezüglich der langfristigen Erscheinung nur insoweit Gedanken machen, dass während der Garantiezeit keine sichtbaren Mängel zutage treten, die den Erfolg der Folgeprojekte einschränken und die erkannt haben, dass die Erscheinung iher Gebäude nicht optimal sein muss sondern nur besser als die verfügbaren Alternativen.
    Dazu kommen, sowohl im gewerblichen als auch im Wohnbereich, Veränderungen in der gewünschten Art der Nutzung, die sich in historischen Formaten nicht mehr abbilden lassen.


    [FONT=Verdana]Selbst namhafte Investoren mahnen bereits schon ein Umdenken an. Sie werden immer mehr gezwungen, sich von dem langsam gesättigten Markt von Geschäfts- und Büro-Häusern, dem Markt von neuen Wohnhäusern in der Stadt oder den stadtnahen Räumen zuzuwenden. In diesem Markt sehen sie das zukünftige Potential. Dieser Markt wird aber nur funktionieren, so sehen sie es selbst, wenn die städtebauliche Planung und die Architekturleistung eine sehr viel mehr "menschliche" Komponente bekommen als bisher. Die städtebauliche Herausforderung unserer Zeit und jedem muss klar sein wer hier in erster Linie gefordert ist.


    Die Herausforderung des 21. Jahrhunderts wird darin bestehen, den Menschen, die sich, mit Wegfall der Basis für eine falsch verstandene Mobilität, wieder verstärkt an den Orten ansiedeln werden, an denen sich ihre Arbeitsplätze befinden, Wohn- und Lebensräume zu schaffen, die sich diejenigen leisten können, die von ihrer Arbeit leben.


    Die historische Altstadt bestand aus Häusern, die über Generationen hinweg, eines nach dem anderen gebaut und durchaus auch durch repräsentative Neubauten im jeweils aktuellen Stil ersetzt wurden - aktuell in 2008/9 wäre z.B. der Hunzinger-Bau. Jeweils entsprechend den Bedürfnissen derer, die das Haus erbauten und nutzten.


    In wie weit, eine rekonstruierte Altstadt und die Bedürfnisse der Frankfurter Bürger hier zueinander passen muss jeder selbst entscheiden - ich denke jedenfalls, dass die Gesellschaft als Ganzes noch nicht an der Spitze der Maslow'schen Pyramide angekommen ist.

  • Xalinai #46: Vielleicht ist Dir entgangen, dass es in diesem Strang nicht um die Frankfurter Altstadt geht. Lies halt noch mal genauer. Wer hat gefordert dass überall wie bei einer zu rekonstruierenden Altstadt zu bauen sei? :nono:

    Einmal editiert, zuletzt von RobertKWF ()

  • Dieser Artikel des Spiegels behandelt zwar den Gegensatz von "traditionellem" Wohnungsbau vs "modernem" Wohnungsbau im Berlin der 20er Jahre. Aber, da es sich um grundsätzliche Fragen des Wohnungsbaus handelt, paßt es auch hier ganz gut.


    http://einestages.spiegel.de/e…0/l0/F.html#featuredEntry


    Die gezeigten im Bauhausstil der 20er Jahre gebauten Siedlungen sehen im Vergleich zu heutigen Siedlungen recht dekorativ aus, waren aber zu ihrer Zeit im Vergleich zu der Bauweise der Gründerzeit, provokativ karg.

  • Xalinai zu #46, Nachtrag:

    Sicher führt es zu Verwirrungen, dass weiter oben in diesem Strangs ein Beitrag von mir zu findet ist, in dem es um die Frankfurter Altstadt geht. Das kommt daher, dass mehrere Beiträge hier, wie andernorts manchmal auch, ursprünglich aus anderen Strängen stammen und hier zusammen geschoben wurden. Das erklärt, dass nicht alle Beiträge immer im Zusammenhang stehen. Insofern sind für mich Deine Kommentare mit Bezug auf die Altstadt nachvollziehbar. Allgemein geht es im Strang aber wohl um eine eher "abstrakte Architekturdebatte" die im Strang "Palais Thurn und Taxis" entstanden ist (Siehe Seite 1).

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    Im Übrigen befürworte ich heute in Deutschland nur originalgetreue Rekonstruktionen in ausgewählten Arealen, für wertvolle Gebäude oder Ensembles auf gleichem Standort, die im Zweiten Weltkrieg, durch jüngere Natur- oder Technik-Katastrophen oder etwa Fehlplanung zerstört wurden. Sonstiges bauen muss nicht Altstadt-typisch sein obwohl man auch davon etwas lernen kann!
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    Zum Thema:
    Du trägst hier einige der wunden Punkte wunderbar vor:

    -- "Wohn- und Lebensräume zu schaffen, die sich diejenigen leisten können, die von ihrer Arbeit leben."
    -- "Seitdem Gebäudenutzer und Gebäudeentwickler sich getrennt haben, gibt es doch diesen Konflikt"
    -- "Ein hochwertiges Gebäude nicht nur der Allgemeinheit nutzt"

    Es ist gerade nicht so, wie Du auch in einem anderen Strang/Beitrag meinst, dass ich "Wie so oft übersehe, das kommerzielle Interessen Auswirkungen auf die Gestaltung haben". Genau das Gegenteil ist der Fall. Gerade im Bewusstsein der wieder überwiegenden und vordergründigen Ausrichtung der meisten heutigen Bauvorhaben auf die kommerziellen Interessen sehe ich darin das große Problem. Kommerzielle Interessen und die Ausrichtung auf die "menschlichen Bedürfnisse/Anforderungen" an ihre bauliche Umgebung müssen aber nicht unbedingt ein Widerspruch sein oder bleiben. Beides lässt sich durchaus im gegenseitigen Interesse verbinden, allerdings meist nicht automatisch oder gar freiwillig Seitens der Investoren.

    Da die Situation heute leider so ist, wobei ich Dir darin zustimme, dass im wesentlichen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gebaut wird, entstehen wenig Gebäude, Stadt- und Wohn-Areale, die gut auf die Bedürfnisse der Bewohner hin optimiert sind, außer eben dass die Wohnungen gerade noch "bezahlbar" bleiben. Ein besseres Ergebnis kann wohl derzeit der einzelne Bauherr, Architekt und Stadtplaner für sich nicht erbringen. Diesen ist demzufolge auch nicht der große Vorwurf zu machen.

    Genau an dieser Stelle treffen sich nun bei diesem Thema die Differenzen.

    Anstatt sich diesem "Naturereignis" zu fügen, müssen wieder Wege gesucht werden um aus dieser scheinbaren Falle herauszukommen. Das ist überhaupt nichts Neues. Schon frühere Stadtplaner und Architekten haben darüber nachgedacht und Pilotprojekte verwirklicht. Allesamt haben sich diese einzelnen Projekte aber zunächst nicht durchgesetzt, so dass man heute wohl resigniert hat und das Feld nun wieder den Investoren ganz überlässt (es muss sich eben nur rechnen), mit den nun sichtbaren Ergebnissen.
    Noch nicht mal da wo es heute ohne viel Mehraufwand möglich wäre, wird ein sehr gutes Ergebnis erbracht.

  • @Xalinai #77: Im Strang "Der Altstadt-Salon (Ich poste das mal hier, weil es dann mit allgemeinen Themen weitergeht)
    ...das Interesse an der sichtbaren Präsentation dieser Konstruktion ist ja erst neueren Datums. Diejenigen, die diese Gebäude in ihrer Vorkriegsvariante nutzten, hatten die Gebäude ab dem zweiten Stock verschiefert....

    Eigentlich müsste man zum gesamten Beitrag nichts erwidern da die scheinbare Logik darin in sich selbst zusammenbricht aber RMA hat das wesentliche eigentlich schon dazu gesagt hat. Frage mich trotzdem noch wie es beispielsweise zu dieser Ignoranz kommen konnte, wo doch überall Fachwerkhäuser zu sehen sind, bei denen das Fachwerk als solches schon in dekorativer Form verbaut wurde, mit Bögen, geschnitzten Elementen, musterbildender Anordnung von Zwischenstreben usw. usw., wie die fachlichen Bezeichnungen auch alle lauten mögen und die Verschieferung erst viel später wegen der Witterungseinflüsse vorgenommen wurde.
    Weil man sich eben in der etwas feinsinnigeren, oberen Bürgerschicht nicht nur mit der funktionalen Gestalt eines Hauses abfinden wollte. Was nun überall auch auf sonstige Gegenstände zutraf.

    Wie manche Rekonstruktionsgegner manche Rekonstruktionsbefürworter scheinbar einschätzen, wird an so manchen Reaktionen oder Postings im Forum sichtbar. Das geht manchmal so weit, dass der Eindruck entsteht es könnte beinahe eine Art von Hass hervorbrechen.
    Jetzt muss ich hier mal mitteilen, dass nach meiner Einschätzung ein so genannter Reko-Befürworter kein Einzelereignis in der Menschenmasse darstellt, sondern dessen Interesse und Engagement ist nun mal umstände bedingt auf historische Gebäude gerichtet, ähnlich doch so wie andere Flugzeuge, Eisenbahn oder Auto-Oldtimer oder eine Kinderschar um sich herum mögen und alles dafür tun. Gutes Beispiel die Eisenbahn- und Auto-Oldtimer-Fans die auch noch unbedingt damit fahren wollen.
    Wären die Autos im Verschleiß nicht so extrem mangelhaft, könnte man bei entsprechender Pflege auf den Straßen einen schönen Mix haben. So sind die halt überwiegend auch nur noch im Museum.

    Es gibt aber auch noch gewichtige, der Allgemeinheit dienliche Gründe diesen Leuten dankbar zu sein und sie zu unterstützen. Ich persönlich bin all denen sehr dankbar, die sich mit Leidenschaft um den Erhalt der alten Dinge kümmern so kann man das eine oder andere immer noch in Natura betrachten.

    Bei Gebäuden ist es doch genauso. Der enorme Druck auf den Altbestand durch neue Technik, neue Ansprüche, wirtschaftliche Dynamik und die Erosion der geschichtlichen Ereignisse etwa, hätte den Altbestand doch längst hinweggespült, würden nicht wenigstens einige Leute mit einem gewissen Einsatz dagegen ankämpfen. Die Politik um ihre Rathäuser und Kirchen, die Bürger um die Profanbauten.

    Gerade hier in Frankfurt ist dieser Druck auf den Altbestand sehr deutlich und kaum aufzuhalten. Jüngstes Beispiel für ein Großprojekt ist das Palais-Quartier, für sich genommen ein gelungenes Ensemble. Von Osten oder Westen betrachtet geht das ja noch, wenn man aber vom Römerberg kommend Richtung Hauptwache geht, ist der störende Bruch extrem augenfällig. Hier wurde wieder mal eine Grenze überschritten.


    Postet von RKWF am 11.12.2009 im DAF Strang "Frankfurter Architekturdebatte: Wie zu bauen sei" direkt hinter RoberKWF #49

  • Die feinsinnige obere Bürgerschicht zog aber aus der Altstadt weg in die damaligen Neubaugebiete im Nodend und Westend und betrieb mit den Gestaltungssatzungen und ihrer städtischen Politik bereits einen Angriff auf die Altstadt, der nicht zuletzt zur Gründung der Altstadtfreunde führte.


    Und dein Beispiel mit den Auto-Oldtimern ist ein richtig schönes, denn gerade hier kann man sehen, wie der Anteil derer, die ein tatsächliches Interesse am Erhalt historischen Fahrzeuge haben sich zu denen verhält, die die alten Fahrzeuge einfach nur schön finden, aber niemals selbst Maßnahmen ergreifen würden, aus ihrem eigenen Budget ein solches Fahrzeug zu beschaffen, zu erhalten oder wiederherzustellen.


    Obendrein ist auch gut erkennbar, in welchem Umfang sich die Ansprüche verändert haben, so dass man den Verlust an Alltagstauglichkeit an den Fahrzeuggenerationen messen kann. Angefangen mit der Sicherheit der Fahrzeuge für Fahrgäste und andere Verkehrsteilnehmer bis hin zu Umweltschutz und Verbrauch. Warum es sinnvoll ist, dass nur ein winziger Bruchteil dieser Fahrzeugproduktion überlebt hat, kann man übrigens lernen, wenn man auf einem Oldtimertreffen mal bleibt, bis es sich auflöst und die ungereinigten Abgaswolken umherwabern. Ruhig mal tief durchatmen. Die Konrad-Adenauer-Straße an der Konstabler während der Rush-Hour ist dagegen ein Frühlingslüftchen im Wald.


    Und wenn man nun ca 150 Jahre Automobilgeschichte auf die letzten 1500 Jahre Architekturgeschichte in Deutschland abbildet, dann kommmt man zu ähnlichen Ergebnissen.
    Natürlich sind historische Altstädte schön. Das bestreite ich ja noch nicht einmal.


    Aber die heutige "obere Bürgerschicht" baut nur in den seltensten Fällen Stadthäuser zu ihrer eigenen Nutzung, die also auch eine Repräsentationsfunktion haben - und wenn sie es tut, dann baut sie nach einem zeitgemäßen technischen Standard und einem Geschmack, der ebenfalls am Anfang des 21. Jahrhunderts angesiedelt ist. Heraus kommt der Hunzinger-Bau.


    Für den Rest gilt, dass ein großer Teil der Ornamente am Bau ja aus der künstlerischen Gestaltung bautechnisch notwendiger Teile entstand. Den Schritt von statischer Notwendigkeit über Wiederholungsornamente hin zu aufwändig geschnitzten Außenbalken bei Fachwerk hatten wir schon. Stürze über Fenstern und Türen mussten bei Mauerwerk in einer bestimmten Weise gestaltet werden, um ihre tragende Funktion zu erfüllen (Ziegelbögen oder Steinmetzarbeiten aus Naturstein). Da für die erforderliche Tragkraft mehr Material erforderlich war, als in der Wandstärke untergebracht werden konnte, mussten die Teile nach außen überstehen. Die Überstände durften nicht waagerecht sein sondern mussten, damit Regenwasser nicht stehenblieb, abgeschrägt sein.
    Schon ist eine sichtbare Steinfläche zu gestalten.
    Und wenn dann einerseits keine Maschinen diese Arbeit machen und andererseits die Herstellung einer perfekt glatten Fläche manuell unglaublich teuer ist, dann ist der Schritt, statt einer unregelmäßig strukturierten Blockfassade (wie im Sockelbereich oft zu finden) gleich ein Schmuckdekor einzusetzen leicht gemacht. Überdies hat das Schmuckdekor den Vorteil, dass keine Notwendigkeit mehr bestand, eine Vielzahl absolut identischer Bauteile herzustellen, was manuell wieder nur sehr schwierig und zeitaufwendig zu machen war.


    Da diese Bauteile mit der heutigen Bautechnik nicht mehr in dieser sichtbaren Form notwendig sind und gleichzeitig mit der weitgehenden Mechanisierung der Produktion gerade die Herstellung identischer, glatt geformter Bauteile zur günstigsten (=billigsten) Produktionsform wurde ist es das, was wir heute überall antreffen.


    Die Eintönigkeit, mit der wir es heute zu tun haben resultiert doch auch daraus, dass jede sichtbare Gestaltung der Mode unterworfen ist - und diese ändert sich rasant und macht aus den ihr unterworfenen Gegenständen Verbrauchsgegenstände. Wenn Du heute in eine Küche kommst, die in rotem Hochglanzlack daher kommt, dann weißt Du, dass diese Küche, je nach Einkommensschicht der Bewohner entweder 2003 bei Alno oder 2006 bei IKEA gekauft wurde. Damit hat diese Küche einen Jahrgangsstempel, der zu einem früheren Ausmustern führen wird.


    Zurück zum ganzen Haus: Dass bei historischen Gebäuden anhand der Gestaltung vieler Baudetails abgelesen werden kann, wann sie entstanden sind und häufig sogar, für welchen Zweck sie erbaut wurden (viele Frankfurter Schulen sind dafür ein Muster) wir allgemein akzeptiert.
    Bei den Erbauern von Wohnhäusern - und auch bei deren Nutzern - ist dies jedoch nicht als Qualitätsmerkmal angekommen, auch hier wird darin ebenfalls ein Verfallsdatum gesehen. Das gesellschaftliche Denken ist heute nicht mehr bei "Durch gute Pflege kann ich diese Schuhe jetzt schon 10 Jahre tragen!" sondern bei "Wie, du kannst Dir noch immer kein neues Paar leisten?". Und dementsprechend wird gebaut.


    Erst ganz langsam kommt in einigen Bereichen wieder die Bereitschaft auf, sich mit Mustern und Ornamenten abzugeben - aber der Schock aus den Siebzigern, als erstmals Wellen mechanisch reproduzierter großflächiger, farbintensiver Muster durch deutsche Wohnzimer waberten sitzt bei vielen Entscheidern noch tief.

  • Mehr Wohnqualität im Europaviertel

    Der Projektentwickler Jürgen Groß hat sich in einem Artikel der faz vom 04.10.2009 ähnlich skeptisch zur Lebens- und Wohnqualität, unter anderem auch zum Europaviertel, geäußert. Er vermisst in Frankfurt mehr Wohnqualität. Da sie auch nicht zentral oder schön liegen, seien die aktuellen Areale nicht dazu geeignet, sich zu besonderen Quartieren zu entwickeln. Auch er sieht die Politik gefordert: "Verwaltung ist Vorsicht. Politik muss Mut beweisen".
    http://www.faz.net/s/RubBEFA4E…Tpl~Ecommon~Scontent.html

    Dem kann ich mich nur anschließen. Die Stadt muss, auch wenn es zunächst schwer fallen sollte und Mehraufwand bedeutet, der jeweiligen Situation angepasste, detailliertere Satzungen herausgeben, um eben eine menschlichere, und damit attraktivere Wohnqualität sicherzustellen. Das kommt letztlich wieder allen Frankfurtern, auch den Firmen die Arbeitsplätze anbieten, zugute.


    Postet von RKWF am 17.12.2009 im DAF Strang "Europaviertel: Boulevard Ost (Vivico-Projekte)" direkt hinter thomasfra thomasfra #465

  • @RoberKWF: Dann erzähle uns doch mal, was ein hochwertiges, menschliches Wohngebiet ausmacht.


    Ist das so eine Gegend wie der Lerchesbergring, also freistehende Einfamilienhäuser auf großzügigen Grundstücken verteilt?


    Oder das Nordend um Weber- und Glauburgstraße, mit vielen kleinen Geschäften und Handwerksbetrieben? Vielleicht auch Bornheim, mit der Roßdorfer Straße, wo man zu den Geschäften in der Berger Straße zwar etwas Fußweg hat, aber in den Hinterhöfen noch jede Menge Arbeitsplätze im Handwerk geboten sind?


    Wie sieht es mit Strukturen in Offenbach aus, wo (vor der Schließung des Innenstadtwerks von MAN Roland) die Arbeitsplätze von Wohnstraßen umgeben waren, so dass viele der Beschäftigten zu Fuß zur Arbeit gehen konnten?


    Was ist denn menschengerechtes Wohnen? Verdichtetes Wohnen mit gemeinsamen Grünflächen, wie in der östlichen Innenstadt von Frankfurt und fußläufiger Nachversorgung sowie einem guten ÖPNV- und Unterhaltungsangebot oder kleinparzellige Pseudodörfer wie die Siedlung Goldstein, in der man trotz Stadtlage ohne eigenes Auto weder Arbeiten noch Einkaufen kann?


    Ich denke, dass alle diese Formen menschengerecht sind - durch ihre Vielfältigkeit eben jeweils denen, die sich für eine bestimmte Form entschieden haben, sofern man den Menschen die Möglichkeit lässt, zwischen den unterschiedlichen Angeboten zu wählen - und dabei wenigstens soviel Realismus festhält, dass man die freistehende Villa nicht unbedingt an der Ecke Tönges- und Hasengasse stehen haben muss. Es gibt kein allgemeingültiges Optimum.


    Die Planung neuer innerstädtischer Stadtviertel wird damit notgedrungen ein verdichtetes Wohnen in Blockstrukturen erfordern, damit eine innerstädtische Infrastruktur für Nahverkehr, aber auch für Handel, Dienstleistung, Gastronomie und Unterhaltung entstehen kann.


    Klassisch sind hier doch immer die Mutigen, die versuchen, in einem Neubaugebiet mit freistehenden oder Reihenhäusern ein Restaurant zu betreiben: Typischerweise sind Deutsche, wenn sie denn neu bauen, so knapp bei Kasse, dass sie in den ersten Jahren fast ausschließlich zuhause essen, insbesondere wenn es sich um junge Familien mit Kindern handelt. Ein Neubaugebiet ernährt damit üblicherweise kein Lokal, so dass über mehrere Jahre ein Wirt nach dem anderen Pleite geht, bis irgendwann die ersten Hypotheken abgelöst sind und die Bewohner des nicht mehr so neuen Neubaugebiets anfangen auch wieder Geld anderweitig auszugeben.


    Aber auch die gerne kritisierte Taktik der Stadt Frankfurt, schienengebundene Nahverkehrsinfrastruktur eines Viertels erst zu bauen, wenn das Viertel fertig bezogen ist - aktuell Linie 18, zuvor die 17, hoffentlich bald die Erschließung des Europaviertels, hängt daran, dass erst einmal Menschen dort wohnen müssen, dei diese Einrichtungen auch nutzen.


    Aber zurück: Was ist menschengerechtes Wohnen? Die Mehrzahl der Neubauprojekte baut wie vor hundert Jahren Wohnungen mit zwei, drei, vier Zimmern, die für die Nutzung durch eine Familie aus zwei Erwachsenen und ein, zwei ungefähr gleichaltrigen Kindern ausgelegt sind. In seltenen Fällen wird dabei die deutsche Wohnungsstruktur mit einem zentralen Eingangsflur als Verteilbereich durchbrochen, manchmal sogar das amerikanische Konzept Master-Bedroom mit separatem Bad umgesetzt - aber das war's auch schon an Innovation.
    Halt, doch, die Küche wird gern weggelassen und die entsprechenden Einrichtungen im Wohnzimmer installiert - Studioküche nennt sich das dann.


    Echte Innovation, die beispielsweise das Zusammenleben von nicht miteinander familiär gebundenen Menschen unterschiedlicher Generationen erlaubt, oder Konzepte, die aus den Mängeln der typischen Wohngemeinschaften lernen und speziell auf den Bedarf solcher Wohnformen zugeschnittene Wohnungen und Häuser entwickeln, die habe ich noch nicht gesehen.


  • Echte Innovation, die beispielsweise das Zusammenleben von nicht miteinander familiär gebundenen Menschen unterschiedlicher Generationen erlaubt, oder Konzepte, die aus den Mängeln der typischen Wohngemeinschaften lernen und speziell auf den Bedarf solcher Wohnformen zugeschnittene Wohnungen und Häuser entwickeln, die habe ich noch nicht gesehen.


    Dafür gibt es einen einfachen Grund.


    Diese Wohnformen ziehen kein zahlungskräftiges Publikum an!

  • So schlimm steht es um Frankfurts Wohnkultur auch nicht. Die Verdrängung weniger zahlungskräftiger Einwohner aus dem Nordend scheint sich bisher nicht in der Entsteheung neuer "Ghettos" zu zeigen. Ganz im Gegenteil machen die östlichen und westlichen Innenstadtrandlagen (Bockenheim, Ostend...) eine erfreuliche Entwicklung durch.
    Zum anderen wird der Segrationsprozess im Nordend bald seinen Peak erreicht haben, da Westend und Innenstadtlagen nachziehen. Frankfurt hat sich bezüglich der Arm - reich Verteilung bisher als erstaunlich flexibel erweisen. Gerade wenn das Westend in Zukunft sich weiter in Richtung hochpreisiges Wohnen und weniger Büronutzung entwickelt (und damit zu seinen historischen Wurzeln zurückkehrt) wird das Nordend zunehmend "entlastet" werden.
    Außerdem solte man auch die kleinen Yuppie-Hochburgen wie den Westhafen nicht vergessen. Sollte es z.B. nun hinter MyZeil mit den kleinen Wohnhochhäusern losgehen, würde dort ebenfalls Kunkurrenz zum Nordend entstehen.
    Frankfurts Innenstadt ist da gar nicht mal auf so einem schlechten Weg. Auf Dauer wirklich problematisch sind eher Gebiete wie die CityWest und Rebstock. Wobei auch hierfür jeweils eine stabile Mieterschicht, die genau diese Wohnformen jeweils möchte vorhanden sein sollte.
    Negativ betrachet würde ich das aufgelockerte, familienfreundliche Wohnen von Rebstock und Frankfurter Bogen höchsten in Konkurrenz zu den etwas heruntergekommenen Zeilenbebauungsgebieten im Nordwesten der Stadt sehen. Hier wird in Zukunft einiges an Stadtumbau notwendig werden.
    Darin wiederum liegt aber auch die Chance einer urbanen Nachverdichtung und Belebung. Gerade das Eck an der Miquelallee hat einiges an Potenzial.



    Aber ich werde hier viel zu ausschweifend. Letzten Endes würde ich nur darauf pochen bei den aktuellen Entwicklungen und Verdrängungsprozessen immer auch im Blick zu halten, wohin denn verdrängt wird und wo dadurch Potenziale entstehen.

  • falschparker, stimme in vielem zu.
    Das Frankfurt an Urbanität verliert, würde ich bestreiten. Vielleicht verlagert sich der Schwerpunkt von den Stadtteilen mehr in die Innenstadt, aber das ist auch nicht überall zutreffend.
    Gefühlt würde ich behaupten das sowohl das Bahnhofsviertel als auch Sachsenhausen an Urbanität gewonnen hat. Die Innenstadt eigentlich auch. Das Ostend dürfte in Zukunft ebenfalls zulegen. Vielleicht verliert Bornheim etwas, da die alte Klientel (Spontis, Szenies aus den 60-80er Jahren) etwas ruhiger wird und für junge Leute sind dort die Wohnungen zu teuer.
    Bockenheim hat meiner Meinung nach stark verloren. Mag damit zusammenhängen, dass die Uni wegzieht und die neue City West wohl nur eine Schlafquartier für Wochenendpendler ist. Die Leipziger Straße hat sehr eingebüst. Clubs wie die Musik Hall, die Disco im Europaturm, etc fehlen, um auch Nachts und am WE, für Besucherströme zu sorgen. Vielleicht lebt Bockenheim wieder etwas auf wenn auf dem ehemaligen Uni Gelände was anständiges gebaut wird. Wenn man dort ein große Studentwohnheim bauen würde, könnte man vielleicht wieder Leben in den Stadtteil bekommen.


    Das Europaviertel wird wohl das Schicksal der City West teilen. Dort werden hauptsächlich Wochenendpendler einziehen. Vielleicht kann das Urban Entertainment Center, wenn das denn kommen sollte, für etwas Leben sorgen.
    Aus Lärmschutzgründen werden sich dort vermutlich keine Wochenmärkte, Clubs oder sonstige Menschenmagnete etablieren.
    Denke, dass da das Problem liegt. Zur Urbanität gehört Lärm und viele wollen lieber eine ruhige Wohnlage.

  • ^ Ich stimme den Fakten Eurer Analyse weitgehend zu.
    Jedoch stimme ich dem partiell vorhandenen wehmütigen und anklagenden Unterton *nicht* zu: es ist völlig normal und für die Stadt zu begrüßen, wenn Gutverdiener in die besseren Wohnviertel ziehen und diese weiter aufwerten (1 neue wohlhabende Mieter => 2 Preise steigen => 3 Investitionen => 1, etc. --- jedoch gibt es auch hier, wie MIK schon sagte, einen gewissen Sättigungseffekt, da Mieten nicht ins Unendliche steigen können). Verglichen mit anderen Großstädten gibt es davon in FFM eher zu wenig, da von Aufwertungen viele positive Impulse ausgehen, die ansonsten im Umland statt finden und dort für Wohlstand sorgen.
    Außerdem ist eine Gentrifizierung in FFM ohnehin deutlich abgemildert, da es zum einen, einen hocheffektiven ÖPNV gibt und zum anderen, da durch Umnutzung sehr großer innenstadtnaher Areale viele neue Wohnungen entstanden. Was glaubt Ihr, wo die Mieten wären, wenn es diese beiden Effekte so nicht gäbe?


    Ein Letztes zu Rebstock, Europaviertel & Co: diese Quartiere sind nicht deshalb langweilig, weil ein böser Investor sich denkt "da bau ich doch mal was extra-Langweiliges hin" und weil ein blöder WE-Pendler denkt "mir doch wurscht, nimm mein Geld und gib mir was extra-Häßliches", sondern der Grund ist einfach, dass es *genau dafür* einen Markt gibt. Einzig der Gesetzgeber hätte Einfluss nehmen können, aber auch nur bis zu einem gewissen Grad, da es bei zu vielen Auflagen keinen Markt mehr gibt.

  • ÖPNV als Wundermittel gegen die Gentrifizierung? In Berlin ist der ÖPNV, alleine was die Taktung angeht (von den Preisen ganz zu schweigen) der VGF um Größenordnungen überlegen, und trotzdem haben wir gerade dort Musterbuchbeispiele von Gentrifizierung. Daran liegt es sicher nicht.

  • Berlin ist wegen seiner bisherigen Insellage ohnehin ein Sonderfall.
    Ein guter ÖPNV ist die Medizin gegen Mietwucher im Innenstadtbereich. Außerdem sorgt er dafür, dass sehr viele Wohlhabende sich im Umland niederlasssen.
    Insofern verhindert er nicht die Gentrifizierung, aber er mildert diese massiv ab.

  • Sorry, aber gebt der City-West, dem Rebstock und dem Europaviertel doch bitte mal 10-20 Jahre um sich zu etablieren. Das Nordend oder Bornheim wurde auch in vielen Ecken serienmäßig von den Baulöwen der Jahrhundertwende hingestellt und man mußte sich dort erst mal kennnenlernen. Die schöne Mischung kam über die Jahre, auch weil die Eigentümer über die Jahrzehnte verschiedene Strategien fuhren und spreizende Renditeerwartungen hatten.


    Ein guter Teil der Erstbewohner in den neuen Vierteln, die oft als Wochenendpendler kamen, bleibt hängen, wird gute Frankfurter Bürgerschaft, kriegt Kinder, einige machen fett Karriere, andere fallen geldmäßig eher zurück -die Durchmischung kommt dann schon von alleine. Und alle freuen sich über im Schnitt bessere Grundrisse und zeitgemäßen Komfort, den TG-Platz sowie andere Annehmlichkeiten. Und verzichten dabei gerne aufs stickige Treppenhaus, das Klo viermal so hoch und lang wie breit, das Reformhaus um die Ecke oder andere Bilderbucheinrichtungen rund um die Eckenheimer und Co.


    Zumeist sind es die Aufstiegsorientierten, weit überdurchschnittlich FDP wählend, die ihre Wunschwohnung auch gerne in den innenstadtnahen Vierteln hätten. Dank der Besitzstandswahrungspolitik für die dort lebende Bevölkerung (aus der hohlen Hand: über 80% in gemieteten Wohnungen?) können sie aber dort ihren Bedarf nicht realisieren und sorgen dann halt dafür, daß die neuen Viertel sich nachhaltig etablieren werden. Man sollte sich daher keine Sorgen über das Schicksal vom Rebstock oder der City-West machen, sondern eher über unsere fast hysterische Art, jede Änderung als Verdrängung der Alteingesessenen zu sehen.