Wünsche und Visionen für Leipzig (aktuell: Elsterbecken)

  • Wünsche und Visionen für Leipzig (aktuell: Elsterbecken)

    Leipzig ist eine der wenigen Großstädte über 500.000 Einwohner, die (leider) an keinem größeren Fluss liegen. In Leipzig gibt es allerdings das Elsterbecken, das, wer es nicht besser weiß, mit einer Länge von 2.650 Metern und einer Breite von 155 Metern wie ein großer Fluss wirkt. Das in erster Linie als Hochwasserschutz künstlich geschaffene Becken befindet sich ca. 1,5 km westlich der Innenstadt und fungiert als Korridor zwischen nördlichem und südlichem Auwald.


    Schon länger bewegt mich das Thema und ich finde - wie so oft in Leipzig - hier liegt viel Potenzial für eine Aufwertung im Sinne der Natur und der Naherholung. Den jetzige Zustand finde ich arg bemitleidenswert. Andere Städte entdecken ihre Flusslandschaften neu, warum nicht auch hier?


    Das Gleiche gilt für den Richard-Wagner-Hain, der sich links und rechts des Elsterbeckens erstreckt. Die Anlage sollte zu Ehren des Komponisten mit einem Denkmal geschaffen werden. Das Projekt zog sich hin, bis die Anlage zur NS-Zeit zwischen 1934 und 1942 weitestgehend, allerdings ohne Denkmal, fertiggestellt wurde. Noch heute existieren die (inzwischen ungepflegten) Blumenterrassen, die (inzwischen leeren) Wasserbecken und die (bezugslos wirkende) Pergola.


    Nahtlos an den Richard-Wagner-Hain folgt westlich die Parkanlage, auf der sich nach Frankfurter Vorbild der ehemalige Palmengarten mit Gesellschaftshaus befand. Das Gelände des Palmengartens wurde aber alsbald wieder verkleinert und mit dem sog. Klinger-Hain der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 1939 sprengte man das Gesellschaftshaus, um das Gelände für die Gutenberg-Reichsausstellung vorzubereiten, zu der es allerdings nicht kam.



    Mein Wunsch (oder Vision) wäre, die Uferbereiche des Elsterbeckens neu zu gestalten und aufzuwerten. Zwischen Zeppelinbrücke und Landauer Brücke schwebt mir eine sehr naturverbundene Gestaltung vor. Zwischen Zeppelinbrücke und dem Palmengartenwehr darf gern geklotzt werden. Am Ostufer könnte so etwas wie der im Bau befindliche Rheinboulevard in Köln entstehen, dahinter Pavillons mit gastronomischer Nutzung sowie Freisitzen. Die Westseite sollte eine Aufwertung der bereits bestehenden Anlage des Richard-Wagner-Hains widerfahren. Ferner sollte auch das Gelände des ehemaligen Palmengartens mit einbezogen werden. Lt.einer Studie der HTWK könnte ein modernes Palmenhaus wieder entstehen.


    Ich denke, ein solches Aufwertungsprojekt dient der Naherholung und würde von der Bevölkerung mit Begeisterung angenommen werden - und Leipzig wäre um eine Attraktion reicher. Es bedarf dazu eigentlich nicht sehr viel Fantasie, da das Grundgerüst für eine solche Maßnahme schon steht.


    Ein paar Fotos dazu:


    Historische Luftaufnahme vom Elsterbecken mit Wehr, Zeppelinbrücke und Landauer Brücke sowie ganz links am Bildrand der Palmengarten mit Gesellschaftshaus. Rechts vom Elsterbecken auf den Frankfurter Wiesen war der Bau von repräsentativen Gebäuden geplant. Heute befindet sich hier die Sporthochschule, das Zentrum für Hochschulsport und die Handelshochschule. Weiter oben entstand später das Zentralstadion.

    Bild gemeinfrei






    Eine aktuelle Luftaufnahme von Kleist kürzlich im Flughafen-Thread gepostet. Das Elsterbecken (wie auch die neue Seenlandschaft südlich von Leipzig) ist deutlich zu erkennen.

    Flughafen Leipzig - Halle by Kleist Berlin
    Bild: Kleist






    Das Palmengartenwehr (oder auch Elsterwehr), zwischen 1913 und 1917 errichtet, bildet die südliche Grenze zum Elsterbecken und wäre aufgrund seiner schönen Architektur ein würdiger Vertreter für die Neugestaltung des Elsterbeckens.
    Bild: Stahlbauer





    Weitere Bilder von mir:


    Elsterbecken von der Zeppelinbrücke nach Norden zur Landauer Brücke. Rechts die Bullen-Schüssel. Im Zuge der für 2018 geplanten Erweiterung des Stadions, wird sicher auch der Gästezugang vom Elsterbecken eine Aufwertung erfahren, was dann evtl. auch der Ufergestaltung zugute kommt.





    Blick von der Zeppelinbrücke nach Süden zum Elsterwehr. Das Elsterbecken wird momentan mal wieder entschlammt. Durch die geringe Fließgeschwindigkeit setzen sich hier die Sedimente ab und das Elsterbecken droht zu verschlammen. Abhilfe soll die Offenlegung der alten Elster bringen, die eine höhere Fließgeschwindigkeit besitzt und die Sedimente am Becken vorbei führen soll.





    Blick auf das östliche Ufer zwischen Zeppelinbrücke und Elsterwehr, dahinter der Sportcampus. Inzwischen ist das hier wahrlich kein Zustand mehr. Ich kann mir eine komplette Neugestaltung wie beim Kölner Rheinboulevard gut vorstellen. Pavillons und Freisitze würden das ganze abrunden.






    Noch ein paar Eindrücke vom Richard-Wagner-Hain westlich des Elsterbeckens mit den Blumenterrassen und der Pergola. Auch hier sollte eine deutliche Aufwertung stattfinden, auch wenn der morbide Charme durchaus reizvoll anmutet.







    Bilder: Cowboy

  • Ich wußte bis vor kurzem gar nicht, daß die Brücke im Zuge der Jahnallee von 4 Brückenhäuschen gesäumt war.


    Weiß denn jemand, was genau in diesen Häuschen drin war, und ob sie theoretisch restaurierbar sind?

  • @dr.zott:
    in den brückenhäuschen wurde früher milch verkauft. ich denke, das würde sich heute nicht mehr lohnen.


    zum gesamten areal richard-wagner-hain, palmengarten, dahlienterrasse:


    meines erachtens gehört es zu den vorzügen der seinerzeit gescheiterten olympia-bewerbung, dass dieses gebiet bislang nicht überplant und umgestaltet wurde. selbst in seinem heutigen, ziemlich verwahrlosten zustand lässt sich noch viel vom friedlich-freundlich-kultivierten flair der parkumgestaltung in den 50ern erahnen.
    (der name "zierlich-manierlich" des allsommerlichen bauwagen-kiosks auf dem gelände bringt den eigentlichen charme der parkanlage genau auf den punkt.)


    ich finde es gut und richtig, wenn barockgärten oder englische parks erhalten oder rekonstruiert werden. genau das wäre auch mein wunsch für diese parklandschaft aus den 50ern. zumal nur sie perfekt zum angrenzenden ensemble der dhfk-bauten passt.


    all die beete und bänke, pergolas, wasserbecken und geländer lassen sich sanieren, ohne jegliche eingriffe vornehmen zu müssen. irgendwelche neubauten hätten hingegen zwangsläufig den bau von asphaltierten zufahrts- und rettungswegen zur folge.


    zusammengefasst und auf lange sich betrachtet: wenn es gelingt, diese parkanlage zu sanieren und zu bewahren, wäre meines erachtens - sowohl in bezug auf attraktiviät als auch originalität - mehr gewonnen, als wenn man eine weitere der heute (!) modischen betontreppen ins wasser schaffen würde.


    (man bedenke dabei die erfahrungen beim mendelssohn-ufer: dort liegen die leute letztlich auch lieber auf der grünen wiese rum, als sich auf die betonstufen zu setzen. ich finde das verständlich. man sitzt ja auch lieber auf dem balkon, als auf der bordsteinkante...)

  • ^ Balkon vs. Bordsteinkante: Mal wieder einer der berühmt-berüchtigten Tinitus-Vergleiche :lach:



    Zitat von dj tinitus

    genau das wäre auch mein wunsch für diese parklandschaft aus den 50ern. zumal nur sie perfekt zum angrenzenden ensemble der dhfk-bauten passt.


    Die Parkanlage wurde tatsächlich schon 1942 fertiggestellt. Hier mal eine Luftaufnahme von 1940, die oben (Nr. 1) den Denkmalsplatz für das später wieder verworfene Richard-Wagner-Denkmal zeigt. Der Platz befand sich auf der Ostseite im nördlichen Bereich zwischen Zeppelinbrücke und Palmengartenwehr. Eine weitere historische Aufnahme der Gartenhalle, ebenfalls auf 1940 datiert. Hier stehen noch das Fundament und die Säulen, siehe Vergleichsbilder von Rundling.


    In den 50er-Jahren wurden lediglich Teile der Parkanlage sowie das Fundament für das Wagner-Denkmal wieder beseitigt. Vermutlich betraf das jene Teile, auf denen die DHfK-Gebäude errichtet worden sind. Die Uferbereiche des Richard-Wagner-Hains wurden zudem unter Denkmalschutz gestellt, weshalb so eine Art Rheinboulevard für das Ostufer wohl auch nicht so ohne weiteres genehmigungsfähig wäre. Dennoch braucht es hier eine Initialzündung, nicht nur um die zunehmende Verwahrlosung in den Griff zu bekommen, sondern um mit neuen Ideen ein Aushängeschild zu schaffen.


    Bis in den 1990er-Jahre wurde das Areal noch gepflegt. Lt. Richard-Wagner-Verband sprudelte 2004 zum letzten Mal der Springbrunnen im sog. Brunnengarten: Heute siehe Vergleich.

  • Ich wußte bis vor kurzem gar nicht, daß die Brücke im Zuge der Jahnallee von 4 Brückenhäuschen gesäumt war.
    Weiß denn jemand, was genau in diesen Häuschen drin war, und ob sie theoretisch restaurierbar sind?

    In den 4 Häuschen befanden sich eine Toilette, eine Unterkunft für Bauarbeiter sowie jeweils eine Verkaufsstelle für Milchprodukte und für Blumen.
    Eine Rekonstruktion wäre sicher möglich, aber wohl nur sinnvoll, wenn die Brücke insgesamt wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt wird.



    Ich kann mir eine komplette Neugestaltung wie beim Kölner Rheinboulevard gut vorstellen. Pavillons und Freisitze würden das ganze abrunden.

    Hmm... Zwischen Wehr und Zeppelinbrücke würde ich es bevorzugen, wenn die vorhandenen Anlagen saniert und ergänzt werden. DHfK und Parkanlagen passen auch stilistisch ganz gut zusammen...



    Im Bereich bis zur Landauer Brücke könnte ich mir dagegen eher eine Neugestaltung vorstellen, wobei es letztlich davon abhängt, was konkret geplant wird.


    Zur Not kann man aber auch hier auf bereits bestehende Pläne zurückgreifen:



    größer
    Eine Idee von William Lossow und Max Hans Kühne aus Dresden (Motto GROSS-LEIPZIG :D )



    größer
    Von Stadtbauinspektor Paul Wolf aus Schöneberg.

  • Die Zeppelinbrücke ist baulich sehr angegriffen. Zum Umbau der Stadtbahn 2005 wurde vorsorglich jede "Berührung" der Brückenkonstruktion vermieden (Stadionseite), was dazu führt, dass von der Angerbrücke bis Haltestelle Sportforum noch der alte enge Gleismittenabstand von 2,56 m (statt 2,80m bzw. 3,10m auf Brücken) besteht. (gleichermaßen neben dem Völkerschlachtdenkmal, als letzte Engstellen der Linie 15, die weitere neben dem Alten Johannisfriedhof wird ab Frühjahr beseitigt)


    Insgesamt sind Gehbahnen zu schmal, Straße zu schmal, Radwege fehlen. Eine sanierte Brücke müsste konsequenterweise den nebenliegenden Querschnitt aufgreifen. Was denkmalpflegerisch eine Diskussion nach sich zieht.

  • Ich ordne es einfach mal in diesen uralten Thread ein: Nach langem Hin und Her und dreijähriger Verzögerung ist am Montag endlich Arnold Bartetzkys Sammelband

    "Das ungebaute Leipzig. Projekte, Visionen, Luftschlösser" im Lehmstedt-Verlag erschienen: https://www.lehmstedt.de/bartetzky_das_ungebaute_leipzig.htm


    Beleuchtet werden - Überraschung - unrealisiert gebliebene Bauprojekte Leipzigs vom 17. Jahrhundert bis heute.