Auf den Spuren ehemaliger Dresdner Straßenbahnstrecken

  • Auf den Spuren ehemaliger Dresdner Straßenbahnstrecken

    Vom einst dichten und engmaschigen Dresdner Straßenbahnnetz ist nach Kriegszerstörungen und Stilllegungen in den Nachkriegsjahrzehnten heute nur noch ein Torso übrig geblieben. Die Spurensuche gestaltet sich durch fortschreitende Baumaßnahmen von Jahr zu Jahr schwieriger. Ich habe daher bereits vor geraumer Zeit begonnen, ehemalige Strecken und deren sichtbare Überreste fotografisch zu dokumentieren.


  • Durch die Forststraße zur Grenadierkaserne

    Beginnen möchte ich unweit meiner Wohnstatt mit der ehemaligen Strecke über die Forststraße zur Grenadierkaserne auf der heutigen Stauffenbergallee.


    Eröffnet wurde die eingleisige Strecke als Pferdebahn von der Deutschen Straßenbahn-Gesellschaft in Dresden („Rote“ Gesellschaft) 1892 mit Endpunkt in der Jägerstraße. 1896 ermöglichte die Einführung des elektrischen Betriebes die Bewältigung der Endsteigung auf der Marienallee und die Verlängerung bis zur Grenadierkaserne auf der Carola-Allee, 1905 erhielt diese Linie die Liniennummer 5 und wurde 1922 durch die Linie 9 abgelöst, die die Strecke bis zur kriegsbedingten Einstellung 1945 befuhr, zuletzt auch mit Kleinen Hechtwagen. Die Grafik zeigt den Stand von 1929, an den Haltestellenlagen sollte sich bis 1945 nichts mehr ändern.



    Schrittweise wurde die Strecke wieder nutzbar gemacht und konnte ab Oktober 1945 teilweise von der Linie 2 befahren werden, der Endpunkt befand sich an der Haltestelle Bischofsweg.



    1947 wurde die frisch instand gesetzte und ursprünglich zur vollständigen Wiederinbetriebnahme vorgesehene Strecke stillgelegt und die Gleise zur Reparatur wichtigerer Hauptstrecken ausgebaut. Nur der Anschluss an die Bautzner Straße verblieb noch einige Jahre, hier zeugt noch immer ein Gleisrest von der einstigen Bergstrecke durch das Preußische Viertel.



    Einmündung der Forst- an der Bautzner Straße mit dem letzten Gleisrest, Blick nordwärts:




    Blick zurück zur Bautzner Straße:




    Zwischen Bautzner Straße und Bischofsweg. Die nachkriegstypisch etwas wilde Pflasterung der Forststraße lässt die originale Gleislage erahnen.




    Im Bereich der ehemaligen Haltestelle Bischofsweg befand sich zum Aufnahmezeitpunkt (2013) eine Baustelle. Hier endete zwischen 1945 und 1947 die Linie 2.




    Kurz nach der Haltestelle Bischofsweg wurde nur die ehemalige Lage der eingleisigen Strecke ausgepflastert.




    Gleisverlauf im Kreuzungsbereich mit der Nordstraße:




    Wir nähern uns der Haltestelle Jägerstraße. Im Pflaster zeichnet sich der Beginn der Ausweiche ab:




    Doppelter Gleisbogen der Ausweiche beim Übergang von der Forststraße in die Marienallee; rechts bog zwischen 1892 und 1896 das Pferdebahngleis in die Jägerstraße ab, wo sich der Endpunkt in der Horizontalen befand.




    Blick aus der Marienallee talwärts, die bergseitige Ausfahrt der Ausweiche ist deutlich im Pflaster erkennbar.




    Entlang des Von-Fletcherschen Lehrerseminars, aus dessen Ruine die heutige Waldorfschule entstand, befand sich die Trasse bergseitig in linker Randlage, sichtbar an der recht wilden dunkleren Pflasterung.




    Kurz vor der Stauffenbergallee (hier einst Carola-Allee) endet die Pflasterung, die in der Kurve gelegene Ausweiche der Haltestelle Marienallee begann in etwa in Höhe der Asphaltierung.




    Einmündung in die Stauffenbergallee. Links die Stützmauer der ehemaligen Kaserne des Grenadier-Regimentes 100...




    ...an der Ecke zur Marienallee befand sich einst eine massive Wartehalle, die den Fußweg fast komplett einnahm. Hiervon verfüge ich über Bilder, die ich aber aus rechtlichen Gründen hier nicht zeigen kann.




    Unmittelbar vor der Wache auf der Carola-Allee befand sich der Endpunkt, der ursprünglich nur aus zwei Stumpfgleisen bestand. Bis zur Sanierung der Stauffenbergallee ließen sich im Pflaster noch Spuren finden, dafür war ich aber leider schon zu spät.




    Fast die gleiche Perspektive auf einer Postkarte aus der Anfangszeit der Bahn mit der Kaserne des Regimentes 101 im Hintergrund, die heute das Regierungspräsidium Dresden beherbergt.


  • Rund um den Block in der Antonstadt

    Mit der Verlängerung der Pferdebahnlinie Reichenbachstraße - Bautzner Straße, der späteren Linie 5, zum Alaunplatz am 12. Juni 1887 wurde eine große Blockumfahrung durch die damals schon eng bebaute und dicht besiedelte Antonstadt in Betrieb genommen, die anfänglich noch im Uhrzeigersinn befahren wurde. Aus der Markgrafenstraße, der heutigen Rothenburger Straße, kommende Wagen nebst Pferden befuhren in Richtung Alaunplatz zunächst die Görlitzer Straße, bogen am Alaunplatz in den Bischofsweg ab, wo sich auch der Endpunkt befand , und kehrten über die Kamenzer und Louisenstraße in die Stadt zurück.


    Kurz vor der Elektrifizierung der Linie 1896 wurde der Richtungssinn getauscht, die Louisen- und Kamenzer Straße wurden nun landwärts befahren. So blieb es bis zum Ende. Bereits 1900 erfolgte dann die Verlängerung der Strecke über den Bischofsweg bis zur Hechtstraße, womit die Blockumfahrung ihren Charakter als klassische Gleisschleife verlor.


    Nach der kriegsbedingten Einstellung der Linien 5 und 14 und der Strecken durch die Antonstadt am 13. Februar 1945 wurde der Betrieb erst mehr als zwei Jahre später wieder aufgenommen, diesmal durch die Linien 4 und 13. Letztere sollte mit einer kurzen Unterbrechung bis heute hier verbleiben, zeitweilig unterstützt durch eine neue Linie 5 (1948-69) und die Linie 16 (1976-1992).




    Situation der Strecken um den Alaunplatz; man beachte die veränderte Lage der Haltestellen ab Mitte der zwanziger Jahre


    Am 15. Dezember 1948 musste der Verkehr auf dem landwärtigen Gleis im Zuge der Louisenstraße, Kamenzer Straße und einem Teil des Bischofsweges aufgegeben werden. Zu diesem Zeitpunkt wurden zahlreiche nicht unbedingte benötigte Streckenabschnitte stillgelegt und ausgebaut, um mit dem Material das Kernnetz notdürftig am Laufen zu halten. Seitdem dient das ehemals stadtwärtige Gleis durch die Görlitzer Straße beiden Richtungen. Vom ehemaligen Block blieb lediglich ein Gleisdreieck am Alaunplatz (Platz der Thälmann-Pioniere) bestehen, das bei Bauarbeiten als Zwischenendpunkt diente und erst 1998 aufgegeben wurde. Wir folgen den ehemaligen landwärtigen Gleisen in Verkehrsrichtung. Die Bilder entstanden 2014, an der Situation hat sich aber bislang noch nichts geändert.



    Am Versatz der Rothenburger und der Görlitzer Straße, heute liebevoll als "Assi-Eck" oder "Bermudadreieck" bezeichnet, beginnt heute der eingleisige Streckenabschnitt. Landwärtige Züge bogen einst scharf rechts in die Louisenstraße ab.




    Deutlich zeichnet sich im Pflaster der Rothenburger Straße der ehemalige Gleisbogen ab,...




    ...der sich anschließend in die Louisenstraße schlängelt.




    Ein unübersehbarer Grobpflasterstreifen in der Mitte der Louisenstraße - der einstige Gleiskörper.






    An der in den zwanziger Jahren aufgelassenen Haltestelle Martin-Luther-Straße/Kamenzer Straße. Das Gleis schwenkt nach rechts, um den engen Bogen in die Kamenzer Straße vollführen zu können. Wäre interessant zu erforschen, wie man das mit dem heutigen Fahrzeugmaterial hätte bewältigen wollen...




    Blick in die Gegenrichtung, links mündet die Martin-Luther-Straße ein. Die alte Pflasterung in der Kamenzer Straße fiel leider der Sanierung vor wenigen Jahren zum Opfer.




    Bevor wir die Kamenzer Straße durcheilen, werfen wir noch einen Blick auf die Hausfassaden der Louisenstraße. Auch wenn physisch keine Oberleitungsrosette mehr aufzufinden ist, deren Spuren zeigen sich dennoch bei genauer Betrachtung hier und da...






    In der Kamenzer Straße, auf "freier Strecke". Im Bereich des ollen Asphaltstreifens verlief das Gleis in Mittellage.




    Bereich der seit den zwanziger Jahren eingerichteten Haltestelle Sebnitzer Straße, je nach Quelle und Jahr auch als Sebnitzer/Schönfelder Straße oder nur Schönfelder Straße bezeichnet:



    Das letzte unsanierte Haus der Straße offenbart eine ehemalige Oberleitungsaufhängung, allerdings auch ohne Rosette:




    Wir haben die nächste 90-Grad-Kurve erreicht und blicken vom Bischofsweg zurück in die Kamenzer Straße.




    Uns interessiert nicht die schäbige Fassade des Eckhauses in schönstem Russenkasernen-Blaugrau und auch nicht die La-Cubana-Werbung, sondern die verdächtig herausragenden Bolzen...




    Um die Ecke auf dem Bischofsweg, die Anfang der 20er Jahre aufgelassene Haltestelle Sebnitzer Straße/Bischofsweg:




    Auf dem Bischofsweg mit seinen prächtigen Häusern. Auch hier verlief das Gleis in Mittellage. Rechts ein Oberleitungsmast neueren Datums,...




    ...dieser diente der Oberleitungsaufhängung des in der Mitte des Bischofsweges bis etwa 2000 (genutzt bis 1998) befindlichen Gleisstumpfs der ehemaligen Blockumfahrung, der als Wendedreieck genutzt werden konnte, ...




    ...wovon auch noch eine Oberleitungsrosette an der Hauswand zeugt.




    Es grüßt der Gleisbogen aus der bzw. in die Görlitzer Straße, im Hintergrund die Haltestelle Alaunplatz.




    Blick in die Görlitzer Straße, in Richtung Stadt. Beim barrierefreien Ausbau der Haltestelle wurde auch die Kurve nebst Weiche in der Görlitzer Straße aufgeweitet. Der Originalzustand verhinderte erfolgreich bis in die 2000er Jahre den Einsatz von Niederflurwagen auf der Linie 13. Leider entfiel dabei der Gleisbogen nach links in den Bischofsweg und damit das Gleisdreieck, das bei vielen Umleitungen oder Sonderfahrten zum Pieschener Hafenfest nützliche Dienste geleistet hatte...




    Das war der kleine Rundgang durch die Antonstädter Blockumfahrung. Die Görlitzer Straße schenke ich mir an dieser Stelle, sie fällt ja gottseidank auch nicht unter die Rubrik "ehemalige Straßenbahnstrecken".

  • Zur Hechtstraße und zum St.-Pauli-Friedhof

    Wenden wir uns im nächsten Teil unserer Nahverkehrs-Exkursion wieder der Linie 5 zu.


    Diese (zunächst noch ohne Nummer) erfuhr am 2. September 1900 eine bedeutende Erweiterung. Ab sofort kehrten die gelben Wägelchen nicht mehr in der Neustädter Blockumfahrung, sondern setzten ihren Weg vom Alaunplatz über den Bischofsweg fort. Dabei hielten sie bis nach dem Ersten Weltkrieg noch an der Förstereistraße, um nach kurzem Anruckeln die heutige Haltestelle Bischofsweg (damals Königsbrücker Straße) zu erreichen, wo sie die schon bestehende Strecke der späteren Linie 7 zum Arsenal kreuzte, bevor sie durch die Brücken der Schlesischen Bahn zunächst den Bischofsplatz erreichte.



    Man sieht die abbiegende Strecke, die Häuser zwischen Hechtstraße und Oppellstraße (heute Rudolf-Leonhard-Straße) fielen der Zerstörung anheim.


    Am Bischofsplatz machte die Trasse dann einen scharfen Rechtsschwung und bog vor dem Bahndamm der Leipziger Bahn in die Hechtstraße ein.


    Doppelgleisig ging es die Hechtstraße hinauf bis zur Kreuzung mit der Buchenstraße, hinter der sich die Kuppelendstrelle auf der damaligen Friedhofstraße befand. Dabei sollte es bis 1926 bleiben.





    Wir begehen die ehemalige Strecke. Vor dem Erreichen des Bischofsplatzes durchquert die Straßenbahn noch heute die imposante Brückenanlage der Schlesischen Bahn.




    Einmündung der ehemaligen Strecke zur Hechtstraße am Bischofsplatz, an der Baustelle des neuen S-Bahn-Haltepunktes. Ursprünglich bog die Bahn hier nur ab, die noch heute bestehende Strecke der Linie 13 über die Fritz-Reuter- und Bürgerstraße nach Mickten entstand erst 1926.




    Blick aus der Hechtstraße zurück in die Baustelle, gut erkennbar der ausgepflasterte ehemalige Gleiskörper.




    Blick die Hechtstraße hinauf. Die Straße wurde vor wenigen Jahren saniert, wobei auch die Spuren unserer Strecke verschwanden.




    Die Kreuzung mit der Fichtenstraße, hier befand sich bis zur Streckenstilllegung nach den Angriffen des 13. Februar 1945 die gleichnamige Haltestelle.




    Kurz hinter der Fichtenstraße ändert sich die Szenerie. Die Bebauung der mittleren Hechtstraße fiel fast vollständig den Bombardements zum Opfer, ein Grund, warum die Strecke trotz ursprünglicher Pläne nach 1945 nie wieder in Betrieb genommen wurde. Heute dominiert hier schmucklose 50er-Jahre-Bebauung. An der ehemaligen Windmühlenstraße, heute Seitenstraße, befand sich bis nach dem Ersten Weltkrieg eine Haltestelle.




    Wir nähern uns dem einstigen oberen Ende der Hechtstraße. Nach der Kreuzung führte sie ursprünglich als Friedhofsstraße weiter (da zum St.-Pauli-Friedhof führend), erst seit Ende der zwanziger Jahre heißt auch dieser Teil Hechtstraße.


    Wir befinden uns im Bereich der Haltestelle Buchenstraße.




    Blick zurück in Richtung Bischofsplatz:




    Bei genauerer Betrachtung des Eckhauses Buchen-/Hechtstraße...




    ...fallen zwei ´mutmaßliche ehemalige Oberleitungshaken ins Auge.




    Beginn der einstigen Friedhofstraße, hier befand sich ab 1900 der Endpunkt Hechtstraße.




    Im Bereich der heutigen Bushaltestelle Buchenstraße befand sich die Kuppelendstelle.




    Blick vom Streckenende zur Buchenstraße:




    Ab Mitte der zwanziger Jahre wuchs entlang der Friedhofstraße eine ausgedehnte genossenschaftliche Siedlung aus dem Boden, die eine Verlängerung der Straßenbahnstrecke sinnvoll erscheinen ließ. In moderner Form entstand neben der zur erweiterten Hechtstraße ausgebauten Friedhofstraße ein eigener Bahnkörper, nunmehr jedoch nur eingleisig. Der neue Endpunkt wurde unmittelbar am östlichen Tor des St.-Pauli-Friedhofes angelegt und erhielt, ebenso wie der bereits vorhandene westliche Endpunkt der ehemals "roten" 12, dessen Namen. Der Verwirrung der Fahrgäste wurde erst mit der kriegsbedingten Einstellung der Strecke über die Hechtstraße ein zwangsweises Ende gesetzt. Über zehn Jahre mussten die Bewohner des "Oberen Hechts" dann warten, bis sie zumindest in gummibereifter Form wieder mit einem Nahverkehrsmittel angedient wurden. Aus der Omnibuslinie B wurde die 71, dann die 71/91, später nur noch 91, und seit 2009 die 64.




    Unmittelbar an das ehemalige Streckenende schloss ab 1926 der eigene Bahnkörper der Verlängerung an. Der Schwenk von der Straße auf den heutigen Grünstreifen ist noch immer gut nachvollziehbar.




    Die reizvolle Streckenführung zog sich entlang des Hanges des heutigen Hechtparks. Der noch vorhandene Bahnkörper ist heute ein gepflegter Grünstreifen.




    Aus den Wagen auf der am Hang entlangführenden Strecke hatte man einen schönen Blick auf Pieschen und die Leipziger Vorstadt.




    Die einzige Zwischenhaltestelle "Bärwalder Straße" besteht seit 1956 wieder als Bushaltestelle. Zum Vergleich ein Postkartenmotiv aus den 20er Jahren, das Punkthaus ward gerade errichtet.





    Das schöne und beispielhaft sanierte Gebäude aus der Nähe:




    Blick zurück auf die Einmündung der Bärwalder Straße:




    Bei der Weiterfahrt passieren wir ohne Halt die Ottendorfer Straße.




    Wir nähern uns dem Endpunkt Sankt-Pauli-Friedhof.




    Das Streckenende. Die Bushaltestelle an historischer Stelle trägt seit deren (Wieder-)Einrichtung im Zuge der Verlängerung der Buslinie B (später 71) von Mickten zum Flughafen 1956 den Namen Oberauer Straße, um Verwechslungen mit der "anderen" Haltestelle St.-Pauli-Friedhof zu vermeiden.


  • Vom St.-Pauli-Friedhof zum Trachenberger Platz

    Im Jahre 1891 eröffnete die als deutsches Konkurrenzunternehmen zur englischen "Tramways Company of Germany Ltd." mit Sitz in London, die übrigens damals auch in Hannover sehr aktiv war, ins Leben gerufene "Deutsche Straßenbahngesellschaft in Dresden" eine Pferdebahnlinie vom Albertplatz zum Wilden Mann mit einem Abzweig zum St.-Pauli-Friedhof an der Barbarastraße, die Bezeichnung Trachenberger Platz tauchte erst 1925 erstmals auf. Im Gegensatz zu den gelben Wagen des English competitor waren die eigenen Vehikel rot lackiert, daher auch die volkstümliche Bezeichnung "rote" Gesellschaft.


    Erst 1900 wurden die Strecken als letzte des damals schon weit gefächerten Dresdner Straßenbahnnetzes elektrifiziert, nachdem 1894/95 Versuche mit einem Gasmotorantrieb gescheitert waren. Die Strecke zum Friedhof erhielt 1904 die Liniennummer 12 und behielt diese bis zur Ablösung durch die 13 im Jahre 1931, der ab 1947 bis zur Stilllegung Ende 1964 die Linie 4 folgte. Heute verkehrt die Buslinie 64 im Verlauf der ehemaligen Straßenbahnstrecke.




    Noch einmal zurück zum Endpunkt der Linie 5 auf der östlichen Seite des St.-Pauli-Friedhofs, den wir nun durchqueren...




    ...um zum anderen Endpunkt gleichen Namens zu gelangen. An diesem finden wir allerdings nur neumodischen Schienenersatzverkehr mithilfe eines polnischen Fabrikats, dessen Gestaltung entfernt an einen Retro-Toaster erinnert.




    Ende der Maxim-Gorki-Straße mit der Lage der ehemaligen Endstelle, Blick Richtung Radeburger Straße.




    Wir bewegen uns auf der Maxim-Gorki-Straße, die bis 1949 Marienhofstraße hieß. Im Gebäude dieses Namens oberhalb der Straßenbahnendstelle befand sich einst ein Heim für schwer erziehbare Kinder, heute eine Gehörlosenschule.
    Entlang der Straße zieht sich die Flurgrenze von Pieschen und Trachenberge.
    Kurz hinter dem Endpunkt wird bereits die Einmündung der Döbelner Straße mit dem markanten Eckhaus erreicht, hier befand sich auch eine in den letzten Jahrzehnten des Betriebes nicht mehr bediente Haltestelle.




    Hier dieselbe Situation um die Jahrhundertwende auf einer alten Postkarte.




    Gegenüber wird ein weiterer Frevel an der historischen Bausubstanz begangen. Stand 17. August 2015.




    Blick zurück zum Endpunkt wenigstens mit einem halbelektrischen Straßenbahn-Ersatz - links die Parkanlage des Marienhofs.




    Im weiteren Verlauf der Marienhofstraße treffen wir auf die imposante 28. Bezirksschule, die noch bis vor einigen Jahren als Mittelschule diente und seit ihrer Sanierung ein Berufsschulzentrum beherbergt.






    Und schon nähern wir uns der Kreuzung mit der Trachenberger Straße.




    Die Ecksituation mit Straßenbahnstrecke auf einer alten Postkarte.




    Blick in die Maxim-Gorki-Straße Richtung St.-Pauli-Friedhof.




    Hier erkennt man den Abdruck einer Wandrosette.




    Trachenberger Straße, Blick zurück zur Maxim-Gorki-Straße. Auch hier ein historischer Vergleich.





    Zur linken erhebt sich der Hauptsitz der Dresdner Verkehrsbetriebe AG, in den 1990er Jahren als Ersatz für das Hochhaus am Albertplatz errichtet.




    Die Betriebsgleise des Betriebshofs Trachenberge sind die letzten Zeugen der alten Strecke. Bis vor wenigen Jahren lag hier noch das originale Doppelgleis.




    Die Rückseite der „alten Halle“ von 1891, geschmückt vom einst am Bushof Blasewitz angebrachten Verkehrsbetriebe-Flügelwappen. Hier befindet sich heute das Straßenbahnmuseum Dresden.




    In der Trachenberger Straße, wir schauen Richtung Trachenberger Platz.




    Straßeneinfahrt der „alten Halle“, auch hier ein Vergleich mit einer Postkarte von ca. 1900.






    An der Kleiststraße befand sich eine Haltestelle, die nach dem Krieg aufgegeben wurde. Ein schönes Beispiel der Straßenbeschilderung der Jahrhundertwende, die heute leider flächendeckend beseitigt wird.




    Das nach dem Krieg errichtete schlichte Einsatzleitergebäude des Straßenbahnhofes Trachenberger Straße, seit den 70er Jahren vereinfacht als Trachenberge bekannt, obwohl auf Pieschener Flur befindlich.




    An der einstigen Haltestelle Barbarastraße, seit 1925 Trachenberger Platz, liegt der Abzweig der Friedhofsstrecke, der heute nur noch der Anbindung des Straßenbahn-Betriebshofes dient.




    Wir beenden die Begehung mit einem um 1900 entstandenen Vergleichsbild, das einen typischen Zug der „roten“ Gesellschaft vom St.-Pauli-Friedhof kommend zeigt.


  • In der Inneren Neustadt (Teil I)

    Die Innere Neustadt, also das Gebiet zwischen Antonstraße, Bautzner Straße, Glacisstraße und Elbe, wird heute bis auf die Nord-Süd-Magistrale der Albertstraße von der Straßenbahn nur noch tangiert. Das einst hier vorhandene dichte Netz mit Strecken über Glacisstraße, Albertstraße, Hauptstraße, Heinrichstraße und Hainstraße ist somit nahezu vollständig verschwunden. Grund genug für eine Vor-Ort-Begehung.




    Der Ausschnitt aus dem Liniennetz von 1911 zeigt die einstige Dichte der rechtselbischen innerstädtischen Straßenbahnstrecken. Noch existiert der Innenring mit der Linie 4. Verschwunden ist bereits die der Konkurrenzsituation geschuldete Strecke durch die Melanchthon- und Carlstraße (heute Lessingstraße) in der südöstlichen Antonstadt.




    Wenig geändert hat sich bis 1929. Einige Haltestellen sind zwecks Erhöhung der Reisegeschwindigkeit verschwunden, Linien wurden mehrfach zurechtrationalisiert, noch beglückt die Linie 11 die ein Jahr später stillgelegte Hainstraße, und neben den Straßenbahnen befahren auch einige Linien des jungen Stadtbusnetzes der Städtischen Straßenbahn die Hauptstraße.



    Wir beginnen unseren Rundgang am Albertplatz, wo bis 1945 und wieder seit 1971 die Straßenbahn halblinks in die Albertstraße abbiegt. Die geradeaus führenden Gleise in die Hauptstraße sind seit 1974 Geschichte.




    Das war nun wirklich purer Zufall: Am Albertplatz kam mir der historische LOWA-Dreiwagenzug entgegen. Die Linie 15 wird bei unserer Begegnung noch eine gewichtige Rolle spielen.




    Der breite Mittelstreifen der Hauptstraße, an dessen Ende der Goldene Reiter in der Sonne glänzt.




    Spätsommerliche Idylle in der Hauptstraße, zu erkennen der Kopfbau der Neustädter Markthalle,...




    ...die 1899 eröffnet wurde und heute ein kleines Einkaufszentrum beherbergt.




    Die Strecke durch die Hauptstraße folgte den Fahrbahnen links und rechts Mittelstreifens mit getrennten Richtungsgleisen. Daher war eine Hausaufhängung der Oberleitung nicht möglich, und es wurden stattdessen sehr dekorative Oberleitungsmasten aufgestellt. In der Nähe der Dreikönigskirche haben drei Exemplare überlebt und zeugen noch heute davon, dass durch die heutige Fußgängerzone von 1881 bis 1974 die Straßenbahn fuhr. Stadtwärts gesehen:




    Und gegenüber Richtung Albertplatz mit der Markthalle im Hintergrund:




    Markthalle an der Ecke Ritterstraße. Hier befand sich bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges eine Straßenbahnhaltestelle. Nach dem Krieg wurde die Straße der Befreiung zwischen Neustädter Markt und Platz der Einheit ohne Halt durchfahren, womit wir auch das Namensgebungs-Kuddelmuddel abgearbeitet hätten.




    Während die östliche Straßenseite und das gesamte Hinterland zerstört wurden und heute von sanierten Plattenbauten dominiert wird, ist die barocke Bebauung zwischen der Dreikönigskirche und dem Obergraben erhalten geblieben und wurde in die Ende der 1970er Jahre erfolgte Umgestaltung der damaligen Straße der Befreiung in eine Fußgängerzone einbezogen.




    ´Stellvertretend die Hauptstraße 19 von 1716 mit Durchgang zum Societätstheater:




    Schmuckuhr an der Ecke zum nicht mehr vorhandenen Niedergraben:




    Blick in den Obergraben:




    Zwischen den Platanen der Hauptstraße erscheinen der von Töpferbuden belagerte Goldene Reiter und das Blockhaus im Hintergrund.




    Barocke Schmuckvase im Mittelstreifen:




    Heute viel Begängnis auf dem Neustädter Markt:




    Blockhaus und Augustusbrücke: Bis 1974 führten die Gleise um den Goldenen Reiter herum und weiter geradeaus aus der Hauptstraße auf die Brücke. Die heutige querende Straßenbahntrasse im Zuge der Großen Meißner Straße wurde erst 1977 eröffnet und ersetzt die alte Streckenführung durch Haupt- und Heinrichstraße. Schon zu Pferdebahnzeiten bis zur Stilllegung 1974 existierte auf dem Neustädter Markt eine aus Richtung Albertplatz befahrbare Gleisschleife mit sehr engem Radius, die die beiden Richtungsgleise miteinander verband.




    Wegen des Markttreibens konnte der vergoldete August und dessen Pferd nur von hinten abgelichtet werden.




    Kommen wir wieder zu unserem LOWA-Zug vom Albertplatz zurück. Die Nummer 15 erhielt die einstige "gelbe" Pferdebahnlinie vom Postplatz nach Pieschen, dann bis Mickten mit Einführung der Liniennummern der damals noch privaten Bahngesellschaften im Jahre 1904. Die später mehrfach verlängerte Linie war eine Konstante im Dresdner Straßenbahnnetz bis zum Jahre 1969, als sie im Zuge einer umfassenden Linienreform ihre eins verlor und zur 5 mutierte. Ich besitze ein Seitenschild der Linie 15 von 1967, bei dem der ursprüngliche Streckenverlauf durch die Neustadt noch nachzuvollziehen ist und das in genau jenen LOWA-Zügen, mit denen die 15 in der Regel typenrein betrieben wurde, im Fenster baumelte.




    Am Neustädter Markt werden Anschlüsse zu den Linien 6, 7 und 8 ausgewiesen - diese durchquerten die Straße der Befreiung bis zum Platz der Einheit vollständig und führten weiter in den Dresdner Norden zum Industriegelände und wie heute noch nach Hellerau und Weixdorf. Der Palaisplatz heißt noch Karl-Marx-Platz. Um zu diesem zu gelangen mussten die 15 und die sie nach Radebeul begleitende 14 aus der Hauptstraße scharf nach links abbiegen und die enge Rosa-Luxemburg-Straße (jetzt wieder Heinrichstraße) passieren. Schon wieder dieser Namenskuddelmuddel...



    Wir blicken noch einmal durch die Platanen der Hauptstraße und erahnen in der Ferne den Albertplatz:




    In Teil II widmen wir uns der Heinrichstraße, dem Palaisplatz und der Hainstraße.

  • In der Inneren Neustadt (Teil II)

    Und da sind wir schon in der Heinrichstraße und blicken Richtung Palaisplatz.




    An der Kreuzung mit der Rähnitzgasse verfällt das "Stadt Leipzig" weiterhin vor sich hin. Welch ein Jammer!




    Die Gebäudesicherung verhinderte bislang nicht nur das völlige Zusammenfallen der "Stadt-Leipzig"-Reste, sondern dankenswerterweise auch die Sanierung eines kurzen Stücks der Heinrichstraße, so dass sich hier noch die letzten Gleisreste mit DDR-typischer Betonplatteneindeckung zeigen. Vor wenigen Jahren noch war das Doppelgleis in der Heinrichstraße in voller Länge sichtbar.




    Wir blicken die Heinrichstraße zurück Richtung Hauptstraße. Sollte eine Wiederverdichtung der westlichen Neustadt mit Rückbau der Verkehrsschneise der Großen Meißner Straße irgendwann einmal in historischer Form erfolgen wäre dies der einzige Weg, den die Straßenbahn Richtung Neustädter Markt nehmen könnte.




    Et voilà la Place du Palais, wahlweise auch Kaiser-Wilhelm-Platz, Wilhelmplatz, Kaiser-Wilhelm-Platz oder Karl-Marx-Platz.




    Blick zurück. Auf der platzartigen Erweiterung der Einmündung der Heinrichstraße verzweigten sich einst die Gleise. Rechts ging es am Brunnen des Palaisplatzes vorbei durch das Weiße Tor zur Leipziger Straße und nach Pieschen und Mickten, links führten Gleise weiter an der Nordseite des Platzes entlang und durch die Hainstraße zum Neustädter Bahnhof.




    Dieselbe Situation auf einer historischen Postkarte:




    Japanisches Palais mit windbedingt schiefer Fontäne, am dazugehörigen Brunnenbecken schlängelte sich bis 1974 rechterhand die Straßenbahn nach Mickten vorbei.




    Blick auf die Haltestelle Palaisplatz mit der 1977 entstandenen neuen Gleistrasse Richtung Neustädter Markt. Die alte Haltestelle befand sich auf dem Platz neben der Einmündung der Königsstraße.




    Wir blicken in die Robert-Blum-Straße, ehemals Kaiserstraße, in Richtung der Bahnbrücken am Beginn der Leipziger Straße. Heute kann man anstelle der 15 die Linie 4 besteigen, um über Pieschen, Mickten, Trachau und Radebeul nach Coswig und weit hinaus nach Weinböhla zu fahren. Die kleinen LOWA-Wagen der Linie 15 hatten von hier aus genau wie ihre niederflurigen Ururenkel heute noch über zwanzig Kilometer bis zum weit entfernten Endpunkt im Meißner Land zurückzulegen.




    Wir springen indes zurück zum Palaisplatz, um noch der bereits Ende 1930 stillgelegten Strecke durch die Hainstraße zum Neustädter Bahnhof einen Besuch abzustatten. Hier sehen wir die Nordseite des Platzes, vor wenigen Jahren lagen hier die seit Jahrzehnten ungenutzten Gleise und tun es eventuell auch noch immer, wie sich gleich zeigen wird.




    Einblicke am Palaisplatz:




    Am Torhaus des Weißen Tores, zu DDR-Zeiten als Standesamt genutzt, tut sich leider ebenfalls nichts, auch wenn dieser Anblick aus den Parkanlagen des Palaisplatzes recht idyllisch wirken mag.




    Wir biegen vom Palaisplatz in die Hainstraße ein,…




    …genau wie die seit über 80 Jahren ungenutzten Straßenbahngleise, die sich durch den darüber gekleckerten Asphalt bohren. Vor wenigen Jahren war die Strecke fast komplett vorhanden, was Rückschlüsse auf das frühe Stilllegungsdatum zulässt. Offenbar waren die Gleise so abgefahren, dass man sie selbst in der Notzeit nach dem Krieg nicht ausbaute und wiederverwendete. Es würde mich nicht wundern, wenn sie noch heute vollständig unter dem Asphalt schlummern.




    In der Hainstraße, Höhe Theresienstraße. Hier befand sich eine in den letzten Betriebsjahren nicht mehr bediente Haltestelle.




    Parkanlagen links der von Randbebauung freien Hainstraße, Reminiszenz an die einst hier befindlichen Wallanlagen der „Neuen Königsstadt“.




    Hier befinden sich rechterhand die letzten Reste der Dresdner Akzisemauer, die nach Niederlegung der Festungsanlagen das Einschmuggeln unverzollter Fremdwaren auf das Stadtgebiet verhindern sollte.




    Der Neustädter Bahnhof kommt in Sicht.




    Auf Höhe des ehemaligen Endpunktes der Linie 25, die 1909 der neugeschaffenen Inneren Ringlinie namens (oder besser nummerns) 4 weichen musste. In den letzten 8 Betriebsjahren befuhr dann die Linie 11 die Strecke.




    Wir blicken zurück in die Hainstraße auf den ehemaligen Endpunkt.




    Die historische Postkarte zeigt die Situation vor 1904, denn der Triebwagen der „Gelben“ Gesellschaft trägt noch keine Liniennummer 25, sondern eine rechteckige rot-weiße Kennscheibe. Aufgrund dieses markanten Symbols wurde die Linie Neustädter Bahnhof-Georgplatz volkstümlich auch als „Briefchen-Linie“ bezeichnet. Das Gleis endet noch stumpf, später verband ein nach links in die Antonstraße führender Doppelgleisbogen die Hainstraße mit dem 26er Ring und ermöglichte den durchgängigen Verkehr der Linie 4, später der 11.




    An der Haltestelle Bahnhof Neustadt treffen wir wieder auf die real existierende Öölf in Richtung Bühlau und verabschieden uns fürs Erste.


  • Entlang der Glacisstraße

    Begeben wir uns zum Abschluss der Begehungen in der Neu- und Antonstadt (aka „Innere“ und „Äußere“ Neustadt) in den Bereich der Glacisstraße.


    Die dortige direkte Verbindung zwischen Albertplatz und Albertbrücke wurde von der „Deutschen Straßenbahn-Gesellschaft in Dresden“ (also der „Roten“) 1890 als Pferdebahnstrecke in Betrieb genommen und erlaubte den Wagen der neuen Gesellschaft unter minimaler Mitbenutzung der Gleise der englischen Konkurrenz das Erreichen der Neustädter Bahnhöfe. Da zum damaligen Zeitpunkt nur die Albertbrücke und die alte Augustusbrücke als Elbquerungen zur Verfügung standen und die „Gelbe“ letztere nebst Hauptstraße und Heinrichstraße fest besetzt hielt, musste sich die „Rote“ einen sehr abenteuerlichen Weg aus der Stadt über Elb- und Hasenberg, Terrassenufer, Albertbrücke (hier war die Mitbenutzung der Konkurrenzgleise erlaubt), Glacisstraße und Antonstraße suchen. Damit wurden gleichzeitig die Grundlagen für den späteren Außenring, den „26er Ring“, gelegt.


    Die ebenfalls Ende 1895 eingeführte spätere Linie 26 hat wie keine zweite ihre Spuren im strukturellen Bewusstsein der Stadt hinterlassen. Jeder Dresdner, egal ob originär oder zugezogen, weiß, was mit dem 26er Ring gemeint ist, manchem mag die Assoziation mit der ehemaligen Straßenbahnlinie allerdings nicht bewusst sein.



    Bis Anfang 1948 durchfuhr die ringelnde 26 die Glacisstraße, die nach dem schnellen Wiederaufbau der gesprengten ehemaligen Albertbrücke als „Brücke der Einheit“ schon 1946 wieder in Betrieb gegangen war. Ende desselben Jahres wurde die Strecke schließlich zur Materialgewinnung abgebaut und als Ersatz der heute von der Linie 6 genutzte Abzweig an der Bautzner/Rothenburger Straße eingebaut. Somit weichen die Straßenbahnen heute auf dem Weg vom Albertplatz zur Albertbrücke über die ehemals gelben Strecken aus, während die direktere rote seit fast 70 Jahren Geschichte ist.
    Die Glacisstraße ist somit der einzige Abschnitt des 26er Rings, der heute nicht mehr von Straßenbahnen befahren werden kann.




    Am Albertplatz blicken wir in die Glacisstraße und folgen in Gedanken den Gleisen des alten 26er Ringes.




    Blick zurück auf das frisch renovierte Hochhaus am Albertplatz:




    Beginn der „kleinen“ Bautzner Straße; der ursprüngliche noch erkennbare Straßenverlauf zwischen dem Albertplatz und der Kreuzung Bautzner/Rothenburger Straße wurde später etwas gen Norden verlegt, so dass die Bautzner den Albertplatz heute nördlich tangiert.




    Gegenüber an der Glacisstraße diese hübsche klassizistische Villa:




    Wir blicken zurück zur Bautzner Straße. Die kreuzende Straßenbahn der Linie 6 hätte früher den direkten Weg zur Brücke genommen und hätte den auf der wenig befahrenen Straße stehenden Fotografen frontal auf die Hörner nehmen können.




    An der Glacisstraße hat sich die Bebauung des frühen 19. Jahrhunderts fast vollständig erhalten. Ein schönes Beispiel ist die klassizistische Nummer 36/38.




    Blick gen Albertplatz mit geschlossener klassizistischer Straßenfront:




    Die Terrasse mit Treppenaufgängen des Kleinen Hauses“ des Staatsschauspiels Dresden inmitten der ansonsten geschlossenen Häuserfront:




    Eine sehr bewegte Geschichte hat das „Kleine Haus“: einst Villa, seit dem Saalanbau von 1816 Gaststätte, dann Tanzpalast, Tonhalle, Kirche und schließlich, seit 1945, Theater, da es sich damals um den einzig bespielbaren größeren Saal in der Innenstadt handelte.




    Hinterhofeinblicke von der Terrasse mit der nördlichen Bebauung der Tieckstraße im Hintergrund:




    Blicke von der Terrasse auf die Glacisstraße, zuerst gen Brücke, dann gen Albertplatz. Kaum zu glauben, dass es sich bei der ruhigen Nebenstraße einst um einen vitalen Teil des 26er Ringes handelte, der zu seinen besten Zeiten von bis zu 5 Straßenbahnlinien frequentiert wurde.






    Gründerzeitliche Bebauung an der Einmündung der Tieckstraße sowie ein Blick in dieselbige. Hier befand einst eine Haltestelle.






    Der südliche elbnahe Teil der Straße hat größere Kriegszerstörungen erlitten. Auf der einst geschlossen bebauten östlichen Straßenseite wurde in den 1990er Jahren das „Atrium am Rosengarten“ errichtet, die Villenbebauung der westlichen Seite wurde bislang nur teilweise ersetzt. Ein Beispiel ist das Gebäude des Sächsischen Städte- und Gemeindetags. Bemerkenswert finde ich die Einbeziehung der erhaltenen historischen Grundstückseinfriedung.




    Vorkriegsbebauung am Neustädter Brückenkopf als Vorgänger des „Atriums“. Rechts die Kurfürstenstraße (Hoyerswerdaer Straße), links die Glacisstraße mit Ringbahnwagen.




    Heute präsentiert sich der südliche Eingang in die Glacisstraße in jener wenig einladenden Form:




    Hinter dem imposanten Block des „Atriums“ mündet die Melanchthonstraße ein. Diese wird uns im nächsten Teil etwas näher interessieren.

  • Zickzack durch die Antonstadt

    Bei der Anbindung der neuen „roten“ Strecke zur Jägerstraße im Jahre 1892, die ich im ersten Teil dieser Serie bereits vorgestellt habe, waren die Ingenieure der „Roten“ vor ein mittlerweile bekanntes Problem gestellt: Was tun, wenn alle Hauptstraßen bereits erfolgreich durch die schon länger tätige englische Konkurrenz besetzt sind und eine Benutzung der Feindgleise auf 600 Meter am Stück beschränkt ist? So musste eine selbst nach damaligen Maßstäben nahezu abenteuerlich anmutende Streckenführung über die Nebenstraßen zwischen Elbe und Bautzner Straße erdacht werden:


    Die Wagen der Linie Böhmischer Bahnhof – Jägerstraße nahmen von der Albertbrücke zunächst die bestehende „rote“ Strecke auf der Glacisstraße und bogen bald darauf scharf nach rechts in die enge Melanchthonstraße ab, durchfuhren diese bis zum Ende und kurvten abrupt nach links in die nicht minder schmale Carlstraße, heute Lessingstraße. Am späteren Pferdebrunnen erreichten sie die Bautzner Straße, vollzogen zunächst allerdings erneut einen scharfen Rechtsschwenk in die Holzhofgasse, um dann kurz darauf, nunmehr wieder nach links drehend, über die Löwenstraße zur Bautzner zu gelangen und letztlich doch die Gleise der Konkurrenz bis zur Forststraße zu benutzen. Damit war der Einhaltung der besagten 600 Meter Genüge getan. Allerdings war die Situation wohl doch zu absurd, denn schon Ende 1895 wurde diese äußerst bizarre Linienführung zumindest etwas bereinigt, indem die „Rote“ nun am „Pferdebrunnenplatz“ direkt auf die Bautzner abbiegen durfte und die Gleise in der Holzhofgasse stillgelegt werden konnten. Man kann nur mutmaßen, wie es nach dieser Zickzack-Tortur um das Wohlbefinden der Fahrgäste und des Personals bestellt war, von den armen Zugtieren ganz zu schweigen.



    Situation der Pferdebahnstrecken in der westlichen Antonstadt im Jahr 1893, gelb getönt die Linien der „Gelben“, rot und violett die der „Roten“. Deutlich wird die Absurdität der Nebenstraßenbenutzung.



    Nach der Elektrifizierung 1896 wurde die Linienienführung durch Melanchthon- und Carlstraße zunächst beibehalten. Erst mit der Übernahme der beiden Privatgesellschaften durch die Stadt ergab sich die Möglichkeit einer Streckenbereinigung, die am 4. Juli 1906 erfolgte. Ab nun nahmen die Wagen der Linie 16 den direkteren Weg über Kurfürsten- und Bautzner Straße, ab 1909 über Augustusbrücke, Hauptstraße und Albertplatz.



    Wir haben die Glacisstraße verlassen und blicken in den wenig spektakulären westlichen Teil der Melanchthonstraße; zur Linken ein der Wiederbebauung harrendes Brachgrundstück, rechts das Park-Inn-Hotel im Atrium am Rosengarten.




    Unmittelbar darauf erreichen wir die Kreuzung mit der Hoyerswerdaer Straße, einst Kurfürstenstraße. Die „gelbe“ Strecke wurde hier nur gekreuzt. Heute dient diese auch als Ersatz für den Abschnitt des 26er Rings im Zuge der Glacisstraße, siehe voriger Beitrag. Bebauungsseitig dominieren Nachwende-Neubauten, die das schwer getroffene Gebiet zwischen Elbe und Bautzner Straße heute strukturell wieder schließen.




    Kurzer Schweif nach Norden in die mittlerweile wieder fast vollständig bebaute Hoyerswerdaer Straße. Die Bauampeln stehen im Zusammenhang mit den Arbeiten an der Albertbrücke.




    Ein wie ich finde sehr gelungener postmoderner Lückenbau aus den 1990ern, rechts…




    …grenzt die 1914 bis 1916 erbaute Erlweinsche Knabenberufsschule an, heute Berufliches Schulzentrum für Wirtschaft „Prof. Dr. Zeigner“. Während die unmittelbar anschließende Bebauung den Zerstörungen anheim fiel, überlebte das schöne Schulgebäude fast unversehrt.




    Haupteingangsportal mit vorgelagerter Freitreppe:




    Von dieser bieten sich schöne Einblicke in die Melanchthonstraße und auf die frisch sanierten bzw. errichteten Gebäude des Romain-Rolland-Gymnasiums gegenüber. Hier das Hauptgebäude an der Ecke zur Weintraubenstraße:




    Und ein Blick die Straße hinunter zur Glacisstraße, ganz links der neue Erweiterungsbau des RoRo, mittig-rechts das Park Inn nach der Kreuzung mit der Hoyerswerdaer Straße. Es wird deutlich, mit welcher immensen Bauaktivität dieser völlig perforierte Bereich nahezu abseits der öffentlichen Wahrnehmung in den letzten Jahren wieder strukturell gesundet ist. Ähnliches ist in den kommenden Jahren für weite Teile der inneren Vorstädte auf Altstädter Seite zu erwarten.



    Wir setzen den Weg fort, nicht ohne einen Abstecher in die kreuzende Weintraubenstraße und dem schönen Blick auf das Hauptgebäude des RoRo, 1913 bis 1915 ebenfalls nach Plänen von Hans Erlwein als Städtische Studienanstalt für Mädchen errichtet. Rühren da die vielen Vergoldungen her…?






    Seitenflügel des RoRo zur Melanchthonstraße, dahinter die grellgelbe Fassade der Zeigner-Schule, auf die wir auch noch einen letzten Blick werfen:





    Vor uns kreuzt die Weintraubenstraße, dahinter wurde die totalzerstörte Bebauung durch einfache Putzbauten der 1950er Jahre ersetzt.




    Interessanter für den Spurensucher ist da schon die original erhaltene gepflasterte Straßendecke, die Erstaunliches offenbart: Die seit 109 Jahren verschwundene Straßenbahn hat deutliche Spuren hinterlassen. Der Rand ist noch mit unregelmäßigen Grobsteinen gepflastert, während der alte Gleiskörper sauber ausgelegt wurde, entweder im Rahmen des Gleisbaus oder der Entfernung derselben nach 1906.




    Wir sind an der Ecke zur Carlstraße, heute Lessingstraße, angelangt und schauen zurück, die volle Länge der Melanchthonstraße im Blick.




    Hier drehten die Wagen der späteren Linie 16 in einer sehr scharfen Kurve brüsk 45 Grad nach links, um schnurstracks auf die Bautzner Straße zuzufahren. Blick in die Carl- ähh Lessingstraße gen Norden. Schachtarbeiten in dieser beschleunigten dereinst die Stilllegung der Strecke, die als Relikt des Konkurrenzbetriebes ohnehin unnötig geworden war.




    Auf dem Weg zur Bautzner Straße kommen wir am östlichen Ende der Tieckstraße vorbei, das seit Kurzem durch den links angeschnittenen, wie ich abschließend finde nicht völlig misslungenen Lückenbau geschlossen wird.




    Und da sind wir auch schon an der Bautzner Straße, wo wir nun auf die Gleise der „Gelben“ Richtung Waldschlößchen einbiegen werden… Doch halt!




    Dies war erst ab 1895 möglich, wie auf dieser historischen Aufnahme erkennbar ist. Es sind die Gleise am linken unteren Bildrand, die in die Bautzner Straße führen.




    Von 1892 bis 1995 mussten sich die rot lackierten Pferdewägelchen aus den eingangs genannten Gründen um dieses spitze Eckhaus in die Holzhofgasse winden. Danach konnten sich Anwohner der oberen Bautzner Straße für viele Jahre am abwechslungsreichen Anblick gelber und roter Straßenbahnwagen erfreuen.




    Blick auf das im Bau befindliche Studentenwohnheim, eine sehr gelungene Lückenschließung mit enormer städtebaulicher Tragweite, wie ich finde. Das lässt selbst das Parkhaus-Disaster wenige Meter die Bautzner Straße hinunter zumindest etwas vergessen. Links die Bautzner, seit 1881 und immer noch mit Straßenbahn, rechts die Holzhofgasse, seit 1895 ohne.




    Hier die Situation aus der Ferne in einer historischen Ansicht:




    Der Pferdebrunnen von Paul Polte, 1921 auf Betreiben des Tierschutzvereins errichtet, damit sich die Pferde der Fuhrwerke vor dem schweren Anstieg zum Weißen Hirsch und nach Bühlau noch einmal stärken konnten.




    Wir begehen das letzte, schon 1895 eingestellte Stück der „roten“ Zickzack-Strecke und sind schnell an der Kreuzung mit der Löwenstraße. Vor dem Eckhaus in Bildmitte zogen die Bahnen, wieder einmal, scharf nach links…




    …und belebten dann das kurze Stück der Löwenstraße bis zur Bautzner, die hier in Bildmitte kreuzt.




    An dieser Stelle befand sich dereinst der Gleisbogen, den die roten Wagen auf ihrem Weg von und zur Jägerstraße für lediglich drei Jahre nutzen mussten. Für ihre gelben Kameraden der Waldschlößchen-Linie ging es stets geradeaus, so in würdiger Nachfolge auch noch heute in Form der guten alten Öölf. Am „Café“ Neustadt sehen wir linkerhand die einmündende Pulsnitzer Straße.




    Wir verabschieden uns von den Strecken in der Neu- und Antonstadt mit einem zünftigen Bild des Turmes der Martin-Luther-Kirche, der über den Dächern der Bautzner grüßt.


  • Electrisch von Loschwitz in die Residenz - Teil I

    Die Deutsche Straßenbahngesellschaft in Dresden mag sich zwar bezüglich der noch zur Verfügung stehenden Erschließungsmöglichkeiten einem deutlichen Nachteil gegenüber der gelben Konkurrenz ausgesetzt gesehen haben, in puncto Innovation hatte sie jedoch eindeutig die Nase vorn. Neben den komfortableren Fahrzeugen zeigte sich dies in erster Linie durch die Aufgeschlossenheit gegenüber alternativen Antriebskonzepten – den Gasmotorbetrieb zwischen Albertplatz und Wildem Mann bzw. Sankt-Pauli-Friedhof haben wir ja schon im angesprochen.


    Viel nachhaltiger war da jedoch der am 6.7.1893 zwischen Blasewitz (Schillerplatz) und Schloßplatz eröffnete elektrische Betrieb auf der späteren Linie 18, der ersten elektrischen Straßenbahnstrecke im Königreich Sachsen, die nur wenig später, genauer am 13.7.1893, über die nigelnagelneue Blasewitz-Loschwitzer Elbbrücke zum Körnerplatz geführt werden konnte. Die Gleise über die Brücke mussten mit der „Gelben“ geteilt werden, die sich zu Beginn allerdings noch anachronistisch-animalisch über das verkehrstechnische Wunderwerk bewegen musste, während die roten Wägelchen ohne tierischen Vorspann und mit stolz erhobenem Lyra-Stromabnehmer die hochmoderne Oberleitungsanlage von unten bestreichen konnten und damit wahrscheinlich so manchen Passanten in ungläubiges Staunen versetzten. Es wäre interessant zu erfahren, ob man die ausschließlich männlichen Oberdeck-Passagiere der gelben Pferdebahn-Decksitzwagen vor den Gefahren der unheimlichen Electricität zu warnen pflegte.



    Fahrplan der Eröffnungszeit





    Streckenführung der späteren Linie 18 im Eröffnungsjahr 1893, im Plan violett. Im Gegensatz zu den auf Zuruf haltenden Pferdebahnlinien verfügte die elektrische Bahn von Anfang an über feste Haltepunkte, deren Lage und Benennung sich noch mehrfach ändern sollten. Die der Konkurrenz der beiden Gesellschaften geschuldete dichte, oft parallele Streckenführung beginnt sich herauszukristallisieren.




    Ab 1903 befuhren die Wagen der Schlossplatz-Loschwitz-Linie die Gemeindeverbandsbahn über Wachwitz, Niederpoyritz, Hosterwitz nach Pillnitz. 1985 fiel die zuletzt durch die Linie 4 und bis Loschwitz (Calberlastraße) zusätzlich die 15 befahrene Strecke den Altersallüren des Blauen Wunders zum Opfer, nachdem sie unmittelbar zuvor aufwendig saniert worden war.



    Seit 1903 ging es ab Loschwitz noch weiter bis Pillnitz. Nachdem unsere Linie im jahre 1904 die Nummer 18 verpasst bekam, sollte sich an ihrer Streckenführung bis 1922 nichts Grundlegendes mehr ändern. Dann musste der innerstädtische Endabschnitt über das Terrassenufer inflationsbedingt und aus betriebstechnischen Gründen aufgegeben werden und die Linie 18 wurde nunmehr über die ehedem „gelben“ Parallelstrecken ins Zentrum geführt. Dazu mehr zu gegebener Zeit.



    Der erste Teil der sonntäglichen Begehung widmet sich dem Endabschnitt zwischen Loschwitz und Blasewitz mit Brückenquerung. Entgegen den bisherigen Gepflogenheiten habe ich diesmal am Stadtrand begonnen und mich dann Richtung Innenstadt bewegt. Die Strecke musste zur Gänze begangen werden, da heute bedauerlicherweise kein einziger Abschnitt dieser geschichtsträchtigen und größtenteils sehr malerischen Route mehr in Betrieb ist.



    Die folgende historische Ansicht des Körnerplatzes entstand vor der Inbetriebnahme der Pillnitzer Anschlussstrecke, deren noch nicht angebundene Gleise vorn links erkennbar sind. Die nebeneinander liegenden Endstellen der beiden Gesellschaften mit ihren unterschiedlich lackierten Fahrzeugen ist gut sichtbar.




    Sprung in die Neuzeit: Am Sonntag-Vormittag ist noch nichts von der sonst hier üblichen hektischen Betriebsamkeit zu spüren. Der Platz, in dessen Mitte sich bis 1985 die Straßenbahnhaltestelle befand, zeigt sich ohne den normalerweise äußerst üppigen Verkehr.




    Das „Bräustübl“, einst Ratsausschank, links daneben der Zugang zur Standseilbahn.




    Blick in die Grundstraße. Hier befand sich von 1925 bis 1950 eine großzügige, sich weit den Berg hinauf erstreckende Umsetzanlage, die den Linien 1 (bis zum 13. Februar 1945) und 2 als Endpunkt diente. An der Stelle des unpassenden Ortsamtsgebäudes befand sich bis zum Abriss in den 1990ern der sehr marode Loschwitzer Ratskeller.




    Am Morgen herrscht noch Ruhe bei der 1895 eröffneten Standseilbahn, seit Stilllegung der Straßenbahn über das „Blaue Wunder“ 1985 einziges verbliebenes Schienenverkehrsmittel am Platz, abgesehen vielleicht von der in der Pillnitzer Landstraße beginnenden Schwebeseilbahn. Über der Talstation der Bugberg, die Terrassen des 1945 zerstörten gleichnamigen Hotels sind mittlerweile völlig zugewachsen. Links neben der Station ist die Treppe zum Hotel noch teilweise vorhanden und auf dem Foto zumindest zu erahnen.




    Körnerplatz-Impressionen mit der in den 1890er Jahren im Zusammenhang mit dem Brückenbau entstandenen Gründerzeit-Bebauung:





    Detailaufnahme; an den Häusern finden sich noch zahlreiche Oberleitungsaufhängungen der Straßenbahn und des 1947 bis 1975 hier ebenfalls verkehrenden Obusses der Linie 61.




    Einmündung des Körnerweges, rechts die Schillerstraße, links die Brückenrampe.




    Am Eckhaus zum Körnerweg findet sich diese historische Geschäftsreklame. Manche Eigentümer wissen den geschichtlichen Wert ihrer Immobilie durchaus zu schätzen und bewahren solche Zeitzeugen liebevoll für die Zukunft. Chapeau!




    Ein gelber gummibereifter Ersatzverkehr für unsere rote Linie erreicht aus Pillnitz kommend die Haltestelle Körnerplatz.




    Leider nur als Gegenlichtaufnahme, ermöglicht dieser Blick gen Osten mit der Loschwitzer Kirche im Hintergrund dennoch einen schönen Vergleich mit der nachstehenden um 1900 entstandenen Postkarte:






    Idylle am Loschwitzer Elbhang:




    Zu Beginn lagen die Gleise am jeweiligen Straßenrand, hier die Loschwitzer Zufahrt in Richtung Körnerplatz. Bei der Verbreiterung der Brücke in den 1930er Jahren durch das Anbringen der seitlichen Fußwege wurden sie in die Mitte verlegt.




    Und wir erreichen das 1893 eröffnete und seit 1985 straßenbahnlose grünlich-blaue Wunderwerk, dessen Bau seinerseits ähnlich heftige Kontroversen auslöste wie der Bau der jüngsten Dresdner Elbquerung.




    Von der Brücke bieten sich fantastische Blicke auf den Fluss und die Elbhänge. Hier der momentan geschlossene Luisenhof auf dem Weißen Hirsch…




    …da der Loschwitzer Elbhang mit den drei Elbschlössern.




    Wir erreichen die Brückenmitte. Hinter dem Träger ist das filigrane Brückengeländer erkennbar, das einst die innerhalb der Brückenkonstruktion liegenden Fußwege nebst dort defilierenden Passanten schützte. Durch den Anbau der heutigen außen an der Brücke angebrachten Gehbahnen konnte die Verkehrsfläche deutlich verbreitert werden.




    Fast in Blasewitz, es grüßen die Villa Marie und dahinter das Café Toscana, eine Blasewitzer Institution.




    Blick von der Blasewitzer Brückenrampe zurück zum Blauen Wunder.




    Am Schillerplatz hat sich rechterhand ein Teil der dörflichen Bebauung erhalten, mittig der Schillergarten. Hier befand sich neben der Brückenrampe einst ein „roter“ Zwischenendpunkt.




    Ähnliche Perspektive mit linker Gründerzeitbebauung und besagtem Zwischenendpunkt vor dem Schillergarten.




    Den Schillerplatz ziert mittig ein Verteilerhäuschen aus den Zwanzigern, das wie so zahlreiche Drewag-Anlagen in der ganzen Stadt liebevoll gestaltet wurde. Ein prima Weg, Vandalismus und sinnlosen Schmierereien zumindest etwas Einhalt zu gebieten.




    Und noch ein Einst-Jetzt-Vergleich:


    Links die Hübler-, rechts die Loschwitzer Straße, mittig kreuzt die „gelbe“ von Neugruna kommende und über die Loschwitzer und Blasewitzer Straße in die Stadt führende älteste Dresdner Straßenbahnlinie von 1872, heute befahren durch die Linien 6 und 12. Einst führten die Gleise der „Roten“ von der Brücke weiter in die Hüblerstraße (Linie 2) und rechts neben den „gelben“ Gleisen in die Naumannstraße (Linie 18).




    Die historische Aufnahme (um 1900) zeigt einen stadtwärts zum Schlossplatz fahrenden „roten“ Triebwagen, noch ohne Liniennummer. Links münden die Gleise vom Zwischenendpunkt Schillerplatz ein, die von der Brücke geradeaus führende Strecke in die Hüblerstraße existiert noch nicht. Nach Übernahme der beiden Gesellschaften durch die Stadt 1905 wurden die Gleisanlagen auf dem Schillerplatz stark vereinfacht.




    Auf der Brückenrampe ein dieselbetriebener Nachfolger in Form eines der allgegenwärtigen facegelifteten Citaro G-Viertürers mit stehendem Motor, momentan die am weitesten verbreitete Gelenkbus-Spezies der DVB. Man vergleiche das Fassungsvermögen des 18m-Zuges mit dem des soeben präsentierten Urahns…



    Und wir erfreuen uns noch einmal am Verteilerhäuschen, hinter dem ein zwischen Gründerzeitlern eingezwängter, einst freistehender Überlebender der ursprünglichen dörflichen Bebauung des Blasewitzer Dorfplatzes um Licht und Sonne ringt. Leider ist eine verkehrsfreie Aufnahme selbst am Sonntagvormittag kaum umsetzbar.




    Blick in die bis 1950 mit Straßenbahngleisen versehene Hüblerstraße.




    Geradeaus die Loschwitzer Straße, rechts mündet die Naumannstraße ein. Der mittlerweile in Nachsanierung befindliche 1990er-Jahre-Neubau hat wohltuenderweise die Verklinkerung der umgebenden Gründerzeitler aufgenommen. Nach rechts in die Naumannstraße, einst die Strecke unserer 18, biegen ebenfalls seit 1950 keine Bahnen mehr ab.




    So sah es in der Naumannstraße mit dem Blasewitzer Rathaus nach 1904 aus. Ein „roter“ Triebwagen ist allein auf weiter Flur. Im Vordergrund der gerade fertiggestellte Erweiterungsbau von Karl Emil Scherz…




    …mit Jugendstilinschrift und der „Gustl von Blasewitz“. Schiller lässt grüßen!




    Der 1851 eingeweihte, nach Plänen von Gottfried Semper in neogotischen Formen gestaltete älteste Teil des Rathauses, einst das Blasewitzer Schulhaus.




    Das Rathaus in der Gesamtansicht. Es war gar nicht so einfach, das Bild autofrei hinzubekommen…




    Wir blicken noch einmal zurück zum Schillerplatz. Weiter in Richtung Johannstadt über die villenbestandene Goetheallee, einst Emser Allee, geht es im zweiten Teil.


  • Electrisch von Loschwitz in die Residenz - Teil II

    Wir setzen nun unseren Weg durch das Blasewitzer Villenviertel zwischen Elbe und Waldpark bis zur Stadtgrenze fort. Als die Straßenbahn 1893 die Emser Allee, heute Goetheallee, erstmals in Besitz nahm, führte die lauschige Fahrt noch weitgehend durch Wiesen und Wälder, und zahlreiche Städter nutzten die extra angeschafften offenen Sommerbeiwagen für Ausflüge in die „Sommerfrische“. Schnell jedoch setzte eine rege Bautätigkeit ein, und wohlhabende Dresdner mit Sehnsucht nach dem Grünen, Ruhe und niedrigen Steuersätzen, selbstverständlich in dieser Reihenfolge, errichteten eine ganze Reihe staatlicher Villen, von denen mittlerweile die meisten liebevoll saniert wurden. Kein Wunder, dass Örtlichkeiten wie Blasewitz den Dresdner Stadtvätern ein Dorn im Auge waren und sie alles daran setzten, sich der ungeliebten Steuerparadiese zu bemächtigen.




    i]Linie 18 um 1911. Das Netz in Blasewitz und der Johannstadt, Resultat der ehemaligen Konkurrenzsituation, hat seine größte Ausdehnung erreicht. Noch aber trennte die Städtische Straßenbahn streng nach „roten“ (gerade Liniennummern) und „gelben“ (ungerade Nummern) Linien. Erst mit dem Ersten Weltkrieg wurde die strikte Trennung nach und nach aufgegeben, bunte Züge gehörten nun zum Alltag. In den 1920er Jahren wurde der rote Anstrich aufgegeben und letztlich alle Wagen gelb lackiert. [/i]



    Am Barteldesplatz erreichen wir die nächste Zwischenstation. Die Villa Ostermeyer am Barteldesplatz 4 / Ecke Gautzschweg, ehemals zu Zeiten der Blasewitzer Selbstständigkeit Wiesenstraße, wurde vom Blasewitzer Haus- und Hofarchitekten Karl Emil Scherz 1908 errichtet. Da gehörte die Straßenbahn schon zum Alltag. Als „Prellerstraße“ bestand die Haltestelle bis zur Stilllegung der Strecke im Jahr 1950.




    Gleich daneben am Barteldesplatz 2 / Ecke Regerstraße, bis zur Eingemeindung Johannstraße, treffen wir auf die Villa Reuter von Schilling & Graebner, 1893.




    Wir erreichen die Gabelung der Goetheallee mit dem Käthe-Kollwitz-Ufer, ehedem Emser Allee / Hochuferstraße.




    Unmittelbar darauf begrüßt uns in der Goetheallee die schlossartige Villa Weigang, Goethealle 55 (ex. Emser Allee 55), errichtet 1894/95 durch Max Georg Poscharsky und wiederum Schilling & Graebner. Nach umfassender Sanierung dient sie seit 1994 als Standesamt der Landeshauptstadt Dresden.




    Blick in stadtwärtige Richtung durch die ehemaliger Emser Allee, benannt nach Bismarcks infamöser Emser Depesche. In der angeblich antimilitaristischen SBZ hielt man den Namen bald für untragbar, so dass die Allee ab 28. August 1949 in Goetheallee umbenannt wurde, offiziell aus Anlass des 200. Geburtstages von Johann Wolfgang Goethe.




    Wir kreuzen den Vogesenweg, einst Elsasser Weg. Zur Vermeidung von Missverständnissen (in der Johannstadt gab es ja schon eine Elsasser Straße) wurde der Weg nach der Zwangseinverleibung von Blasewitz 1921 umbenannt. Zeitweise gab es auch hier eine Haltestelle. Wir blicken nach rechts über die nicht sichtbare Elbe auf die Weinberge am Loschwitzer Elbhang.




    An der elbwärtigen Ecke zum Lothringer Weg die Villa Goetheallee 51 (Emser Allee 50), 1894-1900 von Oskar Menzel errichtet, dahinter die „Villa Gottessegen“ Goetheallee 49 (Emser Allee 49) aus dem Jahr 1894:




    Schönes Eingangsportal der Villa Gottessegen mit fernöstlichen Anleihen:





    Goetheallee 22 (Emser Allee7), eine “einfachere” Villa aus der Zeit um 1895.




    In den sachlicheren Formen der Zeit nach 1910 präsentiert sich die Villa Goetheallee 20 (Emser Allee 8).




    Die Goetheallee 18 (Emser Allee 7), einst Villa Schmitz, errichtet (mal wieder) durch Karl Emil Scherz in den Jahren 1901 bis 1902, beherbergte nach der Wende die Dresden International School und wird seit 2008 als deren Preschool genutzt.




    Villa Doehn, Goetheallee 29 (Emser Allee 38), errichtet durch das vielbeschäftigte Büro Schilling & Graebner.




    An der Kreuzung mit dem Lothringer Weg erreichen wir die nächste Zwischenhaltestelle.




    Historie in Emaille: Schild an der Einfriedung der Villa Lothringer Weg 1, angebracht wohl nach der Eingemeindung. Und wieder ziehe ich meinen Hut vor Eigentümern, die solch historische Details zu schätzen und zu bewahren wissen.




    Die wunderschöne Villa Lothringer Weg 1 wurde als eines der ersten Gebäude der neu angelegten Allee bereits 1874/75 durch Hübener & Friese im Stil eines französischen Landhauses errichtet. Nach schweren Kriegszerstörungen befand sie sich in einem desolaten Zustand und wurde von 1995 bis 1997 originalgetreu rekonstruiert. Es hat sich gelohnt!




    Blick durch den Lothringer Weg elbwärts auf Schloss Albrechtsberg, das offensichtlich für größere Begeisterung unter einer Touristengruppe auf Stadtrundfahrt sorgt.




    Die Goetheallee 23, (Emser Allee 35), auch als Villa Muttersegen oder Pernwaldhaus bekannt, stammt ebenfalls von Schilling & Graebner. Sie diente zeitweilig als Sitz des königlich-niederländischen Generalkonsulats. Zunächst der Torbogen…




    …und natürlich das zugehörige bescheidene Häuschen.




    Die Turmvilla Goetheallee 14 (Emser Allee 14) von 1910:




    Und die Goetheallee 12 (Emser Allee 17) aus der Zeit um 1895, der frühen Bebauungsphase der bis dahin trotz modernster Verkehrstechnik in Form roter Straßenbahnwägelchen und den zugehörigen technischen Anlagen noch sehr ruralen Allee.




    Auf der anderen Straßenseite die Goetheallee 11 eine Villa aus der gleichen Zeit.




    Beachtenswert ist auch die Goetheallee 10 (Emser Allee 10, später 18), eine Neobarock-Villa, die ab 1910 von einem gewissen Rudolf Steiner, Gründer jener Schulen, in denen man seinen Namen hervorragend tanzen kann, bewohnt wurde.




    Villa Lange, Goetheallee 8 (ehedem Emser Allee 19):




    Eine typische Mietvilla verkörpert die Nummer 9 vis-à-vis:




    Wir kreuzen die Marschallallee, seit 1. Juli 1946 Händelallee, da der „militaristische“ Name als nicht mehr zeitgemäß empfunden wurde. Hier befand sich zeitweilig eine Haltestelle, später als Schubertstraße bezeichnet.



    An dieser erreichen wir unmittelbar darauf die bis 1921 gültige Stadtgrenze und verlassen die bis dato selbstständige Gemeinde Blasewitz, die nach langem Kampf schließlich doch von der Stadt einverleibt wurde. Damit wurde Sachsens angeblich reichste Gemeinde (wenn der Erste Weltkrieg von dem Wohlstand noch etwas übriggelassen haben sollte) Teil der Großstadt und die stolzen Blasewitzer schnöde Drääsdner. Die meisten Bewohner kannten diesen meldebehördlichen Zustand allerdings schon aus ihrem Vorleben.




    Bevor wir im dritten Teil in die Johannstadt eintauchen und uns unter anderem mit den Segnungen des sozialistischen Städtebaus auseinander setzen müssen, holen wir noch einmal tief Luft und blicken nach rechts zur nahen Elbe, wo wir am anderen Ufer die Saloppe erspähen, deren Sanierung nun offenbar endlich Fahrt aufnimmt. Wenn ich das nötige Kleingeld hätte, mein Wohnsitz wäre gebongt!


  • Electrisch von Loschwitz in die Residenz - Teil III

    Damit nun zum dritten Teil, in dem wir die Johannstadt durchwandern und uns gleichzeitig einigen Nebenanlagen unserer Linie widmen werden.





    Der Liniennetzplan von 1947 weist den Zustand der Streckenführung in der Johannstadt aus, der von 1945 bis zur Stilllegung der Emser Allee im Mai 1950 Bestand hatte. Die Strecke über die innere Pfotenhauerstraße war zwar ursprünglich zum Wiederaufbau vorgesehen, dazu sollte es jedoch nicht mehr kommen. Die Linie 18 wurde an der Kreuzung mit der Fetscherstraße, ehemals Fürstenstraße, nach links über die alte Strecke der Linie 23 in der Fürstenstraße abgeleitet, die seit den 1930er Jahren nur noch als Betriebstrecke zur Anbindung des Straßenbahnhofs Pfotenhauerstraße und für den Gelegenheitsverkehr gedient hatte. Dieser Abschnitt ist seit 2000 auch Geschichte.



    Wir befinden uns nun auf der Pfotenhauerstraße, und vor uns tauchen doch tatsächlich noch leibhaftige Straßenbahngleise auf. Es handelt sich dabei um das allerletzte Reststück der alten 18, dem wenige Meter langen Abschnitt zwischen Gleisschleife Johannstadt, einst ein Zwischenendpunkt für die Verstärker der Linie 118, und der Kreuzung mit der Fetscherstraße. Der kurze Linienast von der Blasewitzer/Fetscherstraße bis Gleisschleife Johannstadt wurde zuletzt von der Linie 26 bedient und 2000 offiziell stillgelegt. Nachdem er noch kurze Zeit als Umleitungsstrecke fungierte, wurden die Gleise auf der Fetscherstraße beim Ausbau als Zubringer zur Waldschlößchenbrücke entfernt.




    Links die monströsen Neubauten des Max-Planck-Instituts, die das Gelände des ehemaligen Straßenbahnhofs Pfotenhauerstraße einnehmen, von dem nichts mehr zu erkennen ist. Jener diente seit Kriegsende und bis Ende der 1990er Jahre als Abstellplatz für die Arbeitsfahrzeuge der DVB, zuallerletzt wurde hier auch allerlei potenzieller schienengebundener Schrott zwischengelagert.




    Einige Impressionen der noch vorhandenen Gleisschleife: Aufstellanlage, ehemalige Abfahrtshaltestelle (heute nur noch für den Bus) und Schleifeneinfahrt. Das Gleisplanum wird von den Bussen der Linie 62 zum Wenden genutzt. Die Schleife existiert nur noch deswegen, da sie als Endpunkt für den angedachten Wiederaufbau der Strecke von der Sachsenallee kommend durch die Pfotenhauerstraße vorgesehen ist, also quasi als Platzhalter. Doch das ist noch Zukunftsmusik.









    Auf den folgenden zwei Kilometern folgt uns die Buslinie 62 auf der Strecke der ehemaligen Straßenbahn. Die Busverbindung durch die nördliche Johannstadt wurde erst Anfang der 70er Jahre in Betrieb genommen, als der Bau der Großplatten einsetzte.




    Zunächst trug die neue Busverbindung die Liniennummer 94, später 75 und 94, dann nur noch 75, 82 und schließlich seit 2009 62. Das alte Seitenschild der Linie 94 stammt vom Beginn der 1980er Jahre und zierte einst die Seitenscheibe eines Ikarus 180 oder 280.




    Wenden wir uns wieder der Architektur zu. Zwei Bilder der Orthopädischen Klinik, ein klassisch angehauchter 50er-Jahre-Bau in sehr qualitätsvoller Architektur. Krankenhausbauten können auch einfach schön sein.






    Wir blicken gen Kreuzung mit der Fetscherstraße, ehemals Fürstenstraße, wo uns ein Bus der recht häufig verkehrenden Linie 62 entgegenkommt. Die sehr hohe Auslastung hat zu recht konkreten Planspielen bezüglich der Wiedereinführung des Straßenbahnbetriebes geführt – aus meiner Sicht ein essentieller Schritt zur Wiederbelebung der nördlichen Johannstadt.




    Vor uns liegt die Kreuzung. Von 1945 bis 2000 bogen hier die Straßenbahnen nur noch nach links ab. Die geradeaus führende Strecke von 1893 fiel den Kriegseinwirkungen zum Opfer.



    Der Umbau der nördlichen Fetscherstraße als Zubringer zur Waldschlößchenbrücke hat eine städtebauliche Wüstenei sondersgleichen hinterlassen. Links die historischen Bauten des Stadtkrankenhauses Johannstadt, die teils unzerstört, teils vereinfacht wiederaufgebaut den Krieg überlebt haben. Heute gehören sie zum Universitätsklinikum.




    Gegenüber die expressionistischen Erweiterungsbauten des ehemaligen Bürgerhospitals, heute Teil des Pflegeheims Clara Zetkin.




    An der Haltestelle Neubertstraße, ehemals Bürgerhospital. Dessen kriegszerstörtes Hauptgebäude von 1890 wurde durch den formvollendeten Plattenbau zur Linken ersetzt.




    Gegenüber auf der elbzugewandten Straßenseite hat, im Schatten der hässlichen Schallschutzwand des Brückenzubringers, dieses Kleinod überlebt, dereinst Bedürfnisanstalt mit angeschlossenem Zeitungskiosk.




    Daneben das Kasino aus der unmittelbaren Nachkriegszeit des Turbine-Sportplatzes, einst Radrennbahn, also ein Standort mit großer sportlicher Tradition.




    Wir blicken die Pfotenhauerstraße in der ehemaligen Gleisachse in stadtwärtige Richtung. Zunächst scheint die Welt noch heil zu sein…




    …denn an der Ecke zur Neubertstraße grüßen schöne stattliche Gründerzeitler.


  • Electrisch von Loschwitz in die Residenz - Teil IIIb

    Zurück zum Thema Johannstadt. Der Stadtplanausschnitt von 1911 ist in mehrerlei Hinsicht aufschlussreich. Ganz rechts sehen wir die dick eingezeichnete Stadtgrenze an der Schubertstraße, kurz danach der Straßenbahnhof Pfotenhauerstraße. Links die Gleisschleife Hertelstraße – Burckhardtstraße – Neubertstraße sowie das Aufstellgleis in der Neubertstraße. Diese umfangreichen Anlagen dienten einzig und allein dem Vogelwiesenverkehr und wurden erst nach 1945 zur Gleisgewinnung entfernt. Es ist heute unvorstellbar, welche Höchstleistungen die Straßenbahn zu Volksfestzeiten damals vollbringen musste. Im Minutentakt rollten die Züge auf zahlreichen speziellen Sonderlinien. Am unteren Bildrand die Kraftstation der Bahn, später Ostkraftwerk, die uns gleich näher interessiert.




    Der Blick in die Neubertstraße von der Pfotenhauerstraße aus zeigt bei genauem Hinsehen im Pflaster die Spuren der alten Gleisanlagen.




    Folgen wir noch ein kurzes Stück der Pfotenhauerstraße…




    …und kommen wir zur Hertelstraße, neben der Burckhardtstraße die letzte nahezu intakte Gründerzeitstraße der Johannstadt. Wir blicken Richtung Elbe. Hier befand sich die Einfahrt der Vogelwiesenschleife.




    Direkt gegenüber der Einmündung der Burckhardtstraße befindet sich ein besonders prachtvoller Gründerzeitler. Die Punkte ganz links neben dem linken Fenster der ersten Etage verraten die noch im Mauerwerk sitzenden Bolzen einer Fahrleitungsrosette, denn gegenüber bog das Schleifengleis in die Burckhardtstraße ein.




    Wir blicken in die Burckhardtstraße. Vorn verrät die Schrägstellung des Straßenpflasters den einstigen Gleisbogen.




    Ein genaueres Hinsehen offenbart das an der Nordseite der Straße gelegene Gleis, von dem der Streifen zeugt, auf dem die Autos parken.




    Zurück zur Pfotenhauerstraße (rechts), Eckhaus zur Hertelstraße (links). Auch hier führten einst Gleise vorbei, dazu gleich.



    Zunächst noch etwas Straßenschilderkunde, mal wieder: Die Zusatzbeschilderung war dereinst, als man sich noch ohne Navi und Schmoardfohn durch die Gegend zu bewegen traute, ein sehr hilfreiches Utensil zur Wegfindung, leider ist sie heute unüblich geworden.




    Ums Eck an der Hertelstraße noch ein staatliches zweireihiges Straßenschild, wie es in den 1890er Jahren bis nach der Jahrhundertwende Usus war. Es kann mit einiger Sicherheit davon ausgegangen werden, dass es das zugehörige Häuschen seit dessen Erbauung ziert. Natürlich auch mit Zusatzschild.




    Kurz die andere Seite der Hertelstraße hinuntergegangen, sehen wir die traurigen planierten Reste der alten Kraftstation, 1893 für die elektrische Straßenbahnstrecke erbaut und bis 1894 im Besitz der Deutschen Straßenbahn-Gesellschaft, danach von der Stadt als Ostkraftwerk betrieben. Dabei diente sie im ersten Betriebsjahr auch als Straßenbahnhof, der alsbald durch das neue Depot an der Pfotenhauerstraße abgelöst wurde. Das Pflaster gehört zur nach dem Krieg aufgelassenen Terscheckstraße und wurde zuletzt in das Betriebsgelände des einstigen Ostkraftwerks einbezogen.




    Diesen Blick hätten die Straßenbahn-Conducteure beim Ausrücken aus der Hertelstraße von ihren offenen Plattformen im Jahr 1893 gehabt, wenn, ja wenn die umgebenden Häuser schon gestanden hätten! Die Kraftstation befand sich damals allein auf weiter Flur, die Gründerzeitler sprossen nur wenige Jahre später aus der Erde.




    Zurück auf der Pfotenhauerstraße wenden wir uns wieder stadtwärts und lassen die einstige Haltestelle Hertelstraße hinter uns. Vor uns zu beiden Seiten lückenfüllende Nachwende-Neubauten auf alter Parzelle. Etwa so, mit zahlreichen Brandwänden und noch unbebauten Grundstücken, muss die Pfotenhauerstraße um 1900 angemutet haben. Hier begann nach 1945 das innerstädtische Totalzerstörungsgebiet.




    Wir werfen einen sehnsüchtigen Blick zurück gen Blasewitz und Loschwitzer Elbhänge. Denn was uns jetzt erwartet, verlangt starke Nerven.




    Vor uns liegen die Plattenbauten des Johannstädter Neubaugebietes. Nur das Straßenplanum der Pfotenhauerstraße ist historisch. Wir befinden uns im Bereich der einstigen Haltestelle Stephanienstraße.




    Deren nördlicher Teil wurde durch das mittlerweile verschwundene Johannstädter Plattenwerk abgetrennt und der Pfeifferhannsstraße zugeschlagen, das historische Stephanien-Pflaster endet heute abrupt in der größten innerstädtischen Brache, die Dresden zu bieten hat. Durch das Gebüsch grüßt der Turm der Trinitatiskirche.




    Wir haben den Bönischplatz mit seinem markant-hässlichen Plattenhochhaus in diversen Schlüpferfarben fast erreicht. Die Farbgebung verweist auf die Neunziger.




    Am Bönischplatz noch einmal das rekonstruierte Einstiegshäuschen.




    Und noch einige wenige überlebende Vorkriegsbauten hinter üppigem Grün.





    Im Bereich der einstigen Straßenbahn- und heutigen Bushaltestelle, im Hintergrund ist die Elsasser Straße erkennbar.




    In dieser, einst Teil der Blumenstraße, befinden wir uns jetzt. Links die Neubauten der Ostsächsischen Sparkasse Dresden.




    Die kreuzende Straßenbahn verrät: Wir sind an der Sachsenallee und damit der Grenze zur Pirnaischen Vorstadt angekommen und haben unser Zwischenziel erreicht.




    Die hübsche Sparkassenreklame soll zum Abschluss noch einmal für die städtebaulichen Atrozitäten der letzten Bilder entschädigen. Der nächste Teil folgt, hoffentlich, morgen.


  • Electrisch von Loschwitz in die Residenz - Teil IV

    Im vierten Teil der 18er-Saga stehen die Pirnaische Vorstadt und die malerische Fahrt entlang des Elbufers im Vordergrund. Dabei bleiben uns mal wieder einige verkehrshistorische Betrachtungen nicht erspart.


    Die wirtschaftlich schwierige Nachkriegszeit und die grassierende Inflation forderten auch in der vergleichsweise gut situierten Stadt Dresden ihren Tribut. Die Städtische Straßenbahn musste im Jahr 1922 mehrere Straßenbahnstrecken, die man für entbehrlich erachtete, stilllegen. Hierzu gehörte auch die am 19. April 1922 letztmalig von Straßenbahnzügen der Linie 18 planmäßig befahrene Strecke auf dem Terrassenufer zwischen Sachsenplatz und Schlossplatz/Theaterplatz.


    Diese war ohnehin in mehrfacher Hinsicht problematisch: die zyklischen Hochwasser mit der fast zur Dresdner Folklore gehörenden Sperrung und Überflutung des Terrassenufers an der Brühlschen Terrasse verlangten mitunter mehrmals im Jahr weiträumige Umleitungen der Linie. Zudem sorgte die Lage an der Elbe für ein beschränktes Einzugsgebiet potenzieller Fahrgäste, und sowohl die Pirnaische Vorstadt mit der nur wenige Meter landeinwärts liegenden Marschallstraße als auch die Innere Altstadt mit den Strecken über Neumarkt und Theaterplatz waren verkehrlich bestens erschlossen. Die Linie 18 wurde fortan ebenfalls über die Marschallstraße ins Stadtzentrum geführt und später bis Cotta verlängert.


    Allerdings kann dies noch nicht das Ende gewesen sein. Eindeutig datierbare Aufnahmen aus der Deutschen Fotothek beweisen, dass die Strecke selbst in den dreißiger Jahren inklusive Oberleitung noch vollständig vorhanden und damit offensichtlich auch nutzbar war. Auf einer mit 1927 datierten Aufnahme von Walter Hahn sind auf dem Terrassenufer als Linie 18 beschilderte Straßenbahnzüge eines Typs zu erkennen, der nachweislich im Jahre 1922 noch nicht vorhanden war. Umgekehrt erlaubt die Quellenlage, einen planmäßigen Betrieb der Terrassenuferstrecke über das Jahr 1922 hinaus kategorisch auszuschließen.


    Ergo bleibt als logischer Schluss dieser Indizienkette, dass man das Terrassenufer im Gegensatz zu anderen eingestellten Strecken als bequeme Umleitungsstrecke mindestens bis in die dreißiger Jahre betriebsfähig vorhielt und mitunter auch nutzte. Ob dies bis zur Zerstörung 1945 der Fall war, wäre Gegenstand weiterer Forschungen. Vielleicht weiß ja jemand mehr.



    Wir stehen zunächst an der abgesperrten Einmündung der Ziegelstraße und blicken auf den im Pflaster erkennbaren Gleiskörper. Unsere 18 bog vor dem Gericht rechts ab.




    Kurzer Abstecher in die Ziegelstraße: links der seit 1876 geschlossene Eliasfriedhof, der zum Tag des Offenen Denkmals zugänglich war. Über der uralten Friedhofsmauer ist die Dachkonstruktion der rekonstruierten Grufthäuser erkennbar. Bis 1926 führte hier die Linie 26 auf ihrem Ring entlang, um gleich hinter dem Eliasfriedhof nach links in die heute hier überbaute Schulgutstraße abzubiegen.




    Die 18 nahm anschließend die Lothringer Straße mit dem imposanten Amtsgerichtsgebäude (1888 bis 1892, Arwed Roßbach) und dessen einem italienischen Renaissance-Palazzo nachempfundenen Hauptfassade zur linken. Die rechte Straßenseite ist seit der Enttrümmerung unbebaut, so dass der Bau heute frei in die Sachsenallee wirken kann.




    Hauptportal mit den Allegorien der Wahrheit und der Gerechtigkeit von Johannes Schilling, beide anschließend noch einmal in Großaufnahme.







    Rechts am Gerichtsgebäude vorbei führt heute die Florian-Geyer-Straße. Die als Sackgasse in nichtssagender Vorstadt-Bebauung verendende unbedeutende Nebenstraße war einst Teil der immens wichtigen und wuseligen Marschallstraße, die bis zum Amalien- bzw. Rathenauplatz führte. Ab 1922 verkehrte hier neben den Linien 1 und 5 auch unsere 18. Ein Gleisdreieck als letzter Rest dieser 1948 eingestellten Verbindung lag an der Sachsenallee noch bis Mitte der 1990er Jahre.




    Wir blicken die Lothringer Straße hinab zum Elbufer.




    Bis zur Zerstörung befand sich auf der Brache rechts solcherart Bebauung. Der Straßenbahnwagen befährt die Lothringer Straße, links die Fassade zum Sachsenplatz.





    Immer wieder erstaunlich, dass sich in der ansonsten völlig ausradierten Wüstenei der Pirnaischen Vorstadt ausgerechnet Kleinarchitekturen erhalten haben, deren Wert man heute nicht hoch genug schätzen kann. Dazu zählt auch dieses hübsche in Drewag-Manier verzierte Trafohäuschen aus den 1920ern an der Ecke zum Terrassenufer. Die 18 bog davor nach links, die 26 nach rechts zur Albertbrücke ab.




    Weil es so nett ist, die Fassade des Häuschens vom Terrassenufer aus.




    Ein Blick zurück durch die Lothringer Straße in Richtung Amtsgerichtsgebäude.




    Wir begutachten noch einmal die im Abbau befindliche Behelfsbrücke neben der Albertbrücke.





    Aus architektonischer Sicht gibt es auf dem folgenden Kilometer herzlich wenig zu berichten. Rechts das Elbufer, links nichtssagende 50er- und 60er-Jahre-Bebauung mit Vorstadtanmutung. Kaum zu glauben, dass hier einst geschäftigstes Treiben herrschte und Dresden eine richtige Großstadt war.




    Also können wir uns den eher unscheinbaren Details zuwenden, zum Beispiel dem noch original erhaltenen Geländer am Flanierstreifen des Terrassenufers.




    Die mittlerweile hochgewachsenen Bäume lassen idyllische Spaziergänge zu, wenn man den Blick nach links vermeidet.




    Dafür schauen wir über die Elbe zum Neustädter Ufer und erhaschen diesen ungewöhnlichen Blick auf die Staatskanzlei.




    Wir genügen der Chronistenpflicht und dokumentieren den Standort der einstigen Haltestelle Rietschelstraße.




    Hinter der neuen Carolabrücke, erbaut als Dr.-Rudolf-Friedrichs-Brücke 1967 bis 1971, taucht die Dresdner Altstadtsilhouette auf.




    Einmündung der Steinstraße, einst ebenfalls ein Haltestellenstandort.





    Um 1900 sah es hier so aus: Das Venezianische Haus an der Einmündung des nicht mehr vorhandenen, durch die breite Brücke überbauten Elbberges. Hier führte einst eine Pferdebahn- und später elektrische „rote“ Linie zum Terrassenufer hinab, die Gegenrichtung zur Altstadt führte über den Hasenberg auf der anderen Brückenseite.




    Unter der Carolabrücke hindurch sehen wir die Türme derAltstadt. Zunächst machen wir noch einen Abstecher auf die Brücke, um die Szenerie von oben zu beobachten.




    Blick zurück in die Pirnaische Vorstadt. Das noch in seinem historischen Straßenquerschnitt vorhandene Terrassenufer ist heute straßenseitig weitgehend unbebaut.




    Der gleiche Blick um 1900. Ohne Worte…




    Hinüber auf die andere Seite. Wir erblicken die Türme von Ständehaus und Hofkirche. Nach der Tristesse der vergangenen Kilometer entschädigt der Anblick eines der wohl schönsten europäischen Stadträume umso mehr. Ich als Dresdner muss das sagen ;)




    Brückenblick um die Jahrhunderwende, noch mit Belvedere Nummer IV:




    Auf der anderen Elbseite das Finanzministerium von 1890-96 mit dem in den 1990er Jahren rekonstruierten Kupferdach.




    Am Hasenberg machen wir zunächst noch einmal Rast, bevor wir uns auf den letzten Abschnitt entlang der Altstädter Festungsanlagen begeben.


  • Electrisch von Loschwitz in die Residenz - Teil V (Ende)

    Unsere 18 befährt nun nach Passieren der Carolabrücke auf den letzten Metern das Terrassenufer unterhalb der Brühlschen Terrasse. Der einst neben der Terrassentreppe, ohne Anschluss an das "gelbe" Bestandsnetz auf dem Schlossplatz, liegende Endpunkt wurde nach Fertigstellung der neuen Friedrich-August-Brücke und der Verlängerung der Hochuferstraße durch diese hindurch im Jahre 1911 auf den Theaterplatz verlegt. Dabei musste die Straßenbahn hinter dem Italienischen Dörfchen in Höhe des Basteischlösschens eine 180°-Wendung vollziehen, die noch heute gut nachvollzogen werden kann. Dies hatte mehrere Vorteile: Zum einen stand erheblich mehr Platz für die Rangierbewegungen zur Verfügung, zum zweiten befand sich der Endpunkt nunmehr in der Ebene und nicht in einem Gefälle, so dass die Gefahr des unerlaubten Entfleuchens eines unsachgemäß gebremsten Beiwagens nunmehr gebannt war.


    Nach der offiziellen Stilllegung der Strecke über das Terrassenufer diente der auch stadtseitig Richtung Postplatz angebundene Endpunkt in den 1930er Jahren noch als Endpunkt der Stadtrundfahrt mit der Straßenbahn, bis er in den Kriegs- und Nachkriegswirren endgültig verschwand.



    Bevor wir uns jedoch der Straßenbahn und den umgebenden Baulichkeiten zuwenden, ein kleiner Ausflug in den Gondelhafen. Dieser entstand um 1820 in der Mündung des östlichen Festungsgrabens zwischen Hasenberg und Jungfernbastei und wurde 1852 zugeschüttet, als die „Appareille“ unterhalb der Festungsmauer zum Terrassenufer ausgebaut wurde. In den Frühzeiten der Dampfschifffahrt auf der Oberelbe legten hier auch die Schiffe in Richtung Sächsische Schweit und Böhmen ab. Wir erkennen noch Reste der östlichen Umfassungsmauer links neben der Grünfläche, die auf dem einstigen Hafenbecken entstand.




    Es geht nunmehr an der Jungfernbastei und dem Moritzmonument von 1555 vorbei, das erst 1895 hier seinen endgültigen Standort fand. Heißt ergo, als die elektrische Bahn hier das erste Mal vorbeizuckelte, war die Ecke noch „naggsch“.




    Zum Vergleich eine historische Postkartenaufnahme, die die Straßenbahngleise auf dem Terrassenufer erkennen lässt.




    Blick entlang der mächtigen Renaissance-Festungsmauer auf den Turm der Katholischen Hofkirche.




    Kurz darauf munteres Treiben an den Landungsstellen. Hier befand sich seit Anbeginn der letzte Zwischenhalt vor dem Endpunkt.





    Ein Blick nach links in den Tunnel der einst übel beleumundeten Großen Fischergasse, die auf Betrieben der um ihren Ruf besorgten Anwohner 1849 in Münzgasse umbenannt wurde, lässt hinter dem Eckturm E der Frauenkirche den Turm des Neuen Rathauses erkennen.




    Über der Terrasse erheben sich die mächtigen Bauten der Lipsius’schen Kunstakademie mit der berühmten „Zitronenpresse“.





    Die Schießscharten des mächtigen Bollwerkes dienten nicht der Abwehr von Touristenströmen, sondern der feindlicher Truppen, vorzugsweise preußischer.




    Wir blicken noch einmal nach links in die ehemalige Kleine Fischergasse, seit 1882 Brühl’sche Gasse (original nur mit Apostroph!). Die Umbenennung erfolgte aus ähnlich pragmatischen Gründen wie die der benachbarten Münzgasse, was der Häufung an zwielichtigen Spelunken, illustren Hinterhofetablissements und Freudenhäusern allerdings keinen Abbruch tat. Wenn das die Gäste der heutigen 5-Sterne-Herberge wüssten…





    Wir erreichen den ersten Endpunkt auf der Rampe zum Schlossplatz, der bis 1911 in Betrieb war. Bis zum Bau der neuen Augustusbrücke (Friedrich-August-Brücke) mündete das Terrassenufer hier auf den Schlossplatz, die Fortführung der Hochuferstraße inklusive Doppelgleiskörper unter der Brücke entstand erst mit deren Bau.





    Blick vom einstigen Streckenende auf die Rampe. Auch hierzu ein historischer Vergleich.





    Wir betrachten die Szenerie von oben und blicken auf die moderne Interpretation des Fahrkartenhäuschens der Dampfschifffahrt.




    Die historische Postkarte zeigt den Zustand der Landungsstellen um 1900.




    In die Gegenrichtung geschaut erspähen wir den straßenüberspannenden Bogen der heutigen Augustusbrücke, den nach Fertigstellung der Uferstraße ab 1911 auch die Linie 18 benutzte. Davor die Rampe links, die einst den Endpunkt trug.




    Nahaufnahme des besagten Brückenbogens:




    Schauen wir uns die ab 1911 nutzbare Verlängerung zum Theaterplatz etwas näher an. Nach Querung des Altstädter Brückenkopfes der Straßenbogen aus der Gegenrichtung.




    Das Endstück des Terrassenufers unterhalb des Italienischen Dörfchens von oben betrachtet.




    An der Terrasse des Italienischen Dörfchens und der daneben befindlichen Aussichtsplattform wurden Geländer der alten Augustusbrücke zweitverwertet – ein wahrscheinlich nur wenig bekannter Umstand.




    Am Basteischlößchen bog die Bahn in einer scharfen 180°-Kehre auf den Theaterplatz ein.




    Dort taucht im alten Pflaster urplötzlich der Gleiskörper auf.




    Die Kehre in einer historischen Postkartenansicht.




    Blick auf den sich deutlich im Pflaster abzeichnenden Endpunkt Theaterplatz.





    Der Endpunkt in der Gegenrichtung mit ex-Berliner Doppelstockvehikel eines Dresdner Stadtrundfahrtunternehmens, allerdings ohne Spurführung.




    Die stadtseitige Anbindung, zuletzt wohl planmäßig nur noch durch die Stadtrundfahrtzüge der Dresdner Straßenbahn AG genutzt, kann man noch erahnen.




    Zu guter Letzt noch eine historische Ansicht des Italienischen Dörfchens mit Straßenbahn, Situation wohl unmittelbar nach Streckenverlängerung.




    Das war es dann mit Sachsens erster elektrischen Straßenbahnlinie, im doppelten Wortsinn.

  • Mit der Pferdebahn nach Strehlen

    Das Dorf Strehlen, verkehrsgünstig nah an der Residenzstadt und obendrein idyllisch im Grünen direkt südlich des Großen Gartens gelegen, geriet im 19. Jahrhundert zunehmend in das Visier betuchterer Bürger, die der Enge der Stadt und der Höhe der dort zu entrichtenden Steuersätzen zu entfliehen versuchten. Selbst der angehende sächsische Monarch, Kronprinz Albert, konnte den Liebreizungen der Örtlichkeit nicht widerstehen und erwarb im Jahre 1860 ein ehemaliges Forsthaus an der späteren Palais- bzw. heutigen Franz-Liszt-Straße, um es standesgemäß zur Königlichen Villa umfunktionieren zu lassen. Selbst über einen eigenen Bahnhof an der Böhmischen Bahn, im Gegensatz zur Villa heute noch vorhanden, verfügte das bescheidene Anwesen in seinen späteren Jahren! Leider ist von der royalen Pracht heute kaum noch etwas zu spüren: In den großzügigen Parkanlagen entstand in den 1930er Jahren der ausgedehnte Komplex des Luftgaukommandos, die Villa selbst wurde ein Raub der Luftangriffe – man beachte die Ironie!


    Da lag es natürlich nahe, das ehemalige Dörfchen und nunmehrige aufstrebende Villenörtchen mit einem hochmodernen Verkehrsmittel an die Residenz anzubinden, zumal die Sächsisch-Böhmische Bahn den Ort zunächst einer Bahnstation für unwürdig erachtete und schnöde links liegen ließ. Der heutige S-Bahn-Haltepunkt entstand erst Jahrzehnte später.
    Weniger hartleibig hatte sich da die Tramways Company of Germany Ltd. Ab 19. August 1882 konnte man schließlich am Gasthof „Goldne Krone“ im Strehlener Ortskern die gelben Pferdebahn-Decksitzwagen besteigen, um in atemberaubenden 25 Minuten Fahrzeit den Dresdner Neumarkt zu erreichen. Allerdings war die Freude in den ersten Jahren noch etwas getrübt, denn die Gefährte zuckelten zunächst nur alle halbe Stunden in die Residenz, erst ab Zoologischer Garten wurde ein wahrhaft metropolitaner 15-Minuten-Takt angeboten.




    Die Pferdebahnlinie Neumarkt-Strehlen 1888.



    Ab 1992 wurde die Bahn schließlich bis zur Dorotheenstraße verlängert, und Strehlen wurde im selben Jahr zur simplen Vorstadt, allerdings einer ausgesprochen hübschen. Die ursprüngliche Streckenführung zwischen Großem Garten und Dorotheenstraße führte zunächst über die Palaisstraße (heute Franz-Liszt-Straße) in deren voller Länge, dann die Residenzstraße(heute August-Bebel-Straße) bis zum noch nicht existenten späteren Wasaplatz, von dort aus über die Leubnitzer Straße (heute Kreischaer Straße) zum Friedrich-August-Platz (heute Altstrehlen), weiter über die zunächst enge und hügelige Dohnaer Straße bis zur Einmündung der Dorotheenstraße.


    Mit der Elektrifizierung 1896 wurde die Trasse nach der Bahnunterführung am Königsbahnhof in die neue Wasastraße zum ebenso neuen Wasaplatz verlegt und die Streckenführung im weiteren Zuge der Palaisstraße und der Residenzstraße aufgegeben.


    Ab 1902 erreichten die Wagen der nunmehrigen Linie Waldschlößchen-Strehlen, ab 1904 Linie 9, das damals noch selbstständige Leubnitz-Neuostra. 1913 wiederum konnte die Verlängerung ab der Dorotheenstraße über die Reicker Straße in die Vorstadt Reick und später nach Dobritz in Betrieb genommen werden, die zunächst von der Linie 9 alternierend befahren wurde. Ab 1925 erhielt diese Strecke die Liniennummer 13. Die 9 und die 13 sollten in der Folgezeit mehrmals zwischen den jeweiligen Endpunkten wechseln, aber beide Liniennummern gehören seitdem untrennbar zu Strehlen – eine der wenigen Konstanten im Dresdner Straßenbahnnetz.




    Wir beginnen unseren Rundgang an der Haltestelle Querallee mit einem wenig aufregenden Situationsbild. Ab voraussichtlich 2017 werden die Bahnen der Linien 9 und 13 hier weiter geradeaus über die Tiergartenstraße fahren und den Haltepunkt Strehlen anbinden. Die Rechtskurve in die Franz-Liszt-Straße (einst Palaisstraße) nahmen bereits die Pferdebahnen 1882. Links der Große Garten.




    Blick zurück in die Querallee mit dem Palais, nach dem die Straße einst benannt war.




    Die Haltestelle Julius-Otto-Straße wird ebenso wie die malerische Bahnunterführung bald der Vergangenheit angehören. Rechts der Brücke befindet sich der leider kaum fotografierbare eingangs erwähnte Königsbahnhof.




    Nahaufnahme der Bahnunterführung. Ursprünglich kreuzten die Straßenbahnen die Eisenbahnstrecke niveaufrei und fuhren geradeaus weiter die ehemalige Palaisstraße entlang, heute biegen sie (noch) nach halblinks in die Wasastraße ein.




    Am Straßenzwickel sehen wir links die Wasastraße mit der noch bestehenden, rechts die Franz-Liszt-Straße mit der bis 1896 gültigen Streckenführung.




    Straßenschilderkunde! Das in der unverkennbaren Fraktur der 30er Jahre gehaltene Straßenschild verrät den Zeitpunkt der Umbenennung der Palaisstraße, die ab Mitte der 1930er Jahre nach dem Komponisten Franz Liszt benannt wurde.



    Wir erhaschen zumindest einen kleinen Blick auf den neobarocken Königsbahnhof.




    Zurückblickend rechts daneben noch einmal die Eisenbahnunterführung.




    Eine schöne Allee bildet den südlichen Teil der Franz-Liszt-Straße. Als die Bäume gepflanzt wurden, verkehrte hier wohl noch die Pferdebahn.



    An der Ecke zur August-Bebel-Straße, ehedem Residenzstraße, befindet sich dieses erhaltene Schalthäuschen, eines der ganz wenigen originalen historischen Stadtmöbel in Dresden – leider in äußerst bemitleidenswertem Zustand!




    Spitzer Winkel zwischen Gustav-Adolf-Straße und August-Bebel-Straße; schwedischer Monarch versus deutscher Arbeiterführer.




    Villenbebauung an der August-Bebel-Straße in Richtung Wasaplatz:







    Am Wasaplatz erblicken wir zunächst die Jugendstilvillen in der Caspar-David-Friedrich-Straße.




    Wir schauen von der anderen Seite in die noch von Straßenbahnen befahrene Wasastraße. Bald werden die Bahnen von rechts aus der Oskarstraße kommen, da, wo der Bus wartet.




    Blick in die Lockwitzer Straße, die seit 1928 den Straßenbahnverkehr in der Kreischaer und Dohnaer Straße ersetzte, und den Königshof mit der in den Dorfkern führenden Kreischaer Straße.





    Auf der historischen Postkarte fährt die Bahn noch links am „Königshof“ vorbei in die Kreischaer Straße.




    In diese blicken wir nun, ebenfalls mit einem historischen Vergleich. Im Hintergrund die 66 Meter hohe Doppelturmfront der Christuskirche.





    Der Ballsaal des nach 1990 zum Teil abgebrochenen, weil damals hoch ruinösen, und anschließend historisch getreu rekonstruierten Königshofs:




    Ecke zur Lannerstraße. Nach dem Neubau der Trasse über die Lockwitzer Straße verblieb in der Kreischaer Straße ein Schleifengleis, das über die Lannerstraße zurück zur Lockwitzer Straße führte und als Zwischenendpunkt diente.




    Blick in die gründerzeitliche Lannerstraße, die bis Ende der 40er Jahre ein Straßenbahngleis beherbergte.




    Der Ausschnitt aus dem Netzplan von Ende 1945 zeigt die Lannerstraße in Benutzung durch eine provisorische Linie 107.




    Eine letzte Fahrleitungsrosette…




    …ziert eine ansehnlich sanierte Gründerzeitfassade.




    Blick zurück Richtung Wasaplatz mit dem markanten Eckhaus zur Lannerstraße. Auch hier lohnt ein historischer Vergleich.






    Unmittelbar daneben wird es dörflich. Kein Wunder, befinden wir uns doch mitten im malerischen Altstrehlener Dorfkern.




    Großer Dreiseithof mit peloponnesischer Gastronomie:




    Wir erblicken die mächtige Christuskirche, erbaut 1903 bis 1905 durch Schilling & Graebner. Es handelt sich wohl unzweifelhaft um den bedeutendsten Dresdner Jugendstilbau. Für heute lassen wir die Kirche jedoch im doppelten Wortsinn links liegen…




    …und biegen wie dereinst die gute alte „9“ bzw. deren animalische Vorgängerin in die hier beginnende Dohnaer Straße ein, wo wir dieses schöne Anwesen erblicken.




    Obwohl schon seit 1928 Geschichte, hat unsere alte Strehlener Strecke deutliche Spuren im Pflaster hinterlassen. Noch war die Straße breit genug für ein Doppelgleis.




    Blick nach rechts in den idyllischen Grund mit dem Kaitzbach, der hier freiliegend als Strehlener Dorfbach fungiert und alsbald verrohrt die Dresdner Innenstadt durchqueren wird.




    Und schon haben wir den einstigen Endpunkt vor dem Gasthof „Goldne Krone“ erreicht, der sich links hinter den Grundstücksmauern befand. Leider hat er die Abrissorgien der 1990er Jahre nicht überlebt.




    Der Fotograf der Postkarte blickte in die Gegenrichtung, die „Goldne Krone“ ist in der Bildmitte zu sehen. Hinten in der Häuserfront das Anwesen an der Ecke zur Christuskirche, das wir gerade passiert haben.




    Beenden wir den ersten Teil unserer Strehlen-Begehung mit einer zeitgenössischen lithografischen Postkarte und kehren imaginär in der „Goldnen Krone“ ein.


  • Strehlener Streckenchaos

    An der „Goldnen Krone“ beenden wir unsere Rast und folgen weiter der Dohnaer Straße.




    An der Ecke zur Mockritzer Straße befand sich bis ins 19. Jahrhundert die Strehlener Mühle. Ihr wurde der 1870 eingeführte Dampfbetrieb zum Verhängnis, denn 1889 brannte sie ab und wurde durch die heutige Gründerzeitbebauung ersetzt. Davor die hübsche klassizistische Alte Schule an der Dohnaer Straße 16, erbaut 1829 durch den Architekten der Dresdner Terrassentreppe, Gottlob Friedrich Thormeyer.




    Das wunderschön sanierte Häuschen aus der Gegenrichtung.




    Die Kreischaer Straße windet sich den Hang hinauf und trifft auf die Dohnaer. Hier wird es richtig dörflich, und das mitten in der Stadt!




    Gegenüber der Einmündung dörfliche Bebauung in unterschiedlichem Erhaltungszustand, davor der Bahnkörper im Pflaster, noch als Doppelgleis.




    Jahrhundertealter Vierseithof an der Ecke Kreischaer Straße/Dohnaer Straße.




    Ländliche Idylle an der Dohnaer Straße. Kaum zu glauben, aber nur wenige Meter weiter südlich wogt der Verkehr über die Lockwitzer Straße.





    In Höhe der Rayskistraße verengt sich die Fahrbahn, und die Strecke wurde eingleisig. Noch heute ist die Lage der Weiche deutlich auszumachen, und das nach 87 Jahren!




    Blick zurück, links ein erster Block der Postsiedlung.




    Der neueste Abschnitt der erst in den letzten Jahren in der Originalfarbigkeit sanierten Postsiedlung zeigt deutliche Bauhausanklänge. Errichtet wurde der gesamte Komplex, der bis zur Teplitzer und Corinthstraße reicht, in den Jahren 1927 bis 1929, gleichzeitig mit dem Neubau der Lockwitzer Straße. Welch Kontrast zu den dörflichen Anwesen unmittelbar daneben!




    Das Pflaster verschwindet, das Einfachgleis befand sich links in Randlage.




    An der Kreuzung mit der Hugo-Bürkner-/ und Cäcilienstraße treffen wir auf die viel langweiligere heutige Streckenführung. Rechts frisch sanierte ältere Blöcke der Postsiedlung noch in expressionistischen Formen.




    Wir blicken nach Süden, in die Hugo-Bürkner-Straße. Von 1928 bis 1947 kam die Bahn in Richtung Reick wie heute durch die Hugo-Bürkner-Straße, bog dann aber nach links auf die alte Streckenführung in der Dohnaer Straße ab. Seit 1947 nimmt sie geradeaus die Cäcilienstraße, hier in unserem Rücken.




    Wir folgen der alten Streckenführung, kreuzen die Bahn, und blicken zurück in die schmale Dohnaer Straße.




    Gegenüber der Postblockes an der Nordseite der Dohnaer Straße diese netten Vorstadthäuschen.




    An der Einmündung der Dorotheenstraße befand sich ab 1892 der Pferdebahnendpunkt. Links angeschnitten der ehemalige Dorotheenhof...




    …von dem ich warum auch immer kein brauchbares Bild gemacht habe. Her als Entschädigung eine historische Postkarte.




    1902 wurde die Strecke durch die Dohnaer Straße weiter Richtung Leubnitz-Neuostra verlängert. Und ab 1927 entstanden hier die Postblöcke, nach jahrelangem Leerstand gerade frisch saniert.




    Unterschiedliche Erhaltungszustände: Rechts wohl noch fast 90 Jahre alter Originalputz und Original-Fenster, mittig komisches Schweinchenrosa, links weiß. Beachtenswert die neuen Sprossenfenster.




    An der Einmündung der Teplitzer Straße wird die nach links abgehende Dohnaer zur Hauptverkehrsmagistrale. Über der Kreuzung sehen wir die Einmündung der Wilhelm-Franke-Straße, ehedem Finkenfangstraße, die uns nach Leubnitz führen wird. Sichtbar ein Bus der Linie 75, welche die Straßenbahn 1974 ersetzte, dahinter die Haltestelle Dohnaer Straße.




    Rings um die Kreuzung, hier an der Teplitzer Straße, die expressionistischen Posthäuser. Diese große Wohnlage direkt an der Hauptverkehrsstraße galt noch vor wenigen Jahren als nicht vermietbar. Die zunehmende Knappheit an kleinen, bezahlbaren Wohnungen in Dresden hat dafür gesorgt, dass sich die Häuser mittlerweile in frischem Sanierungsglanz sonnen, zumal wir uns im erweiterten Unigebiet befinden.




    Bevor es weiter auf nach Leubnitz hinein geht noch zwei nötige Abstecher. Zunächst springen wir an die Dorotheenstraße zurück und folgen auf dieser der Streckenverlängerung von 1913 gen Vorstadt Reick.




    Einige Impressionen der vorstädtischen, aber doch recht hübsch anzusehenden Bebauung entlang der Straße. Zunächst nordwärts zur Reicker Straße zu…









    …an der wir wieder auf die nun parallel durch die Cäcilienstraße führende Strecke treffen.




    Wir laufen zurück und genießen einige Eindrücke der westlichen Straßenseite.




    Womit wir wieder am ehemaligen Endpunkt wären und vom Streckenende vor 1902 in Richtung Stadt blicken.


  • Von Strehlen nach Leubnitz-Neuostra

    Noch ein Sprung, diesmal an die noch sehr aktive Haltestelle Hugo-Bürkner Straße.




    Beim Betrachten der Linkskurve in die Hugo-Bürkner-Straße, heute Streckengleis nach Reick und Prohlis, fällt das für Bauarbeiten als Wendepunkt genutzte Gleisdreieck auf. Dieses entstand Anfang der 1990er aus den noch vorhandenen Gleisresten der 1928 geradeaus führend neu angebundenen Leubnitzer Strecke. Das landwärtige Gleis wurde abgebaut bzw. überteert, das stadtwärtige dient heute als Rückstoßgleis. Dahinter wieder: Posthäuser. Nicht zum letzten Mal!




    Nahaufnahme:




    Wir folgen der Lockwitzer Straße bis zur Teplitzer und damit der Leubnitzer Strecke in ihrem letzten Zustand. Links begleitet uns die ausgedehnte Postsiedlung.





    Wir erreichen die Teplitzer Straße. Gegenüber: Posthäuser!




    Nach kurzem Schwenk auf die Teplitzer bog die Straßenbahn kurz darauf in die Wilhelm-Franke-Straße ein, wo sie wieder auf die alte Streckenführung traf. Links mündet die Dohnaer ein, um dann als Hauptstraße die hier endende Teplitzer weiterzuführen. Der Ausbau der stadtautobahnähnlichen Strecke war einer der Gründe für die Stilllegung der kreuzenden Straßenbahn. Hier waren wir übrigens gerade.




    Überqueren wir die Kreuzung und trotzen dem einsetzenden Regen. Ein Blick zurück zu Dohnaer (rechts) und Teplitzer Straße (links) bringt Unerwartetes: Posthäuser!




    Wir lassen die jetzige Bus- und einstige Straßenbahnhaltestelle Dohnaer Straße hinter uns und folgen nun der recht schmalen Wilhelm-Franke-Straße, einst Finkenfangstraße, in Richtung Leubnitz. Hier stoßen wir auf wenig aufregende Vorstadtbebauung.





    Wir erblicken die stadtwärtige Haltestelle Altleubnitz, einst Spitzwegstraße, die seit den 1960er Jahren als Übergang der Vorstadtbuslinie G, später 75, zur Straßenbahnlinie 13 diente. Heute fährt die 75 weiter stadteinwärts anstelle der Straßenbahn.




    Gegenüber das frisch sanierte „Edelweiss“, vor dem sich einst der erste Straßenbahnendpunkt befand. Das ruinöse Bauwerk wurde erst vor kurzem saniert. Was überwiegt mehr: die Freude über die Rettung in letzter Sekunde oder der Ärger über die Verunstaltung?




    Wieder mal ein Vergleich: „Edelweiss“ heute, 1902, als die Neueröffnung einer Straßenbahnstrecke noch zum Volksfest gereichte, und in den ersten Betriebsjahren der Bahn.







    Impression aus Altleubnitz:




    1932 wurde der Endpunkt aus betrieblichen Gründen in die Finkenfangstraße (Wilhelm-Franke-Straße) in Höhe des Leubnitzer Friedhofs verlegt, zuletzt hieß die Haltestelle „Heydenreichweg“, wie das Schild der Linie 13 verrät:





    Man kann sich vorstellen, welch ein Verkehrshindernis die beidseitig die Straße blockierenden Straßenbahnzüge dargestellt haben müssen. Damit war es ab 1974 vorbei.



    Es übernahm die in die Stadt verlängerte Buslinie 75 gemeinsam mit der bereits im Johannstadt-Teil vorgestellten 94, die zu einer durchgehenden Doppellinie vereinigt wurden:




    Wir verabschieden uns mit einem Vorstadtidyll direkt neben der einstigen Straßenbahn-Endstelle und besteigen den Bus Richtung Stadt.


  • Unterwegs in Pieschen und Mickten (Teil I)

    Nach längerer Abstinenz begab ich mich bei zugegeben miesestem Fotowetter mal wieder in die nordwestlichen Gefilde der sächsischen Landeshauptmetropole, um mich dem dortigen städte- oder besser dörferbautechnischen Umfeld in bekannter Weise zu widmen.



    Blick durch die Molenbrücke am Pieschner Winterhafen in Richtung „Residenz“.




    Die bis 1897 eigenständige Gemeinde Pieschen verfügte an ihrer Gemarkungsgrenze zur Residenz an der Oststraße (heutige Oschatzer Straße) bereits seit dem 3.9.1882 über den für damalige Verhältnisse atemberaubenden Luxus einer schienengebundenen Direktanbindung in Richtung „Stadt“, wenngleich noch mit animalischem Antrieb. Allerdings war bis zum Abfahrtspunkt der pferdegetriebenen Novität, die das Berühren Pieschner Territoriums zunächst peinlichst zu vermeiden versuchte, doch ein gehöriger Fußmarsch erforderlich. Erst 1890 stießen die gelben Wägelchen der Linie Postplatz–Pieschen, ab 1906 Linie 17, über die Leipziger Chaussee weiter ins Herz des Örtchens vor, als der Endpunkt in Höhe der Einmündung der Kirchstraße (heute Mohnstraße), also in etwa am Ballhaus Watzke, eingerichtet wurde.


    Im Jahr der Einverleibung Pieschens 1897 erreichte die Linie schließlich den neu eröffneten Straßenbahnhof am Rande der Gemarkung Mickten, das zunächst noch für weitere sechs Jahre seiner Unabhängigkeit frönen durfte. 1899 durften die Zugtiere schließlich ihren wohlverdienten Ruhestand antreten, denn ab nun wurden die Gefährte der Dresdner Straßenbahn AG ausschließlich „electrisch“ motorisiert.


    Die Entwicklung des Pieschner Straßenbahnnetzes nach der Jahrhundertwende




    Das bekannte schmale Eckhaus am Pieschner Winkel, am Ende des Gebäudedreiecks, durch das die Flurgrenze Pieschen-Mickten führt, das Ballhaus Watzke.




    Das 1898 anstelle eines Vorläuferetablissements bereits auf Micktner Flur errichtete Watzke heute und auf einer historischen Postkarte, hier befand sich ab 1890 der Endpunkt der aus der Stadt kommenden Pferdebahn.





    Bevor wir uns nach Pieschen hineinbegeben, ein Blick in Richtung Mickten und Übigau, dem Ziel unseres Rundgangs. Der Weg führt hinunter zur einstigen Anlegestelle der Fähre zwischen Pieschen und Schlachthof, die 1996 das letzte Mal überholte.




    Wir statten zunächst der von 1926 bis 1938 bestehenden großen Pieschner Blockschleife einen Besuch ab. Diese wurde mit Inbetriebnahme der heute von der Linie 13 befahrenen nördlichen Tangente vom Bischofsplatz über Fritz-Reuter-Straße, Liststraße und Bürgerstraße als Endpunkt für die damals neue Linie 14 angelegt. Die aus der Stadt kommenden Bahnen befuhren dabei in Richtung Mickten zunächst Altpieschen und die Braunschweiger Straße und bogen dann links in die Wurzener Straße ein, wo sich der Endpunkt befand. Die Rückfahrt erfolgte über die bestehende ehemalige Pferdebahnstrecke auf der Leipziger Straße und die Mohnstraße.



    Au der historischen Postkarte zeigt sich die Bürgerstraße noch straßenbahnfrei, ansonsten ist die Ansicht auch heute noch gut nachvollziehbar.




    Von links die aktuelle Strecke der Linie 13, diese Verbindung wurde 1949 als eigener Bahnkörper über einst von dörflichen Gehöften in Beschlag genommenem Brachgelände in Betrieb genommen und dient heute nach Neubebauung des Areals in den 1990ern als Haltestelle Altpieschen. Geradeaus durch das Endstück der Bürgerstraße ging es bis dato weiter zur Mohnstraße.




    Wir stehen am Ausgangspunkt der Schleife am Zwickel Mohnstraße (links) und Altpieschen (halbrechts).




    Nach Auflassung der eingleisigen Blockschleife ging es ab 1938 zweigleisig durch die Mohnstraße, an deren Ende wir die Bebauung des „Pieschner Winkels“ an der Leipziger Straße sehen.




    In Altpieschen, Kern des einstigen Fischer- und Bauerndorfes, hat sich rechtsseitig ein guter Teil der dörflichen Bebauung erhalten, während die linke Straßenseite von großen Mietshäusern gesäumt wird.





    Im Straßenpflaster ist die eingleisige Gleislage noch deutlich sichtbar. Links sehen wir das Eingangsgebäude des Städtischen Obdachlosenasyls, einst Altpieschen 9.




    Pieschen war nie eine Wohnlage der „besseren Schichten“. So war die Anlage des Obdachlosenasyls nach Plänen von Hans Erlwein 1912 im Herzen der Arbeitervorstadt nur konsequent. Im Folgenden zwei Impressionen des inzwischen vorbildlich sanierten und als Wohnanlage genutzten Ensembles.





    Der Pieschner Dorfplatz trägt noch heute im Volksmund seinen einstigen Namen „Lindenplatz“. Hier befand sich eine Straßenbahnhaltestelle.




    Ein historischer Vergleich, im Hintergrund damals wie heute die GEWOBAG-Siedlung Yorkstraße (Arno-Lade-Straße).




    Kreuzung mit der Robert-Matzke-Straße, ehemals Moltkestraße, im Vordergrund der einstige Haltestellenbereich. Es geht weiter geradeaus in die kurze Braunschweiger Straße.




    Am bis 2006 gastronomisch genutzten Eckhaus Braunschweiger/Robert-Matzke-Straße ist heute noch (bzw. wieder) die Werbung des ehemaligen „Pieschener Hofs“ sichtbar. In den 1990ern bestand hier das „Café Malaria“, dann das „Stilbruch“, zuletzt die Fußballkneipe Tooooor (mit fünf „o“).




    Kurzer Sprung in die Wurzener Straße. Wir blicken zurück in die Braunschweiger und dabei genau in die Kurve der ehemaligen Straßenbahnstrecke. Beachtenswert die schlichte, aber dennoch angenehm vielfältige Bebauung der zwanziger Jahre. Allerhöchstwahrscheinlich trugen diese Häuser einst Fahrleitungsrosetten.




    Blick entlang der Wurzener in Richtung Leipziger Straße. Bis zum Abriss 2009 ging er nicht ins Uferlose, sondern direkt auf die ehemaligen Meterspurhallen des Straßenbahnhofs Mickten.




    Der einstige Endpunktbereich der Linie 14 in der Wurzener Straße. Es wäre heute unvorstellbar, dass sich hier mitten auf der wichtigen innerörtlichen Verbindungsstraße diverse Straßenbahnzüge stapeln.




    Unser Blick geht über die flurbegrenzende Leipziger Straße von Pieschen hinüber ins 1903 eingemeindete Mickten. Der einstige Straßenbahnhof dient heute als Einkaufszentrum. Von den ab den dreißiger Jahren als KFZ-Werkstatt genutzten Meterspurhallen der 1899 eröffneten und 1930 umgespurten Lößnitzbahn zeugen zumindest noch die angedeuteten Portale rechts.




    Die Gleisschleife Dreyßigplatz, heute Endpunkt der „13“, ersetzte ab 1938 die Pieschner Blockumfahrung. Das große expressionistisch angehauchte Endzwanziger-Gebäude im Hintergrund gehört übrigens zu… Richtig! Trachau!




    Der Endpunkt der Lößnitzbahn befand sich auf dem Bahnhofsvorplatz. Fahrgäste aus Zitzschewig, Kötzschenbroda, Ober- und Niederlößnitz, Radebeul, Trachau und Kaditz mussten hier bis 1930 in die Stadtlinien umsteigen. Heute brausen oder schaukeln sie (je nach Fahrzeugzustand und/oder Laune des Fahrpersonals) mit den Niederflurbahnen der Linie 4 durch bis ins Stadtzentrum (oder weiter).





    Wir verabschieden uns zunächst mit einem weiteren historischen Bild des Straßenbahnendpunkts auf und neben der Leipziger Straße und begeben uns in Teil Zwei in die ab 1913 nahverkehrlich erschlossenen Dörfchen entlang des Elbestroms.


  • Unterwegs in Pieschen und Mickten (Teil II)

    Am 21.10.1913 kamen die Micktner und Übigauer erstmals in den Genuss einer direkten Nahverkehrsanbindung ihrer Ortschaften. Zunächst pendelte ab dem Straßenbahnhof Mickten ein einzelner roter Wagen der neuen Linie 10 zum Endpunkt Übigau, der sich allerdings strenggenommen in Mickten befand. Durch den Weltkrieg verzögert sollte es noch einige Jahre dauern, bis die Linie 10 in mehreren Schritten über die Leipziger Straße in das Stadtinnere verlängert wurde. Die Postkarte zeigt die Sternstraße noch straßenbahnfrei, das markante Dienstgebäude des Straßenbahnhofs trägt noch seinen Uhrturm.




    Heute stellt sich dieselbe Situation so dar:




    Wir gehen die Sternstraße entlang und erblicken in der Franz-Lehmann-Straße die Rückfront des einstigen Straßenbahnhofs, in dem heute mit Spirituosen, Klopapier und Gummibärchen gehandelt wird.




    Die Sternstraße selbst ist gelinde gesagt etwas reizbefreit.




    Die Chronistenpflicht nötigt uns zu dieser Aufnahme des Bereichs der 1926 aufgelassenen Haltestelle „Herbststraße“, am Horizont die Leipziger Straße.




    Als Ersatz wurde eine neue Haltestelle „Trachauer Straße“ eingerichtet, die seitdem ununterbrochen Bestand hat. Kurz darauf bog die Linie 10 bis 1928 scharf nach links in die Trachauer ein: die noch fehlende Weiterführung der Sternstraße über die noch heute bestehenden Felder sollte die Verlegung der Strecke in hochwasserfreies Gebiet erst Ende der 1920er Jahre ermöglichen.




    Um 180° gedreht sehen wir an besagter Ecke die sanierten alten Industriebauten der Waffelfabrik der Gebrüder Hörmann AG, die seit Ende der 1990er Jahre Wohnungen beherbergen. Nach Zwangsenteignung und Übernahme durch Bahlsen 1990 erfolgte nur zwei Jahre später die Liquidation des Traditionsunternehmens. In Bildmitte der zur Elbe führende Südabschnitt der Trachauer Straße.




    Ehemalige Fabrikeinfahrt in der Trachauer Straße.




    Die Trachauer Straße nähert sich der Kötzschenbroder Straße entlang der Elbe. Drüben in der Friedrichstadt erspähen wir die Bienertsche Hafenmühle.




    Wir schauen zurück. Das spitze Eckhaus zwischen Kötzschenbroder und Trachauer Straße wird noch heute gastronomisch genutzt und beherbergte früher das „Elbschlösschen“.




    Wir blicken auf den Südflügel der Hörmannschen Waffelfabrik. Hier befand sich bis 1926 die Haltestelle „Kötzschenbroder Straße“, die ebenso wie die an der Herbststraße durch die mittig gelegene Haltestelle „Trachauer Straße“ ersetzt wurde. Die Gleise der alten Übigauer Strecke konnten an dieser Stelle übrigens noch 70 Jahre nach der Stilllegung der Strecke aufgefunden werden und verschwanden erst mit der Sanierung der Kötzschenbroder und Trachauer Straße um 2000. Vermutlich dienten sie im Anschluss noch als Industrieanschlussgleise, das konnte ich allerdings bislang noch nicht verifizieren.




    Die gleiche Ansicht um 1920. Links neben dem Fabrikgebäude vermeine ich das Haltestellenschild zu erkennen.




    Der Rest der alten Strecke führte wahrlich idyllisch auf der Böcklinstraße an der Elbe entlang. Der Städtischen Straßenbahn stand der Sinn allerdings weniger nach Romantik, denn genau diese Lage machte die Route mitunter mehrere Male im Jahr unbenutzbar, nämlich dann, wenn die Elbefluten die Böcklinstraße eroberten.




    Wir blicken zurück zum Pieschner Winkel, dem Ausgangspunkt unseres Rundgangs. In der Bildmitte ist das neue Pieschner Wahrzeichen, die Molenbrücke, erkennbar.




    Die Hochwässer und der Bau der Kaditzer Flutrinne im Altelbarm beschieden der netten Vorstadtbahn nur eine kurze Existenz. Mit der Flutrinne erfolgte die Verlängerung der Sternstraße nebst Brücke über den neuen Kanal, so dass die Bahn nur 15 Jahre nach ihrer Inbetriebnahme verlegt wurde.




    Die aktuelle Flutrinnenbrücke von der Böcklinstraße aus gesehen. Ihrer ohnehin schon maroden Vorgängerin wurde vom Hochwasser 2002 der letzte Rest gegeben. Somit war es letztlich eine Naturkatastrophe, die der ohnehin schon auf der Intensivstation dahinsiechenden Übigauer Straßenbahnanbindung ein jähes Ende bereitete, ein Novum in der Dresdner Straßenbahngeschichte. Doch dazu später.




    Hinter der Flutrinne erblicken wir das Ziel unserer Reise, die Ortskerne von Mickten und Übigau.




    Ein einzelner rot lackierter Triebwagen der Städtischen Straßenbahn wartet am Endpunkt Übigau, der sich allerdings noch deutlich auf Micktener Flur befand, auf die Rückfahrt nach Mickten. Bis in die Zeit des Ersten Weltkriegs hinein wurde farblich noch strikt getrennt: alle geraden Liniennummern wurden mit roten, alle ungeraden mit gelben Wagen bestückt, ein Erbe der beiden 1906 von der Stadt übernommenen konkurrierenden Privatbetriebe. So kam es auch, dass im zutiefst „gelben“ Micktner Revier 1913 eine „rote“ Zehn Einzug halten konnte.




    Die exakt gleiche Situation am Weihnachtstag 2015, ca. einhundert Jahre nach der vorherigen Aufnahme.




    Wir blicken vom alten Endpunkt zurück über die Flutrinne zur Hörmannschen Waffelfabrik.




    Bevor wir uns der „neuen“ Übigauer Strecke zuwenden noch ein Ausflug in die Umgebung. Einen halben Steinwurf vom alten Endpunkt entfernt liegt der Eingang zum Micktner Dorfplatz, geziert von der „Lindenschänke“.




    Links neben der Lindenschänke führt ein romantischer Fußweg an der Elbe entlang nach Übigau. Die bereits um 15 Uhr einbrechende Dunkelheit verhinderte leider einen fotografischen Abstecher, daher muss die alte Postkarte genügen. Vor dem Schloss die einstige Fährverbindung ins Ostragehege.




    Gegenüber der Lindenschänke findet sich an den benachbarten Gründerzeitler geklebt dieses hübsche Häuschen.




    Impressionen vom Micktener Dorfplatz, heute Altmickten, Typ „slawischer Rundling“.





    Bevor die Dunkelheit ein sinnvolles Fotografieren völlig zunichte machte, ging es noch bis zum Endpunkt Übigau Nummer Zwo, bedient von 1928 bis 1964. Auf dem Wege dahin dieser Blick entlang der Scharfenberger Straße.




    Wir befinden uns am Streckenende des besagten zweiten Endpunktes, im Rücken die Rethelstraße, und blicken zur Flutrinnenbrücke. Sie ist im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin deutlich höher gewölbt und für die Aufnahme einer Straßenbahntrasse nicht mehr ausgelegt.




    Gegenrichtung, Blick zur Rethelstraße mit dem einstigen Streckenende im Bereich des Kreisverkehrs.




    1964 wurde die Strecke entlang der Flutrinne zum Übigauer Trafowerk verlängert. In dieser Form bestand sie bis August 2002. Es ist heute kaum mehr vorstellbar, dass hier dereinst zwei Linien im Berufsverkehr kaum ausreichten, die Menschenmassen fortzubewegen. An dieser Stelle begann der eisenbahnähnliche eigene Bahnkörper, und genau hier befand sich schon außerhalb des Straßenbereichs die letzte Haltestelle vor dem Endpunkt: Scharfenberger Straße.




    Wir schauen entlang der Flutrinne zum Übigauer Trafowerk und haben die einstige Verlängerung im Blick. Entlang der linken Böschung lag die Straßenbahntrasse, die Gleisschleife Übigau (Overbeckstraße) befand sich auf dem Ödland links neben der Brücke Washingtonstraße. Heute sind kaum noch Reste der einstigen Straßenbahntrasse auszumachen. Übrigens haben alle drei ehemaligen Übigauer Endpunkte eins gemeinsam: sie befanden sich alle auf Micktner Flur!




    Wie angedroht noch einige Bemerkungen zum Ende der Übigauer Strecke. Diese erlebte nach der Wende einen für das Dresdner Straßenbahnnetz beispiellosen Niedergang, so dass es fast verwundert, dass sie überhaupt noch bis 2002 Bestand hatte. Der Wegfall Tausender Arbeitsplätze in den Übigauer Industriebetrieben hatte verheerende Auswirkungen auf die Fahrgastzahlen. Bis 1992 wurde Übigau noch von zwei Linien (zuletzt 13 und 15) angedient, dann folgte von 1992 bis 1995 ein Intermezzo der „4“, von 1995 bis 2000 der „5“, die zuletzt nur noch aller zwanzig Minuten und sonntags gar nicht mehr betrieben wurde – Ersatz der Straßenbahn war da ein Kleinbus zwischen Mickten und Übigau! Von 2000 bis 2002 erbarmte sich nochmals die „13“. Allein die ständig wechselnden Linienbelegungen in den letzten Betriebsjahren verdeutlichen, dass man mit dem ungeliebten Wurmfortsatz nur noch herzlich wenig anzufangen wusste.


    Die heute bestehende Verlegung zum Elbepark und nach Kaditz war da schon längst geplant und konnte dann dank der Flutgelder ab 2003 auch zügig umgesetzt werden. Im Folgenden die definitiv letzten Seitenschilder für die Übigauer Strecke, die für die ebenso letzten unsanierten TATRA-Fahrzeuge, die auf der „13“ ihren wiederum allerletzten Frühling erlebten, gedruckt wurden. Die neue Haltestelle „An der Flutrinne“ ist da schon verzeichnet:





    Diese befand sich genau anstelle des jetzigen Mittelstreifens der erneuerten Straße und diente der Erschließung der frisch fertiggestellten Neubauten zur linken außerhalb des Bildes. Heute quert die Straßenbahn im Hintergrund und fährt weiter nach Kaditz. Das noch sehr rudimentär bebaute Umfeld wird sich in den nächsten Jahren radikal verändern, wenn die einstigen hochfliegenden Pläne der Nachwendezeit für einen völlig neuen Stadtteil auf dem heutigen Immer-noch-Brachland doch noch umgesetzt werden.




    Zum Abschluss blicken wir noch einmal von der Flutrinnenbrücke auf die Böcklinstraße, da, wo einst die erste Übigauer Straßenbahnstrecke verlief.




    Frohe Restweihnacht!