Friedrichswerdersche Kirche


  • Das habe ich ja von Anfang an bemängelt. Nicht nur der Eindruck im Innerern, auch dass die Kirche von Aussen faktisch nicht mehr sichtbar ist... Aber das war den Traditionalisten ja alles egal. Hauptsache der Grundriss ist der von vor dem Krieg.


    Nun, im Vergleich zu diesem Zustand, der die Kirche zu einem grotesk im Niemandsland stehenden und von jeglicher kulturhistorischen und sozialen Beziehung losgelösten Schauobjekt degradierte, ist jede auch nur ansatzweise Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands eine Wohltat.
    http://www.tagesspiegel.de/ima…88/9571580/2-format10.jpg

  • ^Sicher, ein schönes Foto der Kirche. Aber wie hätte man mit den Freiflächen, die auf dem Foto stark verkleinert wirken in Folge der perspektivischen Verkürzung, denn umgehen sollen?


    Im Falle einer Nicht-Bebauung gibt es quasi zwei Möglichkeiten:


    1. Grünfläche
    2. Versiegelte Fläche (Pflaster oder Asphalt)


    Ohne Neubauten wäre weder eine sinnvolle und geordnete Platzsituation noch ein Park entstanden, sonder Abstandsgrün. Das hätte nicht überzeugt. Auch andere großartige Kirchen stehen in dichter Bebauung. Die Bebauung ist legitim. Was die zeitgenössische Architektur hier leistet, werden wir sehen.

  • Camondo kann sich das Bild ja übers Bett hängen. Die Kirche ist ja von Schinkel nicht auf Fernsicht entworfen, sondern extra für den schmalen Bauplatz - insofern ist es völlig richtig diese wieder baulich zu rahmen. Das ist beim Stadthaus an der Jüdenstraße genau dasselbe. Hier sieht man im übrigen, wie oberflächlich heute Architektur des 19. Jahrhunderts betrachtet wird und wie wenig verstanden. Die Baumeister Schinkel und Hoffmann schüttelten die Köpfe, hörten sie derartige Lobeshymnen auf ihre Bauten.


    Über die Qualität der Neubauten ist hier viel gesagt worden: bitte bei Frau Lüscher und den Wettbewerbsgutachtern beschweren, nicht den Traditionalisten hier im Form.

  • Camondo kann sich das Bild ja übers Bett hängen. Die Kirche ist ja von Schinkel nicht auf Fernsicht entworfen, sondern extra für den schmalen Bauplatz - insofern ist es völlig richtig diese wieder baulich zu rahmen.


    Wieder einmal herzlichen Dank für die freundliche Belehrung. der Umstand war mir natürlich nicht unbekannt wie du dir vielleicht denken kannst.
    Wenn man dann allerdings feststellt, dass die Kirche auch auf Fernsicht nicht ihre Wirkung verfehlt sondern den Schinkelplatz selbst ein sehr schönes Gesicht gibt... darf das natürlich auf keinen Fall als solches festgestellt werden, denn es herrscht die Diktatur des alten Grundrisses. Ich gehe davon aus, dass dieser über deinem Bettchen hängt werther Konstantin?! Der von Potsdam ist ja schon dein Avatar hier.


  • wie alles ist es immer ein Frage der Perspektive.. aber nicht nur, so wähle ich lieber ein Foto aus den letzen 2 Jahren denn der Zustand hat mir eher behagt. Schon klar dass Du dein Bild in Kontrast mit dem abgerissenen DDR-Außenministerium wählen musstest.


    Du kannst dir das Außenministerium gerne wegdenken, das ändert an der offenkundigen städtebaulichen Entwurzelung der Kirche überhaupt nichts. Sie wurde nicht errichtet, um einsam und abseits menschlichen Lebens schön im Abendlicht zu funkeln. Aber ich mach dir gerne die Freude mit einem passenden Abschiedsbild :D.


  • bei dem trefflichen Wetter heute bin ich mal um die Kirche geschlichen und hab ein Paar Bilder gemacht.


    hätte man sich nicht stur an den historischen Grundriss gehalten und den Neubau links etwas zurückversetzt, die Strasse hätte ja da dem alten Verlauf folgen können, wäre das Erlebnis sehr viel befriedigender weil die Fassade der Kirche nicht zur Hälfte verdeckt worden wäre. Stichwort Sichtachse.


    http://abload.de/img/dscn0864xiquo.jpg


    kommt mann näher sieht man wie dicht der Neubau von der Westseite her an die Kirche ranrückt. Das sind keine 2 Meter.


    http://abload.de/img/dscn0869k1r4w.jpg


    Auch von der Nordseite her ein eher bedrückendes Raumerlebnis. Ich frage mich wer sich hier wohlfühlen will.


    http://abload.de/img/dscn0871b5rme.jpg


    Hier ein Riss oder eher schon eine Verschiebung, der sich am Chor der Kirche diagonal von oben bis unten ins Erdreich vortsetzt.


    http://abload.de/img/dscn0873z7p65.jpg


    Alles in allem bleibe ich bei meiner Meinung hier wird die Diktatur des historischen Stadtgrundrisses zum Schaden der Kirche auf die Spitze getrieben.


    Photos made by Camondo


    Bilder mit über 1024 Pixel Breite bitte auf diese Größe verkleinern oder (wie jetzt hier) als Link einfügen. Der Thread wird sonst schwer lesbar auf den üblichen Bildschirmen, weil auch geschriebene Zeilen entsprechend verlängert werden und man seitwärts scrollen muss, um sie zu lesen. Höhere Auflösungen bitte nur im Galerie-Bereich.
    Bato

    2 Mal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • Bitte Vorsicht mit den Begriffen: die "Dikatur" war ein ordentlicher Be-Plan mit allen Beteiligungen. Vielleicht soltest Du doch mal über Planungen in einer Diktatur informieren, bevor man so einen Quatsch schreibt.


    Sonst warte doch einfach mal ab, wie alles aussieht, wenn die Gerüste runter sind. Dann ist ggf. auch die Kirche wieder repariert und man kann wieder über die Sache diskutieren.

  • Ich gebe Camondo recht. Man hätte gut und gerne noch mindestens 2 Meter Abstand lassen können. Anderswo geht man mit Platz allzu verschwenderisch um, hier ist das genaue Gegenteil der Fall. Die seitlichen Fassaden der Kirche wird man kaum mehr bewundern können. Auch dass die Front der Kirche halb durch das Gebäude verdeckt wird - für mich unverständlich. Wie viel besser hätte es ausgesehen, die Kirche genau im Zentrum der Achse stehen zu haben.

  • Es geht offenbar in manche Köpfe nichts anderes als moderner oder gründerzeitlicher Städtebau herein. Mitte, Achse, freistellen.


    Hierüber hat sich Ende des 19 Jahrhunderts schon Camillo Sitte beschwert und eine Rückkehr zum malerischen Stadtädtebau verlangt. Auf der Piazza Navona steht auch nichts in der Mitte, von den meisten stets bewunderten italienischen Plätzen ganz zu schweigen. Man soll immer nur ein Teil des Gebäudes sehen, um Lust auf mehr zu bekommen, weiterzugehen. Was Ihr hier propagiert wird städtebauliche Peepshow, kein Wunder, dass niemand mehr Lust hat mehr zu erkunden.

  • ^ An der Piazza Navona steht ja auch nur malerische Architektur. Wenn ich ein Gebäude halb vor die Kirche stelle, das so hässlich ist, wie in diesem Fall, dann würde ich halt doch lieber mehr von der schönen Kirche sehen und weniger von dem Neubau. ;)

  • Konstantin, Du musst zugeben, das sieht einfach nur besch...n aus. Eine Strasse die auf eine halbverstellte Kirche zuführt. Hier wäre eine Chance gewesen den historischen Grundriss zugunsten von Schönheit und Ästhetik, die ihr ja immer einfordert, zu korrigieren. Scheint, dass hier etwas dumm gelaufen ist oder in diesem Gremium, das den B-Plan beschlossen hat, nur Menschen sitzen die kein räumliches Vorstellungsvermögen besitzen. Oder, dass nur das Primat des historischen Grundrisses zählt.

    3 Mal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • Weiter wird darauf hingewiesen, dass die bald 5- bs 7-stöckige Bebauung (die ursprüngliche Bebauung war 2 Stockwerke hoch) die zierliche Kirche faktisch aus dem Stadtbid verschwinden lassen und zudem im Innern verdunkeln wird:
    Hier der Link zum Tagesspiegel-Artikel (mit Bildstrecke):
    http://www.tagesspiegel.de/kul…d-zerstoert/11506792.html
    Mein Fazit: Es gibt Orte, wo eine Rekonstruktion oder Neubebauung im alten Maßstab zwingend gewesen wären, und das unmitelbare Umfeld dieser Kirche gehörte dazu.


    Zum Thema historische Bebauung und dem unqualifizierten Kommentar im Tagesspiegel hatte ich zwar schon mal im Threat zur Bebauung am Schinkelplatz 2 Fotos gepostet,die zeigen, dass die Neubebauung eben die alten Maßstäbe und die historischen Srukturen aufnimmt.
    http://3.bp.blogspot.com/-MJXA…rderscher_markt_2_ska.jpg
    http://www.abload.de/img/p1100607_2mpfv.jpg
    Hier ist zu erkennen, dass die kritisierten Neubauten im Bereich der Kirche exakt den historischen städtebaulichen Grundriss rekonstruieren. Dies betrifft auch die Höhe der historischen Bebauung.

  • ^^Es gibt keinen Grund etwas "zuzugeben", was nicht so ist. Erstens hast Du nicht von der Mitte der Straße fotografiert sondern absichtlich von der linken Seite und zweitens eben deinen Camillo Sitte nicht gelesen.


    Hätte man die Straße so verbreitert, dass die Kirche in der Mitte gestanden hätte, wäre eine langer Platz voller Langeweile entstanden. Oder wolltest Du die Kirche verschieben wie einstmals das Esplanadehotel?

  • Konstantin
    Ich sagte doch, die Strasse hätte in ihrer Führung da bleiben können wo sie ist. Der schnöde Klotz links hätte etwas eingerückt werden können so dass die Fassade der Kirche mittig zu sehen wäre, zugunsten eines breiteren Bürgersteigs. Auch wenn mein Standort nicht ganz mittig auf der Straße ist, die Kirche kommt nicht zentral in die Flucht.

    4 Mal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • Zum Thema historische Bebauung und dem unqualifizierten Kommentar im Tagesspiegel hatte ich zwar schon mal im Threat zur Bebauung am Schinkelplatz 2 Fotos gepostet,die zeigen, [...] dass die kritisierten Neubauten im Bereich der Kirche exakt den historischen städtebaulichen Grundriss rekonstruieren. Dies betrifft auch die Höhe der historischen Bebauung.


    Danke für die Verlinkung der interessanten Bilder der Vorkriegsbebauung.


    Das ist natürlich zugegebenermaßen ein starkes Argument, allerdings kann ich persönlich auch dem Einwand etwas abgewinnen, dass durch Gebäude dieser Höhe das Kircheninnere verdunkelt wird, was Schinkel nicht auf dem "Radar" gehabt haben dürfte, weil die umgebenden Bebauung damals halt nur zweistöckig war. Ob das jetzt wiederum bedeutet, dass man um die Kirche herum in Anlehnung an die Architektur der Schinkelzeit hätte bauen sollen? Da zögere ich dann ehrlicherweise doch ... .

  • Das habe ich ja von Anfang an bemängelt. Nicht nur der Eindruck im Innerern, auch dass die Kirche von Aussen faktisch nicht mehr sichtbar ist... Aber das war den Traditionalisten ja alles egal. Hauptsache der Grundriss ist der von vor dem Krieg. [...] So habe ich mich ja entschieden für eine Nicht-Umbauung der Kirche positioniert.


    Eigentlich bin ich schon für eine Bebauung im historischen Grundriss, habe aber Sorge, dass das, was dort entsteht, zu massiv und zu grob sein wird und die filigrane Friedrichswerdersche Kirche optisch erdrücken wird.


    Außerdem bleibt natürlich das Problem der Verdunkelung. Der helle Innenraum hat mir immer gut gefallen. Vielleicht hätten es ja auch fünf statt sieben Stockwerken getan.

  • Konstantin
    Ich sagte doch, die Strasse hätte in ihrer Führung da bleiben können wo sie ist. Der schnöde Klotz links hätte etwas eingerückt werden können so dass die Fassade der Kirche mittig zu sehen wäre, zugunsten eines breiteren Bürgersteigs. ...


    Das die Kirche aus der Kurstraße nur halbverdeckt zu sehen ist, hat. m.E. einen gewissen Reiz. Was mich stört ist die viel zu hohe Bebauung an den Flanken der Kirche. 6-7 Stockwerke, dass ist m.E. zuviel. Und da zieht auch das Argument der Historiker nicht, dass die Altbebauung ähnlich hoch gewesen sei. Das muss früher nicht der Weisheit letzter Schluß gewesen sein. Wenn man sich die verlinkten historischen Aufnahmen ansieht, erkennt man, dass kein Gebäude höher als max. vier Stockwerke gewesen ist. Die Altbebauung westlich der Kirche ist deutlich niedriger gewesen, max. drei Stockwerke. Vermutlich wurden die höheren, direkt an der Kirche gelegenen Gebäude, erst nach Schinkles Zeit neu angebaut, erhöht oder überformt.


    Nicht nur im Kircheninneren, auch in den angrenzenden Wohnungen wird es recht dunkel werden. Ich frage mich inwieweit dies mit dem Luxusbegriff, der dort stets und ständig betont wird, vereinbar ist ? Die Lage im Ort ist nicht alles, die Lage vor Ort ist genauso entscheidend. Und wenn die Neubauten denn tatsächlich nicht höher sind , als die letzte Vorbebauung, aber zwei bis drei Etagen mehr aufweisen, dann verändert sich die Ansicht trotzdem.


    Was wird denn aus dem schmalen Gang zwischen Kirche und Neubauten ? Wird der öffentlich begehbar ?


    Was Gutes hat die enge Bebaung dann doch. Sie wird als abschreckendes Beispiel dienen und die Gegner einer am historischen Stadtgrundriss orientierten Neubebauung stärken. 6,7 oder gar 8 Etagen bei historischen Abständen und Grundrissen, dass wird nicht mit dem Luxusbegriff,Ansprüchen, Wiederverkaufsaussichten und Renditeerwartungen der entsprechenden Käuferschichten vereinbar sein.

  • Ich frage mich inwieweit dies mit dem Luxusbegriff, der dort stets und ständig betont wird, vereinbar ist ? ...
    ... 6,7 oder gar 8 Etagen bei historischen Abständen und Grundrissen, dass wird nicht mit dem Luxusbegriff,Ansprüchen, Wiederverkaufsaussichten und Renditeerwartungen der entsprechenden Käuferschichten vereinbar sein.


    Ich glaube, wir müssen uns hier keine Sorgen um die Renditen der Investoren machen. Ich gehe mal davon aus, dass die Wohnungen (fast) alle schon verkauft sind.


    Heute bin ich mal dort "herumgeschlichen" und habe mir vom Eingang der "Schinkelklause" (ja den gibt es dort) den Bau angeschaut. Wahrscheinlich wird es, wenn die Gerüste weg sind und alles schön hell verputzt ist, nicht mehr ganz so wuchtig aussehen, wie es jetzt den Eindruck macht.


    Vielleicht sollen wir uns alle dort in einem Jahr mal treffen, um das Ergebnis zu diskutieren.:)