Altes Rathaus Berlin (wiedergefunden)

  • Ich hab's gelesen. Und dann gräbt der Landesarchäologe die restlichen zwei Drittel des Alten Rathauses aus.


    Und was ist mit der Gerichtslaube und dem Uhrenturm? Die werden dann auch "überraschend" gefunden und dann muß das nächste Mal umgeplant werden. Die Dinge sind doch alle in der Fachliteratur - ich weiß nicht warum man jetzt so überrascht ist.

  • Das ist mir auch völlig unbegreiflich. Als gäbe es in Berlin keine Pläne oder gar unterirdisch geführte Ver- und Entsorgung. Gas, Wasser, Elektro, Telefon - seit vielen Jahrzehnten werden dort alle möglichen Leitungen verlegt und niemand weiß, wie der Untergrund nur 10 cm unterhalb Asphalt und Gehwegplatten beschaffen ist? Gibts doch garnicht.

  • Mal ne off-topic-Frage: Wie heißt eigentlich der Platz vor dem Rathaus eigentlich offiziell? Der Alex ist es ja nicht mehr...Rathausplatz wär wohl das logischste, habe ich aber noch nie gehört oder gesehen...Ist die Fläche Teil der Spandauer Straße?

  • Der Platz zwischen Karl-Liebknecht-, Rathaus-, Spandauer Straße und Bahnhof Alexanderplatz (Gontardstraße) hat keinen Namen.


    Bis 1969/70 teilten das Quartier die Bischofstraße in Längsrichtung (ungefähre Verlängerung der heutigen Panoramastraße) und der Hohe Steinweg (in Verlängerung der Jüdenstraße) sowie die Neue Friedrichstraße (Verlängerung Littenstraße).


    Zwischen der engumbauten Marienkirche (Sprengung des letzten Hauses unten) und der Spandauer Straße lag bis 1970 der Neuer Markt mit dem Denkmal Luthers, zweitältester Marktplatz Berlins.


    Im Vorfeld des Baus des Fernsehturms sind die Straßen vom Magistrat von Berlin aufgehoben worden und die letzten, verbliebenen Häuser wurden gesprengt um Platz zu schaffen für das "Neue sozialistische Stadtzentrum".



    Vorher (1970), mit Blick auf die Fundamente des Fernsehturmes und Marienkirche (rechts)



    Nachher (1970)


    (C) Bundesarchiv (gemeinfrei)


    Der Senat von Berlin beplant den Bereich unter dem Arbeitstitel "Rathausforum". Die Anhänger Alt-Berlins nennen das Areal - wie vor 1945 - Marienviertel, nach der verbliebenen Kirche St. Marien.


    Zur Diskussion über den Bildinhalt hier entlang.
    Bato

  • Na jut, danke :). Im Grunde ists ja auch egal. Da gibts ja eh nichts, was man nicht direkt benennen könnte und deshalb nen Straßennamen bräuchte, z.B. um nen Treffpunkt auszumachen. Und Turm und Kirche gehören von der Adresse her bestimmt zur KLS. Mir kam nur neulich der Gedanke...Die Bilder sind natürlich mal wieder hart :(.

  • Der Fernsehturm firmiert unter der Adresse:
    Panoramastraße 1A
    D-10178 Berlin


    Zur Bedeutung schreibt das Namenslexikon:
    Geschichte von Panoramastraße
    Name seit 16.12.1882
    Nach dem damals in der Straße in einem Rundbau untergebrachten "Panorama der Schlacht bei Sedan" benannt.
    Panorama, griechisch, "Allschau", Rundumblick, auch Rundgemälde, das durch Beleuchtungseffekte und Einbeziehung plastischer Elemente Raumtiefe und Weiträumigkeit vortäuscht, besonders für Stadt- und Schlachtenbilder im 18. und 19. Jahrhundert verwendet. Die neu angelegte Straße erhielt ihren Namen nach dem damals hier in einem Rundbau untergebrachten "Panorama der Schlacht bei Sedan". Am 1.9.1870 errangen die deutschen Truppen in der Schlacht bei Sedan den entscheidenden Sieg im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, wobei auch der französische Kaiser Napoleon III. gefangengenommen wurde. Dieses Ereignis führte zum Sturz Napoleons und am 4.9.1870 zur Proklamation der III. französischen Republik. Der "Sedantag" galt im deutschen Kaiserreich als Nationalfeiertag.
    Ursprünglich verlief sie von der Gontard- zur Littenstraße, die durch die Umgestaltung dieses Gebiets überbaut und 1969 in diesem Abschnitt eingezogen wurde.


    So zeitlos können Namen sein...

  • Neuer Artikel im Tagesspiegel zum Thema Altes Rathaus und U 5. Nach aktuellen Planungen soll nur ein Teil des Rathauses erhalten bleiben, "dafür" aber die Keller der Patrizierhäuser auf der nördlichen Seite der Königstraße/Rathausstraße weggebaggert werden. Der Architekt Oliver Collignon freut sich, dass "Teile der archäologischen Funde erhalten bleiben können." Hurra...


    http://www.tagesspiegel.de/ber…-neue-u-bahn/3795442.html

  • Altes Rathaus

    Die Grabungen am Alten Rathaus gehen weiter. Böden und Mauern der Tuchhalle werden untersucht.



    (C) von mir.


    und zur Lage des Alten Rathaus (Uhrenturm, Gerichtslaube, dahinter Rathaus) und der Häuser in der Königstraße gegenüber eine Anzeichnung um Schultz-Plan von 1588:



    (C) Schultz-Plan gemeinfrei

    Einmal editiert, zuletzt von Konstantin ()

  • Bürgerforum

    Beim Bürgerforum Historische Mitte in der Marienkirche fanden sich etwas über 200 Personen ein. Einig waren sich die Anwesenden in folgenden Punkten:


    1. Künftig muß erst gegraben und dann geplant werden. Die (bestenfalls) Blauäugigkeit der Stadtentwicklungsverwaltung, an diesem historischen Platz einen Bahnhof ohne Rücksichtnahme auf Überreste des Alten Rathauses zu planen, kostete das Land schon etwa eine halbe Million Euro Umplanungskosten. Und das, so der Landesarchäologe Wemhoff, obwohl die Existenz der mittelalterlichen Reste und deren guter Zustand vor Planungsbeginn bekannt war.


    2. Es soll keine abschließende Entscheidung über einen (Teil-)Abbruch des Rathauses geben, bevor nicht der gesamte Rathauskomplex ergraben und über den Sommer öffentlich zugänglich ausgestellt wurde. Die Berliner haben ein Recht darauf, sich ausführlich mit den Resten von Tuchhalle, Gerichtslaube und Uhrenturm zu befassen, bevor Teile nach 800 Jahren abgebrochen werden.


    3. Angesichts der Leere zwischen Fernsehturm und Spree ist es kaum verständlich, daß die U-Bahnlinie unbedingt durch die mittelalterlichen Fundamente des Rathauses geführt werden muss, und nicht um ca. 8 Meter verschwenkt werden kann. Letzteres würde den Rathauskomplex vollständig retten.

  • Das Bürgerforum Historische Mitte hat ja die Möglichkeit, ein Bürgerbegehren für seine Forderungen zu starten. Das hätte immerhin den Vorteil, dass dann sichtbar würde, welche Relevanz dieses Thema für die Berliner Bevölkerung überhaupt hat.

  • Rechtzeitig angegangen wäre die Verschwenkung der Bahntrasse um 8 Meter eine Kleinigkeit gewesen. Es kann nicht sein, dass selbst solche Kleinigkeiten unterlassen werden, wenn die Planer nicht rechtzeitig mit einem Bürgerbegehren gezwungen werden. Vor einigen Jahren weckten die Taliban-Milizen in Afghanistan internationale Entrüstung, als sie mehrere Jahrhunderte alte Buddha-Statuen zerstört haben. Wenn es in Berlin zur Regel werden sollte, dass alle ähnlich alte Artefakte, die ein rechtzeitiges Bürgerbegehren nicht rechtzeitig rettet, zerstört werden, stellt das das Kulturverständnis unserer Stadtverwaltung in eine Reihe mit dem der Taliban-Milizen.

  • Man sollte vielleicht erstmal berichten, was es dort unten für erhaltenswerte Artefakte gibt, die gleichzeitig nicht auch geborgen werden könnten. Ich fände es wirklich lächerlich, wenn wir hier wirklich nur von Grundmauern und hüfthohen Raumüberresten sprächen.


    Daher wäre es nett wenn sich jemand von euch, der möglicherweise einen gewissen Einblick hat, dazu äußert.

  • Nun, auch 'Grundmauern und hüfthohe Raumüberreste' können schützenswertes Kulturgut sein. Insbesondere, wenn sie für die Stadtgeschichte bedeutsamen Bauwerken und Stätten zugeordnet werden können. Es ist tragisch, dass gerade die heutige Generation den Zustand einer Freifläche im Kerngebiet der Stadt als normal betrachtet. Vielleicht ist es ganz gut, dass die Gehwegplatten mal gelüftet werden - zwingt es doch letztendlich zur Beschäftigung mit der eigenen Vergangenheit.

  • Am besten einmal zu Beginn dieses Threads wechsel. Da gibt's auch Fotos.


    Es handels sich um das viergeschossige Erdgeschoss des Alten Rathauses mit Säulen und Gewölbeansätzen (diese gut erhalten). Dieses Geschoss hat die mittelalterliche Tuchhalle dargestellt, in der Stoffe und Zubehör verkauft wurden.


    Bis zum Spätmittelalter hatte das Alte Rathaus eine prächtige Stufengiebelfassade Richtung Osten, irgendwann zwischen Lutherzeit oder spätestes dem Rokoko ist das Gebäude überformt worden. Mitte der 1860er Jahre wurde das Gebäude abgebrochen; das Erdgeschoss auf Druck vieler Bürger gesichert.


    Zu dem rathauskomplex gehörte auch die Gerichtslaube (um 1320), in deren offenem Erdgeschoss Recht gesprochen wurde. Im Obergeschoss befand sich die Ratsstube. Das Original ist - durch den Zeitgeschmack neogotisch ergänzt - nach 1871 in den Babelsberger Park verbracht worden.


    Ergänzt wurde das Ensemble um 1720 durch den barocken Uhrenturm, der ebenfalls mit der Begründung des wachsenden Verkehres Mitte des 19. Jahrhundert angebrochen wurde.


    Näheres: http://de.wikipedia.org/wiki/Altes_Rathaus_%28Berlin%29


    Zusammen stellt das Alte Rathaus - mit Ausnahme der römischen Bauten - den ältesten Profanbau Deutschlands dar.

  • Vortrag "Berlin und seine verlorenen Bauten. Ausgrabungen des mittelalterlichen Rathauses und der Königstraße (Reihe: Verlorene Welten – Berlins Mitte II)
    Termin: Donnerstag, 7. April 2011, 19 Uhr
    Ort: Berlin-Saal der ZLB, Breite Straße
    Referenten: Heike Kennecke, Bertram Faensen, Michael Hofmann, Dirk Schumann und Peter Knüvener


    Einleitung: In der Mitte des 19. Jahrhunderts war das mittelalterliche Rathaus unansehnlich und viel zu klein für das sich rasant entwickelnde Berlin geworden. So beschloss man die Errichtung eines neuen Gebäudes, das größer und zeitgemäßer werden sollte. Obwohl der mittelalterliche Bau an der späteren Königstraße einst als qualitätvolle Architektur des späten 13. Jahrhunderts entstand, blieb vom aufgehenden Mauerwerk nur die Gerichtslaube erhalten. Die gegenwärtigen archäologischen Untersuchungen zeigen, dass das Rathaus nicht der einzige repräsentative Steinbau war, der hier im Mittelalter entstand. Früher oder später mussten jedoch alle diese Bauten das Schicksal des alten Rathauses teilen.
    Veranstaltung der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg e.V.

  • Ausgrabungen verlängert

    Die Ausgrabungszeit fuer das Alte Rathaus ist von September bis November 2011 verlängert worde, berichten uebereinstimmend heute MoPo und TSP.

  • Nachdem das EG des Alten Rathauses (erbaut 1340) zu großen Teilen fü die U55 beseitigt wurde ist jetzt die Gerichtslaube dran. Die Denkmalpflege dokumentiert vor dem Abbruch - dann kommen auch die Reste des hochmittelalterlichen Baus in den Schredder. Geschichte stört nur...


    http://abload.de/img/ausgrabungderfundamencij2c.jpg


    http://abload.de/img/nordosteckedergerichtdgkt4.jpg


    Der Laufhorizont um 1300


    http://abload.de/img/laufhorizontoderbergedejc8.jpg


    http://abload.de/img/laufhorizontderspandalkk05.jpg


    Bilder geurlt. Es fehlt mal wieder die Quellenangabe. Außerdem Fotos nur bis maximal 1.000 Pixel einbinden. Höhere Auflösungen bitte nur im Galerie-Bereich.
    Bato