Potsdam: Wiederaufbau der Garnisonkirche

  • ^sehr einfach, die Garnisonkirche war einer der wesentlichsten stadtbildprägenden Leitbauten Potsdams - eine weithin sichtbare Dominante, die allein durch ihre Position zahlreiche nachfolgende Planungen, auch in der Landschaftsarchitektur, beeinflusste. Zudem war sie natürlich tatsächlich eine der größten Barockkirchen im norddeutschen Raum überhaupt.
    Ein Wiederaufbau würde der großartigen Anlage der Stadt, einschließlich fernab liegender Sichtachsen einen erkennbaren Sinn geben. Der Stilbruch in Gestalt des Rechenzentrum und weiterer ruinöser Funktionsbauten wird über kurz oder lang ohnehin fallen - insofern gibt es auch keine ersthafte Alternative dazu.

  • Da hieße demnach, dass nur eine wirkliche städtbauliche Alternative eine Rekonstruktion der Garnisonkirche verhindern könnte? Bitte jetzt nicht das Wort "alternativlos" verwenden. Das kann ich nicht mehr hören. Mhhh, vielleicht sollten die Potsdamer wirklich dieses Herausforderung mit eine städteplanerischen Wettbewerb angehen?
    Anderseits hat die Speers Große Halle für Germania auch alle Sichtachsen bedient und groß genug war sie auch geplant. Sie werden erwiedern: Aber die Garnisonkiche gab es wirklich! Ich werde lakonisch antworten: gab.

  • Was hat denn jetzt Speers Germania-Plan mit einer Rekonstruktion der Garnisonskriche zu tun?


    Also hier werden manchmal Vergleiche gebracht...

  • na nix außer, dass sie beide nicht (mehr) existieren. Der Vergleich soll nur verdeutlich, dass nur weil alle Straßen und Sichtachsen auf ein nicht existierendes Gebäude hinzulaufen, dies nicht zwingend errichtet werden muss.


    Ja - das an dieser Stelle etwas von architektonischer Bedeutung stehen sollte macht sicherlich Sinn, aber es gibt keinen Grund genau das gleich Gebäude noch einmal genauso zu errichten als hätte sich das Rad der Geschichte nicht 300 Jahre weitergedreht. Eine 1:1 Rekonstruktion ist etwas geschichtlich gesehen sehr Seltenes und bedarf einer besonderen Erklärung. Die Begründung kann sich m.E. nur aus der Symbolik erschließen und da wird es bekanntlich kompliziert mit der Garnisonkirche.


    Ein "stadtbildprägenden Leitbauten Potsdams - eine weithin sichtbare Dominante" an genau dieser Stelle sollten doch auch Architekten der heutigen Generation hinbekommen?! Oder sind die alle schon in Shanghai, Singapur oder Dubai?

  • Ein "stadtbildprägenden Leitbauten Potsdams - eine weithin sichtbare Dominante" an genau dieser Stelle sollten doch auch Architekten der heutigen Generation hinbekommen?! Oder sind die alle schon in Shanghai, Singapur oder Dubai?


    Ihren Optimismus in allen Ehren, aber es bedarf nicht mal eines Blickes in die Ferne in Richtung Shanghai, Singapur oder Dubai um festzustellen, dass die Architekten heutiger Zeit es eben regelmäßig nicht schaffen, eine solch einzigartige Dominante, wie sie die Garnisonskirche für Potsdam darstellte, hinzubekommen.


    Mögen die Jungs und Mädels des AStA noch so viel demonstrieren und die ihnen für "studentische Projekte" anvertrauten Gelder weiterhin in dem Irrglauben für solch blödsinnigen Demonstrationen verschleudern, dass sie die Mehrheit Potsdams vertreten.

  • Das Argument mit dem sozialen Wohnungsbau auf dem Platz der Garnisonkirche ist doch absolut lächerlich. Es regiert im AStA ausschließlich die Ideologie, die zwangsweise mit der baulichen Historie Potsdams brechen muss um sich selbst gerecht zu werden. Sich aber tatsächlich immer noch hinzustellen und zu sagen man vertrete damit studentische Interessen, ist eine Sauerei. Dann wäre es nämlich sinnvoller Propagandablättchen für sozialen Wohnungsbau und nicht gegen den Bau der Garnisonkirche zu sammeln.

  • Naja Saxonia, so hart würde ich mit dem AStA nicht ins Gericht gehen. Gleich mit der Ideologie-Keule zulangen und von Sauerei und Popagandablättchen zu reden, ist vielleicht ein wenig überproportioniert.
    Ich möchte schließlich daran erinnern das der AStA frei gewählt ist und somit nach demokratischen Gepfolgenheiten durchaus eine Legitimation dazu hat. Aber bitte, Kritik darf man durchaus üben...

  • Ihren Optimismus in allen Ehren, aber es bedarf nicht mal eines Blickes in die Ferne in Richtung Shanghai, Singapur oder Dubai um festzustellen, dass die Architekten heutiger Zeit es eben regelmäßig nicht schaffen, eine solch einzigartige Dominante, wie sie die Garnisonskirche für Potsdam darstellte, hinzubekommen.


    Diese Worte im Deutschen Architektur Forum !
    Und es rührt sich kein Fünkchen Standesehre!
    Kein Widerspruch der Architekten und Stadtplaner.


    Das kommt einer Kapitulation gleich.


    Würde ich als Ingenieur mich so meine Herausforderungen stellen, wäre Deutschland bald ein Bankrottkandidat und nicht auf PLatz 2 im Export.


    Man möchte den Architekten und Stadtplanern zurufen: "Nun reißt Euch doch mal zusammen! Und werdet Eure Verantwortung gegenüber Eurer eigenen Generation gerecht." Aber schon Aufgeben ohne es überhaupt zu versuchen, zu lamentieren, dass man eh nie die Leistung der glorreichen Vorgänger ereichen wird, erinnert mich an meine pubertierenden Kinder.

  • aber es gibt keinen Grund genau das gleich Gebäude noch einmal genauso zu errichten als hätte sich das Rad der Geschichte nicht 300 Jahre weitergedreht.


    Die Garnisonkirche und auch das Stadtschloss sind aber nicht einfach so im Lauf der Geschichte verschwunden, oder aus architektonischen, stadtplanerischen oder ähnlichen Gründen ersetzt worden. Sie wurden sinnlos in einem Akt der Barbarei durch ein totalitäres Regime zerstört. Der Wiederaufbau gebietet sich schon allein als Zeichen der Überlegenheit von Kultur und Zivilisation in diesem Lande.


    Ein "stadtbildprägenden Leitbauten Potsdams - eine weithin sichtbare Dominante" an genau dieser Stelle sollten doch auch Architekten der heutigen Generation hinbekommen?!


    Ach ja? Warum tun sie es dann nicht? Stadtbildprägend heißt selbstverständlich auch, dass es sich stilistisch in das Gesamtensemble einfügt - ich habe keinen Zweifel, dass das prinzipiell auch heutigen Architekten hinbekommen würden. Gesichts- und geschichtslose Glitzertürmchen mögen aber bitte dort bleiben, wo sie hingehören und niemanden stören - im arabischen Wüstensand.

  • Man möchte den Architekten und Stadtplanern zurufen: "Nun reißt Euch doch mal zusammen! Und werdet Eure Verantwortung gegenüber Eurer eigenen Generation gerecht." Aber schon Aufgeben ohne es überhaupt zu versuchen, zu lamentieren, dass man eh nie die Leistung der glorreichen Vorgänger ereichen wird, erinnert mich an meine pubertierenden Kinder.



    Diese ermahnende Klugscheisserei stört mich ganz gewaltig.


    Hier geht es nicht um die Rettung der deutschen Baukultur, sondern darum, das auf Teufel komm raus Argumente "generiert" werden sollen, um den Wiederaufbau eines bei einer bestimmten Personengruppe aus ideologischen Gründen verhaßtem Projekt zu verhindern.


    Tagtäglich werden in Deutschland dutzende Neubauten fertig bzw. neu begonnen.
    Bei jedem kann sich die Architektenschaft selbst verwirklichen und zeigen, was sie auf dem Kasten haben...Nutzen sie diese Chance? Meiner Meinung nach nein...und das liegt nun wirklich nicht an den wenigen Rekonstruktionsprojekten, die Deutschlandweit im vergleich zum Neubauvolumen im mikroskopischen Bereich liegen.


    In Potsdam gibt es genug Neubauvorhaben, auch an prominenten stellen, wo Architekten ihr können unter Beweis stellen können. Bestes Beispiel waren in der Vergangenheit der Hauptbahnhof, oder ist jetzt der geplante Neubau der ILB direkt daneben.


    In Berlin die gleiche Heuchelei: gegen das Stadtschloss wird intrigiert mit genau dem selben Argument, aber 500 Meter weiter fehlt der Mut und die Entschlossenheit, mit moderner Architektur ein paar schicke Stahl-Glas Hochhäuser hinzubauen.


    Nein nein...das ist mir alles zu abgedroschen.

    4 Mal editiert, zuletzt von I_Engineer () aus folgendem Grund: Typos raus.

  • Hallo,


    wenn ich mal meine 2 Cent mit einwerfen darf - die Mitte Potsdams wurde ursprünglich geprägt von den drei Kirchtürmen aus der Zeit Friedrich Wilhelm I., welche dem norddeutschen Barock verpflichtet waren. Die Nikolaikirche brannte 1792(?) ab, es folgte die klassizistische Nikolaikirche, schön aus der Ferne, im Detail - nun ja für mich etwas grob - aber da die Bürgerhäuser am Alten Markt fehlen, fällt es nicht so auf. Es gab dann aber den berühmten Dreikirchenblick (erste Bild in der Galerie). Die beiden anderen Kirchen fielen der DDR zum Opfer, Entschuldigung - anders kann man es nicht sagen - siehe Paulinerkirche in Leipzig, Sophienkirche in Dresden. Ob die Garnisonkirche stehen geblieben wäre, wenn es den Tag von Potsdam und die Garnison nicht gegeben hätte - ich wage es mit Blick auf all die anderen abgerissenen Kirchen mal zu bezweifeln! Ob heutige Architektur bei solch Totalverlusten etwas leisten kann, das kann man in Potsdam an der Heiligengeistkirche und am Paulinum in Leipzig überprüfen - da wird aber wohl jeder seine eigene Antwort finden....


    Meines Erachtens kann wirklich sehr gute Architektur nur entstehen, wenn es sich um eine anspruchsvolle Bauaufgabe, Architekten und Bauherren handelt. Besteht die Bauaufgabe darin, Stadtreparatur zu betreiben, an Verlorenes zu erinnern, so finden sich selten sehr überzeugende Lösungen- vielleicht ist dies keine sehr gute Bauaufgabe für "Neues" - da dann oft Kompromisse eingegangen werden - einerseits die Vertreter der Moderne - andererseits die, welche die Reko wollen. Man mache sich aber hier bitte nichts vor - Rekos sind, wie schon beschrieben, im gesamten Baugeschehen die Ausnahme statt die Regel und die gab es auch in der Vergangenheit - siehe Dresdner Schloss, wo 1670 - 90 im Renaissancestil Teile ergänzt wurden, der Zwinger (1790 in tiefsten Klassizismus ergänzt und im Außenbau erstmals vollendet) der Campanile in Venedig (um 1900 vollständig zusammengebrochen) und dergleichen mehr. Das nicht jede Reko gelingt, steht auf einem anderen Blatt, an dem Bauherren, Planer und Ausführende mitwirken - ich erinnere hier nur an die Rampische Str. 19 als ein Beispiel.


    Gruß Andreas


    Einmal editiert, zuletzt von calabrone ()

  • Naja Saxonia, so hart würde ich mit dem AStA nicht ins Gericht gehen. Gleich mit der Ideologie-Keule zulangen und von Sauerei und Popagandablättchen zu reden, ist vielleicht ein wenig überproportioniert.
    Ich möchte schließlich daran erinnern das der AStA frei gewählt ist und somit nach demokratischen Gepfolgenheiten durchaus eine Legitimation dazu hat. Aber bitte, Kritik darf man durchaus üben...


    Der AStA veruntreut meiner Ansicht nach Gelder die er von allen Studenten bezieht und das ist eine Sauerei. Dass er demokratisch gewählt ist, ist in diesem Fall eigentlich völlig irrelevant. Dadurch wird die Thematik der Garnisonkirche für die Studenten nicht relevanter.

  • Laut einem Bericht der Potsdamer Neuesten Nachrichten stuft die Bundesregierung den Wiederaufbau der Garnisonkirche als Projekt von nationaler Bedeutung ein. Wie ein Sprecher von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) und Mitglieder des Haushaltsausschusses bestätigten, wird der Bundestag den Wiederaufbau mit 400.000 Euro fördern.


    http://www.pnn.de/potsdam/758701/

  • Am Wochenende stellte Architekt Thomas Albrecht auf der jährlichen Mitgliederversammlung der Fördergesellschaft erstmals seine überarbeiteten Pläne für die neue Kapellengestaltung vor.
    In der neuen Planung wurden bspw. Deckenhöhe und der Grundriss deutlich verändert. Dies führe zu einem neuen Gesamteindruck. Der Neuentwurf traf bei den Mitgliedern der Fördergesellschaft überwiegend auf Zustimmung.


    Im nächsten Schritt werden nun Ende Juli die Kuratoren der Stiftung den überarbeiteten Entwurf prüfen und ihr Votum dazu abgeben. Fällt dieses positiv aus kann mit der Ausführungsplanung begonnen werden.


    Artikel Info Potsdam


    Darüber hinaus möchte ich noch 2 etwas ältere PNN-Artikel nachliefern.


    Ein Pro Wiederaufbau Position nimmt Burkhart Franck - Mitglied der Fördergesellschaft - ein. Er geht darin auf verschiedene Behauptungen der Gegnerschaft ein und versucht sie zu widerlegen. Sein Fazit: Die Kirche werde nicht trotz sondern wegen ihrer Geschichte wieder aufgebaut.


    Artikel PNN


    Die Gegenposition nimmt Friedrich Schorlemmer ein. Die Garnisonkirche sei kein Friedenssymbol gewesen und könne es auch nicht durch aufwendigen Wiederaufbau werden.


    Artikel PNN bzw. RBB


  • Die Gegenposition nimmt Friedrich Schorlemmer ein. Die Garnisonkirche sei kein Friedenssymbol gewesen und könne es auch nicht durch aufwendigen Wiederaufbau werden.


    Herrn Schorlemmers Position ist grotesk und in höchstem Maße selektiv. Er war selbst Pfarrer an der Schlosskirche Wittenberg, einstige Wirkungsstätte des großen Antisemiten Luther. Er sollte vielleicht nicht verdrängen, dass es in ganz erheblichem Maße auch die evangelische Kirche war, die der NSDAP in ihren Gemeinden an die Macht half. Auch in Wittenberg wurde natürlich für Führer, Volk und Vaterland gebetet, zumindest für einen kurzen Augenblick in der Geschichte - aber das betrifft in gleichem Maße auch die Potsdamer Garnisonkirche

  • Baugenehmigung erteilt

    Laut Berliner Morgenpost hat die Garnisionkirche eine Baugenehmigung erhalten.
    http://www.morgenpost.de/brand…-fuer-Garnisonkirche.html
    6,5 Mio € seien bereits investiert. Allein der Turm soll 40 Mio € kosten und bis zum Reformationsjahr 2017 fertig werden.


    Eine ziemlich hohe Summe finde ich, auch wenn man sie beispielsweise mit den kalkulierten Kosten für das Berliner Stadtschloss vergleicht (80 Mio € für die gesamte Fassade) oder 25 Mio € für die Barrockkuppel. D.h. der Kirchturm ist deutlich teurer als die Kuppel. Oder stimmt da was nicht bei den Zahlen?

  • ^ Damit dürfte der Wiederaufbau gesichert sein. Nach der Investition solcher Summen wird man wohl keinen Rückzieher mehr machen. Schön, dass der Bund sich für wichtige Rekonstruktionen einsetzt. Ich bin überzeugt, dass Deutschland noch einige gebrauchen könnte.

  • Freut mich auch was in Potsdam wieder peu a peu wieder aufgebaut wird, sollte Vorbildcharakter haben.


    Hätte mich ebenso gefreut, wenn die Petrikirche in Berlin ebenso wieder rekonstruiert worden wäre, Berlin tut sich diesbezüglich leider wesentlich schwerer.

  • Was heißt hier wieder: "Berlin tut sich diesbezüglich leider wesentlich schwerer."? Es steht sicher dem Bund frei, sich ebenso in Berlin zu engagieren. Allerdings denke ich, nachdem Milliarden in Museumsinsel, Stadschloss, Staatsoper, Staatsbibliothek verbuddelt und etwa jeder zweite Euro des Kulturetats nach Berlin fließt, wird sowas wie in Potsdam mit der Garnisonkirche nur schwer zu vermitteln sein. Die Bemühungen um eine Wiedergewinnung eines historischen bzw. daran angelehnten Stadtbildes finden sich aber hier wie dort.*


    Was ich allerdings problematisch finde, ist die Breite Straße. Sowohl vor dem Corps de Logis des Potsdamer Parlamentsschlosses als auch später vor der Garnisonkirche. Allerdings ist die Verkehrsbelegung der Straße mit Blick auf die Wiederherstellung der Stadtsilhouette eher ein Luxusproblem.*