HGHI Leipziger Platz (ehem. Wertheim Areal) [realisiert]

  • Klar, in den Kiezen gibt es individuelle Geschäfte, weil die Mieten dort niedrig sind - und man diese auch mit wenig Umsatz pro qm erwirtschaften kann. In hochpreisigen Innenstadtlagen gibt es individuelle Geschäfte nur, wenn die dann notwendigerweise höhere Quadratmetermiete mit entsprechend kaufkräftiger, gutverdienender Kundschaft zurückverdient werden kann. Mehr als langweilige Ketten zu erwarten, ist sonst schlicht unrealistisch.


    Übrigens nicht nur im pösen Kapitalismus. Sondern auch im traumhaften Sozialismus. Oder war HO keine Kette?


    Plätze wie der Potsdamer wurden zur Gründerzeit aufwendig bebaut, weil mit entsprechender Nachfrage gerechnet werden konnte. Berlin war eine aufstrebende, in Teilen extrem wohlhabende, kapitalistisch-unternehmergetriebene Industriestadt. Heute ist sie in vielen Punkten das Gegenteil davon. Aufwendige, hochwertige Bauten (und Fassaden), wie heute in London der Paris, die pro QM 40.000 Euro kosten statt 10.000, wird man nur bekommen, wenn die Stadt wieder "kapitalistischer" und wohlhabender wird. Oder noch mehr Touristen anzieht. Grosse Teile Berlins wollen weder das eine noch das andere. Also werden sie sich auch mit mehr Billigfassaden a la Meininger und Billigeschaeften a la H&M abfinden muessen. Selbst an zentralen Orten. Ich finde das ist alles andere als kompliziert.

  • Deswegen ist Architektur wichtig

    wenn schon überall die gleichen Läden drin sind,sollte wenigstens die Hülle was hermachen.Ich behaupte mal,dass gute Architektur mehr Kunden und damit mehr Umsatz bedeuted.


    Szeneläden gibt es in den Stadtvierteln.Ob Schöne,X-Berg oder Friedrichshain,wer sucht der findet.

  • Der Entwurf für Vorderfront am Leipziger Platz wurde nochmal etwas überarbeitet:


    [...]


    Das ganze Werbegedöns wurde entfernt und die Minifenster links und rechts am Mittelbau sind auch nicht mehr zu sehen.
    M.E. macht das Ganze einen sehr wertigen Eindruck. Schwach finde ich die farbliche Gestaltung. Links der DG-Immo Bau in grau, das Mittelgebäude in weiß und rechts der Torbau auch wieder in grau. :rolleyes: Vermutlich wird die Leuchtreklame für Kontraste sorgen.
    Schade, dass man nicht am zweiten Entwurf festgehalten hat. Die wesentlich vertikaler gegliederte Fassade mit der ausladenen Ladenfront hat dem Platz doch irgendwie besser getan. Die neue Fassade zieht den Bau für meinen Geschmack zu sehr in die Breite.

  • ^ Weiß jemand, ob es eine Gestaltungssatzung gibt, die Werbegedöns am Leipziger Platz verbietet? Ansonsten würde ich nämlich annehmen, man hat die Werbung einfach aus dem Rendering genommen, damit es schicker aussieht, hängt sie später aber dennoch an die realen Wände - was ärgerlich wäre, weil mit den ganzen Geschäftslogos jedes Gebäude ein wenig nach Vorstadt-Shoppingcenter aussieht, egal wie gut die Architektur dahinter ist.

  • Ich sehe das exakt umgekehrt. In der 20iger Jahren war Berlin die "elektrische Stadt". Lichtreklame war ein wichtiger Teil von Urbanitaet und Innenstadt. Heute sind viele Strassen im Vergleich zu damals dunkle Loecher. Man denke zum Beispiel an die Stresemann Strasse mit dem Deutschland- und Europahaus. Selbst in der 50iger Jahren war der Kudamm noch viel heller erleuchtet als heute. Ich finde diese Entwicklung bedauerlich. Vorstaedte und Vorstadt-Atmosphaeren gibt es mehr als genug.

  • Ich glaube das hat auch was mit EU-Verordnungen gegen Lichtverschmutzung der Umwelt zu tun. Hab mal gelesen, dass es da seit einiger Zeit Beschränkungen gibt, um die aus den USA und Asien bekannten Lichtkuppeln über den Großstädten zu vermeiden oder zu verringern, damit Tiere und Pflanzenwelt, aber auch der Mensch Nachts ihren Schlaf finden können bzw. der Biorythmus nicht durcheinander gerät, irgendwie sowas.


    Aber ich gebe Dir Recht: Städte mit Leuchtreklamen haben was. Wie das in Berlin gewirkt hat, kann man z.B. in der Pünktchen und Anton-Verfilmung der 50er-Jahre sehen, da wirkte Berlin auch richtig großstädtisch. :)

  • Die linke Hälfte der Fassade sieht einfach nur traurig aus.
    Vollkommen belanglos, trivial, nichtssagend.


    Durch die Touristenmassen, die über den Potsdamer und Leipziger Platz strömen wird diese Ecke wohl unfreiwillig eine der meistfotografierten Berlins werden (wenn auch nur als Hintergrund)


    Es ist einfach nur beschämend, das seitens der Stadt hier kein druck gemacht wurde, um etwas standesgemässes an einer so prominenten Ecke der Stadt zu errichten.


    Wie von meinen vorrednern schon gesagt: Der ursprüngliche entwurf in handwerklich guter ausführen ist lichtjahre besser.


    Einmal mehr: Chance vertan.:Nieder:

  • @Knuddel Knutsch


    Nur um es noch einmal richtig zu stellen: Schuld an der letzten (grausamen/entsetzlichen) Architekturfassung ist nicht der Investor (HGHI), sondern der Senat bzw. das Baukollegium selbst.


    Gern zitiere ich nochmals aus einer E-Mail, die ich auf meine Anfrage von der HGHI erhalten habe:


    "Bezüglich des Projektes Leipziger Platz ist es so, dass die ersten Entwürfe, die Sie auf unserer Internetseite gesehen haben, tatsächlich die Entwürfe waren, wie wir meinten den Leipziger Platz errichten zu wollen. Die Entwürfe, die am Ende auf unserer Internetseite sein werden, sind diese, die durch das Baukollegium und durch die Senatsbaudirektorin, Frau Regula Lüscher, vorgegeben werden und so umzusetzen sind."


    Auch ich finde es unfassbar, dass der Senat freiwillig eine anspruchsvolle Architektur durch eine belanglose ersetzen lässt und die Opposition und die Öffentlichkeit bzw. Presse dies alles klagelos hinnimmt.

  • Das ist ja ein starkes Stück! Wieso darf die Senatsverwaltung überhaupt so stark in einen guten Entwurf eines Privatinvestors eingreifen? Der Leipziger Platz ist jetzt schon ziemlich monton und langweilig bebaut, da wird das Wertheim-Ensemble wohl den traurigen Höhepunkt bilden. Schande!

  • Leuchtreklamen

    Nochmal zum Thema Werbegedöns: Es macht einen Riesenunterschied, ob man eine fantasievolle, extra für einen bestimmten Ort geschaffene Leuchtreklame hat, wie sie in den 50er Jahren angesagt waren (in Braunschweig gibt es z.B. noch eine Bankwerbung aus dieser Zeit, die sogar unter Denkmalschutz steht), oder ob ein Einkaufszentrum einfach mit den Logos irgendwelcher Ketten zugepflastert wird, die einen jeden Tag aus den Zeitungsbeilagen anstarren - Saturn, H&M, C&A, etc.


    Ersteres ist großartig, weil es zum besonderen Charakter eines Ortes beiträgt; letzteres ist ärgerlich, weil es zur Verwechselbarkeit des einen Zentrums mit dem nächsten und damit gerade zur Austauschbarkeit der Architektur führt. Und meiner Erfahrung nach werden gute Leuchtreklamen fasst nicht mehr gebaut - was aufgehängt wird, ist der immer gleiche Logoschrott.

  • das stimmt meines Erachtens nur teilweise. Auch die Allianz Versicherung hatte in den 20igern am Europahaus Ihren "Logoschrott" dran. Seitdem man begriffen hat, dass Marken sinnvollerweise immer und überall einheitliche Schriftzüge verwenden, ist das so. Also schon seit der Gründerzeit. Was sich verändert hat, ist nur der Filialisierungs-Grad. Waren es in den 20igern weit weniger als 10% so sind es heute teilweise über 60%. Wir haben uns als Konsumenten entschieden, immer bei denselben Marken einzukaufen - und werden daher auch mit den immer selben, wenigen und von uns grossgezüchteten Logos leben müssen.

  • Es wundert mich ehrlich gesagt nicht wirklich, das es auf Initiative der Senatsbaudirektorin bzw. des Baukollegiums kam.


    Die alten entwürfe waren sehr "edel" und "konservativ". Manche mögen sie sogar traditionalistisch nennen.


    Architektur ist (und das sage ich schon seit inzwischen über 10 jahren ) nie unpolitisch....


    Den rest kann sich jeder denken.


    DickesB : Danke für die Info....

  • Naja, also wenn das daran liegen soll, dass der Senat stramm links ist, dann wäre auch der Bau des Stadtschlosses niemals genehmigt worden, sondern von der Berliner Regierung klein geredet worden.

  • @ Knuddel Knutsch. Dein Beitrag ist ein wunderbares Beispiel, warum man sich in Foren solche Sätze wie "Den Rest kann sich jeder denken" sparen sollte - sie überfordern die Leserschaft. Mich zum Beispiel: Wenn Architektur nie unpolitisch ist, sondern politisch, und die alten Entwürfe konservativ waren, dann sind die neuen Entwürfe - ja, was denn nun eigentlich? Fortschrittlich? Avantgardistisch? Sozialer Kaufhausbau? Doof? Und das alles wegen des rot-roten Senats? :confused:


    Ich verstehe ernsthaft nicht, was Du meinst, außer, dass Dir der alte Entwurf besser gefiel (mir auch), und Du offensichtlich dem Senat die Schuld an der Umgestaltung gibst (was ich in dieser Monokausalität trotz der Info vom Dicken B. bezweifeln würde). Bring doch mal das Argument, dann könnte man auch drüber nachdenken (respektive diskutieren).

  • Und gleich noch einen hinterher: Den Rest des Entwurfs, vor allem die Front zur Voßstraße hin, gefällt mir immer besser. Ich finde nach wie vor - hatte ich glaube ich irgendwo schon mal geschrieben - man hätte die Passage gegenüber dem Bundesrat besser offen und in einen Platz münden lassen sollen. Aber dennoch wird hier ein gutes Stück Hauptstadtarchitektur gebaut, das die Leipziger Straße um Längen voranbringen wird.


    Wenigstens bis zur Wilhelmstraße ergibt sich dadurch ein geschlossenes Ensemble, und gemeinsam mit den Botschaftsbauten kommt auch die Voßstraße gewaltig voran. Ist ja nicht so, dass das historisch und städtebaulich eine nebensächliche Adresse wäre - schließlich schlug dort das schwarze Herz des Dritten Reiches, wenn Ihr mir diesen Pathos gestattet...

  • Schade, dass man nicht am zweiten Entwurf festgehalten hat. Die wesentlich vertikaler gegliederte Fassade mit der ausladenen Ladenfront hat dem Platz doch irgendwie besser getan. Die neue Fassade zieht den Bau für meinen Geschmack zu sehr in die Breite.


    Die Änderung der Fassade verbessert aber die Symmetrie des Platzes. Denn das Gebäude an der gleichen Stelle auf der südlichen Seite hat eine ähnlich in die Breite gezogene Fassade wie der neue Entwurf des linken Gebäudes des Neubaublocks





    Problematisch bleibt aber dass der Arkadengang auf der nördlichen Seite der Leipziger Straße weiterhin durch den unsanierten Altbau gegenüber des Bundesrates unterbrochen ist.

    3 Mal editiert, zuletzt von Chandler ()

  • Es ist soweit. Der erste Spatenstich ist nun endlich für diesen Freitag angekündigt. Mit dabei sind u.a. Wowi und Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe.


    Artikel PM


    Derweil wurden auch nochmal die Pläne auf der Projektseite aktualisiert. Diese hier sind mir noch nicht bekannt (auch wenn ggü. älteren Visualisierungen nur leichte Veränderungen feststellbar sind):


    [...]


    Diese Pläne dürften nun definitiv die sein, welche auch tatsächlich realisiert werden.

  • Es ist vollbracht, der erste Spatenstich hat um 10:30 Uhr stattgefunden.


    http://www.immobilien-zeitung.…spaten-am-leipziger-platz


    Und hier der Fotobeweis auf der Website des Projekts (mit Klaus Wowereit):
    http://leipzigerplatz.hghi.de/


    Es ziehen u.a. Motel One als Hotelbetreiber, Saturn sowie Peek & Cloppenburg ein. Die Vermarktung der Mietwohnungen [sic!] erfolgt später. HGHI überweist den Kaufpreis in drei Raten an Orco.


    P.S.: Auf der Webcam sind erste Tätigkeiten zu erkennen (Baumaschinen?).


    Update: Auch der Tagesspiegel berichtet nun darüber - mit wenig neuen Inhalten. Erwähnt werden die 170 Wohnungen sowie der Einzug von Joop, Esprit, Strellson, Gant und Gina Tricot in die Läden. Die Klage des Nachbarn in der Voßstraße ist immer noch nicht vom Tisch:
    http://www.tagesspiegel.de/ber…euro-projekt/3775410.html

    3 Mal editiert, zuletzt von Berolina () aus folgendem Grund: Update