Leipzig: Wilhelm-Leuschner-Platz + Areal an der Nonnenmühlgasse

  • In der verlinkten Wikipedia Beschreibung wird Roßplatz 1 - 3 (das ist das vielgeschossige Bauwerk entlang des Ringbogens) schon den barocken Zitaten zugeschrieben. Typisch für Barock sind:
    - Symmetrie
    - Figurenschmuck
    - Palisaden
    - Risalite (=Dachaufbauten mit Schmuck- anstelle tragender Funktion)
    - in gewisser Weise das (Rund)Bogenfenster
    - und natürlich die Ausschmückung mit Ornamenten und allerlei Fassadenschmuck


    Im Klassizismus galt:
    - geometrische Strenge (=keine Rundungen)
    - edle Materialien, außen hell - steinfarben, innen durchaus farbig
    - Verzicht auf Zierrat
    - plastisches Durcharbeiten anhand der tatsächlichen Statik


    Im Prinzip passen Merkmale beider Epochen ideal auf dieses Ensemble, teilweise schließen diese sich gegenseitig aus. Die barocke Deutung ist naheliegend, weil gerade das Selbstverständnis Leipzigs unmittelbar nach der Kriegszerstörung großer Mengen barocker Handelhäuser im Zentrum diese Haltung wieder aufgreifen wollte und staatlicherseits eine Abkehr der als Bourgeosie verfehmten Zeit umgesetzt werden sollte. Ein Spagat.

  • Natürlich wissen wir es noch gar nicht genau und gesagt hat es auch noch keiner. Das mit Plattenbauweise ist nur als Beispiel für den Fehler der DDR… Es ist unschwer vorzustellen, wie die Häuser auf dem WLP entstehen können. Die vergitterte Blöcke sind in Leipzig mittlerweile zum Standard (eben wie die Plattenbauweise annodazumal) geworden. Berlin und Potsdam bauen ihre Schlösser wieder, Dresden ihre Frauenkirche und nun Häuser am Neumarkt. Und Leipzig? . Selbst die schon zugesagte Wiedererrichtung des Luther-Melanchthon Denkmals wird im Laufe der Zeit für ein Denkmal in einer modernen Formsprache „zerredet“. Wie es aussehen wird, kann man schon denken. Ich bin nicht grundsätzlich gegen die moderne Bauten, aber davon ist in letzter Zeit fast durchweg gebaut worden. Unister-Zentrale am Brühl ist fast so einer geworden und es lässt sich beliebig fortsetzen.
    Die Hainspitze mit den hochwertigen Steinfassaden und den abgeschrägten Fenstern sehen schon sehr schön aus. Oder die Klinikneubauten an der Liebigstrasse. Da es sich ja um die Kliniken handelt, ist dagegen nichts einzuwenden, aber bitte bitte nicht auf dem Leutschner Platz.
    Um es zu vorbeugen, sollen die Verantwortlichen „vor“ der Auslobung eines Architekturwettbewerb in den Vorgaben festschreiben, welche Fassaden hier erwünscht sind. Ist es auch nicht mehr möglich oder wünschenswert? Wollen wir erst hinterher dann sagen, das haben wir nicht vorher gewollt?
    Die Häuser mit solchen Formen, Rundbögen und Zierfassaden a la Baraock oder Gründerzeit sind für die Stadt immer eine Bereicherung. Das neue Rathaus ist es schon gleich nach der Fertigstellung und ist es heute noch. Die sogenannte Stadtvillen, die im Musikviertel oder in Gohlis-Süd wie Pilze hervorsprießen profitieren eher vom Flair von den Gründerzeit-Häusern in der Umgebung. Das würde dem Zentum guttun, wenn wir welches auf dem WLP hochziehen...


    Euch allen ein frohes Weihnachtsfest.

  • ^ Die Grabungen sind mir dieser Tage auch schon aufgefallen und passieren sicher nicht zufällig. Gut möglich, dass bald der geplante Sechssgeschosser mit Kita des katholischen St.Elisabeth-Krankenhauses startet. Das Vorhaben wurde hier schon besprochen. Zur Erinnerung noch einmal Infos + Visualisierung.

  • Eine Frage zur Visualisierung aus dem verlinkten LVZ Artikel:


    Wenn ich mir den blauen Grundriss Anschaue und ihn mit der Visualisierung vergleiche, frage ich mich, wie das zusammen passt.


    Der Grundriss schließt nicht mit dem nebenstehenden Gebäude ab und reicht sogar weiter bis zur Straße heran.


    Auf der Visualisierung ist aber kein Vorsprung zu sehen und es sieht so aus, als schlössen beide Gebäude ab.


    Habe ich einen Denkfehler?

  • Ich würde vermuten, dass der Grundriss nicht richtig ist. So wie auf der Visualisierung dargestellt, nimmt der Neubau die Rundung des Nachbarn auf, so ist es auch im Stadtentwicklungsplan vorgesehen. Schon, dass die Ecke sich langsam Richtung Leuschnerplatz vorarbeitet.

  • Gestern hatten Studenten der TU-Drmstadt in Leipzig eine kleine Ausstellung gemacht und Sieben Entwürfe für die Leuschnerplatz bebauung vorgestellt. Dazu waren auch Politiker und der BDA eingeladen. Es gab ein gewaltiges 1:50 Modell und kleine 1:500 Modell (in weiß). Auf Pläne wurde verzichtet. Die Städtebauliche Qualität war sehr flach und auf schöne Bilder begrenzt, welche nur in den üblichen Architektenperspektiven funktionieren.











    Fotos von Mir

  • ^ Danke für die Eindrücke!


    Wer kommt nur auf die Idee, den Wilhelm-Leuschner-Platz zu bebauen? Nu ja, die, die die Entwürfe gemacht haben. Aber wozu, wenn es dann keinen großen Stadtplan mehr gibt. Komplett kann man die Fläche auch nicht bebauen.

  • Habe auch gerade einen Beitrag zur Markthalle am Wilhelm-Leuschner-Platz eines Studenten entdeckt. Die städtebauliche Lösung gefällt mir eigentlich ganz gut und greift den B-Plan Vorentwurf aus städtebaulicher Sicht weitestgehend auf, ändert ihn aber etwas, sodass eine neue Wegeachse und Neubebauung gegenüber der Trinitatiskirche entsteht. Mit der vorgeschlagenen Platzbespielung, die ein eigenständiger Entwurf des Freiheits- und Einheitsdenkmal ist, wirkt der Platz ziemlich harmonisch und bricht dessen Größe auf ein menschliches Maß.


    https://issuu.com/ronnyz./docs…z_master-thesis_ronny_zsc

  • Interessant wie Studenten aber alle auf die gleichen Vorbilder und Grundideen kommen. Wenn das nicht aus Münster wäre könnte man denken der Saß bei uns im Entwurfsseminar. Gerade das Gebäude von JAJA-Arhitekten, das hatte ich auch damals entdeckt, übrigens auch hier im Thread gepostet. Nicht schlecht.


  • Gestern hab ich das erste Mal eine solche Veranstaltung besucht... :cheers:
    Neben den auf dem Podium versammelten Gesprächsteilnehmern hatten sich etwa 100 Bürger in der damit etwas überfüllten Aula eingefunden, darunter auch Herr Gormsen und Herr Böhme, die sich im weiteren Verlauf zu Wort meldeten.


    Zunächst gab Herr Hocquél einen Überblick zur Gesamtsituation, anschließend ging Herr Lunebach auf die Entwicklung der Planungen der letzten Jahre etwas ausführlicher ein.
    Herr Denda bezog sich in seinen Ausführungen auf die Überlegungen aus der Zeit vom Ende der DDR bis in die frühen 90er. Im Anschluss sollte wohl Herr Bartetzky das Streit-Gespräch in Gang bringen, meinte aber, er könne beiden Konzepten etwas abgewinnen. Später äußerte er wiederholt Zweifel an der Nutzbarkeit und dem Sinn eines großen Platzes und verwies außerdem auf ein Frankfurter Projekt als Beispiel für kleinteilige Bebauungen.


    Es geht vor allem um die Frage, ob ein sehr großer Platz entstehen soll (entspricht dem aktuellen Stadtratsbeschluss) oder der Königsplatz ungefähr in alter Größe.



    Um dieses Thema wurde ein bisschen drumherumgeredet, ohne wirklich auf den Punkt zu kommen. Wer dem Stadtrat den Floh ins Ohr gesetzt hat, dass Leipzig unbedingt einen unförmigen Riesenplatz benötigen würde, blieb leider unklar. Konsens bestand aber darüber, dass es durchaus möglich ist, die S-Bahn für die Königsplatz-Variante zu überbauen.


    Herr Lunebach favorisiert jedoch die Planung nach aktuellem Beschluss, zwar wäre ein neuer Beschluss in dieser Frage nicht ausgeschlossen, aber es wurde der Eindruck vermittelt, dass dies sehr unwahrscheinlich (und wohl auch nicht gewollt) ist.
    Demgegenüber stellten Böhme und Gormsen die Vorteile des Königsplatzes heraus, an eine Begründung von Herrn Lunebach für die Notwendigkeit des Riesenplatzes kann ich mich nicht erinnern...


    Dazu nahm dann aus dem Publikum kommend Herr Schlegel Stellung (während der Veranstaltung hielt ich ihn für einen Vertreter der CDU-Fraktion, die Suche nach dem richtigen Namen ergab jedoch, dass er Sprecher für Stadtentwicklung und Bau der Linksfraktion ist :D).
    Er posaunte gleich mal in den Raum, dass nun auch mal Schluss sein müsse mit immer neuen Vorschlägen und Diskussionen... und auf den Einwand hin: "Auch wenn das Ergebnis schlecht ist!?" wurde er pampig.


    Überzeugende Argumente für den Riesenplatz und dessen Nutzung konnte er bezeichnenderweise auch nicht liefern... Er brachte vergleichsweise die Grünfläche am Thomaskirchhof (Thomaswiese :D) ins Spiel, sowie den Weihnachtsmarkt und Fahrgeschäfte...
    Ähnlich qualifizierte Beiträge gab es zum Leuschnerplatz auch schon aus anderen Fraktionen (Arkaden seien untypisch für Leipzig, man solle doch die Planung einfach mal akzeptieren... usw.)
    Anerkennenswert ist aber, dass sich Herr Schlegel im Gegensatz zu den übrigen Stadträten der Diskussion gestellt hat.


    Die Vertreter des Stadtrats und der Verwaltung vermittelten nicht den Eindruck, ihre Pläne im wesentlichen Punkt noch einmal überdenken zu wollen, so dass es sich zu einer Alibiveranstaltung in Bezug auf die vorgeblich so sehr gewünschte Bürgerbeteiligung zu entwickeln schien.
    Dazu passend war im weiteren Verlauf des Verfahrens die Beiteiligung der Bürger planmäßig an vorletzter Stelle vorgesehen (also im Prinzip, wenn alles bereits entschieden ist).


    Ich empfand das Ganze letztendlich als frustrierend - nicht nur, weil ich den derzeitigen Entwurf für die schlechteste aller vorgestellten Varianten halte, sondern weil sein Zustandekommen von mangelnder Planung und Abstimmung (Teilverkauf von Grundstücken, Tunnelbauwerke, Freiheitsdenkmal...) sowie von einem erschreckenden Desinteresse an der gestalterischen Qualität der weiteren Stadtentwicklung zeugt.


    Abschließend Respekt und Anerkennung für die geleistete Arbeit an alle, die sich mit Ideen und überzeugend ausgearbeiteten Vorschlägen samt ausführlichem Informationsmaterial in die Diskussion eingebracht haben, obwohl offenbar wenig Interesse an einer tatsächlichen Bürgerbeteiligung zu diesem Thema besteht.




    Rechte: Initiative Leipziger Architekten

  • ^ Danke für den Bericht. Die LVZ greift das Thema von gestern in der Alten Nikolaischule auch auf, und formuliert gleich in der Überschrift, dass mit einem Bebauungsplan frühestens 2018 zu rechnen sei. Vor 2020 passiert baulich also erst einmal gar nichts auf dem Leuschnerplatz (vermutlich auch nicht vor 2025).


    Kritisiert wurde allgemein, dass die jetzigen Pläne keine Verbindung zwischen Innenstadt und Südvorstadt herstellen würde und nur mit vier Baufeldern ein lebendiges Viertel geschaffen werden könnte, statt mit drei wie vorgesehen. Funfact aus meiner Sicht: Der Bowlingtreff soll jetzt mehr Freiraum erhalten, um als Solitär wirken zu können.

  • Ich danke auch, kann nur viel Kraft und Ausdauer wünschen, dass sich der Widerstand durchsetzt und Qualitätsansprüche zu Änderungen führen.


    Wie haben sich Gormsen und Co geäußert?


    S.Schlegel poltert gern herum, der ist tatsächlich gefühlt in der IHK/CDU-Fraktion zu verorten, mit seinen Thesen zu Bauen & Verkehr. Doch es stimmt, er stellt sich immer einer Diskussion.

  • Das gibt es doch nicht, es gab damals ein bis zwei gute alternativ-Entwürfe von der Architekten-Initiative. Und jetzt wollen die immer noch diesen Unterirdischen "Leuschner-Forum" Entwurf zurückgreifen den der beste Kumpel von Dubrau verbockt hat.:mad:
    Und wenn schon das Einstein-Zeit drunter schreibt, warum wird dann die Alte unnütze Markthallenforum wiederaufgegriffen. Das ding gilt schon in kleinerer Form als unwirtschaftlich. Auch das aktuell nochmal ein Workshop stattfindet und die Entwürfe schon wieder überarbeitet werden (auch von Wolf mal wieder).
    Derselbe mist ist der Denkmalschutz für den Bowlingtreff, ein 1987 erbauter Postmoderner Bau der die Westdeutschen Nachwende-Verschandelungen Leipzigs vorausnimmt. :mad:
    Das ist ausnahmsweise mal keine Ostmoderne-Bau (wenn man das überhaupt so nennen sollte) den man erhalten sollte.:nono:

  • Strategiepapier - erweiterte Innenstadt

    Strategiepapier - erweiterte Innenstadt
    https://ratsinfo.leipzig.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1004112


  • ^ In diesem Zitat finden sich ja zwei durchaus interessante und m.W. bisher nicht bekannte Ansiedlungsinformationen:


    Der Freistaat Sachsen plant auf der Südspitze des Wilhelm-Leuschner-Platzes ein Gebäude zur wissenschaftlichen und gegebenenfalls behördlichen Nutzung zu errichten und das Leibnitzinstitut für Länderkunde anzusiedeln.


    und


    Der Wilhelm-Leuschner-Platz ist als Standort zur langfristigen Verwaltungsunterbringung in Prüfung.


    M.E. grundsätzlich gute Nachrichten, wenn öffentliche Bauherren hier zusammen mit der Markthalle irgendwann den Anstoß für eine rasche Neubebauung des WLP geben könnten. Die LVZ weiß zur langfristigen Verwaltungsunterbringung hier heute zu berichten, dass die Stadt aufgrund auslaufender Mietverträge fürs technische Rathaus (2029) und das Jugendamt (2019) sowie mit dem Wachstum verbundener Personalaufstockungen gegenwärtig zwei Lösungen für Neubauten überprüft, eine davon innerstädtisch. Bevorzugt im "nordöstlichen Bereich" des WLP könnte ein Gebäude mit 29 100 m² Nettogrundfläche entstehen, ergänzt um einen weiteren Neubau in der Großen Fleischergasse. Nach Prognose könnten so Platz für insgesamt 1620 Mitarbeiter bei Kosten von 140 Mio. Euro geschaffen werden. Bis zum Frühjahr 2017 sollen der Verwaltungsspitze eine konkrete Stellenprognose sowie ein Feinkonzept zur künftigen Unterbringung vorliegen, die eine Standortentscheidung ermöglichen - die Alternative wären Umbauten von Messehallen auf der Alten Messe.

  • Der Umzug des "Institut für Länderkunde" ist schon lange geplant und auch der Favorit Leuschnerplatz nicht erst seit o.g. Strategiepapier neu. War bisher nur nicht in den Medien sonderlich präsent, da diese Einrichtung für LVZ und Co. sicher nicht so großen Wert hat wie die Uni, HHL oder BioCity, Max Plank Inst. usw, welche schon oft in der LVZ präsent waren.


    2014
    http://www.daniela-kolbe.de/pr…eipzig-freuen-haushaltsau
    2015
    https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/198626
    "Es wird von einem Umzug Ende 2017 ausgegangen."


    Leider zieht sich in öffentlichen Bereichen vieles ewig hin, ein NEUBAU ist wohl gesetzt (sicher). Ein Umzug Ende 2017 jedoch mehr als fraglich, wurde doch noch nicht mal ein Bauantrag o.ä. eingereicht.

  • Ich finde den Ansatz gar nicht so gut lässt man außer Acht, dass die öffentlichen Gebäude den Anstoß zur Neubebauung geben könnten. Am Leuschner Platz eine Zentrierung der Stadtverwaltung zu verwirklichen wird dem Platz, meines Erachtens, nicht gut tun. Eine (fast) reine Verwaltungsnutzung wird vor allem am Abend und am WE das Quartier völlig verwaist lassen. Dann könnte man auch gleich eine reine Büronutzung zuordnen.


    Städtebaulich angestrebt und geplant ist eine Mischnutzung. Das wäre dann auch eine wirkliche städtebauliche Weiterentwicklung. Nicht zu vergessen, sind die Wohnriegel rund um dem Bayrischen Platz. Diese der LWB gehörenden Riegel bieten viel Platz und bilden keine wirkliche bauliche Fassung für den Platz. Eine Verdichtung mit Wohnbauten und Bauten für die Stadtverwaltung scheinen mir da eher geeignet als am Leuschner Platz. Dieser besticht ja gerade durch die Brücke zwischen Innenstadt und der sehr belebten Südvorstadt. Gastronomie, Einkaufen, Hotel, Gewerbe, und Wohnen sollten da im Vordergrund stehen. Eben eine Mischnutzung.

  • ^ Da stimme ich zu. Ich denke aber mal, soweit wird es nicht kommen. Ein Museum ist super an dieser Stelle. Ein paar Verwaltungsräume kann es ebenso geben. Zumindest Gewerbe in den Erdgeschossen - Café, Restaurant, Buchhandel, ... - würde dies dann wieder lebendig machen. Die Mitarbeiter im Technischen Rathaus, die im Erdgeschoss sitzen, wohlen ja auch nicht ständig beobachtet werden und haben meistens die Vorhänge zu.