Wiederaufbau Berliner Stadtschloss

  • Und wenn man den Beitritt zur BRD auf'm Hackeschen Markt beschlossen hätte, dann hätte man ihn auch nicht zu der angesagtsten Ecke der Stadt ausgebaut/rekonstriert, sondern ihn so gelassen, wie er war - zu 80% zerstört und tot......oder was?!

  • Original geschrieben von Dirk1975
    Also historische Bedeutung hat er schon, schließlich wurde dort in der Volkskammer der Beitritt der DDR zur BRD beschlossen. Aber darin allein sehe ich keinen Erhaltungsgrund, das Gebäude symbolisiert das Zentrum eines Unrechtsstaates, auch wenn das heute so gerne verklärt betrachtet wird, und kann nicht den Platz einnehmen der eigentlich das repräsentative Zentrum des historischen Berlin markiert.


    Wegen einem Nachmittag braucht man das Ding nicht erhalten. Außerdem spielten sich die Hauptgeschehnisse woanders ab...Leipzig, Kaukasus und natürlich in den Hauptstädten der Alliierten. Gleichzeitig muss man auch noch dazu sagen, dass die DDR-Volkskammer in 40 Jahren absolut nichts zu sagen hatte. Die Mitglieder hätten zu Hause bleiben können, die DDR wäre den gleichen Weg gegangen.


    Meinetwegen kann das DHM ja ein paar Palastsessel ausstellen und ein Stück der Kegelbahn übernehmen.

  • Ich glaube Stolpe. Zwar ist er ein Ostpolitiker, aber er ist nicht blind. Ich traue ihm nicht zu einen Abriss aus nostalgischen Gründen zu blockieren und damit Berlins Mitte auf Jahre hin zu verschandeln. Es ist offensichtlich, dass der Palast in seinem jetzigen Zustand keine anderen Perspektiven als den Abriss hat. Er ist ein Schandbild und nur noch Ballast für die Stadt. Zugegeben, seine Argumente sind unglücklich gewählt, aber wer von uns kann von sich behaupten, er kenne die wahren Hintergründe? Wie rückwärtsgewandt, verbohrt und egoistisch muß man sein, um die Notwendigkeit eines Abrisses zu ignorieren und weiterhin auf eine Erhaltung zu bauen? Gerade in einer Position wie Stolpe sie bekleidet.

  • Ben, Kampflamm,


    wir sind uns ja einig, daß der Palast abgerissen gehört, weil er häßlich ist und dem Schloß im Weg steht. Doch die Bedeutung der historischen Stunde in der Volkskammer im Sommer 1990 kann man gar nicht hoch genug ansetzen. Natürlich sind entscheidende Dinge im Prozeß der Deutschen Einheit in Budapest, Prag, Moskau, Washington, im Kaukasus und in Bonn geschehen. Doch alles das wäre nutzlos gewesen ohne die Entscheidung der Volkskammer: Das muß man sich klar machen: Das erste frei gewählte Parlament der DDR beschließt in freier und demokratischer Entscheidung den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Das ist eine historische Stunde allerersten Ranges! Hier und nur hier ist offiziell die Deutsche Einheit beschlossen worden. Alle anderen Aktivitäten dienten "nur" dazu, diesen entscheidenden Schritt zu ermöglichen.


    Der erste, der die Tragweite der Entscheidung wirklich begriffen hatte, war übrigens Gregor Gysi. Ich habe noch gut die Debatte von damals vor Augen. Der Beschluß war gefallen, und Gysi sprach in seinem Redebeitrag danach mit Tränen in den Augen aus, was den anderen Beteiligten noch gar nicht so recht bewußt geworden war. Er sagte mit Grabesstimme sinngemäß: "Soeben ist nicht weniger als das Ende der DDR beschlossen worden..." da brach der ganze Saal spontan in laute Jubelrufe aus.


    Das war so eine Szene ähnlich wie in der Prager Botschaft im September 1989. Wer das einmal gesehen hat, einmal die unglaubliche Erleichterung gespürt, den Schrei der Befreiuung gehört hat, der dort aus den Menschen herausbrach, der kann sich über das Gerede, bei der Deutschen Einheit sei es den Leuten nur um Geld gegangen, nur noch ärgern.

  • Solange es nicht dann immerwieder "Jetzt kann man nicht abreißen, es findet noch das Skat-Turnier der sehbehinderten Rentner statt!" o.ä. heißt, um den Abriss noch weiter hinauszuzögern, kann man darin machen, was man will.

  • Hallo,


    Ich hab'euch etwas mitgebracht :
    http://www.schlossberlin.de/


    Diese Seite ist die umfangreichste, die es zur Debatte Stadtschloss in Berlin überhaupt gibt.


    Man kann alle Konzepte, Ideenwettbewerbe, und Simulationen durchblättern. Ein wahrer Genuss !


    Dazu die Stellung der Architekten, wieso sie sich entweder für die Rekonstruktion oder für einen Neubau entschiden haben.

  • Vorgestern ist in der WELT dieser Artikel zum Stadtschloß erschienen. Ich finde ihn glänzend. Er beschreibt die Lage und die politischen Stellvertretergefechte um das Schloß mit einer seltenen Klarheit:


  • Warum muss in D'land alles immer so problematisch sein? Es wird viel zu viel in Architektur hineingedeutet und manchmal sollte man den sog. Experten auch mal sagen, das Preußen gar nicht so schlecht war. Es ist unglaublich, wie manche ein gerade Linie von den Hohenzollern zur Naziherrschaft ziehen wollen.


    Geld ist geügend vorhanden! Der Wirtschaft wird es besser gehen und 500 Mio ¤ (oder wieviel sollen sie zum Bau dazu geben) sind wahrlich Peanuts für die Bundesregierung.

  • Kampflamm, 500 Millionen als Anteil der Regierung?!? Das waer ja ein Riesenbatzen, das ganze Bundeskanzleramt hat gerade mal 300 Millionen gekostet.

  • Ja. Es ist ein Riesenbatzen - und es sind für die Bundesregierung Peanuts. Denn das Kanzleramt ALLEIN hat schon 300 Mio Euro gekostet. Dazu kommen dann natürlich noch der Umbau des Reichstags, das neue Innenministerium, das Paul-Löbe-Haus, das Jakob-Kaiser-Haus, das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, die neuen Bürogebäude Unter den Linden, die diversen Um- und Neubauten der Ministerien in Berlin, die "Bundesschlange" und...und...und. Demgegenüber ist das Stadtschloß ein zwar großer Posten aber doch auch nicht mehr, zumal ein wesentlicher Teil ja auch durch private Spenden aufgebracht werden soll. So kommt das Schloß für den Bund etwa so teuer wie das Kanzleramt - wird aber auf längere Sicht wesentlich mehr Geld einbringen.


    Also trotz knapper Haushalte: Die Frage, ob der Bund für das Schloß Geld hat oder nicht ist eine Frage der politischen Prioritäten. Die Summe selbst wäre selbst bei den derzeitigen finanziellen Verhältnissen des Bundes mühelos zu schultern. Es fehlt nur der politische Wille dazu.

  • Hab jetzt gelesen dass der ganze Bau maximal 670 Millionen Euro kosten wird
    - Anteil der Fassade 80 Millionen
    - Kernbau 590 Millionen: Und es wird angenommen dass davon 230 Millionen von der oeffentlichen Hand stammen werden, welchen Anteil daran Bundes- und Landesregierung haben, weiss ich nicht.

  • 500 Millionen als Anteil der Regierung?!? Das waer ja ein Riesenbatzen,


    Schau dir doch mal an, was die Regierung an Steuereinnahmen hat. Klar gibt es auch noch andere Ausgaben, aber es ist ja nicht so, als ob die 500 Mil ¤ einfach in den Wind geschossen werden. Stell dir mal die Publicity vor, wenn in Berlin das Schloss entsteht. Es würde das Aushängeschild für Berlin (neben dem Brandenburger Tor) werden. Die ¤ wird man also innerhalb kürzester Zeit wieder reinbringen.

  • Wann wird jetzt eigentlich über die Gestaltung der Ostfassade entschieden? Gab es dazu bereits einen offiziellen Wettbewerb?


    Und: welche historischen Innenräume werden wiederhergestellt (wenn überhaupt) und welche nicht?

  • Original geschrieben von Kampflamm
    Schau dir doch mal an, was die Regierung an Steuereinnahmen hat. Klar gibt es auch noch andere Ausgaben, aber es ist ja nicht so, als ob die 500 Mil ¤ einfach in den Wind geschossen werden.


    Also nach http://www.berliner-schloss.info liegt der Anteil der Regierung ja sowieso nur bei 230 Millionen. Das hoert sich schon besser an.


    Mir ist es nur seltsam vorgekommen dass bei diesem Projekt trotz einer geteilten (!) Finanzierung von privatem Kapitalmarkt UND Regierung der Anteil der Regierung bei 500 Millionen liegen sollte.


    Und eine halbe Milliarde, das waer nicht gerade wenig. Ich bin ja auch fuer den Bau, allerdings stellt das fuer die Regierung schon erstmal eine grosse finanzielle Belastung dar, denn soo schnell kommt das Geld nicht wieder rein.


    Ist es ueberhaupt sicher dass die Bundesregierung voll diese 230 Millionen aufbringt? Ich frage weil hier immer vom Bund geredet wird, ich aber etwas nachdenklich bin dass die Stadt Berlin da anscheinend gar nichts dazu beitragen muss.

  • Und: welche historischen Innenräume werden wiederhergestellt (wenn überhaupt) und welche nicht?


    soweit ich weiss, sollen (fast) alle raummaße beibehalten werden, sodass die räume von späteren generationen rekonstruiert werden können. und ein "rittersaal" (?) soll rekonstruiert werden. mehr weiss ich leider auch nicht.
    Kai

  • Original geschrieben von Volker
    Hab jetzt gelesen dass der ganze Bau maximal 670 Millionen Euro kosten wird
    - Anteil der Fassade 80 Millionen
    - Kernbau 590 Millionen: Und es wird angenommen dass davon 230 Millionen von der oeffentlichen Hand stammen werden, welchen Anteil daran Bundes- und Landesregierung haben, weiss ich nicht.


    670 Millionen? Und 230 Millionen aus der öffentlichen Hand?:eek:
    Ich bin ja auch für den Wiederaufbau des Schlosses, nur irgendwie ist es ganz schön unfair, dass eine Stadt so viel Geld bekommt. Sollen die die 230 Millionen mal Hagen geben. Ich würde mit dem Geld in meiner Stadt mehr mit bewegen, als "nur" ein Schloss zu bauen, wie in Berlin.
    Ich werde zwar nicht unseren Haushalt sanieren können (die Stadt schuldenfrei machen), aber ich könnte viele von mir favorisierte Projekte auf den Weg bringen! Und das wären nicht nur die Sanierung/Reko von hist. Gebäuden, sondern auch Hilfe für div. soziale Einrichtungen.

  • Nur zur Info, die 11 Nehmerlaender des Bundes bekamen 2002 ungefaehr 7 Mrd. Euro von Bayern, Hessen, NRW, Baden-Wuerttemberg und Hamburg. 2,6 Mrd. davon gingen nach Berlin! Das ist schon eine gewaltige Menge wenn man ueberlegt das der Rest dann unter 10 zum Teil recht grossen Laendern wie Niedersachsen aufgeteilt wird.

  • Aus dem Focus, ich hoffe das ist serioes genug.


    Da war in einer Ausgabe eine recht schoene Deutschlandkarte dabei, wo man an Farbschattierungen zum einen sehen konnte wie die Bundeslaender regiert werden (also Union alleine, CDU/FDP Koalition, Rot-Gruen,...) und zum anderen wurde durch Balken gezeigt wieviel jedes Bundesland einzahlt bzw. bekommt.

  • Original geschrieben von Volker
    Ist es ueberhaupt sicher dass die Bundesregierung voll diese 230 Millionen aufbringt? Ich frage weil hier immer vom Bund geredet wird, ich aber etwas nachdenklich bin dass die Stadt Berlin da anscheinend gar nichts dazu beitragen muss.


    Wenn vom Bund geredet wird, dann bezahlt auch ausschliesslich der Bund. Das Land Berlin muss allerhöchstens als Bürge auftreten.
    So etwa auch, als 192Millionen Euro für das Olympiastadion nach berlin gepumpt wurden. Für das Geld konnte man zwar auch 4 Stadien in anderen städten bauen, bzw erweitern lassen und alle anderen städte mussten das alleine finazieren, bzw private Geldquellen aufspüren, aber die Politiker handlen das ja so, als ob Deutschland nur aus Berlin bestehen würde.


    Man muss sich bei deiner Statistik auch mal vor Augen führen, dass Berlin zwar rechtlich ein Land, aber de facto nur ne stadt ist, während die anderen 9Länder (exklusive Bremen) Flächenländer sind. Alleine Niedersachsen hat fast 8 Millionen Einwohner.


    Bei der Berlin-Politik der Bundesregierung bekommt das Wort unfair ne ganz neue Bedeutung.