Berliner Stadtverkehr (Straße, Bus, Bahn, Wasserwege, Gebäude)

  • Auch wenn wir hier abschweifen - die Posts zur Straßenbahn könnten die Mods ja mal in den Nahverkehrs-Thread verschieben - völlig vom Tisch ist das Thema Straßenbahnverlängerung u. a. auch durch die Potsdamer Str. nicht.


    Die Berliner Zeitung berichtete erst kürzlich (9.8.2010), dass die Straßenbahn in den Westteil Berlins zurückkehren soll (Entwurf des Stadtentwicklungsplans Verkehr, soll noch diesem Jahr verabschiedet werden). Dabei sind Strecken nach Steglitz, Neukölln und Kreuzberg vorgesehen. Allerdings sind das "Langfristvorhaben", die die "erst für den Zeitraum ab 2025 realistisch sind"... Die Finanzierung ist natürlich noch völlig unklar.


    Natürlich ist das alles andere als eine konkrete Ansage, aber zumindest auch keine endgültige Beerdigung.


    Zum Artikel: Die Straßenbahn nimmt Kurs auf den Westen

  • ^ Unabhängig davon ist auch die Endstelle Kulturforum auch stets nur als temporäre Endstelle vorgesehen gewesen. Richtig sinnvoll ist die Tram tatsächlich nur bei einer vollständigen Umsetzung bis Rathaus Steglitz; im Gegensatz nur M48, die gern auch mal im Pulk kommt, würde die Tram dann auch keineswegs im Stau stehen. Es gibt wohl deutschlandweit nur wenige potentielle Tramstrecken mit solch hohen Fahrgastzahlen. Dazu muss man nur irgendwann mal auch mit dem Bau zwischen Alex und Potsdamer Platz beginnen. Grundsätzlich sollte die Strecke als Verlängerung der M4 sogar schneller sein als die U2.

  • Die Planungen sahen vor,dass die neue Linie vom Alexanderplatz bis zum Kulturforum reicht,aber wie gesagt,das Projekt wurde ja bereits in der Planung verworfen.


    Nimm es mir nicht übel, aber die BVGler, die du kennst, sind entweder nicht besonders im Bilder oder bringen auch nur Polemik.


    Richtig ist die geplante Weiterführung der Linie bis nach Steglitz; die Endhaltestelle Kulturforum wäre nur bis zu einem geplanten Weiterbau die Endhaltestelle. Die M48-Busse sind voll wie nichts, fahren in einem unregelmäßigen Takt. Eine Straßenbahnanbindung würde hier enorm den Verkehr bündeln.


    Das Projekt ist nicht verworfen, beim Umbau des Molkenmarktes und der U5 vor dem Rathaus wird die Linie ebenso mitgeplant. Fakt ist hingegen, dass trotz großer Worte nach wie vor (bis auf die besagten Schienen in der Leipziger) nichts geschehen ist und es fraglich erscheint, ob die Straßenbahn in zehn Jahren gebaut wird oder man immer noch plant. Vielleicht bringen die Grünen 2011 hier frischne Wind, vielleicht auch nur heiße Luft.

  • Tja, dann liegen sie halt noch ne Weile, wie es unterirdisch schon teilw. seit Jahrzehnten der Fall ist ;). Ob man die überhaupt noch verwenden könnte?


    Tramgleise überdauern nach 100 jähriger deutschlandweiter Erfahrung selbst unter regem Linienverkehr locker 20 Jahre, nicht selten auch 30 Jahre und sogar darüber hinaus (zumindest rein technisch, man wird aber zur Sicherheit immer eine Sanierung durchführen bevor die technische Nutzbarkeit endgültig ausgereizt ist).


    in berlin geht es auch ohne auto. insofern: ich hoffe auf die tram, nicht nur dort!


    Das ist schöne Theorie, aber funktioniert nicht. Beispiel München: ein extrem dichtes U-Bahn-Netz mit hoher Fahrtgeschwindigkeit, modernen Zügen und Bahnhöfen, allesamt mit Rolltreppen ausgestattet. Ergänzend Stadtbusse und Tramlinien zur Naherschließung, ein riesiges S-Bahnnetz (viel mehr Streckenkilometer als das der berliner S-Bahn!) zur Anbindung der Region.


    In München müsste keiner das Auto nehmen. Kein Pendler aus einem Vorort im Grünen, kein Schwabinger der in's Büro fährt. Aber was sieht man? Leute die direkt an einer U-Bahn Station wohnen und deren Arbeitsplatz nahe einer anderen U-Bahn Station liegt und trotzdem den PKW zur Arbeit nehmen. Da gibt es unzählige Gründe, von Bequemlichkeit bis hin zum Sicherheitsgefühl. In jedem Falle sind die meisten Menschen nicht nur pragmatisch was ihre Mobilität angeht (ich habe selbst nicht einmal ein Auto, weil ich Autofahren nur als Stress empfinde und man sehr viel Geld spart wenn man ganz auf ÖPNV und Radeln setzt, aber damit gelte ich in meinem Freundeskreis als Paradiesvogel...).


    Das Ende von der Geschicht': München hat auch einen Autobahnring um die Stadt herum, hat einen Mittleren Ring mitten durch die Stadt und hat dann noch einen Altstadtring, alles wunderbar und teuer ausgebaut, mit zig Tunneln und die staugewöhnten Pendler kommen trotzdem nicht auf die Idee ihr fahrendes Blech stehen zu lassen, gar abzuschaffen, und auf die Öffis zu setzen. Und warum sollte das in Berlin, wo es breitere Straßenschneisen und geringere Bevölkerungsdichte als in München gibt/sich die Stadt auf eine überproportional größere Fläche verteilt, anders sein.

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    Also Ihre Bewunderung für das Münchner ÖPNV in Ehren, aber ich muss zurzeit damit leben und sagen, dass man hier in MUC mit dem Auto dreimal so schnell unterwegs ist wie mit dem MVV.


    Von meiner Wohnung in Ramersdorf bis zu meiner Arbeitstelle in der Stadt (6 km Strecke) bin ich eine Stunde unterwegs. Vor allem weil ich 3 mal umsteigen muss und man muss an den Haltestellen selbst in der Woche bis zu 10 Minuten warten. Ich warte also manchmal alleine schon 20-30 Minuten. Die U-Bahn ist dann meist komplett überfüllt und entsprechend temperiert. Mit dem Auto brauche ich über den herrlichen neuen Richard-Strauss-Tunnel für die gleiche Strecke dagegen ganze 12 Minuten.


    Dagegen muss ich sagen ist die Berliner S und U-Bahn mit den hohen Frequenzen (teilweise 4 Minutentakt) und der Netzstruktur ein Traum. Hier komme ich in einer Stunde von Mitte bis zum Flughafen Schönefeld (ca. 20 km Strecke) und eigentlich überall hin.

  • Und warum sollte das in Berlin, wo es breitere Straßenschneisen und geringere Bevölkerungsdichte als in München gibt/sich die Stadt auf eine überproportional größere Fläche verteilt, anders sein.


    Das sind aber irgendwie Milchmädchenrechnungen. Das Berliner Stadtgebiet umfasst auch weite mehr oder weniger unbewohnte Areale, was sich natürlich auf die durchschnittliche Bevölkerungsdichte auswirkt. Letztendlich sollte sich aber das Streckennetz des ÖPNV an den strukturellen Gegebenheiten und Bedürfnissen der Stadt orientieren.
    Wenn man sich nun bspw. das Münchner S-Bahnnetz ansieht, fallen zwei Dinge sofort ins Auge: Zum einen ist sternförmig aus dem Umland zum Stadtzentrum his ausgerichtet. Dadurch hat es natürlich extrem viele Streckenkilometer (der überwiegende Teil der Strecke befindet sich außerhalb Münchens). Zum anderen fehlen Querverbindungen, was die Mobilität erheblich erschwert. Sowas wie einen Ring gibt es nicht.
    Ich denke schon, dass in Berlin viel mehr Menschen den ÖPNV nutzen, eben aufgrund eines effizienteren Layouts.
    Ob nun redundante Strecken wie z.B. eine Straßenbahn durch die Leipziger Straße Sinn machen, steht natürlich auf einem anderen Blatt...

  • ^^ Dito. Als ich in Mitte gearbeitet habe, war das Auto für mich und für fast alle meine Kollegen die schlechteste aller Varianten. Und das, obwohl auf der Strecke dorthin keine große Staugefahr gedroht hat.


    Hinzu kommt sicherlich noch, dass aufgrund der anderen Einkommenssituation in München ein größerer Antil der im Stadtzentrum arbeitenden Bevölkerung ein Auto besitzt und sich ein wenig vom gemeinen Pöbel abheben möchte. Insofern scheinen die Münchener den Moskowitern ähnlicher zu sein, als die Berliner - jene (die Moskowiter) hocken nämlich mit größter Vorliebe in ihrem "eigenen Reich" zwei Stunden in Staus, die auch wirklich den Namen verdienen ;)


    tel33: die Strecke der M48 vom Potsdamer Platz zum Rathaus Steglitz ist allerdings keineswegs redundant. Wie würdest du denn die Strecke ans bestehende Netz anbinden, wenn nicht über die Leipziger? Hinzu kommt noch, dass eine M4 Alex-Potsdamer wohl schneller wäre als die U2 und diese entsprechend entlasten könnte.

    Einmal editiert, zuletzt von DaseBLN ()

  • Re: M48.
    Ich weiß es ist Spinnerei, aber warum eigentlich nicht vom Spittelmarkt über Axel-Springer/Zimmerstraße/Niederkirchner/Stresemannstraße? Der Fahrzeugverkehr dort ist überschaubar bzw. kann umgelenkt werden, Platz ist auch noch verhanden.

  • ^ Ich würde es jetzt nicht direkt als Spinnerei abtun, allerdings sprechen einige Dinge dagegen: die Strecke wäre länger und dazu fast komplett nicht unabhängig vom Straßenverkehr zu bauen und damit nicht förderfähig (auf der Leipziger kann bis zur Charlottenstraße ein unabhängiger Bahnkörper gebaut werden).

  • Ja gut, nur was nutzt der Bahnkörper, wenn man dann doch durch ein Nadelöhr muss, von dem man jetzt bereits weiß, dass es immer verstopft sein wird. Von der Nebenstrecke könnte man den Kfz-Verkehr weitgehend wegführen. Im Übrigen ließe sich auch hier zumindest auf Teilstücken ein eigenes Gleisbett legen lassen.
    Zu hinterfragen ist natürlich, warum es überhaupt nötig ist, die Strecke an bestehende Linien anzubinden... Sie könnte genauso gut auch aus westlicher Richtung am Potsdamer Platz enden. Langfristig sollte das Ziel m.E. nämlich die (Re)Aktivierung der Westlinien sein. Und die müssen garnicht zwangsläufig in die Innenstadt führen.

  • ^ Eine Strecke ohne eigenen Gleiskörper wird immens teuer. Auf den Straßenquerschnitten deiner Alternativstrecke würdest eben diesen nicht unterbringen können (ich bezweifle es sehr stark), weil man man bei Straßenumbauten auch immer Gehwegmindestbreiten, Radwege usw. mit einplanen muss.


    Der niveaugleiche Abschnitt Leipziger Straße stört, ist aber nur eine kurze Teilstrecke und Dauerstau gibt es meinen Erfahrungen dort keineswegs.


    Eine Insellinie Steglitz - Potsdamer Platz würde das Vorhalten einer kompletten doppelten und damit kostenintensiven Infrastruktur (Betriebshof, Technik, etc.) bedeuten - und das nur, um einen eventuellen Stau auf diesem kurzen Streckenabschnitt zu entgehen? Das würde sich nur lohnen, wenn weitere Streckenneubauten direkt anschließen würden, und das ist momentan leider keineswegs abzusehen.


    Historisch gesehen gab es übrigens keine Inselnetze, es gab stets mindestens eine Verbindung, wie heute zum Beispiel nach Köpenick (gut, da sind es zwei, aber es ist grundsätzlich ein eigenes Netz).

  • Warum werden Strecken ohne Gleiskörper eigentlich teuer? Das konnte man schon vor 100 Jahren... Und natürlich wäre es hilfreich für neue Strecken auch die entsprechende Infrastrukur zu schaffen.

  • ^Zumindest in Bayern gibt es für direkt in die normale Straße gelegte Gleise, wo die Tram also im allgemeinen Straßenverkehr "mitschwimmt", keine Fördergelder zum Bau. Mich würde sehr wundern wenn dies in Berlin anders wäre und ob eine Verkehrsgesellschaft einen Streckenbau ohne staatliche Zuschüsse schultern kann ist meiner Meinung nach fragwürdig.

  • Nein, das ist in Berlin wohl auch so. Nur warum? Und wie hoch sind die tatsächlichen Kosten, die ja so oder so anfallen? Ein eigenes Gleisbett dürfte doch ein Vielfaches einer einfachen Schienenverlegung auf Straßenniveau kosten...

  • ^ Mir ging es nicht um die Baukosten, die sicherlich geringer sind (aber keineswegs um ein vielfaches, ein Gleis im Asphalt ist im Aufbau komplexer als ein freiliegendes, was die sonstigen Erparnisse wieder ein wenig ausgleicht), sondern wie Ausgburger bemerkt hat um den Fördermittelanteil, d.h. die von Stadt und Verkehrsunternehmen zu schulternden Kosten. Und der fällt bei straßenbündigen Gleisen eben komplett weg bzw. wird drastisch dezimiert. Das ist auch einer der Gründe, warum die Bernauer so teuer (für Berlin) geworden ist.

  • ^^
    Es ist einfach sinnvoller einen getrennten Körper zu errichten.


    Zwei Hauptfaktoren,


    verkehrlich erreicht man eine ungeheure Beschleunigung der Tram - die durchaus mit anderen unabhängigen Schienenfahrzeugen wie Untergrundbahnen mithalten kann - und entzerrt die Verkehre, was auch dem MIV dient und nicht zuletzt die Verkehrssicherheit erhöht (Straßenverkehrsordnung hin oder her, die meisten Autofahrer unterschätzen den Bremsweg von Trambahnen gefährlich und vermuten die Manövrierfähigkeit eines mittleren LKW obwohl solch eine Bahn von einer gewaltigen Trägheit nach vorne geschoben wird und zugleich eine ruckartige Verzögerung für die Insassen eine erhebliche Verletzungsgefahr darstellt).


    Technisch hat es nicht nur bauliche Vorteile die diverser Natur sind (bis zu Details wie Frostwasser welches im Winter durch die Asphaltöffnung entlang der Schienen zusätzliche Angriffsflächen erhält) sondern hat große städtebauliche Vorteile. Der Straßenraum kann saniert, neu gegliedert und der MIV Anteil zurückgebaut werden, so dass Durchgangsverkehr zumindest verdrängt wird (klug gemacht verteilt er sich gleichmäßig auf Alternativrouten). Und nicht zuletzt ist der Schallschutz wesentlich besser, ein Rasengleis ist nicht nur eine nette Begrünung des Straßenraumes sondern es ist auf Lärmkarten bundesdeutscher Städte mit diversen Gleiskörpertypen regelrecht augenfällig wieviel geringer Lärmemissionen bei getrenntem Bahnkörper mit Rasengleis, im Vergleich zu in der normalen Asphaltstraße verlegtem Gleis, sind.

  • schöne, neue welt. aber wie sieht das denn aus? jedesmal, wenn ich die karl-liebknecht-straße überquere, wähne ich mich nicht im ehemaligen altstadtbereich einer mitteleuropäischen stadt, sondern irgendwo an deren rand. wenn in adlershof eine neue tram gebaut wird, bitte schön, aber für die innenstadt erscheint mir die optisch harmlosere, weniger schwellenwirkung signalisierende gleisführung im asphalt sehr viel verträglicher.
    die angesprochene funktionalistische trennung der verkehrsströme mag den vorteil der beschleunigung zeitigen, aber an die atmosphäre im herzen einer metropole stelle ich nicht die erwartung, rauschenden verkehr wie an einer bundesstraße zu erleben. wie zivil wirkt dagegen doch eine situation, in der sich die verschiedenen verkehrsteilnehmer den öffentlichen raum zu teilen verstehen (ich denke gerade an den VII. bezirk in Wien, hinterm museumsquartier den berg hinauf). aber das erfordert soziale kompetenzen wie umsicht, rücksicht, nachsicht, die für das (nicht nur räumliche) fortkommen in unserer welt inzwischen offenbar als hinderlich gelten.

  • Augsburger: Also den städtebaulichen Vorteil einer Gleisschneise mitten in der Stadt vermag ich beim besten Willen nicht zu erkennen. Sowas teilt Quartiere in viel erheblicherem Maße als jede noch so breite Straße.

  • @ ulgemax/tel33: ihr beiden verwechselt da etwas - die Karl-Liebknecht-Straße wird durch die Spuren des IV getrennt, nicht durch das Rasengleis. Und dass die Straße nicht wie im Zentrum einer Altstadt wirkt, liegt doch wohl eher an den maßstabslosen Neubauten. Hinzu kommt, dass die Bauweise "mit kleinen Zäunchen" eher suboptimal ist. Schaut euch doch die Bornholmer oder die Ostseestraße an - dort verbindet die Trasse eher die beiden Ränder mit den Vorgärten.


    Eine der anderen Gründe für die Forderung nach eigenem Bahnkörper ist die Sicherstellung der Behindertenfreundlichkeit. Zwar gibt es auch sogenannte Haltestellenkaps, die an die Schienen herangezogen werden, dies ist aber nur auf kleinen Straßen mit geringerem Querschnitt praktikabel.


    Wie der Neubau von Straßenbahnen zum städtebaulichen Vorteil genutzt werden kann, macht Frankreich seit Jahren vor, zur genaueren Lektüre empfehle ich diesen etwas älteren Artikel. Der lohnt sich aber nur, wenn man nicht in Kategorien wie "Gleisschneisen" denkt. Da scheint dann Ideologie im Spiel zu sein.

  • Die Spuren des IV kann man im Gegensatz zu den Gleisen jedoch problemlos auch abseits der vorgesehenen Fußgängerübergänge überqueren und somit beide Straßenseiten für sich selbst "vereinen", ohne über Gleise, dem Rasen-Schotter-Gemisch und Bordsteine stolpern zu müssen, von den Zäunchen mal ganz zu schweigen. Würde auch sagen, diese Gleiskörper trennen mehr, als die Fahrbahn, die mit zwei Fahrspuren+Bus-/Parkspur pro Richtung (mit den Gleisen 4) auch nicht übermäßig breit ist und für ne Achse, wie die KL auch nicht verwerflich wär.