Wie weiter wachsen? Stadtplanung & Siedlungsentwicklung Region

  • ^ Eine vernünftige Einstellung (gilt natürlich auch für Düsseldorf, dort mit den Subzentren in den umliegenden Städten) - die ich teile! :daumen:


    Noch ein paar Worte bei Gelegenheit - im Düsseldorfer Subforum kommt bei ähnlichen Themen immer wieder ein Bewohner einer EFH-Vorstadt mit in etwa gleichen Floskeln über Lebensqualität. Vielleicht liegt es an meinen persönlichen Erfahrungen und dem Aufwachsen im Zentrum einer Metropole - unter Lebensqualität verstehe ich nicht endlose Meere niedriger Häuser und den nächsten Laden kilometerweit. Sondern umgekehrt - eine Stadt mit viel Dichte (Bauten wie auch Einkaufsmöglichkeiten), Vielfalt und Reizen. Ich hoffe, im Verlauf der Urbanisierung, bald mit den meisten Menschen in Großstädten, das verbreitete Verständnis der Lebensqualität immer urbaner wird. (Was hoffentlich auch planungspolitisch sichtbar wird.)


    Ich überlege gerade, ob ich damit gemeint bin - vermutlich ja. :D
    Ich bin zwar nicht so wie du in einer Stadt im sozialistischen Polen aufgewachsen (wenn ich dich richtig verstanden habe), aber auch nicht in einer "EFH-Vorstadt" - wie kommst du überhaupt darauf - nur weil sich mein Bild vom Leben und Lebensqualität grundsätzlich von deinem unterscheidet?
    Also gerne für dich noch einmal - ich wohne, lebe und arbeite in Düsseldorf und bin dort auch geboren und aufgewachsen und sehe das Leben in "meiner" Stadt aus einer anderen Sicht als jemand, der nur täglich hier einpendelt und keinerlei echte andere Interessen an der Stadt als seinen Arbeitsplatz hat - ich gehe mal davon aus, dass es vielen Münchnern ähnlich geht....

  • Zitat BauLcfr: wenn die Leute keine Lust zum Nachverdichten sowie Ändern der Verkehrsmittelwahl verspüren, ist das Leiden ob der Immobilienpreise bzw. Schlangen für Mietercastings anscheinend nicht groß genug.


    Nicht verwechseln. Auch wenn es solche gibt, die jammern aber die Lösung nicht sehen wollen: Die überwältigende Mehrheit der Gegner besitzen Eigentum, sind diejenigen, die seit vielen Jahren in ihrer angestammten Wohnung / Umgebung leben, häufig mit günstigen Mietverträgen, die Jahrzehnte zuvor abgeschlossen wurden. In Summe also diejenigen, die von den Auswirkungen des Mietwahnsinns (noch) nicht voll betroffen sind.


    Und selbst wenn: Dann gibt es von manchen immer noch die Parole: Zuzug stoppen.


    Der Leidensdruck ist für die Mehrheit der Mieter auf jeden Fall groß genug!


    Zitat BauLcfr: unter Lebensqualität verstehe ich nicht endlose Meere niedriger Häuser und den nächsten Laden kilometerweit.


    Wer versteht denn unter Lebensqualität, dass der nächste Laden kilometerweit weg ist?


    Wenn dann: Meere niedriger Häuser + der nächste Laden um die Ecke.


    Aber: Meere niedriger Häuser (EFHs?) gibt es anders als in z.B. London in Deutschland doch überhaupt nicht.


    Zitat Jai-C:
    Es braucht endlich eine Kombination von Ausbau der Infrastruktur und Entwicklung von Flächen inkl. Ausbildung von Subzentren.


    An der Umsetzung hakt es. Erstens weil politische Entscheidungs- und behördliche Planungsprozesse viel Zeit in Anspruch nehmen, zweitens niemand bezahlen will und drittens auch jeder Bürger mitsprechen möchte.


    So begründet und sinnvoll dies in vielen Situationen ist, wenn schnelles Handeln im Interesse der Allgemeinheit gefordert ist, versagt unser demokratischer Apparat.


    Allein wie lange es gedauert hat, bis das Instrument des "Urbanen Gebiets" eingeführt, bis die Finanzierung der 2. Stammstrecke fixiert wurde.


    Eine Teillösung haben wir auch schon oft diskutiert: Unterstützung durch Privatunternehmen in Planungs- und Genehmigungsprozessen. Das ist heute schon oft der Fall, müsste aber noch ausgeweitet werden.

  • Als Schlüssel zu mehr Verdichtung braucht es meines Erachtens in München vor allem viel mehr Dezentralisierung. Wenn man alle Neuentwicklungen entlang der etablierten Verkehrstrassen entstehen lässt, ohne selbige zu erweitern, dann ist der Verkehrsinfarkt vorprogrammiert. Es braucht endlich eine Kombination von Ausbau der Infrastruktur und Entwicklung von Flächen inkl. Ausbildung von Subzentren. All das findet derzeit viel zu wenig statt bzw. nur auf sehr kleinteiliger Ebene.


    Wenn man die nächsten 20 Jahre in die Zukunft schaut, was hier alles an Infrastruktur gebaut wird, bzw. werden soll, dann kann ich dem nicht folgen.


    kleinteilig finde ich die 2. Stammstrecke nun wirklich nicht. Zusammen mit den geplanten Schnellbahnlinien und dass vielleicht auch Regionalbahnen da durchfahren werden wird das den Nahverkehr ziemlich umkrempeln. Dazu kommen noch viele andere Sachen, wie U9, S6 Ringschluß, Nordring...
    Gerade vom Nordring verspreche ich mir viel Dezentralisierung.

  • Wer versteht denn unter Lebensqualität, dass der nächste Laden kilometerweit weg ist?


    Das ist die logische Konsequenz der geringen Bevölkerungsdichte. Vor einiger Zeit las ich in den Medien Artikel über das Aussterben der Lebensmittelläden - vor allem in den EFH-Gebieten, von den es in etlichen Städten durchaus viele gibt. (Ich vermute, in München werden immer noch viele solche Läden geschlossen.) Dunkel erinnere ich mich an Forderungen der Bewohner solcher Vorstädte, die Politik möge was tun - diese mag höchstens einen Investor zum Bau eines Lokals zwingen. Dass dort einer der SB-Konzerne eine Filiale einrichtet, obwohl es im Umkreis zuwenig Kaufkraft gibt, dass kann die Politik nicht befehlen.
    So sind die Hoffnungen mancher Vorstadt-Bewohner, die heile Reihenhäuser-Welt könne man ewig zementieren, illusorisch - irgendwann geht womöglich der gewohnte Laden weg. Hätte man die Nachverdichtungen nicht verhindert, wäre er vielleicht geblieben.


    Ich googelte zur Münchner Stellplatzsatzung - laut diesem SZ-Artikel vom November 2017 wurde diese 2016 minimal reformiert: 0,8 Stellplätze/WE für Genossenschaften, 0,6 Stellplätze/WE für Sozialwohnungen, 0,3 wenn ein Mobilitätskonzept erstellt wird. Der Artikel berichtet noch, dass im sozialen Wohnungsbau ungefähr die Hälfte der Stellplätze nicht benötigt wird und dass jeder in einer TG 20-25 Tsd. EUR kostet.


    Wenn nur jede zweite Sozialwohnung einen Stellplatz benötigt, sollte der Schlüssel nicht 0,6, sondern höchstens 0,5 betragen? Sonst könnte man fragen, wieso nur Genossenschaften eine Erleichterung verdienen und nicht jeder Investor.


    Und jetzt kommen wir zum Leidensdruck zurück - wenn dieser groß genug ist, müsste es einen Druck darauf geben, die Stellplatzsatzung zumindest noch weiter zu lockern - wenn nicht ganz abschaffen. (Der Artikel erwähnt, dass die Satzung in Hamburg (2013) und in Berlin (1997) ganz abgeschafft wurde.)
    In manchen Regionen der Welt geht man sehr restriktiv gegen eine Flut der PKW-Zulassungen vor (Ähnliches berichtete jemand im DAF aus Japan) - und hier geht es bloß darum, den PKW-Verkehr auf Kosten des Wohnungsbaus nicht mehr zu fördern. Offen gesagt - dass dieses Thema in den Münchner Medien im letzten Jahr kaum präsent ist, obwohl etliche Politiker am häufigsten über Wohnungsprobleme reden, bin ich etwas enttäuscht.


    Kann jemand Beispiele finden, wo die Mini-Reform aus dem Jahr 2016 eine Erhöhung der geplanten WE-Anzahl konkreter Projekte bewirken konnte?


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    Erg.: Noch zum Thema der Nachverdichtungen - beim Googeln fand ich diesen SZ-Artikel vom 28.10 über das geplante Hochhaus am HBf, mit 70 Metern eher winzig (am Düsseldorfer HBf wird ein Hochhaus mit 100 Metern Höhe geplant). Der Bezirksausschuss will dem Artikel nach den Turm ablehnen, weil es weder den Anwohnern noch den Bahnreisenden Verbesserungen bringen sollte - u.a. weil die Bahnreisenden in der Tiefgarage nicht parken dürften, nur die Mieter der Büros. Dass man sich traut, mit solcher "Logik" öffentlich zu gehen - wieso sollte jeder Neubau jedem Anwohner als ultimative Existenz-Bedingung Verbesserungen bringen? Und wenn hier anstelle des Hochhauses ein Flachbau entstünde - welche Verbesserungen gegenüber dem Ist-Zustand brächte er denn den Anwohnern? Wieso sollte jeder Bürobau in Bahnhofsnähe auf P+R machen? Für jene Bahnreisende, die in den Büros arbeiten werden, wird die Verbesserung durchaus deutlich sein - sie müssen dann nicht weit vom HBf weiter fahren.


    Wenn selbst eine zaghafte Nachverdichtung bei zuständigen Politikern derart absurde Reaktionen weckt, wird es wohl nicht viel mit dem Wachsen der Stadt.

    2 Mal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • Liebe Forumsmitglieder, was denkt ihr ?


    Die Wohnungskosten steigen jetzt auf ein Niveau, dass langsam immer mehr Firmen mit den Löhnen nicht mehr nachkommen.
    Außerdem werden die Flächen für etliche Firmen selbst knapp und teuer.


    Jetzt stellt sich die Frage:


    Schaffen die Wachstumsgegner durch weiteres Angstschüren und Blockade von Projekten ihrem Ziel eines Wachstumsstopps zu erreichen.


    Oder die Politik und die Wirtschaft können sich durchsetzen, bzw. das Ruder noch mal rumreißen ?

  • Ja, ein Wachstumsstopp ist in jedem Fall machbar und möglich. Schon heute wächst die Stadt München deutlich langsamer. Innenstadtviertel verlieren durch Gentrifizierung und Luxussanierungen Einwohner. Dazu kommt auch der nachlassende Wanderungsdruck aus den Randstaaten der EU. Das zeigt sich über Wien, was trotz enormer Wachstumspolitik und Förderung von Bauen einen sichtbaren Rückgang des Bevölkerungswachstums zeigt. Ich sehe fallende oder zumindest stagnierende Einwohnerzahlen für München und einige Vorortgemeinden ganz sicher möglich in den kommenden Jahre. Eins dabei ist aber auch ganz sicher: Die Preise werden weiter steigen, da zunächst immer noch genügend Menschen in München wohnen oder investieren würden.

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    Richtig, Deutschlands Städte wachsen marginal und trotzdem wird ein Geschrei bei jedem Spatenstich unternommen. Sind wir verwöhnt?


    In diesem Zusammenhang die aktuelle EW-Zahl zum 31.10.2018:


    1.539.298 Einwohner


    Ggü. dem 30.04.2018 sind das + 10.000 EW oder 1.670 EW pro Monat.


    Damit ist der Bevölkerungshöchststand von 1.542.000 EW Anfang 2017 und auf die zwischenzeitlich durch die Registerbereinigung abgefallene Zahl von 1.525.000 EW noch nicht erreicht.


    https://www.muenchen.de/rathau…/Monatlicher-Bestand.html


    Weitaus spannender dürfte aber wieder sein, ob die Stadt ihr Ziel von 8.500 WE / Jahr erreicht.

  • ^^


    Wie exakt diese Zahlen wirklich sind? Nicht dass am Ende in 2 Jahren die Bevölkerung wieder um 50.000 nach unten korrigiert wird, was am Ende dann praktisch Stagnation bedeuten würde.

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    Durch Registerbereinigungen wird aber keine einzige Wohnung frei, da die Personen ja physisch ohnehin nicht vorhanden sind.


    Keine wirkliche Basis also für die Wohnungsbauplanung...

  • Der Druck der Wirtschaft ist hoch, um neue Arbeitnehmer nach München zu locken. Aber bei dieser Wohnsituation und derzeit auch perfekten Arbeitsbedingungen woanders in Dtld. wären viele blöd, wenn sie nach München kommen würden. Reserven in bestehenden Wohnungen gibt es fast nicht mehr, die wurden die letzten Jahren mit höherem Wachstum vollgemacht, als es der Anstieg der Wohnungen hergeben würde.
    Das zukünftige Bevölkerungswachstum wird sich deshalb ziemlich genau am Wachstum der Wohnungen festmachen lassen.

  • Ein gewisses Wachstum wird es sicherlich auch durch die Bestandswohnungen geben, da durch die hohen Mieten WGs für viele die einzige Option sind und somit die Anzahl der Menschen pro Wohnung steigt.

  • Ich sehe eher das Gegenteil. Mit weiter steigendem Wohlstand wird die Wohnfläche pro Person weiter steigen. Ein Rückgang der Einwohnerzahl in den innenstadtnahen Vierteln ist bereits üblich und wird sich nach der Nutzung der letzten Brachen und Nachverdichtung, was in den letzten Jahren noch für Neubau gesorgt hat, deutlich verstärken.

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    nach der Nutzung der letzten Brachen und Nachverdichtung


    Hä? Seit wann ist eine Stadt zu einem Zeitpunkt x "fertiggebaut"?
    Neue Brachen und weitere Nachverdichtung wird es immer geben...

  • Ja, aber in den ohnehin schon voll genutzten Innenstadtvierteln ist der Zuwachs von Wohnraum marginal und wird durch die Rate übertroffen, zu welcher reiche Menschen mehr Platz pro Person brauchen. Was wetten wir, dass die Maxvorstadt, Schwanthaler Höhe oder Schwabing West alle in nicht naher Zukunft schrumpfen werden?

  • Grenze überschritten

    Ich denke, wir sind seit ca. 1,5 Jahren an dem Punkt angelangt, an dem der Bestand an Wohn- und evtl. auch an Gewerbeflächen für Unternehmen keine Dynamik mehr aufweist, d.h., Entwicklungen können nicht mehr "abgefedert" werden. Deshalb muss ich Euch rechtgeben, jedes Wachstum ensteht momentan einzig und allein durch das Zufügen neuer Nutzungsflächen. Dieser Zustand ist natürlich entsetzlich weil inzwichen der Puffer im Flächenangebot fehlt, der die Vorraussetzung für jegliche Flexibilität in punkto wirtschaftlicher und auch sonstiger Entwicklung ist.


    Die Folgen werden - zeitlich versetzt - in den nächsten Jahren spürbar werden. Denn, wie hier schon vorher bemerkt, die Region München und Oberbayern ist längst nicht mehr die einzige Region mit hervorragenden Standortbedingungen für Menschen, Unternehmen, Kultur, und was sonst noch die Wachstumsdynamik einer Region ausmacht. Ich hoffe, die Verwaltung wacht jetzt endlich auf und realisiert, dass das Klein-klein der letzten 40 Jahre nicht nur Probleme nicht gelöst hat, sondern sich nun tatsächlich destruktiv für die Stadt und die Menschen auswirkt. Es muss endlich radikal neu gedacht werden, mit komplett neuen Konzepten in den Bereiche Nutzungsverdichtung, Verkehr, Umwelt, Innovation. Andere Städte Europas haben zwar auch keine Patentlösung, machen teilweise aber schon vieles vor, das man zumindest übernehmen kann. Leider ist diesbezüglich vom Freistaat nach wie vor kein Input zu erwarten, deshalb hoffe ich, dass sich irgendwie neue regionale Gremien gründen, die hier im großen Stil kurz-, mittel- und langfristig die Weichen Stellen.

  • Niemand gibt das vor. Man hat in den letzten Jahrzehnten die Stadt- und Regionalentwicklung komplett privaten Investoren überlassen. Was man ja grundsätzlich machen kann, aber es fehlten die großen, übergeordneten Pläne und Strukturen. Die müsse schon von der Verwaltung kommen. Jetzt sitzen alle überrascht da, und wundern sich, dass wir an allen Ecken und Enden einen Entwicklungsstau haben. Beim Wohnungsbau, bei der Infrastruktur, und vor allem fehlt die große Vision, die Richtung. Wie wollen wir das Wachstum in den nächsten 10, 50, 100 Jahren gestalten? Dafür müssen jetzt die Weichen gestellt werden.

  • Mit Verlaub, ich bin nicht überrascht.
    Seit ca. 25 Jahren wundere ich mich über die Visionslosigkeit in der Stadt, wobei ich den Verdacht habe, dass es sich oft eher um eine „Visions- Unpopularität“ handelt.

  • Jeder einschließlich ich selbst der mit einigermaßnen offenen Augen durch die Welt rennt erkennt schnell, dass München eine absolute Ausnahme im globalen Vergleich ist. Keine Stadt, die ich auch nur kurz kennen gelernt habe, ist derart fixiert auf seine Vergangenheit und zeigt trotz ausgezeichneter makroökonomischer Daten sowie einem grundsätzlich sehr hohem interantionalen Investitionsdruck derart visionenlose Planungen. Alle größeren Maßnahmen sind eigentlich auf 1 wenn nicht 2 Generationen Planungszeit ausgelegt. Man bräuchte in München nicht mal Visionen - es würden einfach nur vielleicht auch langweilige Planungen helfen. Egal was es ist, hauptsache man erweitert das Angebot einer Stadt dieser Größe angemessen. Und neben den städtebaulichen Aspekten käme dann noch die Architektur. Wir sind schon sehr bescheiden geworden