Städtebauliche Ziele und Visionen - der Diskussionsstrang

  • Gewünschte Neubauprojekte-Dichte?

    ^ Es gibt doch jede Menge Parkhäuser in der Umgebung? Ein Parkplatz an derart exponierter Stelle (praktisch zwischen dem Römer und dem Main) ist grober Unfug - den man schlecht damit begründen kann, dass ein paar Einzelpersonen möglichst für Lau parken möchten. Zusätzliche Aufenthaltsqualität im zentralsten Zentrum sollte der Stadt wichtiger sein - u.a. von dieser Aufenthaltsqualität (und von den Besuchern) lebt sie.


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    Dieses Neubauprojekt im Rebstock-Viertel zitierte ich im Düsseldorfer Wohnen-Forum als Beispiel ordentlicher Dichte (eine andere Frage, ob die Gestaltung besser sein könnte). 167 WE auf 5000 Qm Grund machen über 300 WE/Hektar - in Düsseldorf gibt es sogar zentrumsnahe Neubauprojekte, die 100 WE/Hektar unterschreiten. Kein Wunder, dass die Flächenreserven für die prognostizierte Einwohnerentwicklung nicht ausreichen. Da das Verhältnis Flächenreserven/Einwohnerzuwachs auch in Frankfurt knapp ist - gibt es öffentlich formulierte Dichten in WEs/Ha, die gut erschlossene zentrumsnahe Neubauprojekte erreichen mögen?

  • Mit der Angabe WE/ha ist schwer zu arbeiten, weil die Zahl der Wohnheiten auf ein und derselben Fläche je nach Wohnungsgröße stark variieren kann. Es wäre deshalb besser mit der Geschossfläche/ha, also letztlich mit der GFZ zu argumentieren. Es gibt in Frankfurt m.W. keine allgemein gültige Leitlinie für den Grad der Verdichtung im Neubau oder bei Nachverdichtung, alles ist baugebietsabhängig und damit jeweils eine Einzelfallentscheidung.


    Nimmt man die Obergrenzen der zulässigen GFZ nach § 17 BauNVO als Maßstab, dann liegen wir im Europaviertel durchwegs deutlich drüber. Der Begründung zum B-Plan 850Ä, der etwa 50 ha des Europaviertels umfasst, ist zu entnehmen, dass die GFZ in 23 von 25 Baugebieten im Europaviertel markant über den Obergrenzen der BauNVO liegt.


    Im Wohnquartier Helenenhöfe wird im Durchschnitt eine GFZ von 2,0 erreicht. Im Wohnquartier In den Stadtgärten liegt sie im Mittel bei 1,8 und an der Knorrstraße (WA-5) bei 1,7. Die Höchstgrenze der BauNVO für allgemeine Wohngebiete liegt bei 1,2. Die maximale GFZ für Mischgebiete liegt gemäß § 17 BauNVO bei 1,2, die im Bebauungsplan mit 2,7 im Durchschnitt überschritten wird. In den Kerngebieten entlang der Europa-Allee ist die Dichtevorgabe der BauNVO mit einer GFZ von 3,0 nicht eingehalten. Die festgesetzten MK-Gebiete ergeben für den Bebauungsplan eine durchschnittliche GFZ von 5,3. Die hohe Ausnutzung resultiert zum einen aus den sieben festgesetzten Hochhäusern und zum anderen aus der städtebaulichen Fassung der 60 m breiten Europa-Allee durch siebengeschossige Gebäude. Als Ausgleich für die Überschreitung der GFZ wird ein für Kerngebiete niedriger Versiegelungsgrad erzielt. Insgesamt sind im Europaviertel nur rd. 17% der Fläche überbaut, es gibt also verhältnismäßig viel freie Flächen und Verkehrsflächen.


    Geht man mal von 6000-8000 WE aus, wären das 160 WE/ha bezogen auf 50 ha Plangebiet. Zieht man nur die überbauten Fläche heran, also besagte 17% des Plangebiets (= rd. 8,5 ha), käme man auf irgendwas zwischen 700 und 950 WE/ha, je nach Zahl der Wohnungen.

  • In den zu Recht so beliebten Gründerzeitvierteln kommt man locker auf GFZs von 4, dafür musste man im Europaviertel also auf Tricksereien zurückgreifen, die das Viertel trotzdem nicht schöner machen. Die BauNVO ist halt noch viel zu sehr von der Charta von Athen geprägt. Ich wage zu fragen, ob diese Verordnung nicht einfach ganz gestrichen werden könnte. Genauso wie auch die Verordnungen für Brandschutz, Barrierefreiheit und insbesondere Energieeinsparung auf das wesentliche eingedampft werden könnten. Würde Bürokratie abbauen, und vor allem auch das Bauen selbst wieder günstiger machen. Tausendmal sinnvoller als weitere staatliche Eingriffe ala Mietpreisbremse in einen Markt der vor allem aufgrund jener Eingriffe (plus Steuern plus zu knappe Baulandausweisung) erst diese hohen Mieten fabriziert hat die jetzt beklagt werden. Und deutlich attraktiver bauen könnte man auch - wenn der Bauherr auch will.

  • Barrierefreiheit: Ist kein genereller Vermarktungsvorteil, muss also gefordert oder gefördert werden, um im notwendigen Maß und ohne Ghettobildung verfügbar zu sein.
    Brandschutz: Ist notwendig, muss aber im Umfang überprüft werden.
    Energieverbrauch: Sollte nach realistischen Kriterien einheitlich dargestellt werden, für öffentlich geförderten oder bezahlten Wohnraum sollten Grenzen angegeben werden - den Rest regelt der Markt.
    Gestaltung: Ohne vernünftige Vorgaben muss, wie ich schon öfters erläuterte, von Kapitalgesellschaften die kostengünstige Ausführung umgesetzt werden. Alternative: Bau von Wohnhäusern durch Personengesellschaften, deren Entscheider keinem Rechtfertigungsdruck unterliegen (Mein Geld kann ich ausgeben wie ich will!)

  • Die Rundschau hat ein sogenanntes Stadtgespräch zum Thema Stadtentwicklung veranstaltet.


    Es nahmen teil:

    • Marie-Theres Deutsch (Architektin)
    • Olaf Cunitz (Planungsdezernent)
    • Frank Diergart (Sprecher der Initiative "Neue Zeil")
    • Christoph Siegl (Stadtforscher )
    • Claus-Jürgen Göpfert und Christoph Manus (FR Redakteure).


    Anscheined wurde über dies und das gesprochen, vom Rathenauplatz über die Hauptwache bis zur Berliner Straße und dem Mainufer. Ich habe nur den Artikel überflogen, bahnbrechend Neues gibt es darin nicht, man kann sich aber auch das Ganze auf Video anschauen (Link im Artikel).

  • ^ Dem Artikel nach dürfte das wichtigste Thema für Hr. Cunitz sein, die Punks auf der Zeil zu erhalten. Erst viel später geht es um die Sperrung des Mainufers und den Rückbau der Berliner Straße, wo es scheinbar weniger Entschlossenheit gibt - die CDU sei dagegen.


    Dann möchte noch eine Architektin ein Haus zwischen Roßmarkt und Goetheplatz errichten. Man hat sich so viel Mühe gegeben, um diese Plätze geradezu klassisch wirkende Bauten zu errichten - ich befürchte, dass der Pavillon ein "Bruch" werden könnte. U.U. wird diese Stelle begrünt, welche Idee ebenfalls erwähnt wurde. Wobei - der Goetheplatz wurde doch vor wenigen Jahren umgestaltet, u.a. mit Bäumen?


    Dass etwas altstädtisches wiederentstehen könnte (dort oder woanders), war nicht im Gespräch.

  • Wiederaufbau des Palais Grüneburg vorgeschlagen

    Derzeit wird der Grüneburgpark saniert, in einem anderen Thread wurde berichtet. Bei der Planung weiterer Bauabschnitte ist ein Streit entstanden, wie mit dem Grundstück umzugehen ist, auf dem bis 1952 die Überreste des 1944 bei einem Luftangriff schwer beschädigten Palais Grüneburg standen. Das Gebäude wurde 1845 für der Frankfurter Bankiersfamilie Rothschild erbaut. Nach der Beseitigung der Ruine ist das Areal unbebaut geblieben. An der Stelle des früheren Palais Grüneburg steht heute eine 1968 errichtete, fünf Meter hohe Gedenkstele (Foto).


    Die FAZ schreibt heute in ihrer Printausgabe von einem Vorschlag des Kunsthistorikers Peter Schirmbeck, das Palais Grüneburg zu rekonstruieren. Das 1845 erbaute Schlösschen sei ein "größenmäßig eher bescheidenes, architektonisch jedoch bestechend sensibles Bauwerk" gewesen, wird Schirmbeck zitiert. Das Palais könnte ein "herrliches Zentrum des Parks werden, dem seit langem ein angemessenes Café fehlt". Derzeit gibt es ein Parkcafé im ehemaligen Schönhof-Pavillon von 1820 (Foto). Schirmbeck hält dieses Gebäude für zu klein und die "50 weißen Plastikstühle wenig passend".


    Eine Rekonstruktion wäre nach Schirmbeck auch ein Zeichen für "Respekt und Dankbarkeit" gegenüber der Familie Rothschild. 1935 musste Freiherr Albert von Goldschmidt-Rothschild den Wohnsitz seiner Familie der nationalsozialistischen Stadtverwaltung übereignen. Der Grüneburgpark, fast 100 Jahre lang Privatbesitz der Rothschilds, wurde ein Jahr später in einen öffentlichen Park umgewandelt. Im ehemals rothschildschen Palais Grüneburg eröffnete ein Café. Ein Foto aus dieser Zeit:



    Bild gemeinfrei (urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen)

  • Das ist neben Rothschild-Palais und Landhaus Bethmann auch so eins der Landhäuser, das ich auf meiner persönlichen Liste der Reko-Kandidaten habe. Sollte gerade hier ja auch relativ einfach umzusetzen sein. Hoffentlich wird der Vorschlag von den Verantwortlichen aufgegriffen.

  • Das im Zuge von Frankfurt21 einmal angedachte "Parkviertel" am Hauptbahnhof mit HH bis zu 290m fällt unwiderbringlich weg. Das kommt nie wieder!


    Aus meiner Sicht kommt das Parkviertel in spätestens fünf Jahren wieder auf die Tagesordnung. Wenn das mit dem Zuzug so weitergeht wie bislang bzw. sich dieser dank Brexit noch verstärkt, dann wird Frankfurt 21 allein aufgrund der Refinanzierung durch die gestiegenen Grundstückspreise schon fast finanzierbar.

  • Ganz sicher nicht. In 5 Jahren laufen grad mal die Bauarbeiten für den sechsgleisigen Ausbau zwischen Hauptbahnhof und Stadion. Bevor der Ausbau des Knotens Frankfurt (dazu gehören noch etliche andere Ausbauten die wohl eher noch später kommen) nicht endlich vollständig abgeschlossen ist und man auch Erfahrungswerte mit dem laufenden Betrieb hat, wird sich bezüglich neuerlicher Tunnelvisionen gar nichts tun. Allerhöchstens die Abstellanlagen könnte man verkleinern und/oder verlagern und damit etwas Fläche an den Rändern des Gleisvorfelds freibekommen.

  • Die Frage ist, was man eigentlich bezweckt:


    Plant man einen Umbau des Bahnhofs, in welcher Form auch immer, aus verkehrlichen Gründen? Dann wäre neue Siedlungsfläche ein Abfallprodukt bzw. aus Gründen der Refinanzierung die Voraussetzung. Dann wird die Diskussion primär von verkehrspolitischen oder eisenbahnbetrieblichen/-technischen Aspekten bestimmt und in zweiter Linie erst von städtebaulichen.


    Oder plant man die Inanspruchnahme von Bahnbetriebsflächen aus primär städtebaulichen Gründen, dann muss man halt zusehen, dass man den Eisenbahnbetrieb nicht beschränkt oder vielleicht sogar noch verbessert.


    Das ist aber eher nicht zu erwarten, weil das Kapazitätsproblem des Hauptbahnhofs bzw. des Eisenbahnknotens Frankfurt zuletzt im Bahnhof selbst oder im Abstellbahnhof gelöst wird, sondern primär - worauf Rohne schon zu Recht hinweist - weit außerhalb des Bahnhofs auf den Zu- und Ablaufstrecken, also am Stadion, im Kinzigtal, an der Bergstraße, im Ried, auf der Main-Weser-Bahn und wo sonst noch.


    Ein F21 löst die Probleme auf den Zulaufstrecken nicht, setzt aber deren Lösung voraus. Aber ob, wenn die Bahn dann noch Kapaizitätsprobleme hat, ein Tiefbahnhof mit Durchstich nach Osten die Lösung ist, ist die Frage; vielleicht läuft die Diskussion dann auf einen zweiten Fernbahnhof weiter westlich hinaus; auch keine neue Idee, geistert aber ebenso lange schon umher wie F21.

  • Wenn es das ist, was ich mir darunter vorstellen soll, dann will ich es mir lieber nicht vorstellen...
    http://www.gmp-architekten.de/…2_MONTAGE1_acbe90daa8.jpg


    Spaß beiseite, glaubt ihr allen Ernstes, nach dem Stuttgart21 Desaster, welches die CDU in BaWü die Macht gekostet hat, wagt sich irgendein Politiker innerhalb derselben Generation noch daran, ein ähnliches Projekt anzustoßen?
    Eher baut Donald Trump den Millenium Tower...

  • Das gesamte Schienennetz in Rhein-Main ist am absoluten Leistungsmaxium angelagt und wird in den nächsten Jahren gewaltige Invesitionen erfordern, damit es nicht zum völligen Verkehrskollaps kommt. Eine Wiederbelebung von F21 wird vor der Lösung all dieser Probleme niemand ernsthaft fordern. Und da wir wissen, wie lange in Frankfurt Bahnprojekte bis zur Umsetzung benötigen, dürfte das eher etwas für unsere Enkel sein, zum 200. Geburtstag des Hauptbahnhofs vielleicht. Bis dahin wird man auch erkannt haben, wie gut bzw. schlecht S21 funktioniert.


    Eher vorstellen könnte ich mir eine Überdeckelung von Bahnanlagen wie es derzeit z.B. in New York geschieht.

  • Eine Wiederbelebung von Frankfurt21 kann ich mir - auch in abgewandelter Form - nicht vorstellen. Jedenfalls nicht, wenn dies die Untertunnelung der Innenstadt bedeuten sollte. Bauzeiten von 10 oder mehr Jahren (von der Planungszeit will ich gar nicht reden - die beträgt in diesem Land mittlerweile bis zu 30 Jahre für einfache S-Bahn-Strecken) und Milliardenkosten, die seriös wahrscheinlich kaum im Vorfeld zu beziffern sind. Entscheidende Frage: Wer soll das bezahlen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Grundstückpreise dermaßen explodieren würden, dass sich das rechnen würde.


    Ob Alternativen, wie eine "Verlagerung" des Bahnhofs Richtung Westen irgendwo aufs Gleisfeld, technisch sinnvoll denkbar wären, kann ich nicht beurteilen.

  • "Urbane Gebiete"

    Der Bund will die Baunutzungsverordnung ändern und bei den Baugebieten eine neue Kategorie einführen. Diese soll "Urbane Gebiete" heißen. In diesen Bereichen sollen höhere Lärmgrenzen und engere Mindestabstände gelten. Städten soll so eine dichtere und stärker durchmischte Bebauung ermöglicht werden. Wohnungen könnten näher an Gewerbebetriebe heran gebaut werden als dies bisher möglich ist.


    Hessen hat sich für die Novelle ausgesprochen, die Mehrheit der Bundesländer ist diesem FAZ-Artikel zufolge aber gegen die Gesetzesänderung, zumindest gegen bestimmte Bestandteile. Für solche Änderungen hat sich die Frankfurter Bauaufsicht ausgesprochen. Die hiesige Immobilienbranche erhofft sich ebenfalls mehr Möglichkeiten für Projektentwicklungen.

  • 100 %

    Mod: Beiträge aus dem Thread zum Rebstockareal hierher verschoben.
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    Endlich !
    Man darf sich mal wieder freuen ! :)
    Im Grundsatz ein hervorragender Ansatz.


    Ich möchte von Beginn an auf folgenden Punkt hinweisen:
    Es möge - bitte, bitte - versucht werden, die Blickachse der Europaallee bei der Planung / Bebauung aufzunehmen. Vor allem im westlichen Bereich des Plangebietes - fürchte ich - könnte die Bebauung ein wenig nach Süden "abknicken" und auf diese Weise dann dieses optische Potenzial verhunzen. Gerne kann man Rebstock-nah (nördlich) mit der Bebauung bereits beginnen. Aber in Richtung Süden / Europaallee sollte man diesen Punkt unbedingt - und zwar von Beginn an - im Auge behalten.
    Ansage: Die Europaallee gehört als Blickachse (knapp) von der Autobahn bis ganz nach Osten durch gestaltet. Das ist technisch und auch finanziell möglich ! (Details selbstverständlich im Laufe der langwierigen Planung).

  • Das würde fast 50% des Baugebietes abschneiden, deswegen ist das wohl sehr unwahrscheinlich, außer man nimmt noch einen Teil der Gleise mit und baut auch auf der Südseite der neuen Straße eine Reihe Wohnblocks:



    Quelle: google maps, Bearbeitung: ich

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  • Nein, so krass sehe ich es nicht.
    Ein grosser Teil des Strassenkörpers "Römerhof" müsste tatsächlich verlegt / angepasst werden. Im westlichen Bereich des Plangebietes würde die Europaallee tatsächlich durch die potenzielle Baufläche "mitten durch" gehen. In diesem Bereich aber könnte auf dem Ex-Strassenkörper "Römerhof" dafür sogar der südliche Rand komplett bebaut werden (sogar ohne Tangierung des Ex-Bahndammes, von dem ich sehr hoffe, dass darüber auch noch nicht das letzte Wort gesprochen ist).
    Wie auch immer: Den Aspekt "Blickachse" kann man hinbekommen. Ein Stadtplaner, der da nicht mit Engagement rangeht, ist kein Stadtplaner !.