Freiheits- und Einheitsdenkmal (in Bau)

  • Schönes Bild. Ich würde das Denkmal und das Umfeld gerne exakt so aufbauen wie früher, nur den reinen Sockel plus Wilhelm wie beschrieben durch einen ebenso formatigen reinen Quader ersetzen. Dadurch ergäbe sich ein schöner Kontrast. Das ganze Ornat drumherum finde ich richtig cool, und eine Friedensgöttin ist ja nun nicht das Schlechteste. Gerade dieser Kontrast wäre cool. Weil er transportiert, wie gewaltig das Denkmal früher war und wie man früher der Reichseinigung gedachte - und weil es eben genauso den Bruch der deutschen Geschichte repräsentieren würde, wo am Ende eben nur ein schlichter Quader statt des alten Sockels plus Wilhelm steht.


    Manchmal frage ich mich echt, wozu es diese ganzen Ausschreibungen und Künstler gibt. Es wäre ein wunderbar demütiges und ganzheitliches Denkmal, was gut die deutsche Geschichte faßt. In den Marmorquader werden wie gesagt die Stationen von Einheit und Teilung im 19. und 20. Jahrhundert eingraviert. Ganz bewußt ohne weitere Erläuterungen, damit die Neugier geweckt wird und die Leute dann zu Hause bei Google z.B. Hambacher Fest oder so eingeben und sich informieren. Ich bin ja da selber nicht sonderlich im Bilde. Über's 19. Jahrhundert weiß man ja meist recht wenig.


    Ich könnte mir das so schön vorstellen. Stattdessen will man die Gegend jetzt mit einer typisch deutsch-drögen volkspädagogischen Wippe verunstalten. :)


    Diese Wippe ist eigentlich viel mehr Ausdruck unserer inneren "Nichteinheit" und Distanz zur eigenen Geschichte. Gerade das Bekenntnis zu diesem tabuisierten Teil der Geschichte in Form der fast originalen Wiederherstellung wäre ein eigentlicher Fortschritt in der Gesundung unserer "Nationalpsyche". Was uns als innovativ und neu verkauft wird, ist eigentlich feige und langweilig.


    PS: Beim von Ben postierten Bild sieht man unter dem Sockel so ein diagonales Kreuz, welches natürlich wiederhergestellt werden sollte. Einzig der Sockel selbst mit Wilhelm sollte ersetzt werden.


    Hoffentlich lesen hier irgendwelche Verantwortlichen mit. :) Wüßte jemand, wo ich meinen Vorschlag hinschreiben kann?


    PPS: Eine Kernaussage "meines" Denkmals wäre gerade, daß das Pompöse des alten Denkmals durch moderne Schlichtheit gebrochen und somit kritisch reflektiert wird.

  • Da muss ich mal wieder Spielverderber spielen, das wird mir doch deutlich zu sonnig dargestellt.


    Die Grundfrage ist nämlich schon, ob man das Ursprungsdenkmal legitim findet oder nicht. Gut, wäre es noch erhalten, dann wäre es ein Denkmal an sich. Aber eine Rekonstruktion? Niemals.


    Wilhelm I. war auch kein "Reichsgründer", denn Bismarck und seine Clique brauchten nur ein Gesicht, um die anderen deutschen Länder außer Österreich ("kleindeutsche Lösung") unter preußische Herrschaft zu zwingen. Dazu wollte man Anleihen am alten, bereits ein Menschenleben zuvor letztlich auch offiziell aufgelösten, Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation nehmen. U.a. auch der Kaisertitel (obwohl die beiden Wilhelms natürlich keine "echten" deutschen Kaiser waren, da sie nicht vom Papst gekrönt wurden - sie waren ja nicht einmal katholisch). Das ist schon alleine dadurch natürlich absurd gewesen, weil dieses Reich im Alpenraum zentriert war - als weltliche Schutzmacht des Katholizismus mit dem "Schwert" beliehen wurde vom Papsttum. Die meiste Zeit war Wien die einzige Stadt, die man als "deutsche Hauptstadt" bezeichnen kann - was man ihr auch sehr deutlich ansieht, ganz im Gegensatz zu Berlin. Das ist auch keine nachträgliche "eigenwillige" Interpretation von Antimonarchisten, sondern das sagte ziemlich deutlich auch Friedrich Wilhelm IV. im Jahre 1848, mit dem das die nach Hegemonie strebenden preußischen Generalitäten schon einmal versucht hatten. Der sagte dazu: "Die alte, legitime, seit 1806 ruhende Krone deutscher Nation, das Diadem von Gottes Gnaden, das den, der es trägt, zur höchsten Obrigkeit Deutschlands macht, der man Gehorsam schuldet um des Gewissens willen, das kann man annehmen, wenn man in sich die Kraft dazu fühlt und die angeborenen Pflichten es zulassen. Die Krone vergibt aber keiner als Kaiser Franz Joseph [Anmerkung: von diesem in Wien niedergelegt und dort bis heute ruhend], ich und unseresgleichen und wehe dem! der es ohne uns versucht und wehe dem! der sie annimmt".


    Kurzum, mit einigen rasch hochgezogenen historisierenden Gebäuden, Denkmalen usw. sollte in Berlin imperialer Glanz von Jahrhunderten simuliert werden, der so an der Spree halt nie vorhanden war. Das ganze noch unter dem Vorzeichen des von Bismarck (Emser Depesche) provozierten Krieges mit Frankreich, in den man die anderen deutschen Staaten mit reingezogen hat um ihnen dann noch auf dem Schlachtfeld - und nach dem v.a. durch die preußische Übermacht errungenen Sieg - indirekt zu sagen "eint euch" mit uns oder ihr "werdet geeint" und dann haben die "aus freien Stücken" Wilhelm die Krone angetragen. Was dieser "Reichsgründer" selbst davon hielt ist ebenfalls überliefert: "Morgen ist der unglücklichste Tag meines Lebens! Da tragen wir das preußische Königtum zu Grabe" (Tags zuvor).


    Dahinter waren Kräfte, die Eisenhower Jahrzehnte später in den USA in seiner nachdenklichen Abschiedsansprache als "militärisch-industrieller Komplex" bezeichnete, die uns zusammen mit Nationalisten und Faschisten in zwei Weltkriege und viel Leid reingeritten haben. Diesem Irrweg will ich keine neuen Denkmäler setzen. Und angesichts der Geschichte dieses Ortes wäre in meinen Augen das schönste Denkmal eine Art "Denkmalfreiheit" zu errichten. Meinetwegen sogar eine Rekonstruktion der Umbauung nach Originalplänen, harmoniert städtebaulich auch sicher schön mit der rekonstruierten Schlossfassade. Aber der eigentliche Ort des Denkmales bleibt schlicht leer und ist eine weitläufige Piazza. Message: "Besucher, Bürger, Tourist, Mensch der du nun dort stehst und nach einem Denkmal, nach einem Götzen, nach einer Gestalt auf dem Sockel suchst, zu dem du deinen Blick erheben musst, stelle fest dass du, dass wir alle, in dieser demokratischen Bundesrepublik Deutschland im Mittelpunkt stehen und freue dich über das, was all unsere Vorfahren kaum zu wünschen wagten, auf Augenhöhe von Mensch zu Mensch in Freiheit zu leben und nicht mehr zu Sockeln und Feldherren aufblicken zu müssen, die sich auf deinem Rücken in den Geschichtsbüchern verewigen wollen" (oder sowas in der Art).


    Billiger wärs auch.

  • "Bismarck und seine Clique" - mann-o-mann - das ist echt history for runaways. Viellicht kommen wir langsam wieder auf die städtebaulichen und architektonischen Aspekte zurück.

  • Ich glaube diese Monströsität konnte sowieso nur mit Hilfe der französischen Reparationszahlungen gebaut werden, für den durch Bismarck mit einer Finte forcierten Krieg. Sowie die ganze Prosperitätsphase des in Versailles "gegründeten" Deutschen Reiches nur mit Französischen Goldfrancs möglich war.

  • Ja, der arme Napoleon III. (übrigens auch kein vom Papst gekrönter Kaiser, genausowenig wie der österreichische) hatte quasi keine andere Wahl als auf eine schnippige Depesche mit Krieg zu antworten. 1866 hatte er ja etwas zu lange gewartet.
    Der durch die Reparationen ausgelöste Boom war schon 1873 mit dem Gründerkrach wieder vorbei. Bis in die späten 1880er mogelte man sich so durch. Von Prosperität keine Spur. Das noch übrige Geld wurde in Prestigebauten gesteckt und als Reichskriegsschatz im Juliusturm gehortet. Mit dem spätestens in den 1890ern einsetzendem "Wirtschaftswunder" hatten die Reparationen nun gar nüscht mehr zu tun.
    Auch völlig wumpe. Wichtig ist, dass die Mosaike erhalten bleiben. Ich sehe überhaupt keinen Grund diese zu verfrachten. Ihre Existenz war von Anfang an bekannt. Sich bei der Auswahl der Entwürfe darüber keinen Kopf gemacht zu haben, kann man wohl als Dillettantismus bezeichnen.

  • Mir war ja schon immer klar, dass Preussen alle Kriege seiner Geschichte zuerst begonnen hat , auch wenn die anderen zuerst angegriffen haben, z. B. weil sie sich von irgendwelchen öff. Mitteilungen provoziert gefühlt haben (*** ACHTUNG *** dieser Grund gilt natürlich nur für GEGNER Preussens , NIE für Preussen selbst).


    Jetzt fehlt eigentlich nur noch die These, die Eroberung Mitteleuropas durch Napoleon sei - da aus der ur-demokratisch verankerten Französischen Revolution stammend - ein Akt des gesellschaftlichen Fortschritts gegen die rechtskonservativen, monarchistischen Eliten gewesen. Aber das kommt sicher auch noch.

    Einmal editiert, zuletzt von Konstantin ()

  • ^Wodurch Napoleon (welchen meinst du?) motiviert war ist gleichgültig, das Resultat ist aber in der Tat, dass es eine befreiende Wirkung hatte! Ich weiss nicht welcher der beiden widerstreitenden Hegemonen in deutschen Landen ein größerer Bremser für gesellschaftlichen Fortschritt und Bürgerrechte war, das reaktionäre Österreich (bekannter Vertreter wohl Metternich) oder das autoritäre Preußen (bekanntester Vertreter wohl Bismarck). Frankreich hat beide ziemlich aufgerieben und das war nun einmal im Resultat gut für uns, man denke nur an den Code Civil der erstmal sowas wie Rechtsstaatlichkeit brachte.


    Saxonia
    Wenn man jetzt nur auf dem Begriff "Kaiser" besteht, dann ist Beckenbauer ja auch ein "echter Kaiser" und der König von Mallorca gleichzustellen mit der Queen. Der DEUTSCHE Kaiser, das ist ein feststehender Begriff und ein jahrhundertealtes Amt, basierend auf dem von Karl dem Großen begründeten HRR, war aber eben was anderes. Und darauf verwies Friedrich Wilhelm IV. ganz zurecht, als er die Kaiserwürde zuvor ablehnte (aber vielleicht weiss mancher ja auch einfach mehr als der preußische Hochadel des 19. Jahrhunderts darüber..). Man wollte das ganze halt nicht "Militärdiktatur" nennen (wer zweifelt, dass es das war, sollte nochmal Manns "Der Untertan" lesen), sondern über ein Revival monarchistischer Traditionen bzw. eines "Deutschen Reiches" und "Deutschen Kaiser" Legitimation dafür aufbauen, dass Preußen sich alles zwischen Flensburg und Garmisch einverleibt (und sich dabei selbst nur in "Deutsches Reich" umbenennt). Mit Berlin als neuer Reichshauptstadt - zuvor spielte Berlin als Ort politisch keinerlei überregionale Rolle.



    Es geht hier in der Tat nicht um Architektur sondern darum, ob ein Denkmal, welches an diese Vorgänge und an den Manchurian-Candidate des preußischen militärisch-industriellen Komplexes glorifizierend erinnert, rekonstruiert werden sollte! Mit Steuergeld einer demokratischen Zivilgesellschaft und Republik! Ich lehne das rundweg ab. Es darf jeder auf seinem Privatgrundstück Denkmäler für irgendwelche Kaiser auf eigene Kosten errichten. Nicht auf öffentlichem Grund mit öffentlichen Geldern, solch ein Vorhaben lehne ich rundweg ab. Da lass ich mich dann auch gerne "ideologisch" nennen, wenn damit Prinzipien gemeint sind.

  • Schön, dass die Besetzung Deutschlands durch andere Nationen für Dich eine "befreiende Wirkung" hatte, Historiker und Zeitgenossen sehen und sahen das wohl anders. Selbst die SED hat sich getraut, sich Napoleon interlektuell zu bemächtigen (wohl aber den Protagonisten der Bauerkriege). Aber heutzutage werden Positionen eben erst interessant, wenn sie sich von den Realistäten völlig entfernt haben. Ich sage ja, Preussen ist einfach an allem schuld (ausser Pestilenz und Hagelschlag), dann werden die bizarrsten Weltsichten plausibel.


    Aber zurück zum Thema: In summa ist es wohl gesichert, dass die Denkmale des Wilhelminismus nicht wiederkommen, auch wenn die Alt-68er den Historismus für sich langsam als ästhetischen Wert entdecken, weil sie ihr Leben auf knarrenden Dielen hinter Stuckgiebeln und Pilastern verbracht haben.


    Beim Nationaldenkmal wird es wohl auf einen weiteren Hybrid zwischen der Wippenidee und dem gründerzeitlichen, mosiakbesetzten Sockel herauslaufen. Der Bund hat bis dato keine Anzeichen gezeigt Projekte, gegen die sich Stimmen erhaben, abzublasen.

  • @Eisber
    Letztlich ist es in diesem Zusammenhang sinnlos sich im Detail mit der Historie zu beschäftigen und sie zu bewerten. Denn wenn die dargestellten Personen und die historischen Umstände in schlechtem Licht erscheinen - lassen sich die Denkmalsbefürworter davon nicht beeindrucken.


    Dann erklären sie, dass es ja eigentlich egal ist wer da auf dem Pferd sitzt und es geht nur noch darum, dass es "schön" aussieht optisch zum Schloss passt und früher eben mal so war und wieder so sein soll. usw.

  • Sage ich ja, Chandler, die Fakten sind Dir eh' egal.


    in der FAZ ist ein sehr lichtvolles Stück von Andreas Kilb zum Them erschienen, der ein paar neue Fakten zur Bewertung der Situation bereithält.

  • Der Link zur FAZ funktioniert bei mir nicht. "Diese Webseite ist nicht verfügbar"


    Naja, die unterschiedliche Bewertung der Gegenwart führt auch zu einer unterschiedlichen Bewertung der Vergangenheit und umgekehrt. Diskussionen und Abstimmungen dienen ja nur dazu jedem das Gefühl zu geben seine Meinung eingebracht zu haben. Um so gewalttätige Auseinandersetzungen zu vermeiden und ein halbwegs friedliches Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Weltanschauungen in einer Stadt zu ermöglichen.


    Dass das überhaupt funktioniert ist ja irgendwie ein Wunder.

  • Liegt das am Sommerloch oder wieso geht es in div. Threads nur noch um die Pors und Contras Preußens, statt (primär) um Architektur?


    PS Die Nazis und der Tag von Potsdam sind schuld an Napoleon (I., III. und zukünftigen) *Goodwin-Alarm*


    PPS Hier der Link


  • Saxonia
    Wenn man jetzt nur auf dem Begriff "Kaiser" besteht, dann ist Beckenbauer ja auch ein "echter Kaiser" und der König von Mallorca gleichzustellen mit der Queen. Der DEUTSCHE Kaiser, das ist ein feststehender Begriff und ein jahrhundertealtes Amt, basierend auf dem von Karl dem Großen begründeten HRR, war aber eben was anderes. Und darauf verwies Friedrich Wilhelm IV. ganz zurecht, als er die Kaiserwürde zuvor ablehnte (aber vielleicht weiss mancher ja auch einfach mehr als der preußische Hochadel des 19. Jahrhunderts darüber..). Man wollte das ganze halt nicht "Militärdiktatur" nennen (wer zweifelt, dass es das war, sollte nochmal Manns "Der Untertan" lesen), sondern über ein Revival monarchistischer Traditionen bzw. eines "Deutschen Reiches" und "Deutschen Kaiser" Legitimation dafür aufbauen, dass Preußen sich alles zwischen Flensburg und Garmisch einverleibt (und sich dabei selbst nur in "Deutsches Reich" umbenennt). Mit Berlin als neuer Reichshauptstadt - zuvor spielte Berlin als Ort politisch keinerlei überregionale Rolle.


    Nein, also das ist wirklich Quatsch. "Deutscher Kaiser" ist doch kein feststehender Begriff. War es nie; oder wer entscheidet, welchen Zeitpunkt man sich dafür aussucht? Allein "Deutsch" ist unsinn. Man war zunächtsmal erwählter (römisch)-deutscher König. Das vom Papst verliehende Kaisertum umfasste mit Italien und Teilen Frankreichs auch nichtdeutsche Gebiete.
    Das "echte" Kaisertum ist, je nach Interpretation mit dem weströmischen oder oströmischen Reich (Byzanz) untergegangen. Alles andere oder folgende sind schlichte Abklatsche die zwar auch so genannt werden, aber von den Herrschenden schlicht benutzt wurden, um sich in eine von ihnen als Legitimation benutzte Tradition zu stellen. Das Heilige römische Reich war ein Hybrid aus fränkischen (Rex Francorum) und römischen (Rex Romanorum) Herrschaftstraditionen. Und spätestens als Franz II. den römischen Kaisertitel einfach mal auf Österreich ummünzte, war das ganze Gerede vom "Verteidiger der Christenheit" im lateinischen Europa nur noch makulatur. Die Preußen haben das einzig logische getan in dem sie den Titel Deutscher Kaiser reaktivierten. Sie standen damit im Geiste der Zeit (Kaiser der Franzosen, österreichischer Kaiser, russischer Kaiser) und verschafften sich über die Tradition des alten Reiches eine historische Legitimität.


    Im Übrigen ist es erheiternd, dass du so auf der Aussage eines preußischen Königs aus dem 19. Jhd rumreitest, an denen du ja sonst kein gutes Haar lässt.

    3 Mal editiert, zuletzt von Saxonia () aus folgendem Grund: R

  • @Eisber und andere


    Ich verstehe nicht, wieso man hier solch einen Popanz aufbaut und offenbar völlig meinen Denkmalsvorschlag zu ignorieren in der Lage ist. Kann mir das mal jemand erklären?


    Ich und andere sprechen hier ausdrücklich nicht von einer Vollrekonstruktion, sondern beziehen uns ausschließlich auf die Kolonnaden und in meinem Fall sogar auf eine kritische Brechung der alten Pomposität. (Monstrosität wird übrigens auch mit o, nicht mit ö geschrieben. :) Und Religiosität und Seriosität auch.)


    Jetzt wäre es doch nett, wenn man mal darauf bezugnimmt, statt hier einen bösen preußischen Popanz aufzubauen, der angeblich wieder zum Leben erweckt wird. Ich möchte außerdem nicht wissen, was andere Länder in ihrer Geschichte angeblich so alles ausgefressen haben.


    Das scheint mir doch hier das übliche Eröffnen eines Nebenkriegsschauplatzes. Das Denkmal sieht geil aus. Gerade mit allem Ornat auf den Kolonnaden - und mit der drastischen Brechung, wie ich sie vorgeschlagen habe. Leider wird das wohl auf immer eine Hoffnung von mir bleiben, daß mal solch ein intelligentes Denkmal errichtet wird - das dann wohl auch nicht mehr das Eosanderportal so erdrückt.

  • Um wieder zurück zum Thema zu kommen, möchte ich nun über das weitere Schicksal des Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals nach dem Zusammenbruch der Monarchie berichten.


    Bei der Novemberrevolution 1918 wurden Teile des Denkmals beschädigt, in der darauffolgenden Weimarer Republik aber wieder repariert. Wie durch ein Wunder überstand das Monument nicht nur die NS-Diktatur, sondern auch den Zweiten Weltkrieg ohne größere Schäden. Zwischen Frühjahr und Herbst 1950 wurde Reinhold Begas' Hauptwerk jedoch auf Befehl des SED-Regimes zerstört und seine nahezu unversehrt gebliebenen, kunsthistorisch wertvollen Bronzefiguren in einem Akt der Kulturbarbarei eingeschmolzen.


    Von der ursprünglichen Anlage existieren heute lediglich noch zwei Löwenfiguren, die in veränderter Form im Tierpark Berlin-Friedrichsfelde wiederaufgestellt wurden, eine Adlerfigur, die im Innenhof des Märkischen Museums zu besichtigen ist sowie die unter einer schützenden Asphaltschicht auf dem kaiserzeitlichen Sockel erhaltenen Mosaike.



    Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-S93372 / Funck, Heinz / CC-BY-SA



    Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-S93373 / Funck, Heinz / CC-BY-SA



    Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-S93790 / Rudolph / CC-BY-SA



    Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-S92204 / Quaschinsky, Hans-Günter / CC-BY-SA



    Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-08243-0014 / Igel; Kemlein, Eva / CC-BY-SA



    Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-S93074 / Köhler, Gustav / CC-BY-SA



    Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-S92203 / Quaschinsky, Hans-Günter / CC-BY-SA



    Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-S92202 / Quaschinsky, Hans-Günter / CC-BY-SA



    Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-M1204-306 / Donath, Otto / CC-BY-SA



    Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-08243-0017 / Igel; Kemlein, Eva / CC-BY-SA

  • Ich möchte dem Echten Berliner heftig beipflichten und darauf verweisen, dass der ins Wasser vorkragende Sockel des Denkmals nun mal vorhanden ist und auch der Mosaikfußboden vorhanden ist und es aus städtebaulicher Sicht logisch erscheint, die Kolonnaden zu rekonstruieren und als einen herausgehobenen Platz vis-a-vis vom Schloss-Hauptportal zu begreifen. Ob man dann, wie vorgeschlagen, einen schlichten steinernen Kubus anstelle des früheren Denkmals als kontrastierendes Geschichtsdenkmal vorsieht oder den Platz mit Absicht ganz frei lässt, wäre erst in zweiter Linie zu klären. Berlin aber würde damit beweisen, dass es sich abseits von Denkmal-Auseinandersetzungen einen Sinn für historisch untermauerte Stadtbauästhetik bewahrt hat.

  • Die Realitätsferne von einigen hier im Forum ist schon bemerkenswert.
    Sicherlich sind das alles schöne Gedankenspiele wie das alte Denkmal aussehen könnte und sollte.
    Tatsache ist jedoch, dass es niemals auch nur ansatzweise realistisch war und ist, dass dieses Denkmal so wie es da stand, wiedererrichtet würde.
    Es ist doch schon so, dass selbst bei Gebäuden die keinerlei politische Bedeutung hatten - wie zum Beispiel die Bauakademie, oder Teile der Museumsinsel - die originäre Wiedererrichtung selbst wenn gewünscht ein doch äußerst umstrittener Prozess ist.
    Bei jeglichen Gebäuden oder Anlagen, die eine politische Bedeutung in Ihrer Zeit hatten, ist es de facto ausgeschlossen, dass diese eins zu eins wiedererrichtet werden können und sollten, das hat nichts mit dem Gebäude als solches oder der künstlerischen Bedeutung oder der passenden Stadtplanung zu tun. Bei Denkmälern stehen eben unabhängig von Ihrer Ästhetik andere Aspekte im Vordergrund.


    Grundsätzlich besteht doch Einigkeit darüber, dass es selten Sinn macht vollständig zerstörtes als Kopie wieder zu errichten. Was weg ist, ist weg. Ansonsten läuft man Gefahr, nur noch Reproduktionen zu liefern, das gilt für die meisten Gebäude, das Schloss wird von einigen als Ausnahne gesehen, und eins zu eins wird es ja auch nicht wiederaufgebaut.


    Es ist mehr als naiv zu behaupten, es gehe bei diesem Denkmal nur um die Wiedererrichtung der Gesamtanlage Schlossplatz, wer das so sieht, hat keinen Sinn für die Außenwirkung eines solchen Vorhabens.


    Wäre das Völkerschlachtsdenkmal in Leipzig im Krieg zerstört worden, niemand würde ernsthaft dieses Monstrum wiederaufbauen.
    Weil es eben im Original dasteht, ist es ein bedeutendes Zeitzeugnis und spiegelt auf beeindruckende Weise den herrschenden damaligen Zeitgeist wieder, wie auch das Hermannsdenkmal auch, aber ein Wiederaufbau nach Zerstörung wäre heute vollkommen sinnlos.


    Das gleiche gilt noch vielmehr für diesen Platz. Es als Teil der Gesamtanlage zu reduzieren und einzufordern, ist einfach die Negierung der Tatsache, dass der Schlossbau keine originäre Wiedererrichtung des alten Schlosses ist und zweitens, dass dieses Denkmal, wenn es noch hier im Original stünde, ein Zeitzeugnis wäre, aber wir uns heute damit sicherlich in dieser Form wie es damals gedacht und gebaut wurde nicht identifizieren könnten. Das damalige Nationaldenkmal steht für den deutschen Nationalstaat gegen den Widerstand der Nachbarn unter bewusster Einsetzung von Gewalt in drei Kriegen. Das ist heute richtigerweise nicht mehr vermittelbar, und da helfen auch keine Marmorplatten im Boden oder sonstige Differenzierungsversuche.
    völlig unabhängig von der Ästhetik und des Entwurfs als solchen.


    Wir haben die Chance, den Platz zu nutzen und unsere heutige Vorstellung von einem Nationaldenkmal oder wie man das nennen will, zu verwirklichen, das wird auch gemacht. Dass der Entwurf bei Traditionalisten Häme, Spott und Ablehnung hervorruft, das muss eine offene Gesellschaft aushalten können.

  • Schön, dass die Besetzung Deutschlands durch andere Nationen für Dich eine "befreiende Wirkung" hatte


    Seien wir doch mal ehrlich, die autoritären Kräfte waren in Deutschland immer in der Mehrheit. Das zarte Pflänzchen der Demokratie zB der Paulskirchenverfassung, Hambacher Fest usw. konnten die schwachen, der Demokratisierung zugeneigten, lokalen Kräfte in Bayern, der Pfalz und dem Rheinland sowie den Hansestädten nicht gegen über übergroße Übermacht der Preußen und Österreicher schützen, die miteinander um die Vorherrschaft im deutschsprachigen Raum über Jahrhunderte rungen. Es waren immer äußere Zwänge, die Modernisierungen brachten. Eben zB durch die erfolgreichen Attacken der Franzosen, die den von ihnen besetzten Gebiete konsequente Säkularisierung, allgemeinverbindliche Gesetze und Gleichheit vor diesen Gesetzen brachten (bzw. aufzwangen).


    Der verlorene 1. Weltkrieg hat die Abschaffung der Monarchie und die erste Demokratie gebracht, die dann leider aus Mangel an Demokraten einen überaus autoritären Rückfall erlitt und belegte, dass die Deutschen eben nicht nur einfach von Monarchen unterjocht waren sondern auch von sich aus nicht besonders liberal gesinnt waren (anders lässt sich die Barbarei der Nazizeit nicht erklären). Nach dem 2. Weltkrieg hat man dann von Seiten der Sieger kurzen Prozess gemacht, insbesondere Preußen von allen Landkarten getilgt und hatte dabei mit Sicherheit keine innerdeutschen Rivalitäten und Lokalpatriotismen im Sinne, sondern hat ziemlich trennscharf erkannt, wo der "deutsche" Militarismus und Chauvinismus seinen Kern hatte. Und man hat Deutschland besetzt, im Grunde bis 1989, und durch "re-education" (dt: UMERZIEHUNG) usw. zur Demokratie gezwungen, was wie wir alle wissen ein steiniger Weg war. Erst jetzt sind wir langsam zu einer offenen und pluralen Gesellschaft geworden. Ja, die Besetzung durch andere Nationen, insb. die Amerikaner nach 1945, hatte eine befreiende Wirkung für uns Nachgeborene. Und ja, ich finde einfach nicht besonders viel in der deutschen Geschichte, worauf ich stolz bin. Also Dinge wo ich sagen würde, da haben wir der Menschheit einen Mehrwert gebracht als Kultur, da würde was fehlen, hätte es uns nie gegeben.


    Das sind v.a. ingenieurstechnische und naturwissenschaftliche Errungenschaften, aber gerade diese Tradition wird ja zB im heutigen Bildungswesen nicht mehr hochgehalten und wir lassen uns die Führerschaft in einer technischen Disziplin nach der anderen abjagen (in den 80ern war Westdeutschland die "Apotheke der Welt", stelle die besten Kameras her usw., machen heute alles andere), weil wir so einen Fokus auf "Laberfächer" im Bildungswesen gelegt haben, wegen einer angeblichen Tradition als Volk von "Dichtern und Denkern", dabei ist die deutsche Klassik verglichen mit den Franzosen oder gar Briten eigentlich ziemlich bescheiden. Nicht umsonst war der junge Goethe ein großer Verehrer von Shakespeare und eiferte ihm nach.


    Aber bevor ich mich noch weiter unbeliebt mache, indem ich weitere "Heiligtümer" der Deutschen relativiere, möchte ich einfach weiter darauf verweisen, dass ich diese Zeit nicht als der Erinnerung wert erachte! Zumindest nicht in überhöhter, glorifizierter Form irgendwelcher prächtiger Standbilder in Übermenschgröße. Sondern als nachdenkliche, selbstkritische Aufarbeitung und durch Auseinandersetzung mit dieser Vergangenheit als mahnendes und abschreckendes Beispiel. Das kann ein einzelnes Denkmal aber eh nicht leisten, ohne in Banalisierung abzudriften. Daher bleibe ich auch dabei, dass ich am liebsten eine leere "Schloßfreiheit" hätte. Ist ja auch ein schönes Symbol, Bürger bauen ein Schloss als offene Heimstatt für Weltkulturen (nicht mehr für ihre Unterdrücker) und lassen dabei ganz bewusst den Platz frei, den früher symbolisch die Autokraten für ihre Repräsentation beanspruchten, um dort selbst zu wandeln, sich selbst auf den Sockel zu stellen, als einziger legitimer Souverän Deutschlands, die wir nun einmal alle gleichberechtigt miteinander sind (daher auch frei, für Jedermann, zugänglich). Manchmal ist weniger mehr und wer gewillt ist, sich auf die Intention und Symbol solch einer bewussten "Schlossfreiheit" einzulassen, der wird vielleicht einen Denkanstoß mitnehmen, beim Gedanken an das "andere Deutschland" unserer Vorväter innerlich frösteln und einsehen, dass früher eben doch nicht alles besser war. Und wer einfach nur hübsche Sachen anschauen will, der wird dann von mir aus durch die originalgetreue Rekonstruktion der wasserseitigen Umfassung versöhnt. Wär doch mal was.

    Einmal editiert, zuletzt von Eisber ()

  • Grundsätzlich besteht doch Einigkeit darüber, dass es selten Sinn macht vollständig zerstörtes als Kopie wieder zu errichten.


    Nö, da besteht nicht wirklich Einigkeit darüber. Ich zum Beispiel seh das nicht so. Meiner Meinung nach macht es sogar in den meisten Fällen Sinn, wenn ich mir das Grauen ansehe, was von 1945 bis jetzt in deutsche Altstädte gesetzt wird. ;)


    Was weg ist, ist weg. Ansonsten läuft man Gefahr, nur noch Reproduktionen zu liefern, das gilt für die meisten Gebäude, das Schloss wird von einigen als Ausnahne gesehen, und eins zu eins wird es ja auch nicht wiederaufgebaut.


    Wenn man also auch nur ein Gebäude zu viel rekonstruiert, läuft die Menschheit Gefahr, nur noch in der Lage zu sein, Kopien zu liefern...? :O


    Versuch mal etwas weniger apodiktisch und dogmatisch rüberzukommen, damit bürstest du nämlich selbst einige eigentlich recht offene und friedliche Zeitgenossen gleich gegen dich auf. ;)
    Ich bin auch nicht grundsätzlich dafür, alles zu rekonstruieren, was nicht niet- und nagelfest ist. Was vor dem Krieg war, war auch nicht immer unbedingt absolut perfekt und um jeden Preis erhaltenswert oder rekonstruierenswert. Das alte Nationaldenkmal empfinde ich z.B. als recht geschmacklos, überladen und von seiner Gesinnung her höchst zweifelhaft, aber wenn einer wie du da herkommt und den Oberlehrer spielt, dann sag ich auch mal gerne: Nö, ich will das Nationaldenkmal wieder und zwar mit extra Putten und Zuckerguss! Nur damit du mal siehst, dass damit weder der Kaiser wieder Unter den Linden entlang reiten wird, noch dass uns die Apokalypse in einer anderen Form naht. Viele wollen vor das neue/alte Schloss einfach was "schönes" haben. So einfach. Und moderne Architektur/Gestaltung scheint es für gewöhnlich einfach nicht zu bringen...