Leipzig: Umgang mit Bauerbe

  • Bei der Pfaffendorfer Straße 1 fallen langsam die Gerüste.


    Pfaffendorfer 1, Zustand 2007

    Bild: Stiffler



    Zustand heute mittag. Die Seite zur Pfaffendorfer Straße hin liegt frei. Das Ergebnis kann sich sehen lassen (Erdgeschosszone wird noch saniert).


    Eigene Fotos

  • wow! hätte nicht gedacht, dass diese vermeintliche bruchbude mal so schön ausgesehen hat. und fast nicht mehr gehofft, dass dieses haus überhaupt gerettet werden würde. so viel engagement verdient wirklich anerkennung.

  • ^ Da schlackern nicht nur dir die (schmerzgeplagten) Ohren, mein lieber dj tinitus. Und die nächsten "Bruchbuden" werden derzeit aufwändig saniert. Zum Beispiel die seit vielen Jahren leerstehenden Arbeiterwohnungen in der Zerbster Straße (Stadtteil Eutritzsch), die 1923 von Herbert Rödig errichtet wurden. Die waren bereits zum Abriss freigegeben. Das Stadtforum Leipzig stoppte den Abriss in letzter Minute, ein privater Investor kaufte die Häuser von der kommunalen LWB ab, und begann im letzten Jahr mit der Sanierung. User leipziger hat das Ergebnis mit dem Fotoapparat eingefangen. Mehr Fotos von seiner Fototour gibt es hier zu sehen.



    Zerbster Straße, Zustand 2006



    Zerbster Straße, Zustand 2007



    Zerbster Straße, Zustand heute


    Erstes und zweites Foto von mir, drittes von "leipziger"

  • Uje, diese Farben, da sollte man aber nochmal nachbessern. Viele eigentlich schöne Gebäude werden durch eine unmögliche Farbgebung total versaut :Nieder:

  • Eingangs dieses Themas wurde kolportiert, in Leipzig seien immer noch 2500 Gründerzeithäuser unsaniert. Da diese Zahl schon seit mindestens drei Jahren genannt wird, gleichzeitig jedoch in letzter Zeit stark saniert wird, habe ich meine Zweifel, ob sie noch stimmt. Dürften es nicht langsam weniger geworden sein?
    Interessant scheint mir auch die Rolle der privaten Firmen betreffs Sanierung. Da die GRK schon genannt wurde: weiß jemand Näheres zu den anstehenden Projekten. Die Firma hat schon lange Sanierungsplakate an folgenden Gebäuden, ohne daß etwas passiert: Ostplatz, Pfaffendorfer 48, Virchowstraße 8, ... Weiß jemand dazu Näheres?

  • Ich habe letztens gelesen das ca. fast 300 Gründerzeitler pro Jahr in Leipzig saniert werden! Somit müsste man ja nur gegenrechnen, wie genau das aber ist weiß keiner wirklich.
    Zu den Projekten der GRK-Holding kann ich nur sagen, dass alle Objekte nach und nach abgearbeitet werden. Wo einmal eine Plane hängt wird es auch bald zu Sanierungstätigkeiten kommen. Die Pfaffendorferstraße 48 wird glaube ich noch dieses Jahr saniert. Lediglich bei dem Gebäude am Ostplatz gab es Verzögerungen, vor allem hinsichtlich der Nutzung und der Wiederansiedlung der Apotheke in der Ladenzeile. In der LVZ war zu lesen das noch Ende 2008 mit der Sanierung begonnen wird ;)


    MfG
    Steve

  • Herzlichen Dank! Da müßten es doch inzwischen unter 2000 Objekte sein, die zur Sanierung anstehen.
    Bei den Sanierungsvorhaben hatte ich etwas Angst, daß wir einen neuen Schneidereffekt erleben, da es momentan bei einigen Projekten stockt. In diesem Zusammenhang sehe ich auch den Artikel in BILD (jaja, ich weiß ;) ) betreffs der alten Messehäuser. Neben den von mir genannten Objekten gibt es auch im Zentrum einige fragliche Projekte, bei denen eigentlich etwas passieren sollte: Oelsners Hof, Ringmessehaus, diverse Häuser zwischen Hainstraße und Katharinenstraße ...

  • was das ringmessehaus angeht, kann ich dich beruhigen. der eigentümer ist inmitten der erstellung des nutzungskonzeptes und wird definitiv was draus machen.
    bei oelsners hof fehlt den besitzern noch ein betreiber für das geplante mittelklassehotel im obergeschoß, sonst sieht es auch da sehr gut aus.

  • Johnny, ich werde mir in naher Zukunft selbst ein Bild von den sanierten Häusern rund um die Zerbster Straße machen, aber mir gefallen die grellen Farben schon jetzt. Was wäre deine Alternative gewesen?


    Dr.Zott, willkommen im DAF (jetzt brummts hier aber langsam richtig). Was die Leipziger GRK-Holding anbelangt, so entwickeln die ihre gekauften Immobilien immer sehr langfristig. Hier muss man wissen, dass die GRK ausschließlich Entwickler, nie Nutzer dieser Immobilien ist. Deshalb hängt auch schon mal 'ne Pläne ein paar Jahre rum, bevor irgendetwas an den Gebäuden passiert. Auf mich machen die einen außerordentlich seriösen Eindruck. Was die anpacken, gelingt und ist finanziell wohl kalkuliert (da kann die EZB in Frankfurt noch was von lernen *Zwinker*).
    Und was die von dir angesprochenen Objekte betrifft, so wird bei allen dieses Jahr noch positive Neuigkeiten erwartet.


    @Stiffler, die Aussage über die angeblich 300 sanierten Gründerzeithäuser im Jahr stammt vom scheidenden Leipziger Denkmalschützer im RP Wolfgang Hocquél, der viele fantastische Bücher über die Leipziger Architekturgeschichte geschrieben hat. Jedoch erscheint auch mir die Zahl zu hoch.

  • kommt drauf an, auf welche(s) jahr(e) sich diese zahl bezieht. als durchschnitt aller nachwendejahre ist diese zahl zu niedrig. da wären ja erst 6000 gründerzeitler saniert worden. vor ein paar jahren hingegen waren die sanierungen fast völlig zum erliegen gekommen. inzwischen geht´s ja wieder voran - auch in gegenden, wo kaum einer von uns hinzukommen scheint. schönefeld, anger-crottendorf, stötteritz etc. - da kommt bestimmt so einiges zusammen. was aber auch wichtig ist: die qualität der sanierungen scheint unterm strich zuzunehmen. sicher auch mit ein verdienst der denkmalschützer.

  • Cowboy, gegen das Gelb hab ich ja gar nichts, was ich nicht mag sind diese hellen Blau- und Grüntöne. Ich hätte mir hier einen Braunton gut vorstellen können. Aber wie man sieht ist es halt einfach Geschmacksache. Nach dem ersten Schock hats find ich auch was.

  • Vielen Dank für das Willkommen! Ich dachte immer, ich bin der einzige Irre, der sich für alte Häuser interessiert. Klasse, was hier veröffntlicht wird - dickes Lob!
    Zurück zum Thema: vereinzelt wird hier kolportiert, daß es nicht so schlimm ist, wenn in Leipzig der eine oder andere Altbau abgerissen wird. Am häufigsten wir die reine Masse an Substanz als Begründung aufgeführt.
    Ich halte das für einen gefährlichen Irrtum. GERADE weil wir in Leipzig noch so viel alte Substanz haben, muß JEDES eintzelne Objekt gerettet werden. Denn der Charme Leipzigs liegt in der komplexen und auch oft kompletten Struktur der Stadt; Stichworte Raumkante, Urbanität, Straßenbild. Ganz praktische Argumente hat man mit Lärmschutz und Wärmedämmung bei geschlossener Blockrandbebauung. Irgendwann wird das ein riesiger Touristenfaktor. Ich weiß, vieles von dem, was ich hier sage, ist redundant. Es wird aber immer noch zu wenig beachtet, daß die Fülle ein Grund ist, für jedes Haus zu kämpfen.
    Meine Hoffnung liegt - neben leicht steigender Bevölkerungszahl - auch darin, daß Grünau immer mehr Einwohner an die Altbauquartiere verliert.

  • @dr.zott: willkommen im forum! jeder gründerzeitler wird wohl nicht gerettet werden. wo die eigentumsverhältnisse unklar sind, ist einfach nichts zu machen. und wo der pure grundstückspreis den wert der vergammelnden häuser übersteigt, in vielen fällen wohl auch nicht. das ist schade, aber es ist so. mit jedem jahr, die diese häuser leer stehen, potenziert sich ihr verfall.


    zum glück stimmt auch: es gibt den trend zum wohnen in den gründerzeitquartieren rings um die innenstadt. die menschen wollen es so, die investoren haben es erkannt. dass so viele eigentlich abbruchreife ruinen, die andernorts entsorgt werden würden, wieder hergerichtet werden, ist für mich das eigentliche wunder. welches nur aus dem wechselspiel von denkmalschützern, investoren und bürgern zu erklären ist: denn jeder vermietete altbau zieht neue sanierungen nach sich. natürlich ist das bei manchen ruinen auch ein kampf gegen die zeit, der auch verloren werden kann. besonders stadtbildprägenden gebäuden durch notsicherungen aus öffentlichen mitteln ein moratorium zu verschaffen, ist darum notwendig und richtig. gleichwohl wird dies nicht bei jedem gründerzeitler möglich sein. aber die tendenz stimmt, wie das beispiel zochersche strasse zeigt: 2002 waren noch 80% der häuser unsaniert, inzwischen sind 80% saniert. wer hätte das vor 6 jahren für möglich gehalten?

  • Selbstverständlich gibt es Objekte, die nicht mehr zu retten sind. Hier um jeden Preis alles erhalten zu wollen, ist natürlich Quatsch. In diesem Punkt stimme ich vollkommen mit Ihnen überein.
    Was in diesem Kontext jedoch nicht in Ordnung ist, sind die Vorgaben und Pläne der Stadt, insbesondere im Leipziger Osten. Stichworte wie "grüner Hain" oder "dunkler Wald" sind der Code für sinnlosen Abriß. Hat sich mal jemand die Karte für den Zustand 2020 aus dem KSP OST angeschaut?
    http://www.leipziger-osten.de/…ad/KSP_LeipzigerOsten.pdf Seite 27, Achtung 7,1 MB
    Wenn das umgesetzt wird, haben wir bald nur noch Inseln und Stückwerk aus Altbauten. Schrecklich! Dazu kommen autobahnähnliche Straßen, die alles noch verschärfen. Hier muß mal jemand STOP sagen.


    @ LEgende: "Infolge von Informationsdefiziten an die Bürger, aber auch das mangelnde Angebot adäquaten Ersatzwohnungen (insbesondere Zweiraumwohnungen) ..." - sehr dämlich! (aus Ihrem Link zur Begründung für die Abwanderung)

  • super link!


    "Aus der Bürgergruppe wird Unverwechselbares gewünscht, z.B ländliches wohnen für Familien auch in Reudnitz zu ermöglichen", wie wärs denn noch mit einem netten Badesee?? :nono: :nono: :nono:

  • Soweit ich weiß sind diese Pläne zum Großteil veraltet und warten auf eine Überarbeitung, die Frage ist nur wann diese erfolgt. Im Leipziger Osten tut sich von Investorenseite her auch noch zu wenig, man kann den nötigen Sanierungsschub nur abwarten, wobei die steigende Einwoherzahl Hoffnung macht.


    Immerhin sind es jetzt schon über 510.000 EW (Dez. 07), ich denke mittlerweile dürften es schon 512.000 sein. Wenn man die Werte mit dem Jahr 2000 (493.000 EW) vergleicht sieht es ja gar nicht so negativ aus, immerhin gab es in diesem Zeitraum keine Eingemeindungen, das sind reine Zuzugszahlen. ;)


    MfG
    Steve

  • Die Vertreter des nach meiner Meinung höchst kompetenten Leipziger Stadtforums sehen in diesen genannten Plänen die Gründe für die Zurückhaltung der Investoren. Wenn der Hof zur "Perforation" freigegeben ist, oder mein Haus zum "dunklen Wald" mutieren darf, dann investiere ich doch nicht.
    Falls nicht bekannt, hier die Broschüre 2 MB):
    http://www.stadtforum-leipzig.…uere_Stadtentwicklung.pdf
    @ Stiffler2207: wissen Sie Näheres zu eventuellen Änderungen?

  • über das engagement dieses stadtforums gibt es keinen zweifel, über dessen kompetenz lässt sich diskutieren. gerade seite 46 folgende des dokuments zeugen eher von einer gewissen weltfremdheit. da scheint mir das statement von leipzigs "ex-oberstem denkmalschützer" hoquel "investoren sind die wahren denkmalschützer" schon näher an der realität.


    zu dem ksp ost: es liegt in der natur von planungen, dass diese auf zurückliegenden daten beruhen und darauf strategien für die zukunft aufbauen. bei einem bevölkerungsrückgang von 90 000 in den 90ern und ganzer unsanierter strassenblöcke ideen für die nachnutzung der zu erwartenden brachen zu entwickeln, geht in ordnung. wichtig: deren umsetzung war nie als aktion, sondern als reaktion auf das (damals) zu erwartende szenario gedacht. noch wichtiger: die "perforierte stadt" war nicht die zielplanung, sondern schlicht die beschreibung der realität. leerstehende, verfallende altbauten lassen sich ja kaum zum funktionierenden stadtorganismus zählen.
    seit dem hat sich durch zuzüge und sanierungen einiges geändert. der rigorose plan von 2003 ist heute nicht mehr umsetzbar. sehr gut für die häuser, die doch noch gerettet werden konnten/können. für das stadtbild an sich ergeben sich daraus allerdings wiederum probleme: die (sicher noch ansteigende zahl von) baulücken innerhalb ansonsten geschlossener strassenzüge.
    wir wir wissen, lautet hierfür das aktuelle stadtplanerische konzept: lückenschliessung durch "stadthäuser".