Karl-Marx-Allee/Frankfurter Allee

  • ... Berlin ist eben gerade ein Kaleidoskop aller möglichen Zeitschichten und Strukturen, und diese ganzen latenten Homogenisierungswünsche laufen daher eh ins Leere. ....


    Was für ein Homogenisierungswunsch jetzt wieder? Es geht nicht darum, den gelungeneren Entwurf des älteren KMA-Teils 1:1 im Westen zu wiederholen, sondern darum, den städtebaulich misslungenen Teil neu mit mehr Dichte und Funktionsmischung zu bebauen. In den Postings direkt darüber lese ich schon wieder was über Geschichte - bereits geschrieben habe ich, dass ich mir für das Areal weder den Stand AD 1939 vorstelle (sondern was mit Hochpunkten und so gerne beschworenen Wundern der Moderne) noch ältere Rekos (da die Stadt früher so weit nicht reichte). Und es sollte gestalterisch gerade heterogen sein, mit Farben und Formen - lediglich unter der Prämisse der klar definierten Stadträume (möglichst nah am Blockrand usw.)


    Ab dieser Stelle (der Strausberger Platz ist noch grandios) bis zum (inklusive) Haus der Statistik sollte die Bebauung hinterfragt und neu durchdacht werden. Das Haus der Gesundheit ist auf jeden Fall erhaltungswürdig, ebenso die Altbauten an der Magazinstraße, auch das Haus des Lehrers; das Kino vielleicht, der kommunale Bürobau neben dem Kino unter Umständen - der Rest ganz wenig.

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  • Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man ja drüber lachen... Du weißt schon, dass die KMA II ein Denkmal-Ensemble ist und es in den letzten Jahren Bestrebungen gab, die Bebauung zusammen mit dem Hansaviertel als herausragendes Beispiel des Städtebaus der Ost-West-Konfrontation bei der UNESCO einzureichen? Über so ziemlich jedes Gebiet des industriellen Wohnungsbaus in D ließe sich eher eine Debatte entfachen als über die flächenhafte Neubebauung der KMA.


    Probier doch einmal, von Deinem persönlichen Geschmack abzusehen, und die Unterschiedlichkeit von baulichen Qualitäten als Bereicherung einer Stadtphysiognomie zu begreifen. Und wenn es Dir nicht gelingt, weil Du erwartest, dass alles auf der Welt Deinen persönlichen Präferenzen entsprechen soll, nimm doch zur Kenntnis, dass es genug Menschen gibt, die hier keine flächenhafte Neubebauung sehen wollen, und mach einfach einen Bogen um die Gegend (oder gleich um Berlin als Ganzes).


    PS: Wie wir an der Bewertung gründerzeitlicher Stadtsubstanz gesehen haben, können sich Präferenzen im Lauf der Jahrzehnte ändern. Um so wichtiger ist es, nicht jedem Zeitgeist ganze Stadtgebiete flächenhaft in den Rachen zu werfen, und zumindest die aussagekräftigsten Beispiele einer jeden Epoche zu pflegen. Zumal an der KMA nun wahrlich kein Handlungsbedarf besteht, weder gibt es hier Leerstand noch Vandalismus noch baulichen Verfall.

  • Der heutige Städtbau und die Denkmalpflege gehen mit dem Bauerbe der allesamt katastrophal (aber berechtigt) gescheiterten Vorgängerstaaten (Kaiserreich, Nazi-Reich, DDR) des heutigen Deutschland m.E. recht gewissenhaft um.


    Auch wenn es wahrscheinlich Perlen vor die Säue ist, möchte ich doch drauf hinweisen, dass es natürlich absurd ist, das Kaiserreich -mithin der erste gesamtdeutsche Rechtsstaat- in eine Reihe mit der DDR oder gar dem NS-Regime zu stellen.

  • ^^ Der Düsseldorfer Tausendfüßler war mal Baudenkmal bis die Erkenntnis obsiegte, wie verheerend die städtebauliche Wirkung ist - auch hier ging es um die Trennung der Schadowstraße (wie der östlichen KMA) vom Rest der Innenstadt. (In diesem Fall hier kommt noch die Mindernutzung zentraler Fläche hinzu.) Auch wenn man anscheinend für jede Bausünde den Welterbe-Status anregen darf - genauso darf man die Beseitigung beliebiger Missgriffe anregen. In entfernten Vorstädten stören sie nicht so sehr wie gleich neben dem Alex.


    Von flächenhaft bezogen auf die gesamte KMA kann nicht die Rede sein - erst vor wenigen Stunden habe ich genau aufgelistet, von wo bis wo ich den besonderen Reparaturbedarf sehe und welche Bauten ich für erhaltenswert erachte. Darunter auch welche der DDR - nach dem einheitlichen Kriterium der gestalterischen Einmaligkeit, im Gegensatz zum Plattenbau Schema F. Man kann sehr schlecht von der "Unterschiedlichkeit von baulichen Qualitäten" reden, wenn ein Bau 1:1 x-mal wiederholt wird - es bereichert nicht, es macht die Stadt öde.

  • Die DDR-Baugeschichte lässt sich aber nicht anhand der Sonderbauten von gestalterischer Einzigartigkeit erzählen, sondern, als Ort des hochindustrialisierten Bauwesens, mindestens ebenso, wenn nicht viel stärker, anhand der Typenbauten. Gerade die jeweils ersten Umsetzungen sind dabei wichtiger als die nachfolgenden, sofern dort nicht wesentliche Neuerungen eingeführt wurden, die diese wiederum besonders machen. Wer sich die Mühe macht, ein bisschen in die Baugeschichte der DDR einzutauchen, wird im vermeintlich öden Plattenbaumeer sehr viel interessante Inseln entdecken - die KMA II ist eine darunter. Aber wenn Du es nicht verstehen willst, dann lass es einfach, ich muss Dich ja nicht bekehren - lauf halt weiter mit Scheuklappen durch die Stadt, die alles ausblenden, was du nicht begreifen kannst oder nicht wissen willst.

  • ^ Vermurkste Quartiere in der Stadtmitte ewig zu belassen bloß damit man sie als Beispiel sieht scheint mir ähnlich absurd wie Pest und Cholera zum Naturdenkmal zu erklären. Entlang der KMA gibt es reichlich Geschichtstafeln - wenn im westlichen Teil irgendwann ein paar mit Fotos und Karten der Plattenbauten hinzukommen, reicht es.


    Die Scheuklappen-Sprüche hätte man auch zum Schönreden des Düsseldorfer Tausendfüßlers verwenden können - stattdessen wurde abgerissen (auch ein Straßenblock der Nachkriegszeit) und neu gebaut.

  • ^ Ich erinnere Sie noch einmal daran: In dem Gebiet wohnen tausende Menschen. Was Sie fordern, läuft auf eine Massenvertreibung hinaus. Und ein Wohngebiet kann man kaum mit einer Hochstraße vergleichen. Aber das kann man einem Meister der unpassenden Vergleiche natürlich nicht klarmachen.

  • ^Die überdimensionierte Karl-Marx-Alle wäre ja sogar breit genug, die Plattenbauten (und somit die vorhandenen Bewohner) beizubehalten und davor eine neue Blockrandbebauung neuzubauen, mit geschlossenen Höfen, die nach hinten von den vorhandenen Plattenbauten abgeschlossen werden. Die Straße wäre immer noch breit genug für 2-3 Spuren pro Richtung (sollte dieser Bedarf überhaupt vorhanden sein und 2 Spuren pro Richtung nicht ausreichend sein), breite Gehwege und Bäume. Lediglich die Massen an Parkplätzen auf den Mittelstreifen und um die Plattenbauten müssten wegfallen. So hätte man die Chance noch sehr viel mehr Wohnraum zu schaffen. Was ja wünschenswert wäre. So könnte man auf der Rückseite der Blöcke noch immer DDR-Architektur "bewundern" und hätte nach vorne einen ansprechenden urbanen Stadtraum mit geschlossenener Bebauung und Erdgeschossnutzung. Selbst mit der Hälfte ihres Querschnitts, wäre die Karl-Marx-Allee noch eine breite Hauptstraße verglichen mit anderen Straßen in Berlin.
    Die gelungenen Leitbauten, wie Kino International und Café Moskau sollten allerdings frei von Bebauung bleiben. Um das Kino könnte beispielsweise ein Platz mit geschlossener Randbebauung entstehen. Ich glaube, dass diese beiden besonderen Bauten der DDR-Architektur durch eine dichtere Einrahmung mit neuen Gebäuden im Blockrand sogar enorm profitieren würden, und deutlicher herausstechen und dadurch viel besser in Szene gesetzt werden könnten.

  • @bau-lcf: Geschichtstafeln sind eine gute Lösung, um nicht mehr sichtbare Zeitschichten ins Gedächtnis zu rufen, ideal, um entlang der KMA II an die gründerzeitliche Vorkriegsbebauung zu erinnern.
    mescha: es geht nicht ums Bewundern von Einzelbauten, sondern, in diesem Fall zumindest, um das Erleben eines Ensembles, zu dem untrennbar der Stadtraum gehört.

  • ^ Vermurkste Quartiere in der Stadtmitte ewig zu belassen bloß damit man sie als Beispiel sieht scheint mir ähnlich absurd wie Pest und Cholera zum Naturdenkmal zu erklären.


    Komischerweise fordern manche Altstadt-Reko-Befürworter mit der gleichen Wortwahl ("damit man sie als Beispiel sieht" deren Wiedererrichtung.


    Die Scheuklappen-Sprüche hätte man auch zum Schönreden des Düsseldorfer Tausendfüßlers verwenden können - stattdessen wurde abgerissen (auch ein Straßenblock der Nachkriegszeit) und neu gebaut.


    Na, abgerissen wurden ja auch schon einige DDR-Bauten ;).


    Es macht doch keinn Sinn aus dem Bauemseble KMA Stücke herauszureißen, außerdem funktoniert das Ensemble doch nur so, mit der großen Straßenbreite und dem entsprechend hohem Abstand der Wohngebäude von der Straße.
    Wenn man in einigen Jahre diesen Zustand auflösen will, können dann immer noch z.B. Gewerberiegel vor die Wohngebäude der westlichen KMA (zwischen die bis dahin entstandenen Pavillons) gebaut werden.
    Aber bis dahin kann man ja die Wirkung der Pavillons abwarten und derweil gibt es genug andere Ecken in Ost und West die dringender repariert werden müssen und keine Ensemblewirkung haben.


    Und vielleicht steht ja nach der Errichtung der Pavillons tatsächlich noch ein Eintrag in der Weltkulturerbeliste an.

  • mescha.


    Ich stimme Dir in diesem Punkt absolut zu. Du beschreibst ein tolles und spannendes Bild einer neuen Frankfurter (Karl-Marx-) Allee.
    Dabei wäre von mir noch hinzu zu fügen, dass es sicher sinnvoll wäre, Gestaltungssatzungen für einzelne Baugebiete aufzustellen. Dabei könnte man dann auch genau festlegen,welchem Stil einzelne Gebäude und/oder Straßenzüge folgen sollen. Insgesamt sollte man sich aber dem Stil der vorhandenen Architektur annähern. Darin könnte ein UNESCO Architekturerbe ebenso aufgenommen werden.

  • ... In dem Gebiet wohnen tausende Menschen. ....


    In Düsseldorf und im Ruhrgebiet werden öfters Nachkriegszeit-Siedlungen abgerissen, um die Areale neu zu bebauen - meist mit weit mehr BGF und WE als bisher. Ich halte es auch hier für berechtigt, wenn es am Ende mehr WE und Wohnfläche als bisher gäbe - und andere Funktionen obendrauf. Es würde in mehreren Etappen geschehen, vermutlich jahrzehntelang - abgerissene Wohnflächen wären immer wieder und wieder ersetzt.

  • Dann könnte man ja mit Dahlem anfangen, dort gibt es auch ein erhebliches Nachverdichtungspotenzial.

  • ^ Schön für dich, aber zum Glück für Berlin nicht maßgeblich. Der verlinkte Plan zeigt ziemlich eindeutig, wo Nachverdichtung möglich ist und kommen wird, und wo der Ensembleerhalt einer städtebaulich natürlich völlig absurd dimensionierten Paradestrecke, die man so nur in Sozialismus bzw. Kommunismus bauen konnte, Priorität hat. Der ganze Rest der Diskussion besteht eigentlich nur aus unnötigen Bits und Bytes, zumal der Ausgangspunkt der ganzen Diskussion, die Ergänzung der Pavillions, die Funktionsmischung des Gebietes ja wie gewünscht erhöht.

  • ^ Siehe hier zum Denkmalschutz-Thema, auch das Frankfurter Zürich-Haus wurde mal trotz Denkmalschutz abgerissen.


    Wenn Du den von dir verlinkten Wikipediaartkel gelesenhast weißt du, das die Sachlage beim Zürich-Haus in Frankfurt a.M. ganz anders war als bei der KMA.
    Interessant ist auch, dass genau das passierte, was Investorenfreunde nie für möglich halten: Nach dem Abriss wurde nicht gebaut, weil der ursprüngliche Investor nicht mehr konnte :D Schau an!

  • Und ob der schließlich doch realisierte Opern-Turm von Mäckler solch eine architektonische Verbesserung darstellt gegenüber dem Zürich-Haus, erscheint mir mehr als fraglich. Und damit zurück zum Thema KMA!

  • Neue Brunnen an der Karl-Marx-Allee

    Schon lange wollte ich mich im Forum über diese von WBM und Bezirk vernachlässigte und abgesperrte Fläche an der Magistrale aufregen ;). Jetzt waren die beiden schneller und haben tatsächlich die Sanierung eingeleitet. Hoffentlich zieht man die aktuellen Vorhaben an der Allee durch, die einfach ein beeindruckender städtebaulicher Schatz ist. Auch mit dem zweiten Bauabschnitt der Allee habe ich inzwischen meinen Frieden gemacht. (Allerdings weniger mit dessen ganzem Hinterland.)



  • Frankfurter Tor

    Diese Sanierung mit vollzogenem Stilwechsel ist insgesamt gelungen. Leider wurde der Sockel unschön mit den leider modernen unverkleideten Betonfertigteilen vollendet und der Anschluss an der Warschauer nicht verbessert. Zwei erhebliche Mängel: