Braucht die Stadt einen Baureferenten?

  • In dem Artikel wird die "langweilige Pseudo Sandsteinfassade" des Karstadt in der Innenstadt angesprochen. Ja was denn nun ? .. wärs damals ein Betonklotz geworden wäre das geschrei groß .. wärs ein Glaspalast geworden .. wärs zu modern. wärs dies .. dann wärs das ... usw ..
    Finde immer noch das der Karstadt eine schöne verträgliche Fassade hat .. die sich anpasst . .und die tatsächliche Größe des Kaufhauses geschickt verschleiert.
    Jetzt wird er im inneren modernisiert .. also ist doch alles im grünen.

  • Wie soll man denn auf so eine Frage antworten. Es ist doch entscheidend, welche Aufgabe und Befugnisse der Referent haben wird. Mit wem er sich berät, und letzen Endes welche individuelle Einstellung zum Thema Stadtgestaltung diese Person haben wird.


    Allerdings, wenn ich dieses Forum hier als representativ für den Gestaltungswillen der Nürnberger hernehme, dann ist es eh nicht gut bestellt um unsere Stadt. Schaut euch mal die Seiten von Leipzig oder Stuttgart an, dort ist deutlich mehr Aktivität als hier. Gefühlt sind hier doch irgendwie nur 6 oder 7 aktive dabei....


    Zum Karstadt: Das ist eines der schönsten Kaufhäuser seiner Zeit und ich finde es heute immernoch gut gelungen. Das kann man nun vom Müller gegenüber überhaupt nicht sagen. Oder der Kaufhof. Oder Das neue Ding in der Königstraße gegenüber der kürzlich sanierten Bank... kann es leider nirgendwo verlinken. Muss mal ein Bild davon machen..
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  • Görl hat ja beim Karstadt viel mitgestaltet. Ich finde das Gebäude auch als sehr gelungen. Es passt sich einfühlsam in die Umgebung ein. Manche sehen die Sandsteinarchitektur offenbar kritisch und betrachten sie als Kitsch. Das finde ich nicht. Die Altstadt Nürnbergs ist ein recht sensibler Bereich und das sollte schon von Format und Ausgestaltung eine passende Architektur verwirklicht werden.


    Zum Baureferenten. Der ist ja eigentlich nicht so der Knackpunkt. Wenn man sich das aufwändige Genehmigungsverfahren betrachtet, so muss man sich da ingesamt fragen, warum da nichts Besseres herauskommt. Besonders Neubausiedlungen in Randbereichen sind ja langweilig bis zum Abwinken. Warum müssen da auch so viele gestalterische Vorgaben gemacht werden? Und was haben die gebracht?

  • Was gibts denn an der Fassade vom Karstadt auszusetzen? Die ist doch mal mehr als gelungen und wenn man auf die Lorenzkirche schaut, dann ist das mehr als passend und integrierend. Und ich bin normalerweise kein Anhänger von Sandsteingebäuden, sondern eher von der Modernen.
    Aber was an manchen oder wohl eher an den meisten Stellen in Nürnberg gebaut wird, da kann man wirklich nichts mehr dazu sagen. Vor allem werden exklusive Plätze verschandelt mit Einfallslosigkeit, die ganz bestimmt nicht erst- und auch nicht zweit-, sondern wenn überhaupt drittklassig ist. Und sowas darf nicht passieren.

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    Zum Karstadt: Das ist eines der schönsten Kaufhäuser seiner Zeit und ich finde es heute immernoch gut gelungen. Das kann man nun vom Müller gegenüber überhaupt nicht sagen. [...]
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    In einer Diskussion zum Wiederaufbau habe ich schon einen Architekturfunktionär die Meinung vertreten hören, daß das DUDA-Eck ein ganz besonders gelungenes Beispiel für den Wiederaufbau sei. Allerdings wurde an diesem Nachmittag auch seine weitreichende Unkenntnis der Geschichte des Nürnberger Stadtbilds offensichtlich. Ich muß aber auch sagen, daß das DUDA-Eck so schlecht auch nicht ist - nur das Gebäude für sich genommen oder auch in Bezug auf die Wirkung auf das Stadtbild - ganz in der Nähe gibt es da viel schlimmeres (Kaufhof, City Point), aber im engsten Umfeld der Westfassade der Lorenzkirche fällt das DUDA-Ecks schon ab; wenn ich nur an die hervorragende Commertz-Bank aus den Zwanzigern denke, oder auch an die Häuser zwischen Nassauerhaus und Karstadt - warum ist so etwas schon seit langem nicht mehr mölich?


    Zum Thema selbst: Wie wir durch den aktuellen Baureferenten und seinen Vorgänger leidvoll erfahren mußten sagt die Existenz eines Baureferenten noch gar nichts über die Qualität der entstehenden Architektur. Wenn so etwas wie die neue Stadtbibliothek entstehen kann (wo die Stadt sogar selbst baut und nicht auf private Bauherren Einfluß nehmen muß), dann ist das eine Bankrotterklärung. Allerdings wäre ein Baureferat mit einem durchsetzungsstarken Mann an der Spitze, der auch die Tradition des Nürnberger Bauens insbesondere in der Altstadt ernst nimmt, sehr wichtig für die Stadt, damit sie ihr Profil schärfen kann und nicht mit noch mehr Allerweltsarchitektur eines Tages von Pforzheim oder Bottrop nicht mehr zu unterscheiden ist.


    Daß der Hebel der Stadt in möglichen Auseinandersetzungen mit Investoren in Zeiten von FOCs, immer stärker werdendem Online-Handel, dem Niedergang des klassische Vollsortiment-Kaufhauses etc. wahrscheinlich nicht mehr so lang ist wie Ende der Siebziger, als Görl mit Karstadt lange und engagiert um eine stadtbildverträgliche Lösung gerungen hat, das sehe ich schon, aber in Nürnberg fehlt es ja nicht nur an Durchsetzungsfähigkeit, sondern schon an der Vorstellung davon, was man eigentlich will. Das städtische Bauen in der Altstadt in den letzten 20 Jahren zeigt dies überdeutlich; neben der Stadtbibliothek fällt mir hier als Negativbeispiel auch das Wirtschaftsrathaus ein: Lochfassade und Satteldach reichen halt nicht aus, um ein Abrutschen in die Beliebigkeit zu vermeiden.


    Außerhalb der Altstadt, insbesondere wenn dadurch keine gewachsenen Ensembles durch besondere Egozentrik gestört werden, könnte man auch das eine oder andere mal durchaus modernistisch zumindest ansatzweise spektakulär oder interessant bauen, aber dafür fehlt ebenso der Mut wie zur Rückbesinnung auf die eigene Tradition (die ja durchaus auch etwas spektakuläres an sich hätte).

  • Ähnliches habe ich mich beim Friedrich-Ebert-Platz gefragt! Warum beschwert sich der OB über die nicht gelungene Gestaltung des Platzes, wenn doch die Stadt der Auftraggeber war? Dabei erscheinen mir drei blinkende Fragezeichen vor dem inneren Auge!


  • ... Das städtische Bauen in der Altstadt in den letzten 20 Jahren zeigt dies überdeutlich; neben der Stadtbibliothek fällt mir hier als Negativbeispiel auch das Wirtschaftsrathaus ein: Lochfassade und Satteldach reichen halt nicht aus, um ein Abrutschen in die Beliebigkeit zu vermeiden.


    hier beschreibst Du ein Kernproblem, wenn auch ungewollt(?):
    Das "Wirtschaftsrathaus" ist/war kein Projekt der Stadt. Weil die Stadt kein Geld hatte, aber der "Schandfleck" weg sollte und der Ex-Wirtschaftsreferent was standesgemäßes wollte, wurde ein Investor gesucht, der Planen und Bauen durfte. Die Stadt garantiert nur für die Miete für einen gutteil des Gebäudes für eine gewisse Zeit. Der Investor wollte v.a. verdienen, also viel Mietfläche und geringe Baukosten, Fleck hat für Architektur nix übrig, die Verwaltung konnte und wollte nicht (mehr). Nach x Steuersenkungen, Kaputtsparen, DDR-Aufbau, Neoliberalismus etc. wurden in der Verwaltung seit Mitte der 1990-er Jahre Personal und Mittel massiv gekürzt. Sie hat seit langem kaum noch Möglichkeiten, Kapazitäten (quantitativ noch qualitativ) und null Selbstverständniss(!) mehr, selbst etwas "gutes" zu machen.
    Das Ergebnis, die freiwillige Selbstaufgabe, sieht man seit Jahren...


    Dazu kommt, dass Investoren im vor kurzem zur Messe gewechselten ehem. Wirtschaftsreferenten über viele Jahre einen bedingungslosen "Kämpfer" für ihre Sache hatten. Hat man bei ihm nur leise über "Gängeleien", fehlende Renditemöglichkeiten oder unwirtschaftliche Auflagen gejammert, ließ er nichts unversucht, dem armen Investor von allem Ballast zu befreien.
    Dazu viele Nürnberger die eher destruktiv grummeln, als was neues zu wagen...


    => Die Ergebnisse kann man stadtweit sehen.



    Ob sich's wieder ändert??? Ich hoffe noch und schaue aktuell lieber in die Vergangenheit, als bspw. ein Otto Seegy als Mitarbeiter der Bauverwaltung um 1910 bis 1913 die Kunsthalle entwarf und baute.
    (heute leider undenkbar)

  • Na ja, dass die Stadt den Investoren immer nachgibt, das halte ich für etwas übertrieben. Andererseits stehen hier die Investoren ja auch nicht gerade in langer Schlange an.
    Aber eben gerade städtische Bauvorhaben sollten doch einigermaßen gelingen. Ich komm da mal wieder auf den Friedrich-Ebert-Platz zurück. Da wurde das einzige schönere Haus am Platz mit diesem U-Bahn-Kasten verschandelt. Angeblich handelte es sich dabei um Sachzwänge, der Aufgang wäre nur an dieser Stelle möglich gewesen. Und außerdem müssten bei Rolltreppen die Aufgänge überdacht sein. OK, auf der anderen Seite (bei Mr. Bleck) ist ein Aufgang ohne Rolltreppe - und ohne Dach! Dann hätte man doch einfach an der Stelle vor dem Jungendstilhaus auch einen Aufgang ohne Rolltreppe gebaut, oder?
    Wenn man so technokratisch plant, ohne jedes ästhetische Stilempfinden, dann muss man sich über die Ergebnisse im Stadtbild nicht mehr wundern!

  • Daß beim Wirtschaftsrathaus nicht die Stadt der Bauherr war ist mir bekannt, aber die Stadt hat das Projekt angestoßen und sie war bereits zu Beginn der Planungen als Ankermieter festgestanden; da hätte man sicher Einfluß nehmen können, wenn man gewollt hätte. Daß es im Falle des Dienstsitzes eines möglicherweise nicht sehr an Architektur interessierten Referenten besonders delikat ist, das ist natürlich auch klar, aber da es sich hierbei um Bauangelegenheiten handelt muß sich halt ein Baureferent einmischen und durchsetzen. Daß das einfacher ist, wenn der Baureferent Vorgesetzter des Architekten ist, kann ich mir allerdings schon vorstellen.


    Ob man allerdings a priori davon ausgehen kann, daß die Qualität des städtischen Bauens besser wäre, wenn wie früher häufig üblich städtische Architekten die Gebäude entwerfen würden, vermag ich nicht zu beurteilen. Dem BDA-Mantra "Wettbewerbe steigern die Qualität" stehe ich zwar sehr skeptisch gegenüber, aber im anderen Fall kommt es umso mehr auf die Qualität des Baureferenten und der in städtischen Diensten stehenden Architekten an.


    Und zur Rolle von Roland Fleck: Grundsätzlich ist es nicht primäre Aufgabe des Wirtschaftsreferenten, für die Qualität des Bauens in der Stadt zu sorgen; er muß Unternehmen in die Stadt holen. Und daß die Stadt hier wahrscheinlich auch in Sachen Architektur keine so starke Position mehr hat wie früher und man eher geneigt ist, Kröten zu schlucken, habe ich in meinem vorherigen Beitrag ja schon vermutet; und gerade deswegen sprechen wir ja vor allem vom Bauen im Auftrag der Stadt - wenn die Stadt keine Rücksicht auf ihr eigenes Stadtbild nimmt, weshalb sollten private Bauherren dies tun?


    Zur Überdachung des Eingangs am FEP: ich lasse mir eingehen, daß man den Zugang überdacht, aber nicht so aufdringlich. Man sehe sich folgendes Bild an:
    http://www.nordbayern.de/polop…atives/900/3737436001.jpg
    Was fällt auf? Das Dach ist am Eingang am niedrigsten! An der Stelle, an der Treppen nach unten führen, ist das Dach absurderweise am höchsten. Man stelle sich nur mal vor, das Dach wäre durchgehend so hoch wie am Eingang - damit wäre schon viel gewonnen. Eine viel weniger störende Lösung wäre also durchaus möglich gewesen, aber es mußte ja offensichtlich wieder der sich penetrant in den Vordergrund spielende Kontrast sein.

  • Da gebe ich Norimbergus vollstens recht! Kleinigkeiten bewirken oft schon sehr viel! Ich bin der Meinung, dass die Stadt Nbg einen Baureferenten braucht! Allerdings nur, wenn dieser auch qualitativ was zur Gestaltung diverser Projekte beiträgt. Ansonnsten kann man sich das Gehalt für diesen Mann sparen.

  • Ein Baureferent kann eine fehlendes Stadtentwicklungskonzept nicht ersetzten, aber er könnte es vielleicht von der Politik einfordern. Da er aber vom Stadtrat berufen wird, ....