Rüdesheim: Niederwalddenkmal und Altstadt
Spenden sollen Rekonstruktion ermöglichen
"Förderverein Wiederaufbau Niederwaldtempel" in Rüdesheim gegründet / Bürk zum Vorsitzenden gewählt
Vom 29.05.2003
Rüdesheim. Ein "Förderverein Wiederaufbau Niederwaldtempel" ist jetzt in Rüdesheim gegründet worden. Zum neuen Vorsitzenden wähle die Versammlung Werner Bürk.
Von Kurier-Mitarbeiterin Mareike Russler
Acht kunstverzierte Sandsteinsäulen ragen stolz in die Höhe, und das Kupferdach, das sie majestätisch krönt, glänzt herrschaftlich in der Sonne. Im kühlen Schatten darunter tummeln sich etliche Flaneure, die nach einem ausgedehnten Spaziergang durch den großzügig und nach englischem Vorbild angelegten Erlebnispark von Graf Karl Maximilian von Ostein in ehrfürchtigem Murmeln ihre Bewunderung über den weiten Blick über das romantische Rheintal kundtun.
Dieses idyllische Bild mag der griechische Tempel, den der Graf 1788 auf dem Niederwald erbauen ließ, wohl vor über 200 Jahren abgegeben haben. "Mit seiner Höhe von neun Metern und einem Durchmesser von zehn Metern war der Tempel damals ein bemerkenswertes und landschaftsprägendes Bauwerk", erklärte der Geschäftsführer der Zweckgemeinschaft Niederwald, Hans Rudi Schneider.
Doch heute ist von dem einstigen Kunstwerk, das 1849 in Baedekers Reiseführer "Rheinreise von Basel bis Düsseldorf" als "unstreitig der schönste Punkt des Niederwalds" beschrieben wurde, nichts mehr zu sehen. Ein Bombenangriff auf Rüdesheim am 25. November 1944 ließ vom anmutigen Bauwerk nur mehr acht kümmerliche Steinbrocken übrig. Zwar kamen immer wieder Fragen zum Wiederaufbau des Tempels auf, doch wurden diese stets mit Mangel an Geld, Interesse und Geschichtsbewusstsein beantwortet, wie Schneider berichtete. "Als Weltkulturerbe können wir es uns allerdings nicht leisten, dass geschichtsträchtige Bauten in Vergessenheit geraten", betonte er.
Nachdem das Stadtparlament beschlossen hatte, die "Zauberhöhle" für die Besucher des Niederwalds zu öffnen, soll sich nun jedoch auch am Zustand des zerstörten Tempels etwas ändern: Auf Initiative von Hans Rudi Schneider und Werner Bürk, die sich als gebürtige Rüdesheimer für die Kulturgüter ihrer Heimat interessieren, ist jetzt der "Förderverein Wiederaufbau Niederwaldtempel" gegründet worden. Sein Ziel ist die originalgetreue Rekonstruktion des Tempels, die durch Spenden, Sponsoren und Institutionen wie Unesco sowie andere kunstfördernde Stiftungen finanziert werden soll.
Im Vergleich zu anderen Projekten sei die Wiederbelebung des griechischen Tempels mit einer geschätzten Investitionssumme von 150 000 bis 200 000 Euro ein "relativ preiswertes Vorhaben", sagte der frisch gewählte Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins, Bürk. Preiswert ist auch die Mitgliedschaft im Förderverein, sie kostet drei Euro im Monat. "Auf diese Weise hoffen wir, unsere Idee möglichst weit zu verbreiten", erklärte Bürk. Für eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit sollen künftig auch Flyer und eine eigene Homepage sorgen.
Damit der Tempel auch kulturell wiederbelebt wird, plant der Verein, diesen Ort, an dem sich bereits große Dichter wie Clemens Brentano und Johann Wolfgang von Goethe inspirieren ließen, für Veranstaltungen wie Konzerte und Lesungen zu nutzen. "Die Landschaft bietet sich dafür an, und auch für den Fremdenverkehr wäre dies von großem Interesse", meinte Bürk. Damit die Umsetzung gewährleistet ist, strebt der Verein eine Zusicherung des Landes Hessen an, dem der Tempel nach seinem Wiederaufbau übereignet werden soll.
"Auch wenn das Projekt sicherlich keine Sache von zwei Jahren ist, hindert uns das nicht daran, dran zubleiben", betonte Schneider. Sogar ein finanzieller Motivationsschub blieb am Tag der Vereinsgründung nicht aus. Die Firma Asbach sorgte mit einer Spende von 10 000 Euro für das entsprechende Startkapital, das für den jungen Verein ein gutes Polster darstellt.
(c) Wiesbadener Kurier
Niederwald – Rheingau – Lasinsky, Johann Adolf (Simmern 1808 – Düsseldorf 1871). Tempel auf dem Niederwald – Le Temple sur le Niederwald. Blick durch den Tempel über den Rhein mit Werdern und Segelbooten in die Ferne. Beidseits Waldstaffage. Getönte Federlithographie. Bezeichnet: Nach der Natur aufgenommen und lithographirt v. J. A. Lasinsky 1828. / Frankfurt a/M.