Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau

  • In dem Artikel wird aber trotz der Verankerung von "freitragender Fassade" gesprochen. Hier das Zitat: Gemäß der statischen Berechnung ist die Mauerwerkswand mit den eingebundenen Natursteinelementen als freitragende Fassade vor dem Stahlbetontragwerk konzipiert. Die Rückverankerung zwischen Stahlbeton und Mauerwerk erfolgt über Gelenkanker (Abb. 3 und 4)."
    Die Rückverankerungen dienen wohl also nur der zusätzlichen Sicherheit.

  • Ich bin kein Statiker, vielleicht hat da jemand mehr Ahnung, aber
    1. zum Begriff "freitragende Fassade" habe ich keine Erklärung finden können, es findet sich nur was zu freitragenden Treppen, Decken, Dächern, Karosserien. Möglicherweise ist da auch der falsche Begriff verwendet worden.


    2. ein Baukörper der 35m hoch und dabei "nur" ca. 60cm stark ist und oben noch vorspringt, kann aus meiner Sicht kaum alleine stehen bleiben.


    Auch die Musterfassade, obwohl sie deutlich kleiner war, "hing" an einem Gerüst. Ebenso ist es bei der Ecke der Bauakademie.
    Auch wenn die Fassade selbsttragend ist, also alle ihre Massen zu ihrem Fundament abgeleitet werden, ist sie doch wesentlich und nicht nur als "zusätzliche Sicherheit", über viele Anker mit dem Betonkörper verbunden. (Ich bitte um Korrektur wenn ich fachlich daneben liege)
    Es soll überhaupt nicht die Wertigkeit der Barockfassade verringert werden, aber eine Trennung in einen "schnöden Betonbau" und die "tolle Barockfassade" als zwei eigenständige (=unabhängige) Bauwerke greift doch zu kurz.

  • Na es ist im Grunde auch nur ein beschönigender Begriff, um die Fassade des Humboldtforums sprachlich weiter aufzuwerten. Und auch wenn die Fassade nicht komplett für "sich stehen" kann - die Balustraden etwa über den Portalen im Schlüterhof lasten voll auf dem Betonbauwerk des eigentlichen Gebäudes, so ist die Fassade doch handwerklich außerordentlich gut gemacht.


    Und selbst wenn es eben nur eine Fassade ist, auch Fassaden antiker Gebäude oder solche der Renaissance und auch des Barocks sind nicht zwingend gleich mit dem eigentlichen Gebäude hochgezogen wurden und bildeten mit diesem eine statische Einheit, sondern viele sind erst nachträglich davor gepappt worden. Teils fehlen sie heute immer noch, wie man vor allem bei Kirchen in Italien sehen kann, bei denen irgendwann das Geld ausgegangen ist.


    Von daher wird bei so mancher Bautradition mehr Unterschied herbeigeredet, als es im Grunde an echten Differenzen gibt, nur die technischen Möglichkeiten und Lösungen haben sich über die Zeiten gewandelt. Und je industrieller und schneller, weil etwa durch mehr Vorfertigung, etwas hergestellt wird, desto mehr wird dem Produkt meist die Wertigkeit abgesprochen.

  • "gepappt"

    Eben DAs ist genau der Begriff, den ich als so herabwürdigend empfinde.


    Dieses lieblos klingende "gepappt"! ;)
    Es klingt so, als wären Klinker-Riemchen aus dem Baumarkt angeklebt worden...

  • Die mit der Kritik des "Dranpappens" unterstellte Idealversion einer Gebäudeaussenwand, die mit dieser durchgängig abschätzigen Kritik der Moderne unterstellt wird, ist ja reine Fiktion.


    Schon die Römer haben die Steinstruktur nur vorgeblendet und das Mauerinnere häufig mit opus caementitium, also Beton, gefüllt. In der Renaissance sind die Bossen, die Steinquader imitieren, aufgeputzt worden. Das Barock arbeitet zwar mit Sandsteineinschlüssen in den Ziegelmauern, stellt aber häufig auch Architekturteile aus Stuck oder Holz her. Das verhält sich im Klassizismus nicht anders, auch im Historismus.


    Auch in der vermeindlich "ehrlichen "Moderne werden regelmäßig Betonkonstruktion mit Vorhangfassaden oder Pfosten-Riegel-Konstruktionen versehen. Diese werden mitunter auch gewechselt, sind also auch "nur drangepappt".


    Insofern kann ich eine Kritik an der zweischaligen Fassade des Humboldtforums (Beton, Dämmung, Ziegel mit Sandsteineinschlüssen) nicht verstehen. Das ist nicht "ehrlicher" oder weniger "ehrlich" als jede andere Fassade auch und angesichts der irrwitzigen obwaltenden Bauvorschriften bis zur Energieeinsparverordnung eine kluge Wahl.

  • die historische Fassade mit modernen mitteln herzustellen finde ich auch in ordnung aber was mir persönlich garnicht gefällt ist die Rückseite zur Spree hin, ein graue gesichtslose Betonfassade mit dunklen Fensterschlitzen, da fehlen nur noch Gitter vor und es würde auch als eine JVA durchgehn.

  • Meine Güte, was für Probleme. Die Relevanz engagierter Diskussionen um die alles entscheidende Frage, ob eine rekonstruierte historische Fassade in das rückwärtige Gebäude nur ver- oder eingebunden ist, erschließt sich mir nicht so ganz. Eine Fassade, die ihren Namen wert ist, ist stets von vorrangig dekorativem Charakter. Mit anderen Worten: Kein essentiell notwendiger Bestandteil des eigentlichen Baukörpers. Welchen Mehrwert hat nun die ausführliche Erörterung, was sich zwischen Fassade und Kerngebäude verbirgt? Wollen wir uns dann auch mal die Kanalisation unterm Schloss anschauen? Nicht, dass da auch modernistisch rumgepfuscht wurde. :nono:


    Zur Ostfassade: Alle Varianten wurden bereits lang und breit in diesem Thread durchgehechelt:


    a) Reko in einheitlichem Stil wäre historisch inkorrekt und von disneyhafter Banalität.


    b) Die Ursprungsbebauung an dieser Stelle wäre vermutlich zu teuer und auch nicht zweckmäßig im Hinblick auf das Platzangebot für die Nutzung im Innern gewesen.


    c) Ein offenes Schloss wäre dem Grundriss sowie der Wirkung als Baukörper abträglich gewesen. Außerdem ähnliches Nutzungsproblem wie in b)


    d) Die modernistische Fassade mag nicht ideal sein, aber sie ist ehrlich, denn so zeigt sich an einer Stelle auch nach außen, dass es sich um ein modernes Gebäude handelt und nicht um das Originalschloss in neuem Glanz.

  • Nicht zu vergessen:


    e) Die moderne Ostseite schafft mit ebenfalls modernem Fernsehturm, Nikolaiviertel und Hotel einen einheitlichen Stadtraum


    f) Die "originale" Ostseite ist (zumindest meiner Meinung nach) nicht sonderlich ästhetisch und chaotisch, was anscheinend auch Schlüter selbst so empfand, da er eigentlich


    g) das Schloss ganzheitlich in den barocken Stil umbauen wollte, was aufgrund von Geldmangel nicht möglich war

  • Spendenstand

    Es sind nun über 80,- Mio. Euronen an Spenden eingegangen. Dies war die ursprüngliche Zielmarke, vor den Erweiterungen in den Rekonstruktionsvorhaben.
    Q: Link


    Info hier, Diskussion dort.
    Bato

  • Hier noch ein Youtube Clip, in dem eine Busfahrt aus der Line 100 gezeigt wird und in welchen man ab 19:20 min einen herrlichen Blick auf das Schloss hat...
    und wie ich finde es einem einmal mehr als deutlich macht, wie schön harmonisch das ganze Ensemble wirkt .... es ist einfach toll !


    Der Clip ist zwar vom 11.10.17 aber im Wesenlichen fast so weit fortgeschritten wie Heute...


    https://www.youtube.com/watch?v=hT10oKGgz9s


    ^^ Ich kann auch kaum glauben wie lange ich schon dieses Projekt mitverfolge... schon seit 2008 freue ich mich endlich das Schloss einmal fertig erleben zu können und selbst das ist allein bei mir schon bald 10 Jahre her! ( damals war ich erst 18 Jahre alt und hab noch die letzten Abrissarbeiten des PdR sehen können...) ... da ich den Ort seit dem alle Jahre wieder besucht habe und dafür auch gespendet habe usw ist es schon jetzt ein schöner Fixpunkt in meinem Leben geworden :angel: ...

  • Zeitplan in Gefahr für Eröffnung des Humboldt Forums?

    Verstörende Nachrichten...wie ich finde!




    Die MOPO berichtet aufgrund eines Spiegelberichts, dass nicht nur der Zeitpunkt für die Eröffnung des Humboldt-Forums gefährdet sei, sondern dass das Spendenziel noch bei weitem nicht erreicht wäre.


    Ich nahm die ganze Zeit an, dass über 80 Mio. zusammen sind..wie kommt dann der SPIEGEL NUR AUF 43,3 Millionen Euro an Spenden?




    https://www.morgenpost.de/berlin/article213470385/Bericht-ueber-Stadtschloss-Spenden-fehlen-Zeitplan-wankt.html




    http://www.deutschlandfunk.de/berliner-stadtschloss-spendenluecke-bei-barockfassade.2849.de.html?drn:news_id=851906

  • Ich denke diese Berichte beinhalten nichts Neues.
    Letztendlich steht das Projekt mittlerweile soweit, dass ein paar Millionen Spenden mehr oder weniger relativ irrelevant sind.
    Das wird dann eben vorfinanziert und die Spenden trudeln dann eben noch ein oder auch nicht. Signifikante Abstriche was gebaut werden soll, kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen


    Dass der Zeitplan gefährdet ist, ist ja auch nichts Neues. Und ich denke, dem Berliner Senat käme das mehr als gelegen, nachdem dieser noch immer nicht weiß was er eigentlich bezüglich des Umfeldes machen soll. Verkehrskonzept hat er auch keines und die Ubahn wird ja auch nicht vor 2021 fertig.

  • Immer das Gleiche: es werden nur die Barspenden gezählt und nicht die umfangreichen Sachspenden, die der Verein mit Spendenmitteln bezahlt hat und die jede Qualitätsprüfung überstanden haben und eingebaut wurden.


    Ausserdem kann sich der Autor offenbar mit sich selbst nicht einigen, ob jetzt 43 oder 72 Millionen gespendet wurden. Was denn nun? 72 Millionen sind bei der Stiftung angekommen (inkl. Sachspenden). Darüber hinaus wurde ja über mehr als 15 Jahre hinweg PR, Spendensammelapparat usw. unsf. bezahlt. So kommen die über 80 Millionen auf der Website des Fördervereins zurecht zusammen. Andere Projekte haben 20 % Nebenkosten auf die Gesamtspendensumme.


    Dass nach dem Abgang von Rettig die Baustelle durcheinandergerät war ja von den meisten Kennern der Materie prognostiziert worden. Das kann nun wirklich nicht das Problem des Fördervereines sein. Auch die Baukostensteigerungen durch Umplanungen der SPSG oder des Landes Berlin gehen nicht auf das Konto des Fördervereins.

  • .......Auch die Baukostensteigerungen durch Umplanungen der SPSG oder des Landes Berlin gehen nicht auf das Konto des Fördervereins.[/QUOTE]


    Konstantin, um welche Umplanungen der SPSG handelt es sich denn?
    Von denen des Landes Berlin habe ich Kenntnis...aber inwieweit hat die SPSG umgeplant?

  • Soweit ich weiss ist für die ehemalige Fläche der HUB und der Verbindung zur Fläche des landes ach dort umgeplant worden. Die Schmetterlingssammlung der Humboldts, die die Uni da präsentieren wollte, kommt ja wohl nicht.

  • Berliner Spendenloch? Verglichen mit anderen Berliner Löchern ein polemisch-neidischer Alarm-Bericht. Kurze Frage: Gibt es eigentlich jemand, der die Werbe-Einnahmen durch den koreanischen Hersteller beziffern kann?


    Mein pragmatischer Vorschlag: Die Planen einfach ein paar Monate länger hängen lassen, insbesondere an der potthübschen Ostseite würde das niemand allzu sehr stören (und Schlosshasser, wie Schlossgruppies eventuell gar versöhnen. :D )

  • So paradox es klingen mag. Es ist gut für dieses Projekt, wenn in der Presse problematisiert wird. Denn dadurch wird der Spendenfluss aufrecht erhalten. Es gäbe nichts Schlimmeres, als wenn die Presse Artikel zum Humboldt-Forum verfassen würde, die unter dem Motto "Alles-ist-Gut" stehen. Dann würde nämlich nicht mehr gespendet werden.

  • Querbalken: Soweit ich weiß, verdient der Förderverein an der Vermietung der Werbeflächen keinen Cent. Die Einnahmen fließen vollständig in die Finanzierung der Humboldt-Box.

  • Ja, das ist leider so. Ich warte ja noch auf den Tag, an dem die Humboldtbox abgerissen wird und die Architektenkammer mit der Berliner Zeitung zusammen aufjaulen, dass der Bau stehenbleiben soll.