Charité - Bettenhaus und Ambulanzzentrum (ATIZ)

  • Sagt mal, ist eigentlich klar, aus was für einem Material die Linsen (=Lamellen?) im Entwurf von Müller Reimann sein sollen?


    Ehrlich gesagt, fürchte ich nämlich, dass bei einer Realisierung hier am Material gespart werden wird (gerade in Anbetracht der notwendigen Kostenreduktion), sodass es dann schnell altert. Entsprechende Schlieren und/oder Verfärbungen dürften den Gesamteindruck dann empfindlich stören.
    Ohne den Entwurf schlecht machen zu wollen, fürchte ich weiterhin, dass in der Fernwirkung die Lamellen als Sturkturgebende Elemente zu wenig zur Geltung kommen werden, sodass das Haus dann eher als grauer Klotz wirken wird.


    Bei Schweger & Partner ergibt sich in der Tat eine recht große weiße Fläche, die ggf. etwas monoton wirkt. Auf der anderen Seite ist mir eine große weiße Fläche lieber als eine große graue, da weniger drückend. Das Zusammenspiel mit dem Sockel gefällt, der Bezug des Klinkers zu den anderen Charité-Gebauden ist gut gelöst.
    Allerdings frage ich mich, was ich mir unter einer "Faserzementfassade" in Bezug auf Wirkung und Langlebigkeit vorzustellen habe.

  • Tja, so gehen die Meinungen auseinander. Main Favorit ist irgendwie der Entwurf von kister scheithauer gross; also der 4. Preis.
    Mit der rötlichen Terrakottafassade wird noch am ehesten Bezug zum Charite-Campus aufgenommen der vornehmlich durch roten Backstein geprägt ist. Wichtig ist m.E. auch die Betonung der Vertikale bei so einem breiten Hochhaus. Auch das gefällt mir durch die strenge Gliederung und den durchgehenden Lisenen besser.


    Was die beiden Sieger angeht seh ich das eigentlich wie Urbanator. Der Schweger-Entwurf wirkt viel zu klotzig und sieht mit der weißen Fassade und dem strengen Raster viel zu monoton aus. Da nützt auch der Sockel nichts. Wobei ich mir das Konzept an sich transformiert auf ein wesentlich schmaleres Hochhaus ganz gut vorstellen könnte.
    Müller-Reimanns Entwurf wirkt auf mich als habe man den Bau mit einer Plane überzogen - ein bisschen wie beim verhüllten Reichstag ;)
    Leider kapselt sich der Entwurf deutlich vom Charite-Campus ab und wird so zum stark "abstrahlenden" Solitär. M.E. genau das Falsche für den Campus.
    Fassadenmaterial ist übrigens Aluminium.


    Trügerisch finde ich auch, dass in den Visualisierungen der beiden Siegerentwürfe der Himmel sehr aufgehellt wurde. Somit fällt der Kontrast geringer aus. Ein Schelm der Böses dabei denkt.

  • ^ Volle Zustimmung.


    Von den vier Entwürfen gefällt mir der letzte am besten. Er kommt dem Ist-Zustand recht nahe und passt sich am besten dem historischen Altbaubestand an, was besonders auf dem letzten Bild deutlich wird. Er wirkt klar gegliedert, unaufdringlich und irgendwie "erhaben". Zudem ist Ziegel bzw. Backstein ein Material, das auch nach Jahrzehnten noch ansehnlich aussieht - bei einer Alufassade ist das eher nicht der Fall.


    Schade, das dieser Entwurf nicht umgesetzt wird. Aber immerhin hat nicht der schlechteste der vier gewonnen. Allerdings wirkt beim Müller/Reimann-Entwurf die Visualisierung irgendwie etwas verwaschen bzw. unscharf, so dass man keinen ganz so realitätsnahen Eindruck bekommt.

  • Die Visualisierung sieht tatsächlich etwas seltsam aus, erinnert auf dem ersten Bild irgendwie entfernt an den verhüllten Reichstag. Dennoch gefällt mir der Müller/Reimann-Entwurf auch am besten.


  • Das Bettenhochhaus ist ein Solitär und das ist hochwahrscheinlich von Anfang an so gewollt gewesen.Warum soll sich dieses dominante Gebäude an den anderen,in meinen Augenmeist in der Mehrzahl recht düster daherherkommenden,Charite Bauten orientieren ? Von der Anordnung und Erscheinungsweise halte ich die Charite Altanlage nicht besonders sehenswert.Da gibt es IMHO bessere Beispiele in der Stadt bzw.dem Umland,z.B.das Westend Krankenhaus,ebenfalls in Pavillion Bauweise gebaut, oder die Ruinen in Bellitz Heilstätten. Das Hochhaus sollte strahlen.


    Neben dem Entwurf von Müller Reimann finde ich den drittplatzierten Enwurf von Barkow Leibinger interessant,da er die Fassade unterteilt und somit das grosse Bauvolumen nicht so globig erscheinen lässt.


    Wünschenswert wäre m.E. eine Dachterrasse,auf der die Patienten und ihre Gäste verweilen können.Gerade bei Leuten,die tagelang im Krankenhaus sind,stellt sich bestimmt ein Bedürfnis ein,aus dem Gebäudeinneren herauszutreten.
    Noch besser wäre ein Balkon an jedem Stockwerk,so dass auch geschwächten oder Nikotinabhänigen Kranken die Möglichkeit einer Frischluftzufuhr bzw.der Suchtausübung gegeben wird.

  • ^Es ist mal wieder erstaunlich wie sehr ästhetisches Empfinden bei Leuten, die sich gezielt mit Architektur beschäftigen, auseinanderklaffen kann.


    Ich finde den Campus Mitte wunderbar, mag die Backsteinbauten und den hauch der großen Wissenscaftsgeschichte, die hier geschrieben wurde. (Dabei finde ich es auch erstmal ziemlich egal, ob es irgendwo noch bessere Beispiele für diese Art Klinikbau gibt; und wenn es dann auch noch Ruinen sind ...)
    Zumindest die Sockelbauten westlich der Luisenstraße sollten bei einer Sanierung m.E. unbedingt in Anlehnung an die historische Anlage gestaltet werden. Beim Turm ist es nicht ganz so entscheidend, wobei der ursprüngliche (aktuelle) Zustand ja auch auf die Backsteinarchitektur anspielt und sich etwas anzupassen versucht, was ich zumindest einen positiven Aspekt finde.


    Je häufiger ich mir den Entwurf von Müller/Reimann ansehe und desto merkwürdiger und unpassender finde ich die gewollt innovative und im Ergebnis wahrscheinlich wellblechmäßige Aluminiumfassade. M.E. der schlechteste Entwurf.
    Den 4. Platz finde ich hingegen recht annehmbar.

  • ^^
    Naja, bei Forenteilnehmern mit Decknamen wie "Backstein" oder "Rotes Rathaus" ist es wenig überraschend, dass ihnen rote Backsteinbauten gefallen.


    Und, dass es andere Foristen gibt die Gefallen an Metall-Glas Fassaden finden erstaunt mich auch nicht. "Gewollt innovativ" ist das ja auch nicht mehr so recht da es gerade bei Hochhäusern schon seit Jahrzehnten so gebaut wird. Richard Neutra hatte ja schon erwähnt dass das erste Bild des Müller-Reimann-Entwurfs ein wenig an das Springer Hochhaus aus den 60er Jahren erinnert.


    Die Wellen in der Glasfassade des dritten Entwurfs sind vielleicht noch ein relativ neues Gestaltungselement. Und die Verglasung wirkt im Eingangsbereich wohl immer noch ein wenig kühl futuristisch.

  • ^^
    Naja, bei Forenteilnehmern mit Decknamen wie "Backstein" oder "Rotes Rathaus" ist es wenig überraschend, dass ihnen rote Backsteinbauten gefallen.
    Und, dass es andere Foristen gibt die Gefallen an Metall-Glas Fassaden finden erstaunt mich auch nicht.


    Das mit dem roten Backstein trifft auf mich jedenfalls zu. Mit dem außeinanderklaffenden Empfinden meine ich die alten Charitébauten und weniger die neue Fassade. Ich finde es merkwürdig solche Bauwerke als düstere Kisten abzutun. Wer so empfindet, mag halt Berlin nicht und ist in Tokio oder so besser aufgehoben.
    Ich jedenfalls treffe nur sehr selten im echten Leben Menschen, die Palttenbauten für die Krone der Architektur halten und repräsentative alte Backstein-Rathäuser, -Kliniken oder -Schulen als altes Gerümpel betrachten :???:.


    Um das klar zu stellen: Ich mag durchaus Glas- und Stahlbauten, klassische Moderene, Konstruktivismus etc. und mag an Berlin insbesondere die Mischung. Ich finde es kommt bei jedem Stil auch sehr stark auf die Qualität an. Dabei ist Weniger oft Mehr. Wer viel Geld auszugeben hat, soll sich eine tolle futuristische Fassade leisten. Wenn aber die Mittel knapp sind (wie im Falle der Charité - leider), so sollte man eine möglichst einfache und ehrliche Gestaltung bevorzugen, sonst wird es schnell zum unerfreulichen Anblick wegen schlechter Materialien, mangelhafter Verarbeitung und nicht ausreichender Pflege. Dieses Schicksal wage ich einem ambitioniert-modernen Entwurf mit einer Falten schlagenden Fassade aus Aluminium an dieser Stelle vorherzusagen.


    Ich finde dann die Vollverglasung vom 3. Platz sogar wesentlich besser (vermutlich aber auch viel zu teuer).

  • Ich finde den ersten Entwurf sehr gut. Erinnert an die kleineren Zwillingstürmchen am Potsdamer Platz.
    Einfach, stilvoll, auch zeitlos. Da wird man kaum in 30 Jahren sagen "mist, was hatten die damals nur fürn seltsamen Geschmack!"
    Das Rendering ist allerdings nicht das beste (hellgraue Fenster?!). Schön auch die Absetzung des "Sockels".
    So wird das Gebäude besser in die Umgebung integriert, ohne sich ansonsten zu sehr einzupassen.


    Den zweiten Entwurf finde ich auch sehr dufte. Eigentlich rein von der Fassade her noch besser als den
    ersten. Leider wird ja nicht die Kubatur geändert. Diese Fassade bräuchte auf jeden Fall noch ein paar
    Stockwerke mehr und vielleicht ein paar Rücksprünge in der Kubatur.


    Barkow Leibingers Glaskiste finde ich einfallslos und auch schlecht ausgeführt. Kein Bezug zum Gebäude.


    Den vierten Preis finde ich sehr interessant, da das Gebäude von der Kubatur her schon ganz anders wirkt.
    Es orientiert sich ansonsten einen ticken zu sehr an der bisherigen Fassade, weshalb es weniger
    schön wirkt als es eigentlich ist.

  • Der 4. Preis ist es für mich! :) Nimmt starken Bezug auf die alte Fassade (war immerhin fast schon ikonisch in der Berliner Skyline), passt sich perfekt in die von Backsteinbauten dominierte Umgebung ein und wirkt zeitlos, elegant und aufstrebend. Hat was von Art Déco.
    Schade das der Entwurf wohl nicht verwirklicht wird...
    Die anderen Entwürfe sind...okay...sie nehmen nicht viel Bezug auf den alten Turm und die Umgebung, was mir persönlich wirklich missfällt.

  • Naja, ich finde, dass der Bestandsbau abgesehen von der Farbgebung auch nicht allzuviel Bezug auf die Backsteinumgebung nimmt. Der Klotz ist mit seinen Ausmaßen einfach ein riesiger Solitär und das kann er meiner Meinung nach auch deutlich zum Ausdruck bringen, anstatt irgendwelche bemühten Bezüge zur Umgebung herzustellen. Daher fänd ich in diesem Fall eher eine "Look at me!"-Fassade passender.

  • Ich will das Argument von 'Rotes Rathaus' noch mal aufgreifen. Backstein altert vorteilhafter als z.B. Glas-Fassaden, gerade wenn das Budget etwas knapper ist.


    So richtig gefallen zuz mir keiner der Entwürfe, aber ich tendiere eher zu dem roten Backstein, weil es eine Fortsetzung der bisherigen Gestaltung wäre und die Anlage für eine auffällige Farbgebung aus meiner Sicht qualitativ nicht ausreichend gut ist. Es ist besser, man versteckt einen mittelmäßigen Bau mit einer dezenten Fassade, als ihn mit greller Fassadenschminke aufzusexen.

  • weisst du was backstein/klinker kostet? er ist unglaublich teuer. und kein mensch kann heute mehr eine ordentliche klinkerwand mauern ohne dass 2 jahre später die ganze wand mit weissen flecken verunstaltet ist weil der salpeter ausblutet. und im erst, diesen würfel sieht man von überall her, es kann doch nicht euer ernst sein eine backsteinburg daraus zu machen. mein gott es gibt so viele neue kreative werkstoffe.. so eine provinzielle diskussion wäre in paris unvorstellbar für ein gebäude das quasi im regierungsviertel liegt. ich fordere die innovativste, modernste und ”schönste” lösung!

  • Hierzu zitiere ich mich mal eben selbst:

    also der 4. Preis.
    Mit der rötlichen Terrakottafassade wird noch am ehesten Bezug zum Charite-Campus aufgenommen der vornehmlich durch roten Backstein geprägt ist.


    Da hätte mich mal die Beurteilung des Preisgerichts interessiert.


    Auf competitionline findet sich übrigens noch ein weiterer (anerkannter) Entwurf von knerer und lang Architekten. Eine wirklich schlimme Idee diesen Klotz auch noch horizontal zu gliedern :nono:

  • .. so eine provinzielle diskussion wäre in paris unvorstellbar für ein gebäude das quasi im regierungsviertel liegt. ich fordere die innovativste, modernste und ”schönste” lösung!


    Ich stimme im Grunde zu, aber die Forderung hat mit der Realität wenig zu tun. Das größte Land der EU hat halt eine unüberwindbare Hemmung, wenn es darum geht in seiner Hauptsadt repräsentativ zu Bauen. Man will es, knickt jedoch regelmäßig auf halbem Wege ein (siehe Hauptbahnhof, Spreebogen, Topographie des Terrors etc.). In diesem Fall ist auch noch das Land zuständig und das ist arm aber ...

  • Ist Backstein denn überhaupt teuer als die gezeigten Alternativen? Es ist doch so, dass man heutzutage vorgefertigte Elemente aus Backstein oder auch Kalk-/Sandstein, etc. einfach an eine darunterliegende Betonwand befestigt. Damit entfällt der Aufwand, Wände Stein auf Stein zu mauern. Als Material sollte Backstein doch billiger sein als andere Materialien, oder?

  • Ist Backstein denn überhaupt teuer als die gezeigten Alternativen? Es ist doch so, dass man heutzutage vorgefertigte Elemente aus Backstein oder auch Kalk-/Sandstein, etc. einfach an eine darunterliegende Betonwand befestigt. Damit entfällt der Aufwand, Wände Stein auf Stein zu mauern. Als Material sollte Backstein doch billiger sein als andere Materialien, oder?


    genau das habe ich befürchtet. jetzt auch noch der vorschlag was nahezu identisch wie backstein aussehendes an die fassade zu kleben. ich meine wir reden über architektur, oder? und nicht über vorgeklebte oder vorgehängte steintapeten. infolgedessen ist auch alles (fast) alles was in den letzten 20 jahren vermeintlich mit vorgehängten fassaden gebaut wurde, keine architektur, für mich. es ist konstruktion... und dafür braucht man auch keine architekten, da reichen ingenieure. und fast könnte mann fragen, so wie zu kaisers zeit beim verschmähten historismus: „und welchen stil wollen sie jetzt aussen dran haben?“ neulich ging ich an einem solchen gebäude mit vorgeklebter klinkerfassade am nordbahnhof vorbei... es kommt recht rustikal daher und passt eher nach hamburg - ich klopfte an die wand und der ton war erschreckend hol. wenn ich gegen ein gebäude klopfe will ich keinen ton der hol klingt wie eine schale... oder wie der schöne schein.

  • Die Architekten müssen den Ingeneuren immer noch sagen, wo und welche Steinplatten an die Betonwand gepappt werden müssen. ;)

  • @ARCADIEN
    Um mal wieder zum Thema zurückzukommen. Was wäre denn dein Vorschlag wie mit dem hier zur Debatte stehenden Bettenhaus zu verfahren wäre (unter Berücksichtigung des klammen Gelbdbeutels des Landes Berlin)?

  • ^
    ich kann mir sehr gut einen materialmix aus holz- und zink-elementen vorstellen. mit farbigen sonnenblenden. auf die details kommt es an die dem klotz ein wenig heiterkeit verleihen, ein echter hingucker.