Leipzig: St. Trinitatis (realisiert)

  • Wenn die katholische Probsteigemeinde der Meinung ist sie benötigt ein neues Gotteshaus, kann die Mittel dafür beschaffen und hält sich an die Bauordnung, spricht nichts gegen eine neue Kirche in der Mitte der Stadt.


    Wir sollten den Mut der Gemeinde, solch ein Vorhaben in schwierigen Zeiten zu stemmen, bewundern. Vielleicht wird der Entwurf noch einmal überarbeitet und es entsteht ein Gebäude für eine selbstbewusste, stolze Gemeinde. Eine Kirche an dieser Stelle ist immer noch besser als der x-te Bürobau. Ein wenig Besinnung kann nicht schaden. Und ein Gegengewicht zu Pfarrer Wolff ist auch nicht schlecht.



    Mit den Auffassungen von Herrn Dankwart Guratzsch gehe ich selten konform.


    DERWESTEN hat einen Beitrag über das Architektenteam Schulz veröffentlicht, nimmt -ohne Herrn Guratzsch oder die WELT zu erwähnen- Bezug auf den oben genannten Artikel und findet dass wir uns hier selbst disqualifizieren. Nun ja...;)

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  • Danke für den Link! Typischer NRW-Lokalpatriotismus bzw. Wir-sind-wer-in-aller-Welt-Jubellokaljournalismus.


    Worüber ich schon eine Weile nachdenke: Warum bitte sollten sich "Ruhrpottisierung" und "Kölnisierung" gegenseitig ausschließen? Köln ist nicht Ruhrgebiet, schon klar, aber das wird im Forum auch nicht behauptet.


    Die Fußgängerzonenarchitektur jedenfalls ist im Ruhrgebiet wie in Köln sehr ähnlich und meist nicht anstrebenswert, da gebe ich Valjean recht - obwohl ich erst sagen wollte: Wer im Ruhrgebiet genauer hinsieht, sieht die Einzigartigkeit der einzelnen Stadtzentren. Auch das ist wahr, ändert aber nichts an der sich wiederholenden Form der Planungs- und Bausünden.

  • Ei-ei-ei das zieht nun Kreise und war so nicht beabsichtigt. Nicht das Westfalen und Rheinländer noch auf die Barrikaden gehen und gemeinsam gen Sachsen marschieren und dabei sitze ich doch in der neutralen Schweiz. Ebenso hätte ich von „Pforzheimisierung“ sprechen können, aber anhand der Lebensläufe von Schulz & Schulz bot sich der Bezug auf NRW an. (siehe auch post #110 von dj tinitus)


    Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass die an sich nachvollziehbare Vorgabe der katholischen Gemeinde einen zurückhaltenden, bescheidenen Bau zu errichten, nicht oder nur schwer mit dem exponierten Bauplatz zusammen zu bringen ist.


    Ein zu selbstbewusster oder gar als „protzig“ wahrgenommener Kirchenneubau wäre in der heutigen Zeit und angesichts der wirtschaftlichen Probleme nur schwer zu vermitteln und widerspräche auch dem heutigen Kirchen- und Glaubensverständnis.


    Allerdings baut die katholische Gemeinde nicht nur für sich alleine, sondern auch für die Stadt Leipzig und an der städtebaulich herausragenden Situation gegenüber dem Neuen Rathaus hat sie sich, wie jeder andere Bauherr an dieser Stelle ebenso, dem städtebaulichen Kontext einzuordnen.


    "Ein bescheidener Bau"


    Wie bereits vor Beginn des Wettbewerbs geschrieben: wer im unmittelbaren Stadtzentrum baut, kann und darf sich nicht nur an seinen eigenen Ansprüchen und Erwartungen orientieren. Wenn bescheiden, warum nicht am Stadtrand? Es werden doch nicht umsonst für solche stadtbildprägenden Gebäude Wettbewerbe ausgeschrieben.


    Nun denn, womöglich ist der Entwurf gar nicht so schlecht, immerhin wird der Blockrand geschlossen. Die anderen Entwürfe sagen mir auch nicht sonderlich zu. Gerade der „space-ige“ Entwurf hat zwar einen Hinschau-Effekt, welcher sich aber schnell abnützen würde meiner Meinung nach.


    Mal abwarten wie sich der fertige Kirchenbau dann darstellen wird.



    P.S.: Köln ist, obgleich keine schöne, so doch eine populäre, beliebte und somit attraktive Stadt. Und Ruhrgebiet ist „Kulturgebiet“ – ich weiss das zu würdigen!

  • ^ Nun rudere hier mal nicht zurück, nur weil deine zwei gefallenen Wörter jetzt ein bisschen für Wirbel in der Presse sorgen. Es wird deshalb schon nicht gleich der Ausnahmezustand ausgerufen werden. Wenn die hier im Forum geäußerte Kritik die Brüder Schulz und die Propsteigemeinde dazu bewegt (und die werden spätestens nach Guratzschs Veröffentlichung hier reingeschaut haben), den Entwurf noch einmal zu überarbeiten, dann ist doch viel erreicht worden.


    Mit einem hat Guratzsch allerdings recht. Der geplante Kirchenneubau stößt in der überregionalen Presse auf sehr verhaltenes Interesse. Gerade in diesen Zeiten, wo Kirchen schließen müssen, besonders in Ostdeutschland, hätte ich mir mehr Resonanz zu diesem Vorhaben gewünscht, auch eine differenzierte Beurteilung zum Siegerentwurf. Dass man sich nun auf unser Forum beruft, verwundert von daher nicht. Woanders scheint es keine kritische Auseinandersetzung zum Kirchenentwurf zu geben.

  • Was neues zum Projekt in der LVZ: der Bruch der insg. 1000 Tonnen Porphyr für die Fassade beginnt bei Rochlitz. Benedikt Schulz gibt an, dass die aus dem selben Material bestehende Klosterbasilika in Wechselburg den Ausschlag für diese Wahl gab. Die besteht aber mitnichten vollständig aus dem Stein (nur wie üblich Säulen, Pfeiler, Grate etc.). Der Baustart wird konkretisiert, Anfang 2011 soll's losgehen, spätestens Anfang 2013 soll die Kirche fertig sein. Forum-User Dave hat einen gar garstigen Kommentar abgegeben.;)

  • Veranstaltungshinweis/Bekanntmachung

    Am Dienstag, dem 11.05.2010, 18.00 Uhr, findet in der Aula der Alten Nikolaischule, Nikolaikirchhof 2, das Streitgespräch Architektur statt.


    "Der Neubau der katholischen Propsteikirche - architektonisches Highlight am Ring?"


    Es diskutieren:
    Benedikt Schulz, Schulz & Schulz Architekten, Leipzig
    Gregor Giele, Pfarrer der katholischen Probsteikirche St. Trinitatis, Leipzig
    Martin zur Nedden, Beigeordneter für Stadtentwicklung Stadt Leipzig
    Arnold Bartetzky, Architekturkritiker aus Leipzig Moderation:Prof. Annette Menting, Kulturstiftung Leipzig


    Quelle


    Da ich am Dienstag noch in Leipzig weile, werde ich mit Sicherheit hingehen. Noch wer? Pünktliches Erscheinen sichert Plätze. Es wird sicher sehr voll werden.

  • Ich verstehe gar nicht, warum sich die Stadt Leipzig noch nicht beim internationalen Wettbewerb für Deplazierung und Maßstabsverlust beworben hat. Ich bin mir sicher, wir würden unter die top ten kommen. Wer hat schon eine aufgeblähte Vorstadtkirche mitten im Stadtzentrum?


    Standortdebatten waren wohl wie immer unerwünscht... Wir machen einen Wettbewerb, der wird`s schon richten. Na Bravo.


    Aber wir wollen mal nicht so sein, sehen wir's als Wiederauferstehung des Georgen-Nonnenklosters. Nach der Säkularisierung 1541 wurden dessen Steine ja für die Erweiterung der Stadtbefestigung verbaut, der Brunnen der Pleißenburg wurde sogar mit den Gradsteinen des einstigen Gewölbes gefaßt. Insofern also eine späte Genugtuung - wenn das keine Vorlage für Verschwörungstheoretiker wäre ...:cool:

  • Darüber sollten wir tatsächlich mal ernsthaft diskutieren.


    Um welche Deplazierung und welchen Maßstabsverlust geht es Dir denn? Doch nicht etwa den fehlenden Bezug der "Leipzig Information" zu den Gebäuden der Katharinenstraße? Weder in Größe noch in irgendeiner anderen Weise hat sich dieses Gebäude an die Umgebung angepasst!


    Wenn der Bauherr einen Wettbewerb auslobt, ist das zu beklagen?





    Für die, die die Leipzig Information nicht kennen:




    Quelle:Wikipedia bzw. Deutsches Bundesarchiv (German Federal Archive);
    Autor: Koch, Heinz

    3 Mal editiert, zuletzt von Stahlbauer ()

  • Die Diskussion in der Alten Nikolaischule verlief einigermaßen ruhig.


    Einige interessante Punkte des Vortrages waren:


    -Die Architekten testen im Rochlitzer Steinbruch mit dem Originalstein, wie die Fassade strukturiert werden kann.


    -Der Porphyr der Außenwände soll gemauert und nicht tapetenartig angebracht werden.


    -An der Fassade die zum Leuschnerplatz zeigt, soll ein -noch nicht bekannter- Schriftzug angebracht werden.


    -Am Martin-Luther-Ring soll der Kirchenraum im Erdgeschoß transparent gestaltet werden. Ein neues unübliches, und bei einigen Gästen der Veranstaltung auf Skepsis stoßendes, Entwurfsdetail.


    -Die zum Innenhof zeigende Wand des Kirchenraumes erhält eine Öffnung in Form des Kreuzes.


    -Der Kirchturm wird knapp 50 m hoch sein. Die Höhe des darauf befindlichen Kreuzes ist noch nicht bekannt.

    Einmal editiert, zuletzt von Stahlbauer ()

  • ^ Das wäre dann doch sehr zum schmunzeln, gestände man damit doch ein, dass das Gebäude als Kirche doch einige optischen Wünsche offen lässt.


    Zusammengefasst könnte man dann ja "katholische Grüße aus Witten" anbringen ;)

  • Nix da, so einen Schriftzug wird es nicht geben. Es ist der Schriftzug "Propsteikirche Leipzig" angedacht. Ansonsten hat zumindest Benedikt Schulz seinen Entwurf meiner Ansicht nach sehr anschaulich und nachvollziehbar rübergebracht. Auf die Frage von Bartetzko, warum es bislang keine natürlichen Visualisierungen gebe, antwortete Schulz, dass es erst dann farbige Visualisierungen gibt, wenn diese dann hundertprozentig dem Ergebnis entsprechen. Im Moment sei man noch in der Experimentierphase, was die Fassade angeht. Das Porphyr wird allerdings sehr farbig und lebendig gestaltet (ganz im Gegenteil zum Stadtgeschichtlichen Museums, wie Schulz weiter ausführte), so dass auch die 21 Meter hohe Wand zum Wilhelm-Leuschner-Platz nicht langweilig oder gar abweisend erscheinen wird.


    Später mehr vom gestrigen "Streitgespräch".

  • Wie wäre es mit "Ceci n'est pas une église."


    oder "quadratisch. praktisch. gut."


    oder "Wer diese Kirche kennt, fürchtet sich nicht mehr vor der Hölle!"


    Nun, raubbaus Bezeichnung einer überdimenionierten Vorstadtkirche im Stadtzentrum trifft es ganz gut.


    Immerhin ist die ganze Sache stringent.


    Schulzes aus'm Ruhrgebiet bauen 'ne "Kiachee" uns so sieht dat Dingens auch aus!

  • Was ist denn mit Ihnen los? Allein die Dimensionen der Kirche liegen doch oberhalb des Vorstadt-Kirchen-Niveaus. Zumal die Grundstücksform den quadratischen Charakter arg eindämmen dürfte. Ansonsten sprechen sowohl das Baumaterial als auch der Turm gegen den allzu gefälligen Ruhr-Pott-Vergleich.

  • Wichtig ist m.E. jetzt, dass die Details ordentlich ausgeführt werden. Dass die Fassade nicht so repetetiv werden soll wie am stadtgeschichtlichen Museum, ist schon einmal löblich. Interessant wird auch die Umsetzung des Innenhofes mit dem Wasservorhang, der den Lärm vom Ring abschirmen und ales öffentlicher Ort der Ruhe dienen soll.

  • Was ist denn mit Ihnen los? Allein die Dimensionen der Kirche liegen doch oberhalb des Vorstadt-Kirchen-Niveaus ...


    Ich habe mich zugegebenermaßen etwas hinreißen lassen und man möge mir dies nachsehen! ;)


    Allerdings Dimension allein gewährleistet noch keine höhere Qualität und erhebt keinen, der Vorstadt angemessenen Bau auf Stadtzentrumsniveau.


    Bisher kenne ich lediglich die hier ersichtlichen Visualisierungen und das stadtgeschichtliche Museum. Beides sagt mir (geschmacklich) nicht zu, aber möglicherweise kann der Kirchenneubau in seiner Gestaltung noch optimiert werden und eventuell wirkt es einst in natura auch nicht so schlecht auf mich, wie die Vorstellungen, die ich mir bisher davon gemacht habe.


    Gespannt bin ich nun auf cowboys Bericht!


  • Bisher kenne ich lediglich die hier ersichtlichen Visualisierungen und das stadtgeschichtliche Museum.


    Genau so geht es uns ja allen - und genau da liegt der Grund, warum ich mich mit Urteilen zurückhalte: das, was wir bisher haben, ist dafür zu wenig! Letztendlich vermag man die städtebauliche Wirkung erst so richtig, zu beurteilen, wenn der "Ruhrquader" (Sie et. al. ;)) schon steht. Dann ist es zwar zu spät - so ist das aber mit Architektur! ;)

  • Da ich bei dem Streitgespräch, das eigentlich keines war, weil alle auf dem Podium die gleiche Meinung zum Kirchenneubau vertraten, auch zugegen war, noch eine kleine Zusammenfassung.


    Benedikt Schulz erläuterte anfangs noch einmal sehr ausführlich den Entwurf seines Büros. Das spitz zulaufende Gelände sei für einen Kirchenneubau eher schwierig, so dass das Grundstück in seinen Grenzen baulich voll ausgeschöpft werden sollte. Der Neubau wird in zwei Hälften aufgeteilt, der trapezförmige Kirchenraum freilich dort, wo das Grundstück am größten ist, das Gemeindezentrum mit dem rund 50 Meter hohen Kirchturm in der Spitze des Grundstücks. Der Pfarrhof in der Funktion als Versammlungsort und öffentlicher Durchgang zwischen Ring und neu entstehender Nonnenmühlgasse ist das Bindeglied zwischen Kirche und Gemeindezentrum. Diese praktische wie naheliegende Aufteilung war ein Kriterium, weshalb das Büro Schulz & Schulz das Rennen machte. Andere Entwürfe, nicht alle, sahen entweder gar keinen Innenhof vor oder dieser war nicht abgeschirmt genug vom lärmenden Ring, so der Einwand des Probsteipfarrers.


    Martin zur Nedden, Beigeordneter für Stadtentwicklung, erläuterte, dass die äußere Architektur des Siegerentwurfs eigentständig sei, ohne gegen das Neue Rathaus in Konkurrenz zu treten. Viele andere, spektakuläre Entwürfe, die eingereicht wurden, wären zweifellos in diese, von der Jury mehrheitlich nicht gewünschte, Konkurrenz getreten. Die "Kirche fürs 3. Jahrtausend", wie es der Auslobungstext formulierte, könne man nur schwer an der äußeren Architektur oder gar an einem neuen Architekturstil festmachen. Das hätten auch die unterschiedlichen Entwürfe der Architekten gezeigt.


    Gregor Giele, Pfarrer der Propsteikirche St. Trinitatis, erklärte weiter, dass der Neubau von der Gegenwart in die Zukunft getragen werde und von keinerlei geschichtlichen Bezug zum Vorgängerbau bzw. auch zum Vorvorgängerbau (Anm.: der keine 100 Jahre stand und seit über 60 Jahren nicht mehr existiert) zeugen solle. Dieser Ansatz sei konträr zum Paulinum, das den historischen Bezug zur jahrhunderte alten Paulinerkirche herstellt.


    Benedikt Schulz erklärte später auf diverse Bemerkungen aus dem Publikum, dass die Propsteikirche, so sehr das bauliche Konzept auch zu überzeugen vermag, doch ziemlich klotzig rüberkäme, dass der Porphyr so gearbeitet werde, dass die Fassade strukturiert und lebendig erscheine. Er und sein Bruder seien wöchentlich im Steinbruch Nahe Rochlitz zugegen, um den Stein zu testen. Wenn das Resultat feststehe, soll es auch farbliche Visualisierungen geben, die die Lebendigkeit der Fassade vermitteln. Moderatorin Prof. Anette Menting von der Kulturstiftung Leipzig lobte die Einstellung, dass erst farbliche Visualsierungen gezeigt werden, wenn diese der Realität entsprechen. Dies zeichne ein ernsthaftes Architekturbüro aus.



    Noch ein Bildchen vom Streitgespräch. Von links nach rechts: Architekturkritiker Arnold Bartetzky, Propsteipfarrer Gregor Giele, Moderatorin Prof. Anette Menting, Baubürgermeister Martin zur Nedden, Architekt Benedikt Schulz. Ganz rechts in der ersten Reihe übrigens Chefdenkmalpfleger Wolfgang Hocquél (war da nicht was vor kurzem zwischen ihm und Arnold Bartetzky?).