Fischerinsel / Petriplatz / Breite Straße

  • ^ Wenn Du mir erklären könntest, was meine Kritik mit Moral oder mit Predigt zu tun hat, wäre ich Dir sehr verbunden. Ich halte Deinen Ideologie-Vorwurf für Quatsch und Deine Wortwahl ("bizarrer Ruinenkult") für vermessen. That's it.

  • Ideologie hin oder her, hier von Ruinenkult zu sprechen, ist albern. Man hat die rückwärtige Fassade nicht 1:1 wieder hergestellt, sondern repariert und ordentlich gestrichen. Ich kann auch keine Risse erkennen.
    Das ist hier völlig ok, zumal die Grundstücke gegenüber früher oder später bebaut werden und die Fassade dann nicht mehr besonders exponiert sein wird.
    Sie war auch vor den Kriegsbeschädigungen keine Schaufassade.

  • Natürlich ist das Ruinenkult. Hierfür gibt es ja viele andere, krassere Beispiele. Es geht auch nicht um ein paar Einschußlöcher, die uns ja noch eine Geschichte erzählen könnten, sondern auch um schlichte Verwahrlosung. So wurde z.B. beim Neuen Museum der Schaden durch die geplatzte Wasserleitung restauratorisch mit Kriegsschäden gleichgesetzt. Bei der Fassade gegenüber Bastians Kunstgalerie ist es strukturell nicht anders. Gleichzeitig werden andere Dinge wieder rekonstruiert (auch Neues Museum) um die Kontraste zwischen Alt und Neu leuchten zu lassen. Da wird eine ruinenhafte Kunstwelt geschaffen wie der Ruinenberg Friedrichs des Großen in Sanssouci.

  • Da wird eine ruinenhafte Kunstwelt geschaffen wie der Ruinenberg Friedrichs des Großen in Sanssouci.


    Nur das der Ruinenberg gänzlich neu erdacht und erbaut wurde, während es sich beim "Ruinenkult" in Deutschland eher um nicht reparierte und für die Nachwelt erhaltene Kriegsschäden handelt. Ob das schön oder erstrebenswert ist, mag jeder für sich selbst entscheiden, aber eine Abgrenzung sollte man da schon machen.

  • Da wird ein Gebäude wunderschön renoviert und wieder wird gemeckert. Kann man ich sich einfach mal an der Vorderseite erfreuen? Wenn man es selbst bezahlt, dann kann man im übrigen auch entscheiden, wie man die Rückseite gern hätte.

  • Natürlich kann man das Belassen von Kriegsspuren bemängeln, aber einen Ruinenkult sehe ich in Berlin außer vielleicht auf dem Teufelsberg nicht.


    Es ist auch die Frage, wie hoch der Aufwand einer vollständigen Beseitigung von Schäden an der Fassade ist, im Verhältnis zum Nutzen ist.
    Die genannten Gebäude erfüllen auch so ihren Zweck und sind sogar mit Patina schön.


    Vielmehr könnte man die Beseitigung aller Spuren und Narben als Geschichtsverfälschend ansehen.


    Mir gefällt das Gebäude sehr gut.

  • ruinenhafte Kunstwelt


    Und die realen (Kriegs-)Schäden zu beseitigen, als hätte es sie nie gegeben, erschafft dann eine Naturwelt? Weil vor WK I alle Kultur Natur war, aber seitdem ist sie künstlich geworden? Ruinenlust gab es im 18. und 19. Jahrhundert (siehe Sanssouci), der Ruinenkult war ein Hobby des Führers und seines Generalbauinspekteurs, die ihre Architektur bekanntlich darauf anlegten, dass sie auch nach 1000 Jahren und von Wald überwuchert noch grandios wirken sollte. Mit derlei tatsächlich ideologischem Wahn hat das Bestreben des Denkmalschutzes nichts zu tun – hier geht es darum, die Geschichte eines historischen Gebäudes erfahrbar zu machen: Wenn es im Krieg beschädigt wurde, soll das halt in irgendeiner Form sichtbar bleiben. Diesen Ansatz muss man nicht teilen; ich halte es aber für daneben, ihm im höhnischen Tonfall jede Legitimation abzusprechen.


    Davon ab schließe ich mich Tomov an: Der Vorher-Nachher-Vergleich zeigt doch die Rekonstruktionsleistung, die hier – im besten Sinne – erbracht wurde. Trotzdem ist dauernd von der "Milchkaffee"-Lastigkeit wegen der Farbwahl die Rede, und von "bizarrem Ruinenkult", weil ein paar kriegsbedingte Unregelmäßigkeiten an der Rückseite erhalten wurden (die mir übrigens ohne den Hinweis darauf gar nicht aufgefallen wären). Haltet mal den Ball flach, liebe Reko-Freunde, und feiert diesen schönen Erfolg!

  • Ich find's schnucki. Eins der ansehnlichsten Gebäude in diesem Teil. Nur hätte es wirklich weiss sein können wie auf der Visu zu sehen. Und es beherbergt entschieden die falsche Nutzung. Die ganze Ecke wird zunehmend monothematisch als Hotelstandort ähnlich dem Areal am Washingtonplatz verhunzt.

  • ^ Ich hätte dort lieber einen Bio-Supermarkt im EG, Arztpraxen, Wohnungen für Alte- und gehandicapte Menschen, Wohnungen für Studenten und Ateliers für Kunstschaffende gesehen. Damit mal ein Hauch von Urbanität weht. Es ist immer die Mischung die Attraktivität ausmacht. Aber schonmal gut, dass es kein Hotel mehr wird.

  • ^ Aha, Deine "Wünsche" ändern sich also im Lauf der Zeit :)

    ^Ja, sieht wirklich sehr gut aus. Nur schade, dass es wieder ein Hotel? wird. Eine Nutzung als kleines Design-Kaufhaus oder ähnliches hätte mir sehr viel besser vorstellen können.

  • ^ Ja, durchaus. Jetzt wo im innerstädtischen Bereich immer mehr feritggestellt wird zeigen sich die Schwachpunkte was Urbanität und einen guten Mix anbetreffen. Negativbeispiele sind hier für mich das Ghetto um die Friedrichswerdersche Kirche herum, das Ghetto am Hauptbahnhof oder auch hier in diesem Bereich. Wenn möglich sollte mehr Augenmerk auf eine bessere Durchmischung der bestehenden oder völlig neu generierten Quartiere gelegt werden. Das wird auch eine Herausforderung am benachbarten Molkenmarkt werden.

    2 Mal editiert, zuletzt von Camondo ()

  • Ich kann keinen "schönen Erfolg" darin erkennen, dass mal ein Haus saniert wird, Architektenkind. Dass Du, bloß weil Dir eine Argumentation nicht passt, gleich wieder mit Adolf Hitler kommen musst halte ich für so bezeichnend wie für falsch.


    Ein Putz ist wie ein Fenster eine temporäre Schicht eines Bauwerkes und die Erneuerung eines Putzes nach Verwahrlosung oder Zeitablauf keine Geschichtsfälschung. Wenn ein über 100 Jahre altes Haus frisch verputzt ist weiss jeder, dass es neu geputzt ist. Wenn gezielt bestimmte, ruinenhafte Spuren erhalten oder wie im Fall des Neuen Museums sogar rekonstruiert werden (und andere beseitigt werden) ist es eine Inszenierung von Geschichte.

  • ^^ Ja, ne, is' klar :D


    Beim "Design-Kaufhaus oder ähnliches" (so deine Wunschvorstellung im Okt. 2017 fürs ehemalige Kaufhaus Hertzog) wäre ich noch mitgegangen, aber dein "jüngster Wunsch" passt zu 100% auf das "Sanierungsgebiet Dragonerhöfe": http://www.deutsches-architekt…thread.php?t=12103&page=2
    Allerdings sind günstige Wohnungen im geplanten Neubau einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft (WBM?) direkt neben dem "Hertzog" vorstellbar:

    [..] Das Areal ist ja schon seit über 5 Jahren Brache und der Wettbewerb zum Gebiet ist schon 12 Jahre her, die Überabeitung nun 9 Jahre. Ein Wohnungsproblem gibt es ja in Berlin nicht, wir haben alle Zeit der Welt. Da kann man sich mal ein paar Jahre nehmen um was Schönes zu entwerfen. Kann aber sein, dass morgen die Bagger anrücken...
    ..
    https://abload.de/img/seitenausdmsw_ueberarnsu31.jpg


    Und mit "Ghetto" würde ich auch nicht so inflationär wie du um mich werfen..
    Ich bin mal gespannt auf Fotos aus Kreuzberg, z.B. auch von den ehemaligen Robben & Wientjes-Flächen:
    http://www.deutsches-architekt…hp?p=595192&postcount=296
    http://www.deutsches-architekt…hp?p=608116&postcount=299
    ;)

  • @Commondo. Ich finde auch, dass man mit dem Wort Ghetto wirklich nicht so um sich werfen darf. Und gerade in so Foren sollte man sich bewusst gegen die Erosion der Sprache stellen. Für mich jedenfalls sind Hauptbahnhof und Werderscher Markt definitiv nicht mit den „bekannteren“ ehemaligen deutschen Ghettos vergleichbar

  • ^^+ ^ Du missverstehst. Ich spreche von Ubanität und du von Monofunktionalität. Auch ausschliesslich Wohnen ob hochpreisig oder günstig sind Monostrukturen sowie überwiegend Hotel- oder Büronutzung. Wenn die Leute keine Infrastruktur, Einkaufen, ärtzliche Versorgung etc. haben ist das keine städtische Urbanität.
    Mit Ghetto meine ich monofunktionale Strukturen ich möchte es nicht auf die Menschen angewandt wissen.
    zu ehem. Robben& Wientjes habe ich was im entsprechenden Thread gepostet.

  • Ich verstehe das nicht. Da ist mal ein schönes altes Gebäude wiederhergestellt worden und die wenigen nicht beseitigten Schadstellen an der schlichten Hoffassade, die in wenigen Jahren nicht mehr zu sehen sein wird, bereitet hier so eine Diskussionsgrundlage.


    Bei den Modelleisenbahner nennt man das "Nieten zählen".


    Also mir gefält es gut, auch in Milchkaffefarbe.

  • Ich find's schnucki. Eins der ansehnlichsten Gebäude in diesem Teil.


    Glück gehabt. Das Gebäude stand offensichtlich im Auge des Abrissorkans der dort zwischen 1950 und 1975 gewütet hat. Die Grundlage für einen guten kleinteiligen Mix der es in historisch gewachsenen Strukturen schon eher geben kann (z.B. Spandauer Vorstadt), ist damit restlos vernichtet worden. Versuche sich bei der Reubanisierung der Mitte an solchen Strukturen wieder zu orientieren, haben zur Zeit in Berlin keine Hochkonjunktur.

    Einmal editiert, zuletzt von Taxodium ()

  • "House of One"

    [..]
    Auf das House of ONE dürfen wir locker noch 10 Jahre warten.


    Vielleicht nicht:
    https://www.rbb24.de/politik/b…lionen-euro-vom-bund.html
    Demnach wird der Bund den Bau des geplanten interreligiösen "House of One" mit zehn Millionen Euro unterstützen - allerdings erst, wenn das Land Berlin sich ebenfalls mit mindestens zehn Millionen beteiligt und Privatspenden in derselben Höhe vorgewiesen werden können, hieß es.


    Auch aus 2017:

    [..] Jetzt will das Land Berlin den Baugrund dafür bereitstellen. https://www.berliner-zeitung.d…igioeses-projekt-28784094


    Insgesamt soll das Projekt 44 Millionen Euro kosten und hauptsächlich durch private Spenden finanziert werden, allerdings sind seit 2014 erst ca. 2,3 Millionen Euro an privaten Spenden zusammengekommen und zusätzlich 3,2 Millionen Euro Spendenzusagen vom Bund und Land Berlin. [..]


    Aus aller Welt seien aktuell bislang knapp mehr als neun Millionen Euro an Spenden eingegangen. Im kommenden Jahr sollen die ersten Gründungsarbeiten auf dem Gelände beginnen. Dafür werde im Januar der provisorische Holzinfopavillon abgerissen. Die Grundsteinlegung ist für Frühjahr 2020 vorgesehen.



    Projektseite mit Visus: https://house-of-one.org/de/architektur


    ^ Wieso Betonbunker? Soweit ich weiss bekommt es eine sehr schöne Vollziegelfassade.
    http://www.bauwelt.de/themen/b…ehn-Malvezzi-2653853.html


    ^ Ein mit Ziegeln verkleiderter Betonbunker. �� Gerade die verlinkte Visu lässt die Assoziation schon aufkommen. Keine Fenster links, winzige Schießschartenlöcher vorne, kantige und klobige Kubatur...


    Ich habe natürlich auch andere Visualisierungen gesehen und hoffe, dass es am Ende besser aussieht.


    Wo?

    3 Mal editiert, zuletzt von Hallole ()

  • Schön, dass es beim House of One voran geht. Fast 9 Millionen Euro Spenden sind auch schon eine Menge, wenn man berücksichtigt, dass das Projekt kaum in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt.


    Was die wenigen Fenster betrifft, bin ich auch nicht überzeugt, insbesondere die nach Norden ausgerichtete christliche Kirche, verstärkt den Eindruck eines Bunkers.
    Gerade deshalb bin ich gespannt auf das Beleuchtungskonzept und die räumliche Wirkung im Inneren.