Dimension des Stadtschlosswiederaufbaus

  • Aber was soll das mit dem Stadtschloss zu tun haben? Die USA, die ohne Zäsur bis heute weiterbestehen, haben es 1899-1901 im Philippinisch-Amerikanischen Krieg unter dem Motto „Kill every one over ten“ vorgemacht und im Kolonialwahn ca. 1,5 Millionen Filipinos abgeschlachtet. Die USA gelten wohl im Vergleich zum Kaiserreich als lupenreine Demokraten. Das Schloss gab es schon, als an so etwas wie deutschen Kolonialismus noch lange nicht zu denken war.

  • ^Nur so interessehalber: Hältst Du kolonialen Rassismus für einen Witz? Oder eine Illusion? Deine Gänsefüßchen deuten es an.


    Die üblichen Unterstellungen. Dir selber müsste doch auffallen, wie meilenweit entfernt die von dir beschriebenen Ereignisse von der Intention des Humboldtforums und der Schlossrekonstruktion entfernt sind. Die "No Humboldt" Leute betrachten alles unter einer Kolonialismus-Brille. Das Schloss sollte man nicht rekonstruieren, weil die Hohenzollern Kolonien hatten. Humboldt soll das Forum nicht heißen, weil sich der Jüngere von beiden trotz ungebrochener Wertschätzung in den Amerikas vor 200 doch nicht ganz an die heute propagierten "Diversity"-Gepflogenheiten gehalten habe. Die außereuropäischen Sammlungen ausstellen, geht natürlich auch nicht so einfach, weil das ja immer eine "Exotisierung" darstelle. :nono:

  • ^ Ich halte wenig von den "No Humboldt"-Leuten – bzw. ich halte sie für eine irrelevante Randerscheinung in der Debatte. Sie sind aber praktisch für alle, die von Kritik am Kaiserreich, am Weltbild zu Humboldts Zeiten oder an der rassistischen Geschichte der "Völkerkunde" nichts wissen wollen: Sie machen es einfach, Einwände als spinnertes Sektierertum abzutun.


    Davon abgesehen habe ich gar nichts gegen die beiden Humboldts und denke, dass im Forum ein gutes Museum entstehen wird, das sich kritisch mit der Geschichte seiner Sammlungen auseinandersetzt. Ich stelle mich bloß gegen die Romantisierung oder "Rehabilitierung" des Kaiserreichs, wie sie einige hier angesichts der bevorstehenden Kolonnaden-Reko fordern. Es ist keine hundert Jahre her, dass Afrikaner in dieser Stadt als "Wilde" im Zoo ausgestellt wurden. Das sollte man nicht vergessen.

  • Es ist keine hundert Jahre her, dass Afrikaner in dieser Stadt als "Wilde" im Zoo ausgestellt wurden.


    Echt im Zoo? Gibt es auch Belege für diese Behauptung?


    Man kann gerne viele Sachen erinnern, wenn es aber etwas mit dem Zoo zu tun haben sollte, wieso am Schloss und nicht am Zoo? Berlin hat sicherlich auch ein (stadt-)historisches Museum, eins für Völkerkunde vielleicht?


    Die Erinnerungsidee (die nicht von den No-Humboldt-Leuten kommt, sondern von der regierenden Koalition) just am Schloss ist eindeutig darauf gemünzt, jeden Besuch negativ zu belegen - wenn man diesen nicht durch Nicht-Bauen verhindern kann. Wie darüber aufgelistet - solche Negativerinnerungen praktiziert sonst kein Land in Europa, obwohl viele weit mehr auf dem Kerbholz (in der fraglichen Zeitspanne) haben. Wenn an etwas erinnert wird, dann eher positiv - etwa im Madrider Schloss erinnert im ersten besuchten Saal eine Inschrift auf der Wand, dass der König dort den EU-Beitritt Spaniens unterzeichnete. Ähnlich sollte man auch in Berlin/Deutschland verfahren.


    (BTW: NRW hat natürlich auch Schlösser, etwa des früheren Kölner Kurfürsten - dass es im Rheinland besonders viele Hexenprozesse gab, erfuhr ich in einem Xantener Museum, aber nicht von der Bonner Residenz. Usw., usw.)

  • Echt im Zoo? Gibt es auch Belege für diese Behauptung?


    Völkerschauen waren vollkommen normal in ganz Europa und in Nordamerika. Ob bei Hagenbeck im Zoo oder in Lagerhallen, sie fanden statt, wo man sie eben stattfinden lassen konnte.
    Die Neugier überwog die mögliche Empörung über diese Schauen. Vieles, durch Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Völkermord entstandene, was heute ein fester Bestandteil unserer Wertvorstellungen ist, war schlicht noch nicht in den Köpfen angelangt.
    Ohne moderne Medien und Reisemöglichkeiten waren die unterschiedlichen Kulturen strikter getrennt und romantisch verklärt (positiv und negativ). Da ein Interesse in der Bevölkerung bestand und man damit Geld machen konnte …


    Übrigens waren es absurderweise ausgerechnet die Nazis, die in Deutschland diese Völkerschauen verboten haben – aber natürlich aus rassistischen Beweggründen.

  • Kulturgeschichtlich war das 19. und frühe 20. Jahrhundert die Zeit, in der Rassismus "wie wir ihn kennen" erst entstand. Dass es menschliche Rassen gibt ist augenfällig, erst die pervertierte Rassenkunde der Nazis macht daraus in Deutschland bis heute ein Tabu, in der englischsprachigen Welt spricht man ganz frank und frei von "races". Es kommt eben darauf an, was man damit verknüpft. Das war früher einmal eben nicht nur Chauvinismus, sondern die wertungsfreie Feststellung augenfälliger Unterschiede der Menschen der verschiedenen Erdteile, die aber dennoch alle Homo Sapiens sind, in der Biologie wird dies dann "Rassen" genannt.


    Die Heiligen Drei Könige waren nie Spottfiguren, sondern hochangesehene Persönlichkeiten der christlichen Geschichtsschreibung (vgl. Bibel), einer davon war dunkelhäutig und ehrte den Heiland der Christenheit. Das hat auch im tiefsten Mittelalter aber nie Anlass zu Rassismus gegeben.


    Ich erinnere mich noch gut an das Nobelhotel Drei Mohren in Augsburg. Ich habe mich selbst bei meiner Engstirnigkeit, darauf mit der Brille des 20. Jahrhunderts zu blicken, ertappt, als ich es zunächst seltsam fand, dass ein Hotel so heißt und dazu noch drei Köpfe von Dunkelhäutigen an der Fassade hat.


    Dieses Hotel hat eine jahrhundertealte Geschichte und man nannte das beste Haus in der Stadt voller Stolz über ein halbes Jahrtausend "Drei Mohren", weil man die feine Kultur des damaligen Nordafrika achtete, weil man damit größte Kultiviertheit verband ("wenn man in München gut speisen will, muß man nach Augsburg in die Drei Mohren fahren", Otto Julius Bierbaum: Eine kleine Herbstreise im Automobil. Georg Müller, München 1910). Durch zig Besitzerwechsel und Neu- und Umbauten hindurch, wo längst auch niemand mehr so genau wusste, wie es einmal zum Namen "Drei Mohren" kam, dachte niemand auch nur daran, diesen zu ändern. Das komplette Gegenteil von Rassismus und Verachtung, eine Verehrung. Vgl. auch die Fassadenbüsten bei genauerem Hinsehen, das sind keine Zerrbilder von "Wilden", das sind geschmückte Häupter, die ehrfurchtgebietend auf den Betrachter herabschauen. Es ist erstaunlich, dass man vor Jahrhunderten größeren Respekt vor Menschen anderer Rassen hatte als heutzutage.


    Das Verhältnis zu den anderen Erdteilen war eigentlich bis zum Kolonialzeitalter sehr ambivalent, aber auf keinen Fall mehr oder weniger von Chauvinismus oder Respekt geprägt, als zB das innereuropäische Verhältnis zwischen den einzelnen Völkern Europas.


    Irgendwas ist dann aber passiert, was das änderte. Es ist bis heute erstaunlich unerforscht, was das gewesen sein könnte. Über "Bauchgefühl, ich denke, dass..." kommt man da bisher nicht hinaus. Ich hielte es für eine spannende (ich wäre wortwörtlich gespannt auf das Ergebnis) und wichtige Aufgabe des Humboldtforum dies u. a. näher zu ergründen. Wenn das anstatt einer bundesdeutschen 0815 Schuldkult-Ritualistik dabei herauskommt, dann fände ich die vagen Andeutungen im RRG Koalitionsvertrag zum Thema Kolonialismus sogar wirklich zielführend. Das wäre auch bisher international ein "blind spot", der hier in Berlin behandelt wird. Und bezogen auf unsere globale Gesellschaft u. U. auch lehrreich für die Zukunft.


  • Ja, irgendwas ist passiert. Es hat mit der Herausbildung der Nationalstaaten zu tun. Diese Herausbildung hatte ja auch negative Seiten. Denn die meisten dieser Staaten landeten ganz schnell im übelsten Imperialismus. Jetzt wollte man sich ausbreiten, Nachbarländer erobern, man führte Kolonialkriege, wo man vorher nur und im wesentlichen Neugier besaß. Friedrich II ließ in den Park von Sanssouci einen chinesischen Teepavillion bauen, aus Respekt vor dieser fremden Kultur wurden chinesische Tapeten an die Wände geklebt und man war stolz auf das chinesische Porzellan. Im Zeitalter des Imperialismus kam es zum Boxeraufstand gegen die Besetzung ses Landes durch die Europäer und unter der Führung der Deutschen wurde der Aufstand bestialisch niedergemetzelt. In Afrika wollte man nicht nur neue Kulturen erforschen, auf der Landkarte die weißen Flecken beseitigen, sondern man wollte diese Länder beherrschen und unterwarf sie blutig. Dazu gehörte die entpsrechende Propaganda. Jetzt waren das nicht mehr fremde interessante Kulturen, denen Mozart noch seinen türkischen Marsch widmete oder die Entführung aus dem Serail, sondern sie wurden zu Primitiven, zu Wilden, denen man die hohe christliche europäische Kultur bringen musste. Darunter hat das Bild von diesen Menschen bis heute gelitten. Die Amerikanische Kultur - angeblich sehr hochstehend- hat sich davon ja ebenfalls nicht erholt. Und denken wir an den Sklavenhandel. England, Holland vorne weg, Amerika in den Südstaaten. Auch das ging nur, indem man Menschen verächtlich machte, sie wurden zur käuflichen Ware.
    Es sind üble Auswüchse des Kapitalismus und des Imperialismus des 19. Jahrhundert, die uns den Rassismus gebracht haben.

  • ^keine dezidierte. Es ging um den unterschiedlichen Glaube (vordergründig) und Brandschatzungen (hintergründig). Im Großen und Ganzen galt: wer kein Christ war, wurde gemetzelt, wer Christ war, wurde verschont. Egal welche Haut- Haar- oder Augenfarbe. Die Kreuzzügler setzten sich auch aus verschiedensten Ethnien zusammen.


    Die Glaubensunterschiede waren den Leuten sogar wichtig genug, um einander abzuschlachten, obwohl man der selben Nation (im vormodernen Sinne) angehörte. Vgl. der 30-jährige Krieg in deutschen Landen. Da war es noch nix mit "wir sind die Herrenrasse, gemeinsam gegen die Untermenschen", wie es schon unter Wilhelm gipfelte (vgl. seine "Hunnenrede").

  • Herr Bourdoiseau scheint eher französischer Korrespondent als deutscher Journalist zu sein. Aber ich kann seine Enttäuschung über die umgreifende Mittelmässigkeit schon nachvollziehen.
    Allerdings ist die Oranienburger Strasse ist heute soviel bzw. sowenig Künstlerviertel wie es der Montmartre in Paris oder Camden Town in London heute noch ist...


    Natürlich fehlen Berlin spektakuläre Architekturprojekte. Dies aber am Humbold-Forum auszumachen ist auch verfehlt und seine aufgezählten Alternativen sind keine...


    Viel interessanter fand ich die Nachricht dass schon in diesem Sommer die Lustgartenfassade komplett sein wird und abgerüstet wird, ich denke darauf freuen sich doch einige Berliner und die VIELEN Spender die schon 67 Mio Euro zusammengesammelt haben ( der o.g. Artikel verdreht hier ziemlich unverschämt die Tatsachen denke ich)

  • Ich denke in Frankreich kann ein Staatspräsident so eben mal beschliessen ein paar spektakuläre Bauten für mehrere Milliarden hinzusetzen, so wie es Mitterand gemacht hat und andere, das ist in Deutschland einfach nicht möglich, da wir in dieser Hinsicht weniger absolutistisch regiert werden.


    Seine Kritik am Kanzleramt kann ich auch nicht nachvollziehen, ich halte es für äusserst gelungen.


    Ebenso vergisst er, dass Paris Hauptstadt eines zentralistischen Staates ist, wo wie London in dem sich alles konzentriert und alles umgesetzt wird was für das Land von Bedeutung ist.
    Deutschlands föderale Struktur lässt das einfach nicht zu, dazu ist der Wettbewerb und Neid zwischen den Städten viel zu gross. Ebenso vergisst er, dass Berlin keine eigenen Mittel besitzt und eine Sozialstruktur hat, die Prestigeobjekte de facto unmöglich machen, ein funktionaler Flughafen gilt hier schon als Luxus. Dazu kommt die relativ schwache Wirtschaft ohne irgendeinen Firmensitz von den grossen DAX Unternehmen, da fallen auch schon mal potentielle architektonische Highlights weg, dazu kommt noch die Tendenz grosser Firmen ja nicht zu protzen sondern möglichst dezent zu bauen.


    Was seine Kritik am Humboldforum soll, verstehe ich auch nicht, sich für den Palast der Republik einzusetzen mag ja legitim sein, aber das wäre sicherlich weitaus weniger spektakulär gewesen als das Humboldforum und architektonisch auch kein Highlight wie er es fordert.


    Diese ätzende Kritik mag vielleicht vielen gefallen, ich halte sie für völlig daneben, es ist eigentlich ein Armutszeugnis für einen Journalisten der seit 20 Jahren in Berlin lebt und so wenig von diesem Land begriffen hat und sich so undifferenziert äußert.
    Außerdem zeigt gerade Berlin, dass es eben keine Hochhaussilhouette oder andere Megaprojekte bedarf um attraktiv zu sein, ebenso wird hier einfach mehr Rücksicht auf die Bevölkerung genommen und deren Lebensqualität als in Paris oder London, wo man völlig ignorant gegenüber den Bedürfnissen der sozial Schwachen ist.


    Wir wünschen uns alle mehr interessante Architektur und vielleicht das ein oder andere grössere Projekt aber insgesamt kann man mit der Entwicklung Berlins zufrieden sein.

  • ^er ist Deutschland-Korrespondent des Le Parisien, jupp. Er lebt soviel ich weiss seit 1993 in Berlin und somit würde ich ihn zwischenzeitlich bzgl. Berlin-Genörgel zur deutschen Journaille rechnen.


    Und bzgl. Mittelmäßigkeit ist eines urkomisch: Paris war einst ein städtebauliches Juwel, die wohl bezauberndste Stadt des Planeten und der Höhepunkt menschlicher Zivilisation, sowas wie die "Hochklassik" der menschlichen Siedlungsgeschichte. Und ganz ohne Bombenkrieg usw. hat man dieses Juwel sukzessive durch Mittelmaß ausgehöhlt. Das, was Jedermann so denkt, was typisch für Paris sei, existiert immer weniger in der Realität. Sei es das berühmte Metro-Eingangsschild, von dem es in der ganzen Stadt keine 5 Stück mehr gibt, seien es die typischen Haussmann-Bauten, von denen sukzessive einer nach dem anderen verschwindet, weil die Sanierung teurer ist als Abriß und Neubau und der Staat selbst bei Denkmalschutz nicht so genau hinschaut usw.


    Wenn man mal von den verbliebenen Postkartenmotiven absieht, dann ist Paris sehr mittelmäßig geworden in der Fläche und zehrt komplett von der Substanz, die bis vor ca. 100 Jahren geschaffen wurde.


    Berlin dagegen wurde im 20. Jahrhundert dreimal zerstört. Einmal im Bombenkrieg und Häuserkampf, dann beim Wiederaufbau wo am Grünen Tisch die Stadt neu geplant wurde und die Reste der alten Stadt, die dabei im Weg waren, abgerißen wurden und dann nochmal beim Mauerbau und Schaffung des Todesstreifen.


    Und schau sie heute an. 27 Jahre nach der Wiedervereinigung steht sie besser da, als viele Teile von Paris, die all das nicht mitmachen mussten. Mittelmaß? Zeig mir EINE, nur EINE, Stadt, die innerhalb eines Menschenlebens (zwischen heute und dem ersten Bombenangriff auf Berlin liegen nur 77 Jahre) so geschunden wurde und trotzdem heute so dasteht und sich so gemacht hat, wie Berlin. Ich nenne das ein mittelgroßes Wunder und alles, nur kein Mittelmaß. Sorry, das ist einfach lächerliches Genörgel - und darum so typisch für Berlin und Deutschland, wir lieben es über uns selbst zu nörgeln. Herr Bourdoiseau scheint bestens integriert zu sein.


    Und das Humboldtforum wird ein Fanal des Wiederaufstiegs von Berlin in den Reigen der Weltstädte. Eine Fusion aus Geschichte und Gegenwart, architektonisch und inhaltlich, im besten Sinne. Gebaut durch einen italienischen Architekten, mit Hilfe von Spendengeldern aus Bürgerhand finanziert, die Kulturen der Welt beherbergend und alle Welt als Besucher einladend, mit einem britischen Gründungsintendanten. Da baut sich keine teutsche Obrigkeit ein Denkmal, da arbeiten unzählige Hände aus unzähligen Nationen zusammen, um einen Ort der Vielfalt zu schaffen. Vielfalt schafft Vielfalt, was für ein wunderbares Symbol für Berlin und die moderne Welt. Was wurde denn in Paris seit der ollen Glaspyramide am Louvre aus den 1980ern bahnbrechendes neues an Kulturbauten errichtet? Das Humboldtforum ist alles, nur kein Mittelmaß, was hier entsteht.

  • ^ Vielleicht braucht der Mann einfach Geld und hat irgendwo gehört, in Bayern (SZ) müsse man über Preußen herziehen? ;) Ernsthaft: Gerade hast Du noch festgestellt, es lohne sich nicht, über jeden Erguss aufzuregen.


    Mir fiel ins Auge besonders, wieso ein Restaurant mit Dachterrasse und Ausblick angebliche "Konzeptionslosigkeit" beweisen sollte. Die irgendwo darüber erwähnten Uffizien haben so eins. Unter dem Hof des Louvre wurde gleich ein ganzes Einkaufszentrum errichtet, Gastronomielokale gibt es darin 15. Ich erwähne es, da es in Berlin viel Mühe macht zu erklären, dass Gastronomie zum modernen Museumsbetrieb gehört.


    Eine Sache muss ich aber anmerken - einmal wurde hier darüber diskutiert, ob man nicht wenigstens einige Schlossräume wiederherstellen könnte. Anfang Januar war ich in einem Museum im früheren preußischen königlichen Schloß, in der einstigen Haupt- und Residenzstadt, wo auf einer Etage mehrere Schlossräume rekonstruiert wurden. Die ursprünglichen Entwurfsautoren lasen sich wie ein Lexikon der Architekturgeschichte - Langhans usw. Da hing sogar ein Gemälde mit Willi 2.0 auf der Wand und keinen störte. Leider war es nicht in Berlin - woanders war es möglich, in Berlin nicht:


    Einmal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • ^ehm ja, die eigentliche Residenzstadt war doch eh Potsdam. Berlin war ein industrieller Moloch und Sumpf des Lumpenproletariats. Und in Potsdam ist reichlich originales Preußentum vorhanden und konserviert, zusätzlich wurde und wird noch viel rekonstruiert. Berlin bleibt das Schicksal, preußisches Puppenstübchen sein zu müssen, zum Glück erspart. Mir fehlt das nicht. Zumal ich 0 Reiz darin sehe, durch eine Replik von Königs Abstellkammer zu spazieren. Wenn in Räumlichkeiten denn auch mal wirklich gekrönte Häupter weilten ist es das eine, a lá die Bayerischen Königsschlösser wie Neuschwanstein oder Ludwigs Venusgrotte, aber ein 100 % Nachbau von Innenräumen, den Reiz daran seh ich einfach nicht.

  • ^ Die offiziellen Haupt- und Residenzstädte waren Königsberg, Berlin und seit Freddy 2.0 Breslau - die darüber gezeigten Innenräume wurden zum Museumsumbau zum Breslauer städtischen historischen Museum rekonstruiert. Natürlich residierten die Könige mal wirklich im Gebäude. Wie ein Puppenstübchen wirkt das Museum keinesfalls, der übliche Stand der Museumspräsentation mit viel Multimedia usw. - ähnlich wie etwa im Londoner Stadtmuseum nach dem Umbau in den letzten Jahren, wo es u.a. ein paar rekonstruierte Läden des 19. Jh wie auch Wohnräume der Alten Römer gibt.
    Zwei Geschosse über Preußen und 200 Geschichtsjahre später läuft in Breslau auf altem Fernsehgerät in Endlosschleife General Jaruzelski, wie er am 13.12.1981 das Kriegsrecht ausruft - neben einem Raum mit nachgebauten Ruinen und Kriegsgerät des Jahres 1945.


    Wieso hier alle möglichen Museen einziehen sollen, aber nicht das Berliner städtische historische Museum, wo einige rekonstruierte Schloß-Räume absolut plausibel wären? Vielleicht gäbe es sogar Synergien mit der nahen Stiftung Deutsches Historisches Museum.
    Auf jeden Fall - in Berlin wird ewig um jede historisch angehauchte Kolonnade gestritten, in Polen hat man trotz der ganzen Geschichte nicht mal mit Willi II auf der Wand Probleme. Das kann wohl keiner erklären.

  • ^"Wichtige preußische Residenzen waren Berlin, Potsdam, Königsberg." (https://www.preussenchronik.de…egriff_residenzstadt.html)
    "Potsdam, Residenz der Könige von Preußen (1701–1918), Residenz des Deutschen Kaisers von 1871 bis 1918" (https://de.wikipedia.org/wiki/Residenzstadt#Deutschland)

    (sind deine Vorfahren Ostvertriebene aus Schlesien, dass dir ausgerechnet Breslau so wichtig ist?)


    Das HUF ist kein Regionalmuseum, sondern eine Bundeseinrichtung. Und preußische Geschichte ist nun einmal nur ein Teil der deutschen Nationalgeschichte. Und um die Monarchie, gleich welche, soll es darin schon gar nicht gehen. Auch ist es, selbst wenn das Forenthema so heißt, keine Reko des Stadtschloss Berlin, sondern lediglich eine Rekonstruktion von Teilen der Außenhaut dessen. Es hat auch keiner mit "Willi II" oder "Freddy" irgendwelche "Probleme". Wenn dir das in Polen so gut gefällt, dann besuch es doch weiterhin. In Berlin wird es das halt nicht geben, das ist eine nachvollziehbare Entscheidung in die man nichts hineingeheimnissen muss.

  • Ooops. Da nimmt man einmal das Wort "Mittelmäßigkeit" in Verbindung mit Berliner Architektur in den Mund und schon ist die Aufregung groß.


    Dabei stöhnt ihr Alle selbst über die "Rasterorgien" speziell um den Hauptbahnhof und bei den derzeit im Bau oder Planung befindlichen Hochhäusern brechen auch keine Begeisterungsstürme los.


    Der Artikel übertreibt sicher und verdreht auch Tatsachen wie z.B die Spendensituation für das HF.


    Aber Hand aufs Herz:Einen Bau wie die Elbphilharmonie hätte man schon auch gern hier gesehen und mit dem Flughafen wird es leider so sein: Wenn er öffnet wird man sich freuen aber ein " neues Weltwunder" wie der Hamburger Konzertsaal kommt da nicht bei rum.


    Ein wenig spannendere Architektur dürfte es manchmal schon sein, es muss ja keine ElPhie dabei sein. ...


    Wobei ich für das HF mutmaße dass es durchaus spektakulärer wirken wird nur eher von Innen nach Aussen. Es wird im Innern einige spektakuläre Raumerlebnisse geben, dessen bin ich mir sicher!

  • ...Aber Hand aufs Herz:Einen Bau wie die Elbphilharmonie hätte man schon auch gern hier gesehen ... Ein wenig spannendere Architektur dürfte es manchmal schon sein, es muss ja keine ElPhie dabei sein. ...


    Das ist mit Verlaub gesagt Unsinn. Hier in Berlin haben wir 4 ausgezeichnete Konzertsäle und mit der Scharounschen Philharmonie einen der besten der Welt. Auch mit dem neuen Museum des 20ten Jahrhunderts brauchen wir uns nicht zu verstecken, soviel Wirbel und Aufmerksamkeit wie ihn schon vor Baubeginn begleitet.
    Auch hier war immer die Devise, keiner wollte ein zweites Bilbao am Kulturforum, das mit spannender Architektur auch einiges zu bieten hat. Sagen wir so, wir freuen uns für Hamburg, dass es endlich ein Bauwerk hat, dass sich durchaus in der ersten Kategorie verorten kann.


    Und was das HUF betrifft so habe ich garkeinen Zweifel, dass wenn es erstmal eröffnet und die Dahlemer Schätze der Welt präsentiert, wird man auch hier zu dem Schluß kommen, dass es gerade deswegen hervorragend ist und den Bogen zu den anderen Museen der Insel aufs vorbildlichste schlägt.

  • Aber Hand aufs Herz:Einen Bau wie die Elbphilharmonie hätte man schon auch gern hier gesehen ...


    Das ist doch ausgeleiert - Meisterwerke unter den Neubauten gibt es breit und weit nie, wenn aber irgendwo mal ausnahmsweise etwas rekonstruiert wird, wird im Chor gejammert, welch ein Meisterwerk an gerade dieser einen Stelle entstehen konnte? Und wieso nicht ein paar Schritte weiter? (In Breslau wurde tatsächlich das Nationale Musikforum mit ähnlich geschwungenen Formen wie in Hamburg gleich neben dem Schloss gebaut - den klassizistischen Teil könnte man dennoch immer noch rekonstruieren, wie öfters überlegt wird). Da gibt es kein Entweder-oder.