• IBA 2020

    Da es mittlerweile eine intensive Debatte über die IBA 2020 gibt, will ich einen Thread zur IBA 2020 eröffnen.
    Das aktuelle Konzept des Senats folgt dem Leitthema "Draußenstadt wird Drinnenstadt". Hauptanliegen des Konzepts ist eine Aufwertung und stärkere funktionale Mischung der Außenbezirke.

    http://www.stadtentwicklung.be…ba/de/draussenstadt.shtml

    Ziel ist es, in den Außenbezirken attraktive, funktional gemischte Stadtteile zu schaffen.
    Diese Strategie wird vor allem mit 4 Argumenten begründet:
    Erstens wird gesagt, dass die erwarteten zusätzlichen 250.000 Einwohner schon aus Platzgründen nur zu einem kleinen Teil in der Innenstadt untergebracht werden können. Für die übrigen Neuberliner werden attraktive Wohnungsangebote außerhalb der Innenstadt geschaffen werden müssen, mit einem entsprechendem Gestaltungsbedarf.
    Zweitens wird davon ausgegangen, dass nur eine attraktivere Gestaltung der Außenbezirke den Nachfragedruck in der Innenstadt dämpfen kann. Auf diese Weise ist es leichter, die Mietpreissteigerungen und Verdrängungen in der Innenstadt zumindest zu bremsen.
    Drittens werden ökologische Argumente angeführt. Eine funktionale Mischung in den Außenbezirken führt zu einer Reduzierung der Verkehrsbelastung, weil die Bewohner nicht mehr unbedingt zur Arbeit, zum Einkauf, zur Freizeitgestaltung in die Innenstadt müssen. Auf diese Weise wird eine Reduzierung des Autoverkehrs möglich. Von dieser profitiert dann auch wieder die Innenstadt, weil die Verkehrsbelastung der Innnenstadt reduziert wird. Beim letzten Stadtforum war Fritz Reusswig vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung zu Gast, und er hat die traditionelle polyzentrische Struktur Berlins als ein großes ökologisches Pfund gewertet, das unbedingt gestärkt werden sollte.
    Viertens werden soziale Argumente ins Feld geführt. Demnach wären funktional gemischte Quartiere auch in sozialer Hinsicht stabiler als Monostrukturen. Eine stärkere funktionale Mischung dieser Gebiete wäre daher ein probates Mittel gegen die Bildung sozialer Brennpunkte und Ghettoisierung.
    Ich finde diese Argumente eigentlich sehr überzeugend und würde daher diese Strategie befürworten.

    Ein alternatives Konzept unter dem Namen "radikal radial" wurde 2010 von Harald Bodenschatz und seiner Planungsgruppe DASS sowie Hildebrand Machleidt vorgestellt. Dieses Konzept plädiert für einen Ausbau der Radialstraßen. Ziel ist eine bessere Verknüpfung der Außenbezirke mit der Innenstadt durch Radialstraßen. Von dieser Verbesserung der Verkehrsverbindungen wird eine Aufwertung der Außenbezirke erwartet.

    http://www.think-berlin.de/wp-…kal_radial_broschuere.pdf

    Mich überzeugt dieses Konzept allerdings nicht. Meiner Meinung nach hat dieser Ansatz zwei Nachteile:
    Erstens provoziert diese Strategie eine Zunahme des Autoverkehrs, der dann zu allem Unglück in der Innenstadt zusammenlaufen würde. Diese Strategie würde daher die Verkehrsbelastung insgesamt steigern und gerade in der Innenstadt Verkehrsströme provozieren, die kaum beherrschbar wären. Ökologisch wäre all dies kontraproduktiv. Sicher wäre es eine bessere Verbindung der Außenbezirke mit der Innenstadt nicht falsch, allerdings sollte diese meiner Meinung nach mit öffentlichen Verkehrsmitteln und nicht durch Straßen erfolgen.
    Zweitens sehe ich nicht, dass durch den Ausbau der Radialstraßen eine bessere funktionale Mischung in den Außenbezirken erreicht werden könnte.

    Scharfe Kritik zum aktuellen IBA-Konzept kommt auch vom Architekturkritiker Dankwart Guratzsch. Er ist der Meinung, dass die Außenbezirke keine Zukunft hätten, weil die Bürger in großer Zahl in die Innenstadt umziehen würden. Daher würde es keinen Sinn machen, Geld in die "Aufhübschung" der Außenbezirke zu investieren, dieses wäre verlorenes Geld. Stattdessen sollten mehr Wohnungen in der Innenstadt gebaut werden, um die Wanderungswelle in die Innenstadt aufzufangen. Daher sollte sich die IBA um die Innenstadt kümmern.

    http://www.welt.de/kultur/kuns…n-den-Alexanderplatz.html

    Auch dieser Vorschlag überzeugt mich nicht.
    Erstens halte ich den Vorschlag für völlig unrealistisch. In Berlin wohnen derzeit rund zwei Drittel aller Berliner, also mehr als zwei Millionen Einwohner, in den Außenbezirken. Selbst mit dichtesten Bebauungen dürfte es kaum möglich sein, diese Menschenmassen in der Innenstadt anzusiedeln. Zudem findet in Berlin auch keine von Guratzsch behauptete Binnenwanderung in die Innenstadt statt. Die Binnenwanderungen verlaufen umgekehrt, aus der Innenstadt in die Außenbezirke. Daher ist die Grundannahme von Guratzsch schon von vornherein völlig unrealistisch.
    Zweitens sehe ich die Gefahr, dass bei einer IBA in der Innenstadt die Außenbezirke vernachlässigt werden und dass sich dort soziale Brennpunkte entwickeln. Die negativen Folgen solcher Brennpunkte kann man beispielsweise im Großraum Paris sehen.

    Diese Woche wurde nun unter dem Titel: "Memorandum Perspektiven einer Internationalen Bauausstellung Stadtmitte" ein weiterer Vorschlag vorgestellt. Die Autoren sind wiederum Harald Bodenschatz und Hildebrand Machleidt sowie Benedikt Goebel und Petra Kahlfeldt. Diesmal geht es allerdings nicht um eine Stärkung der Radialen, sondern um eine "Renaissance der Stadtmitte". Dieses Memorandum schlägt vor, verschiedene Projekte in der Innenstadt, wie die Neubauten im Klosterviertel, den Petriplatz, das Humboldtforum sowie das Hackesche Quartier im Rahmen der IBA als Beispiel für eine "Renaissance der Stadtmitte" zu präsentieren. Außerdem soll eine Diskussionsplattform für Debatten über die Innenstadt geschaffen werden.

    http://www.welt.de/print/die_w…in-der-Draussenstadt.html

    Auch dieser Vorschlag überzeugt mich nicht.
    Erstens halte ich es für sinnlos im Rahmen einer IBA Projekte zu präsentieren, die auch ohne IBA entstehen. Die IBA hat ja gerade das Ziel, Impulse zu setzen und Entwicklungen anzustoßen, die es ohne IBA nicht geben würde.
    Zweitens denke ich nicht, dass die Innenstadt eine zusätzliche "Wachstumsspritze" durch eine IBA nötig hätte. Die Wohnungsnachfrage in der Innenstadt ist schon jetzt sehr stark, daher sind zusätzlich Impulse an dieser Stelle völlig unnötig.
    Drittens gibt dieses Konzept keinerlei Antworten auf die Frage, was mit den Außenbezirken geschehen soll, wie diese aufgewertet und funktional vielfältiger gestaltet werden sollen.
    Weiterhin frage ich mich, warum Harald Bodenschatz und Hildebrand Machleidt ihr Konzept "Radikal radial" zugunsten eines völlig anderen Konzeptes über Bord geworfen haben. Entweder haben die beiden Herren ihre Meinung radikal geändert, oder sie sehen mit dem Konzept für eine IBA Stadtmitte bessere Chancen im Kampf um die Fleischtöpfe, mit denen solch eine IBA ja auch verbunden ist.


    Soweit also einige Einführungen, ich bin gespannt auf Eure Meinungen.


    P.S. Am 23.5.2013 soll es um 19 Uhr in der Werkbund-Galerie in der Goethestraße 13 eine Diskussion über das erwähnte Memorandum geben.


  • Erstens halte ich es für sinnlos im Rahmen einer IBA Projekte zu präsentieren, die auch ohne IBA entstehen.


    Davon ist auch nirgends die Rede. Letztendlich geht es darum, den unerträglichen Stillstand der Lüscher-Ära zu überwinden. Die meisten Projekte, die nun schon seit Jahrzehnten durch Planwerke und Bebauungspläne geistern, wurden und werden wohl auch nicht in absehbarer Zeit umgesetzt. Die Brachflächen, die durch zusätzliche Abrisse entstehen, verkommen zu Spekulationsgut, ohne dass auch nur ansatzweise irgendeine Bebauung zu erwarten ist.
    Eine IBA böte die Chance tatsächlich intelligent und geplant den Innenstadtbereich zu gestalten und damit auch wirklich mal Impulse zu setzen. Welchen anderen Anspruch sollte so eine IBA denn haben?

  • Danke Klarenbach, für die Eröffnung des Threads und den einführenden Überblick zu dem Thema. Ich finde den derzeitigen Stand des Konzeptes sehr interessant. Ich glaube aber, dass die Erwartungen, die der Begriff "IBA" auslöst, sehr unterschiedlich sind. Ich verstehe eine IBA nicht als neuen Plan zur Entwicklung bestimmter Bereiche der Stadt, sondern als ein offenes Experiment, in dem Verfahrensweisen, Instrumente und Gebäude für bestimmte Probleme erprobt werden, für die noch niemand Lösungen hat. Für 2020 soll es um die Urbanisierung der "gefühlten Peripherie" gehen, sowohl außerhalb als auch innerhalb des S-Bahnrings. Die Leitfrage wäre, wie geht man mit dem Erbe der modernen, funktionel getrennten, autogerechten Stadt um. Das sind die Großsiedlungen am Stadtrand, wie die Gropiusstadt, aber auch Gebiete wie die Karl-Marx-Allee II. Bauabschnitt sowie die Einfamilienhaussiedlungen. Ich würde schätzen, dass vielleicht ein Drittel aller Berliner Wohnungen in diese Kategorien fällt, vielleicht noch mehr. Das zeigt, die Bedeutung des Themas und schließt andererseits die Rückgewinnung der historischen Mitte nicht aus. Ich finde vielmehr, eine Bauausstellung wäre das letzte, was der Bereich des alten Berlins braucht. Dort muss wieder ein Stück lebendige, funktionierende Stadt entstehen, aber kein "Architekturzoo". Hat die IBA dazu nicht bereits vor 30 Jahren stattgefunden? Sind die Instrumente nicht längst entwickelt und erprobt? Was in der historischen Mitte fehlt, ist der politische Wille Auseinandersetzungen mit z.B. den Verkehrsplanern oder dem Finanzsenator/der Bafin zu führen. Wie auch immer. Die Gruppe think-berlin, die das "radikal radial"-Konzept ausgearbeitet hat, stellt auf ihrer website die Argumente gegen eine Innenstadt-IBA und für das Senats-Konzept vor (think-berlin). Soweit ich weiß, ist das radikal-radial-Konzept Bestandteil der Senatsplanungen. Dabei geht es um eine Wiederbelebung der alten Radialstraßen als Zentren der entsprechenden Stadtteile, nicht um einen Ausbau als Verkehrskorridor, eher im Gegenteil. Diese Straßen sollen wieder Aufenthaltsqualität bekommen und die umliegenden Viertel "zusammenhalten" sowie die äußeren Stadtteile mit der Innenstadt verknüpfen sowie mit dem Umland.


    Die Senatsverwaltung hat einige Dokumente, zum bisherigen Arbeitsstand auf ihrer website veröffentlich, die für mich interessant und lesenswert sind (allerding auch umfangreich). Eine Auswahl:


    IBA-Werkstattgespräch Verdichten (26 Seiten)
    Darin gibt es einen kurzen Vortrag zur Geschichte der Dichte ("Indeß ist Dichtigkeit etwas Relatives") und zu den Verwaltungsvorschriften ("Höhere bauliche Dichte-geht das rechtlich überhaupt?") Anschließend ist die Podiumsdiskussion der Veranstaltung abgedruckt.


    IBA-Studie Nr.5 Das Leitbild von der "Urbanen Mischung". Geschichte, Stand der Forschung, Ein- und Ausblicke (47 Seiten)
    Die Geschichte der Trennung/Mischung/Stand der Forschung zur Mischung (Nutzungsmischung, soziale, ethnische Mischung, neue urbane Mischung/Ein-Ausblicke)


    Urbane Lebenswelten. Strategien zur Entwicklung großer Siedlungen (109 Seiten)
    Darin ist u.a. eine Auswahl einiger Fallbeispiele nach baulich-räumlichen, gesellschaftlichen und ökonomischen Kriterien, wie Oleanderweg in Halle-Neustadt, Schorfheideviertel Marzahn, Treehouses Hamburg, Tour Bois-le-Prêtre Paris (ein Zwilling davon steht im Hansaviertel), Törnrosen Tower Malmö, Mehr als Wohnen Zürich und weitere

  • Die Aufwertung der Radialen durch Radikal Radial führt automatisch zu einer Aufwertung der Orientierung, wohin die Radialen laufen: ins Zentrum, also in die Neue Alte Mitte. Eine IBA Neue Alte Mitte widerspricht also konzeptionell so überhaupt nicht dem Konzept Radikal Radial aus meiner Sicht.


    Generell ist der Wettbewerb der IBA-Ideen ein Wettbewerb um eine Meta-Strategie für Berlin, die es bisher nicht gibt. Dass diese jetzt aus jeder Ecke schiessen, ist vor allem der allem dem konzept- und inhaltlosen Vakuum der Lüscher'schen Amtszeit geschuldet.

  • Vielen Dank an Stadtbär für die zahlreichen Hinweise. Ich finde das Statement der "Think Berlin" - Initiative sehr interessant, und ich würde die dort formulierten Positionen weitgehend teilen.
    Weiterhin hat es eine interessante Wortmeldung von Matthias Sauerbruch gegeben.
    http://www.tagesspiegel.de/ber…a-stadtmitte/8192958.html
    Seine Argumente gehen in eine ähnliche Richtung wie die Argumente der "Think Berlin" - Initiative und lassen sich in vier Punkten zusammenfassen.
    1. Der vorgeschlagene Wiederaufbau von historischen Blockstrukturen wäre kein Thema von internationaler Relevanz, das ein entsprechendes weltweites Interesse finden würde.
    2. Eine IBA in der Stadtmitte würde nur längst erschöpfte Struktur- und Stildiskussionen aufwärmen.
    3. In der Innenstadt könnten aufgrund der hohen Bodenpreise kaum die geforderten preiswerten Wohnungen gebaut werden. Daher könnte eine IBA in der Innenstadt keinen Beitrag zur Lösung der wichtigsten baupolitischen Probleme in Berlin leisten, und sie könnte auch keine Lösungen entwickeln, die auf andere Stadtteile übertragen werden können.
    4. Auf Kritik stößt weiterhin die Tatsache, dass eine Neuausrichtung der IBA unter Missachtung aller bisherigen Diskussionsergebnisse im Alleingang durchgeboxt werden soll. Ein solches Verfahren wäre eine "top down" - Strategie, die im Ggensatz zum wachsenden Partizipationsbedürfnis der Bürger stehen würde.


    Ansonsten stellt sich immer die Frage, was eine IBA bewirken kann. Letztendlich wird die IBA 2020 wesentlich weniger Geld zur Verfügung haben als beispielsweise die IBA 1984/87. Daher geht es erster Linie darum, Impulse zu setzen und weniger bekannte Orte in das Blickfeld der Aufmerksamkeit zu rücken. Und da ist es so, dass all die innerstädtischen Bauprojekte auch ohne IBA realisiert werden können. In der Innenstadt stehen die Investoren Schlange, daher braucht es keine IBA, um innerstädtische Bauprojekte zu realisieren. Diese Aussage von tel33, dass in der Innenstadt nicht gebaut würde, finde ich ziemlich unverständlich. Man muss sich doch nur hier im Forum umschauen, und man findet massenhaft Baustellen in der Innenstadt - vom Leipziger Platz bis zur Europacity.
    In den Außenbezirken sieht die Lage anders aus, hier gibt es viele große und sehr attraktive Areale, die riesige Potenziale bieten, die bisher aber kaum bekannt sind. Hier kann die IBA wichtige Impulse geben. Daher würde ich schon eine Schwerpunktsetzung der IBA in den Außenbezirken bevorzugen.

    Ansonsten ist die IBA ja ein offener Prozess, und das Kennzeichen des derzeitigen IBA-Verfahrens besteht ja gerade darin, dass keine Lösungen von oben verordnet werden sollen, sondern dass die Konzepte gemeinsam mit den Bürgern und anderen Akteuren entwickelt werden sollen. Ich fände es jedenfalls schade, wenn dieser hoffnungsvolle Ansatz im Gestrüpp von Machtkämpfen untergehen würde. Das wäre ein Armutszeugnis für Berlin.

  • IBA und Expo sind Relikte des frühen 20 Jhd. bzw.des ausgehenden 19.Jdh. Über sie ist IMHO die Zeit ein wenig hinweg gegangen.
    Eine IBA in der Innenstadt halte ich für wenig sinnvoll.Wenn schon IBA,dann Stadtrand und Umlandentwicklung,wobei diese Themenkomplexe auch ausserhalb solcher Projekte bearbeitet werden.


    Eine Renaissance der grünen Vorstädte,die Verbindung von großzügiger Begrünung und wirtschaftlicher Flächennutzung,wenn hierzu neue Gedankenanstöße kämen,so wäre dies doch wunderbar.


  • In den Außenbezirken sieht die Lage anders aus, hier gibt es viele große und sehr attraktive Areale, die riesige Potenziale bieten, die bisher aber kaum bekannt sind.


    z.B.?


    Auch wäre vielleicht einfach nur abwarten ein Gebot: wenn es in der Innenstadt immer teurer werden sollte (so die allgemeine Einschätzung...), dann werden die Außenbezirke auch noch mehr attraktiver (auch wenn ich persönlich eine Unbeliebtheit dort garnicht sehe.)

  • Das Konzept von thinkberlin verstehe ich auch näher an den Senatsplanungen und an einer Aufwertung der (tendenziellen) Randlagen der Stadt. Ich habe am Anfang der Planungen vor etwa zwei Jahren an einem Seminar dazu teilgenommen und es ging dabei nie darum den Autoverkehr zu stärken, sondern im Gegenteil immer um Reduktion dessen und Aufwertung für Fußgänger und Radfahrer, Ausbau von P&R und ähnlichen Angelegenheiten. Gleichzeitig sollten die gewerblichen Strukturen im Sinne einer echten Nahversorgung gestärkt werden um die Lagen entlang dieser Straßen wieder attraktiv zu machen. Die Beispiele von damals begannen meist an der alten Zollmauer der Stadt und endeten außerhalb der heutigen Grenzen - zum Beispiel die Chausseestraße bis hinter Henningsdorf hinaus.
    Ich hielt und halte das nach wie vor für eine Sinnvolle Blickrichtung. Wenn man sich ansieht wie die Radialen an einer Stelle mit Einkaufszentren gepflastert werden oder an anderer Stelle mit dem Verlust von Großflächigem Einzelhandel zu kämpfen haben, kann man sich eine Bearbeitung dieses Stadtraumes an vielen Stellen nur wünschen. Meines Erachtens ist es auch eine wirklichige Aufgabe diese Straßen aufzuwerten. Die Werkzeuge für lebendige Innenstädte sind spätestens seit der letzten IBA hinlänglich bekannt und auch weitesgehend geachtet (wenn dann auch leider oft nicht umgesetzt). Bisher ging es bei Bauausstellungen ja darum irgendwie eine Vorreiterrolle einzunehmen und neue Konzepte zu erproben. Zudem ließe sich das Radialenproblem auf wirklich alle Stadtteile übertragen. Da sieht es nämlich an der Schönhauser kaum anders aus als an der Frankfurter Allee oder der Müllerstraße.

  • Ich hatte im MEF-Thread schon einmal darauf hingewiesen und tu es an dieser Stelle noch einmal:


    Am morgigen 23.05. findet um 19 Uhr in der Werkbundgallerie in der Goethestraße 13 eine Diskussionsrunde mit Bernd Albers, Harald Bodenschatz, Stefan Evers, Benedikt Goebel, Jan Stöß und Claudia Kromrei als Moderatorin statt.


    Dabei geht es um die Bebauung der Berliner Altstadt als Thema einer IBA2020. Den Rahmen bildet eine Ausstellung von Studentenarbeiten mit dem Thema "Häusern am Neuen Markt" zu sehen.


    Die Veranstaltung ist gleichzeitig auch Finissage der Ausstellung, also letzte Chance diese zu sehen. Ansonsten ist sie noch heute bis 18 Uhr und morgen wieder ab 15 Uhr geöffnet.

  • Ich habe heute die Veranstaltung zur IBA 2020 in der Werkbund Galerie besucht und will einen kleinen Bericht liefern.
    Zunächst gab es Diskussionsbeiträge von den Gästen auf dem Podium. Bernd Albers plädierte für eine Wiederherstellung des früheren Stadtgrundrisses in der Innenstadt. Außerdem sollten sich Neubauten an früheren Gebäuden orientieren. Nicht klar wurde allerdings, welchen Zeitpunkt genau er wiederhergestellt sehen möchte.


    Harald Bodenschatz gab einen kleinen Überblick über Berliner Bauaustellungen der Vergangenheit. Anschließend setzte er sich mit dem aktuellen IBA-Konzept auseinander. Er vertrat dabei die Position, dass die Aufwertung der äußeren Stadtteile zwar ein wichtiges Thema wäre, dass es aber aufgrund der Dezentralität der Ausstellungsorte nicht IBA-tauglich wäre.


    Benedikt Goebel stellte dar, dass die Stadtväter und Eliten in Berlin seit 170 Jahren danach gestrebt hätten, die Altstadt niederzureißen. Daher wäre die Berliner Altstadt eine der am radikalsten modernisierten Altstädte Europas. Diese Modernisierung müsste wieder zurückgefahren werden, dafür könnte eine IBA gute Lösungen bieten.


    Jan Stöß plädierte für den Neubau preiswerter Wohnungen in der Innenstadt, diese sollten aber in moderner Architektur errichtet werden. Dabei könnte eine IBA in der Innenstadt hilfreich sein. Ansonsten bestand sein Vortrag weniger aus positiven Zielsetzungen, sondern mehr aus versteckten und offenen Spitzen gegen seinen Parteifreund Michael Müller und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Mein Eindruck war, dass Jan Stöß möglichst schnell Senator werden will.


    Im Vergleich zu Stöß wirkte Stefan Evers schon fast wohltuend gemäßigt. Er machte deutlich, dass er sich eine offene Debatte über die Zukunft des Altstadtbereiches wünscht. Diese Debatte könnte im Rahmen einer IBA geführt werden, sie könnte aber auch im Rahmen des Stadtforums geführt werden. Diese Debatte sollte ergebnisoffen geführt werden, und am Ende sollte eine Lösung stehen, die von allen Seiten akzeptiert wird. Er persönlich wünscht sich eine stärkere Bebauung des Altstadtbereiches, er würde es aber auch akzeptieren, wenn am Ende eine andere Entscheidung stünde.
    Weiterhin machte Evers auch ein paar konkrete Angaben zu politischen Entscheidungen. Demnach wird der B-Plan Molkenmarkt wohl demnächst in Kraft gesetzt werden. Weiterhin will die CDU-Fraktion in den aktuellen Haushaltsberatungen erreichen, dass ab 2014 Gelder für eine Diskussion über den Altstadtbereich eingeplant werden.


    Anschließend gab es noch eine Debatte mit dem Publikum. Einen längeren Beitrag hielt Franziska Eichstädt-Bohlig. Sie vertrat die Position, dass eine IBA generell nicht sinnvoll wäre, das Geld sollte lieber für eine bessere Personalaustattung der unterbesetzten Bauverwaltungen verwendet werden. Weiterhin plädierte sie dafür, die Diskussion zum Altstadtbereich ohne Zeitdruck zu führen. Die derzeitigen Konzepte für eine stärkere Bebauung wären vor allem mit drei Problemen verbunden. Erstens hätten die bisher realisierten Projekte wie am Friedrichswerder gezeigt, dass in der Innenstadt eben keine preiswerten Wohnungen, sondern teure Wohnungen für eine kleine Elite entstehen. Zweitens wären die diskutierten Konzepte mit einem Verlust an innerstädtischem Freiraum verbunden. Drittens hätten sie keine Lösung für den starken Autoverkehr, wie im Bereich des Mühlendamms.


    Ansonsten wirkte die Veranstaltung auf mich ein bisschen wie ein Rücksturz in die neunziger Jahre. In der Galerie waren viele Persönlichkeiten versammelt, die die Debatten der neunziger Jahre bestimmt hatten, wie Hans Stimmann, Bernd Albers, Dieter Hoffmann-Axthelm, Klaus Hartung, Michael Mönninger, Annette Ahme und Gerwin Zohlen, die Veranstaltung wirkte streckenweise wie ein Familientreffen der Stimmann-Fans. Und die Argumente, die von ihnen während der Diskussion vorgebracht wurden, entsprachen auch weitgehend den damaligen Argumenten. Neuere Erkenntnisse der Bauforschung, wie sie etwa auf dem Symposium der TU am 3. Mai vorgestellt worden sind, wurden von keinem der Referenten oder Diskutanten erwähnt. Eher wurden die üblichen Klischees gedroschen, nach denen das Gebiet um den Fernsehturm eine ungestaltete Brache wäre etc. etc. Daher habe ich die Veranstaltung in inhaltlicher Hinsicht nicht als besonders anregend empfunden.

  • Der Tagesspiegel berichtet auch mal wieder über die IBA. Demnach gäbe es in der SPD-Fraktion Streit über das IBA-Konzept. Demnach würde das derzeitige IBA-Konzept kaum noch ein Mitglied der SPD-Fraktion überzeugen. Andererseits gäbe es aber auch keine Mehrheit für eine IBA in der Stadtmitte. Der Fachausschuss für Stadtentwicklung der SPD-Fraktion hat demnach einen Beschluss für den Erhalt des Rathausforums / Marx-Engels-Forums als grüngeprägten Freiraum gefasst. Der Ausschuss für Soziale Stadt wäre noch unschlüssig. Gleichzeitig würde die CDU-Fraktion einen Beschluss für eine Rekonstruktion der Altstadtbereiches vorbereiten.


    http://www.tagesspiegel.de/ber…berliner-spd/8247580.html


    Soweit der Tagesspiegel. Ich muss aber gestehen, dass ich zunehmende Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Artikel insbesondere von Ralf Schönball habe. Definitiv falsch ist die Aussage, dass die CDU-Fraktion einen Beschluss für die Rekonstruktion des Altstadtbereiches vorbereiten würde. Die CDU möchte lediglich eine Diskussion über den Altstadtbereich vorbereiten, und diese soll ergebnisoffen geführt werden.


    Weiterhin sind vor wenigen Tagen Artikel erschienen (Monk87 hat sie verlinkt), nach denen eine IBA Stadtmitte schon beschlossene Sache wäre. Diese Aussage war offensichtlich auch falsch. Und nach dem, was ich aus der SPD höre, ist das IBA-Thema "Draußenstadt wird Drinnenstadt" keineswegs so unbeliebt. Allerdings gerät die IBA zunehmend unter die Räder eines Machtkampfes zwischen Jan Stöß und Michael Müller, in dem Stöß Müller keinen Erfolg gönnen will.


    Meine persönliche Prognose sieht daher so aus, dass ich eine Chance von 50 Prozent sehe, dass die IBA nach dem derzeitigen Konzept realisiert wird. Wenn dieses Konzept scheitern sollte, dann wird es überhaupt keine IBA geben. Für eine IBA Stadtmitte sehe ich überhaupt keine Chancen.

  • Herrje, wenn's mal nicht nach Deiner Nase geht werden die Veranstaltungen als "Familientreffen der Stimman-Fans", "Rücksturz in die 90er Jahre" verunglimpft, Politikern wie Stöß mit einer Meinung, die Dir nicht passt, Karrieregeilheit unterstellt ("will möglichst schnell Senator werden") und renommierten Journalisten wie Ralf Schönball gleich "zunehmende Zweifel an der Glaubwürdigkeit" unterstellt. Muss das wirklich sein?


    Offensichtlich ist doch, dass hier bei der Mehrheit der SPD unter Führung ihres Vorsitzenden Jan Stöß ein radikales Umdenken eingesetzt hat. Ich zitiere einmal Stöß auf o.g. Veranstaltung mit Bezug auf den "Großen Freiraum": "Da, wo Berlin begann, wollen wir wieder Stadt haben". Dass Stöß diesen historischen Stadtgrundriss mit zeitgenössischer (nicht "moderner") Architektur will und nennenswert mit Wohnungsbau, auch sozialem, füllen will ist doch eine vertretbare Position, die es zu respektieren gilt. Ob sich der Parteivorsitzende damit in seiner Partei und im Senat durchsetzt werden wir erleben, mein Eindruck der Veranstaltung war, dass Stöß diesbezüglich sehr kämpferisch ist.


    Läßt man es einmal zu sich gedanklich mit einer Reurbanisierung des Stadtkernes zu beschäftigen ist eine IBA Stadtmitte sicher ein geeignetes Instrument, weitgehend unabhängig von der Verwaltung diesen Prozess zu steuern.


    Dass die ganze Frage in eine erneute Auseinandersetzung zwischen Stöß und Müller gerät (der "Machtkampf" ist mit dem Verlust des Parteichefpostens zulasten von Müller entschieden, das wird auch der SPD-Parteitag am Samstag zeigen), ist eine andere Frage.

  • Harald Bodenschatz gab einen kleinen Überblick über Berliner Bauaustellungen der Vergangenheit. Anschließend setzte er sich mit dem aktuellen IBA-Konzept auseinander. Er vertrat dabei die Position, dass die Aufwertung der äußeren Stadtteile zwar ein wichtiges Thema wäre, dass es aber aufgrund der Dezentralität der Ausstellungsorte nicht IBA-tauglich wäre.


    Warum eigentlich? Was spricht gegen eine Dezentralität der Ausstellungsorte? Was ist daran nicht IBA-tauglich?
    Dezentrales Vorgehen hat doch den Vorteil sich seine baulichen Probleme dort zu suchen, wo sie real vorhanden sind und dafür dann zukunftsweisende Antworten und Lösungen maßgeschneidert zu liefern.


    Für die mediale Vermarktung ist eine Dezentralität der Bauprojekte natürlich weniger sexy als eine bauliche Leistungsschau auf eng begrenztem Raum. Das ist aber auch schon alles.


    Ich habe mich in jungen Jahren intensiv mit der Bauausstellung IBA Emscher Park beschäftigt. Damals ist man dort hingegangen, wo es wirklich weh tat, um neue bauliche und landschaftplanerische Lösungen zu suchen und umzusetzen. Alles sehr dezentral und unsexy im nördlichen Ruhrgebiet (Emschertal) gelegen. Das war mutig, das war sinnvoll, das war gut!


    Aktuell bin ich beruflich häufig auf der IBA und igs in Hamburg-Wilhelmsburg zugange. Wirklich spannend sind für mich dort nur diejenigen Projekte, die am Baubestand und den realen Problemen ansetzen und Lösungen liefern. Diese sind der Natur der Sache nach meist dezentral über Wilhelmsburg und Harburg verstreut. Fast alles was hingegen rund um den "Inselpark", also dem zentralen Aushängeschild der Bauausstellung, abgerollt wird, empfinde ich hingegen als zu banal und zu gewollt. Vom Charakter her mehr Leistungsschau und Musterhauspark, denn lebendiges Wohn- und Stadtviertel von Morgen.


    Aber bleiben wir ruhig in Berlin. Die IBA von 1984 war ja auch dezentral organisiert und damit sehr erfolgreich. Die Interbau im Hansaviertel wiederum wurde massiert an einem einzigen Ort abgewickelt. Wer spricht da heute eigentlich noch wohlwollend von?

  • Läßt man es einmal zu sich gedanklich mit einer Reurbanisierung des Stadtkernes zu beschäftigen ist eine IBA Stadtmitte sicher ein geeignetes Instrument, weitgehend unabhängig von der Verwaltung diesen Prozess zu steuern.


    Weshalb sollte man den Prozeß unabhängig von der Verwaltung steuern?
    Um so Beschlußlagen hinsichtlich der Erhaltung des Freiraums besser aushebeln zu können?


    Ich verstehe nicht, weshalb Jan Stöß, angeblich ja der SPD-Parteilinken zugehörig, versucht eine IBA zu torpedieren, die sich mit der Verbesserung der Lebensverhältnisse in der verdichteten, monofunktionalen Peripherie auseinandersetzen will, dort wohnt doch seine genuine Wählerklientel.
    Stattdessen will er der ohnehin privilegierten Stadtmitte auch noch diese Ressourcen zuschlagen; das ist eigentlich die natürliche Agenda der CDU, die als bürgerliche Partei ein nachvollziehbares Interesse an der Rekonstruktion einer "bürgerlichen Mitte" haben sollte; interessanterweise wirkte der CDU-Vertreter Stefan Evers auf der Veranstaltung in dieser Frage aber wesentlich offener, sachkundiger und differenzierter als Stöß, dem es in erster Linie darum ging, die SenStadt und Müller lächerlich zu machen.
    Die Frage ist dabei wer benutzt wen?
    Nutzt Stöß das Thema nur um sich gegen Müller zu profilieren, oder wird Stöß (der von Stadtentwicklung nicht viel Ahnung zu haben scheint) eher von der Stimmann-Connection (bei den alten Herren funktioniert der Machtinstinkt dafür, wem sie was ins Ohr flüstern müssen um ihre Ideen durchzusetzen immer noch hervorragend!) instrumentalisiert?
    Insgesamt so ein ziemlich ekliger Westberlin-Klüngel...
    Nikolas hat es gut auf den Punkt gebracht, sowohl die IBA Wilhemsburg wie auch bereits in den 90er Jahren die IBA Emscherpark haben eine wesentlich komplexere und zeitgemäßere Thematik gehabt als es ein weiterer Aufguß einer Innenstadtrekonstruktions-IBA wäre, gerade weil sie die Orte adressiert haben, die peripher und nicht "sexy" sind.
    Vielleicht sollte Herr Stöß einfach mal Nachrichten schauen und sich angucken, was gerade in den Vororten von Stockholm los ist, und dann noch mal ganz in Ruhe nachdenken um welche Probleme sich Sozialdemokraten kümmern sollten.

  • Damals ist man dort hingegangen, wo es wirklich weh tat, um neue bauliche und landschaftplanerische Lösungen zu suchen und umzusetzen. Das war mutig, das war sinnvoll, das war gut!


    Nikolas, da hast Du Recht. Am Molkenmarkt, am "Großen Freiraum" und auch auf der Fischerinsel tut es wirklich weh, wenn man 2013 hier entlang läuft. Deshalb ist die IBA Stadtmitte mehr als notwendig.

  • ^
    Hm, eine Seite zuvor schreibt Klarenbach, dass der B-Plan für den Molkenmarkt demnächst in Kraft tritt und damit endlich dessen Entwicklung weiter vorangetrieben werden kann.


    Hier berichtet der Tagesspiegel darüber, dass Grundstücke auf der Fischerinsel zum Wohnungsbau freigegeben werden.


    Der große Freiraum bereitet mir keine Schmerzen. Im entsprechenden Thread diskutieren wir über das Thema seit Jahren.


    Ich sehe nicht, dass eine Fokussierung auf ein relativ kleines Kerngebiet (dem historischen Zentrum) den Herrausforderungen der wachsenden Metropole Berlin ausreichend gerecht wird. Mir kommen diese ganzen Artikel im Tagesspiegel manchmal wie Lobbyarbeiten für Freunde einer Bebauung des gesamten Rathausforums vor.

  • *lautlach*. Man muss nicht alles glauben, was Klarenbach schreibt. Der B-Plan Molkenmarkt müsste erst noch vom Senat in das Abgeordnetenhaus eingebracht und dann auch noch verabschiedet werden. Das wird sicher nicht "demnächst" sein.


    Und an der Fischerinsel sollen "Baulücken" zur Bebauung freigegeben werden? Was soll denn da gemeint sein. Die ganze Fischerinsel ist doch eine Baulücke.


    Die Konzentration auf den Stadtkern (nicht "Historische Mitte", damit bezeichnet SenStadt das Areal bis zum Brandenburger) umfasst zwar nur 0,07 % der Stadt Berlin ist jedoch prototypisch für eine Reurbanisierung einer Altstadt. Andere Städte wie Dresden, Frankfurt und Potsdam sind da ihren Weg gegangen, Hamburg versucht hiet neue Wege zu gehen. Insofern ist das Thema "Überwindung der Moderne" hochaktuell.


    Die Sprachstanze "wird den Herausforderungen der wachsenden Metropole nicht ausreichend gerecht" verstehe ich nicht. Kannste das mal auf deutsch sagen?

  • *lautlach*. Man muss nicht alles glauben, was Klarenbach schreibt. Der B-Plan Molkenmarkt müsste erst noch vom Senat in das Abgeordnetenhaus eingebracht und dann auch noch verabschiedet werden. Das wird sicher nicht "demnächst" sein.


    *lautlach*
    Erstens selbst wenn der B-Plan für den Molkenmarkt den Senat erst 2015 passiert wird eine Bebauung auf dem Areal ruckzuck gehen. Beste Innenstadtlage, gute Infrastrukturanbindung, äußerst attraktiv für Investoren.
    Zweitens hast du glaube ich nicht ganz den Sinn meines Bezugs auf den Molkenmarkt verstanden. Für die Gebiete Molkenmarkt oder auch Petriplatz liegen die Pläne schon seit Jahren in der Schublade und kommen nun endlich in die entscheidende Phase. Was soll da noch eine IBA 2020 bringen?


    Und an der Fischerinsel sollen "Baulücken" zur Bebauung freigegeben werden? Was soll denn da gemeint sein. Die ganze Fischerinsel ist doch eine Baulücke.


    Die Fischerinsel eine einzige Baulücke? So was kann natürlich nur von einem kommen der das historische Raster als Avatar hat. Zugegeben sind die Hochhausplattenbauten dort nicht besonders schön anzusehen. Zum einen mache ich mir aber keine Illusionen, dass die in den nächsten 20 – 30 Jahren verschwinden werden. Zum anderen ist nicht jede Baumreihe für mich gleich eine Baulücke. Das für Wohnungsbau in Frage kommende Grundstück ist wohl dieses. Vielleicht müsste man sich sogar überlegen das Kreativhaus für Wohnungsbau zu opfern. Die aktuelle Wohnungsnot in der Innenstadt wird dadurch natürlich nicht gelöst.


    Die Konzentration auf den Stadtkern (nicht "Historische Mitte", damit bezeichnet SenStadt das Areal bis zum Brandenburger) umfasst zwar nur 0,07 % der Stadt Berlin ist jedoch prototypisch für eine Reurbanisierung einer Altstadt. Andere Städte wie Dresden, Frankfurt und Potsdam sind da ihren Weg gegangen, Hamburg versucht hiet neue Wege zu gehen. Insofern ist das Thema "Überwindung der Moderne" hochaktuell.


    Ok, wir reden über diesen Stadtkern der seit der Wiedervereinigung stark verdichtet wurde? Wenn ich mir mal die noch ganzen laufenden Projekte im Forum ansehe dann bleibt da aber nicht mehr viel Raum den es noch lohnt in den Fokus einer IBA zu setzen. Was genau soll da noch reurbanisiert werden?

    Die Sprachstanze "wird den Herausforderungen der wachsenden Metropole nicht ausreichend gerecht" verstehe ich nicht. Kannste das mal auf deutsch sagen?


    Ich meine z.B. Herausforderungen ala Bevölkerungswachstum bis 2030 um mehr als 200k Einwohner.

  • Ich würde Nikolas, Urbanist und Bato zustimmen, dass dezentrale IBA-Standorte den größeren Gewinn bringen würden. Einerseits befinden sich in den Außenbezirken wesentlich größere Wohnungsbaupotenziale als in der Innenstadt, die modellhaft mit qualitätvollen wie bezahlbaren Neubauten bebaut werden könnten.

    Andererseits gibt es hier das Problem einer ungenügenden Funktionsmischung, das in sozialer und ökologischer Hinsicht bedenklich ist. Ein Großteil der Arbeitsplätze, die in den letzten Jahren entstanden sind, ist in der Innenstadt entstanden. Ich erinnere nur an die zahlreichen Bürohäuser in der Friedrich- und Friedrich-Wilhelm-Stadt, an das Mediaspreeprojekt, an die Ministerien und Bundesbehörden. Dieser Trend wird sich auch in den nächsten Jahren fortsetzen. Neue Ministerien sind in der Innenstadt im Bau, auch der große BND-Komplex wird in der Innenstadt errichtet, dazu kommt die Europacity. In den Außenbezirken wurden dagegen eher Arbeitsplätze abgebaut. Ich denke dabei zum Beispiel an den Niedergang der Industrie in Oberschöneweide, wie zuletzt die Schließung des Samsung-Werkes.

    Es droht also eine Situation, in der sich ein Großteil der Arbeitsplätze in der Innenstadt konzentriert und die Beschäftigten draußen wohnen. Die Folge wären starke Pendlerströme und das soziale Abgehängtwerden äußerer Stadtteile, mit sozialen Problemen, die der Stadt teuer zu stehen kommen könnten. Daher halte ich es für wichtig, hier gegenzusteuern. Wie kann es gelingen, auch in den Außenbezirken mehr Arbeitsplätze zu schaffen, wie kann es gelingen, hier eine größere funktionale Mischung hinzubekommen? Diese Aufgabe halte ich für wichtiger als das Austragen von Schaukämpfen über die Gestaltung eng begrenzter Innenstadtbereiche, mit denen sich Berlin eher blamieren dürfte. Ich habe ja auch schon mit Leuten aus anderen Ländern über diese Konflikte gesprochen, und da sind diese hitzig ausgetragenen Kämpfe überhaupt nicht vermittelbar.


    Welche Orte für eine IBA geeignet wären, darüber kann natürlich diskutiert werden. Ich könnte mir beispielsweise vorstellen, dass Schöneweide ein interessanter Standort wäre. Hier gibt es sehr qualitätvolle Industriearchitektur, die zum Teil kaum genutzt wird. Hier könnten Konzepte zur Revitalisierung dieser Gebäude erprobt werden. Gleichzeitig gibt es hier auch große Brachflächen. Vielleicht könnte man auch die weiter flussaufwärts gelegenen Brachen in Köpenick einbeziehen, die Neubaupotenziale in sehr guter Lage bieten. (Grundstücke des ehemaligen Kabelwerkes Köpenick, Funkwerk Köpenick, Berlin-Chemie, Marienhain etc.)


    Weiterhin halte ich auch das Thema Großsiedlungen für ein Thema von großer internationaler Relevanz. Großsiedlungen gibt es ja nun in sehr vielen Städten, von Paris über Moskau bis nach Singapur. Entsprechend groß ist das Interesse an Konzepten zum Umgang mit diesen Siedlungen. Das Kompetenzzentrum Großsiedlungen in Hellersdorf jedenfalls erhält ständig Anfragen aus aller Welt zu diesem Thema. Daher bin ich auch nicht der Meinung von Harald Bodenschatz, dass dezentrale Standorte kein internationales Interesse finden würden.


    Was den Molkenmarkt betrifft: Hier habe ich lediglich die Aussage von Stefan Evers wiedergegeben.

    Einmal editiert, zuletzt von Klarenbach ()

  • ^^Der Entwurf des B-Planes "Molkenmarkt", der unter der rotroten Regierung abgstimmt wurde, sieht nur einen kleinen Teil Wohnnutzung vor, der auch erst nach der Realisierung des Bürobaus am MM und der Grunerstraße realisiert werden kann. Bitte die textlichen Begründungen des B-Planes lesen. Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass - selbst wenn die CDU eine rotrote Planung übernähme - eine solche Masse Büro schnell errichtet wird um mit den Wohnungsbau zu beginnen. Eine IBA Stadtmitte könnte zudem den Molkenmarkt als Platz wiedergewinnen, der auch in der Senatsplanung aufgelöst wurde und den unsinnigen Platz vor dem Stadthaus canceln, der in dem von den Kommunisten seinerzeit als Blickachse durchgesetzten Schlitz eine Schallschutzwand braucht. Also: Besser neu anfangen.


    Als Stadtkern bezeichne ich den Teil Berlins, der 500 Jahre älter als alles andere (ausser Spandau und Köpenick), siehe mein Profilbild. Alt-Berlin, Alt-Cölln, maximal noch der Friedrichswerder (das wäre Berlin von 1701).


    Wo im Stadtkern noch gebaut werden sollte?
    - Rolandufer
    - Littenstraße
    - Waisenstraße
    - Klosterstraße
    - Molkenmarkt
    - Jüdenhof
    - Rathausforum
    - Marx-Engels-Forum
    - Rochstraße
    - Spandauer Straße
    - Staatsratsgarten
    - Friedrichsgracht
    - Breite Straße statt Kanzelgebäude Staatsrat
    - Vor Staatsrat (ehem. Thyssen-Platz)
    - Schloßfreiheit
    - Fischerinsel (weitaus vollständiger als die vernünftigen Vorschläge von Dir)
    - Fischerbrücke
    usw.


    Bevölkerungswachstum? Da hast Du recht. Das ist aber nur zu bewältigen, wenn an allen Registern gezogen wird. Hierzu gehört eben AUCH der Stadtkern.

    Einmal editiert, zuletzt von Konstantin ()