Ihme-Zentrum

  • Hannover: Ihme-Zentrum

    Das für seine Größe auf einen extrem niedrigen Wert von 50 Millionen Euro taxierte Ihme-Zentrum hat bei einer Zwangsversteigerung nicht das festgesetzte Mindestgebot von 24,8 Millionen Euro erreicht, womit die Versteigerung vorerst gescheitert ist. HAZ


    Die Vorgängerbauten gehörten zur Mechanischen Weberei die 1961 endgültig abgewickelt wurde und bis 1972 vollständig abgerissen wurde. Wikipedia


    1972 begann der Bau des Ihme-Zentrums im brutalistischem Stil. Geplant war eine Stadt in der Stadt nach amerikanischem Vorbild. Es umfasst etwa 66000m² Wohnfläche, 60000m² Ladenfläche, Büroflächen und ist fast komplett mit einer zweistöckigen Tiefgarage unterkellert.


    Seit seiner Eröffnung wird der Gebäudekomplex kontrovers diskutiert. Unter anderem aufgrund seiner Architektur und seiner gigantischen Ausmaße.
    Ankermieter wechselten sich von Beginn an in rascher Folge ab, bis es 2004 seinen letzten Ankermieter verlor. In der Folge mussten auch die meisten kleinen Läden mangels Anziehungspotenzial namhafter Ketten aufgeben.
    Um das Zentrum zu unterstützen mietete die Stadt Hannover 1998 und 2002 je 5000m² Bürofläche an.


    2006 übernahm die amerikanische Private-Equity-Gesellschaft "Carlyle Group" die Anteile des im Jahr 2000 eingestiegenen Investors "Engel". Der neue Investor versprach umfassende Modernisierungen die aber mit der weltweiten Finanzkrise im Jahr 2009 mit der Insolvenz der am Umbau beteiligten Gesellschaften der Carlyle Group ihr Ende fanden.
    Neuer "Eigentümer" ist die Hauptgläubigerin, die Landesbank Berlin, die nun einen neuen Investor sucht.


    Weiter Informationen zum Ihme-Zentrum: www.linden-entdecken.de

  • Für Liebhaber des Brutalismus sicher eine sehr schlechte Nachricht, denn der Erhalt der bestehenden Gebäude wird immer unwahrscheinlicher.
    Für mich aber ein Lichtblick, das auf dem Grundstück mit viel Potenzial ein radikales Umdenken stattfinden könnte.
    Subjektiv ist das Ihme-Zentrum einer der hässlichsten Flecken in Deutschland von dem ich keinen einzigen Teil vermissen würde.

  • Eine beeindruckende digitale Informationsseite zum Thema hat die HAZ nun aufgebaut.
    Neben einigen Bildern gibt es Interviews mit Anwohnern und der Stadt, Umfragen, und viele Informationen zum Gesamtkomplex des Ihmezentrums. Außerdem einen Einblick in die Historie vom Vorzeigeprojekt hin zur Insolvenzmasse.
    Interessant ist auch, dass bereits 2005 aufgrund von Misstrauen gegenüber den Investoren heimlich Pläne zum Abriss des Zentrums ausgearbeitet wurden und dann wieder in Vergessenheit gerieten. (Unterpunkt "Abrisspläne")

  • Ok, Abriss schön und gut, aber was dann? Etwa so ein austauschbarer Glaskasten mit Traufhöhe wie auf der HAZ Website skizziert? Ist Städtebau heute wirklich so Fantasielos?

  • Also diese Pläne sind ja aus dem Jahr 2005 und werden derzeit nicht weiter verfolgt. Und ja, ich fürchte so fantasielos ist Städtebau noch immer.
    Aber besser als der Istzustand wird wohl jedes noch so einfallslose Projekt sein.


    Im Frühjahr 2015 wird wohl ein neuer Versteigerungsversuch des Komplexes gestartet. Viel Zeit für ein neues Konzept bleibt der Stadt da nicht gerade.

  • Ich verstehe ja das man den Komplex als Schandfleck ansieht – trotzdem ist es doch ein lebendiger Ort an dem Mensch leben. Gibt es denn keine Ideen bezüglich einer Modernisierung? Die immer gleichen Glaskästen werten den Stadtraum nur kurzfristig auf, das sollte man nicht vergessen. Überall die gleiche austauschbare Architektur, und rein kommt wahrscheinlich DM, Rewe, Sparback und eine Apotheke mit Ärztezentrum. Das IHME Zentrum mag nicht besonders attraktiv sein, aber ich würde mir 2 mal überlegen ob ich es gegen X-beliebige 0815 Glaskästen eintauschen würde, die in spätestens 15 Jahren auch nichtmehr besonders Glanzvoll erscheinen.

  • Also die alten Pläne beinhalteten ja keinen Komplettabriss. Abriss und kompletter Neubau ist lediglich meine eigene (utopische) Hoffnung. (Aber dann nicht mit 0815-Gebäuden)


    Nach jenen Plänen sollte lediglich der von der Stadt (als Subvention fürs Zentrum) genutzte dominante Büroturm abgerissen werden. Weiterhin sollten die Läden stark modernisiert werden (Glas, Glas und … noch mehr Glas). Die Wohnungen an sich wären mehr oder weniger unangetastet geblieben. Nur sanfte äußerliche Modernisierung. Eventuell wären die Gebäuderiegel noch an ein oder zwei Stellen aufgebrochen worden, was vielleicht ein paar Bewohner betroffen hätte.


    In etwa so stelle ich mir auch einen neuen Revitalisierungsversuch vor. Denn nach so vielen vorherigen Fehlversuchen dürfte eines sicher sein, in seiner gigantischen Gesamtheit ist es unmöglich das Zentrum wirtschaftlich zu betreiben. Da müsste die Stadt auf ewig immer wieder helfend unter die Arme greifen.
    Wenn man es aber schaffen würde ein wenig Kleinteiligkeit in den Komplex zu bekommen (sowohl architektonisch als auch in den Besitzverhältnissen) kann ich mir gut vorstellen, dass das Ihme-Zentrum wieder auferstehen kann. Die Lage ist schließlich erstklassig.


    Gefallen wird es mir dann wahrscheinlich immer noch nicht, aber wenigstens wäre es keine Wirtschaftsruine mehr.

  • 2020 verabschiedet sich mit den Stadtwerken Hannover wohl der letzte große Mieter aus dem Ihme-Zentrum.
    Der nächste Versteigerungsversuch des Komplexes wird weiterhin für Anfang 2015 anvisiert.
    hannover-entdecken.de

  • Nun wurde immerhin endlich ein Investor für Teile des Komplexes gefunden. Es ist ein Immobilieninvestor aus Berlin, der für 16,5 Mio € den Zuschlag erhielt.


    NDR

  • Bin mal gespannt, was draus wird. Tippe auf Pleite des Investors... ;) Im Ernst: Das Ihme-Zentrum ist eine Scheußlichkeit, aber eine höchst erhaltenswerte Scheußlichkeit. Man darf es nicht abreißen, man sollte es unter Denkmalschutz stellen! So ein Komplex galt in den frühen Siebzigerjahren als Zukunft des Städtebaus und in den späten Siebzigerjahren bereits als völlig veraltet. Folge dieses Gesinnungswandels ist, dass in Deutschland außer dem Ihme-Zentrum kaum etwas in dieser Größenordnung je verwirklicht wurde – es stellt selbst das Kottbusser Tor in Berlin locker in den Schatten.


    Was zu erwarten wäre, wenn es abgerissen wird, kann man auf der anderen Seite des Küchengartens ("Gilde-Carree") bereits gut erkennen: Kleinstadt-Reihenhaus-Piefigkeit anstelle von – zugegeben brutaler – Urbanität. In diesem Sinne hoffe ich nach wie vor auf eine gelingende Sanierung. Auch wenn die Chancen dafür nicht gut stehen...

    Einmal editiert, zuletzt von Architektenkind ()

  • Volle Zustimmung, Architektenkind. Wenn man sich anschaut was in Deutschland landauf, landab aktuell so gebaut wird, schwant mir anstelle des Ihme-Zentrums übles. Vor allem bietet das Ihme-Zentrum Platz für unkonventionelle Ideen, Subkultur, Kunst, Startups. Spannende kleine Läden könnten hier ebenso ein Zuhause finden wie Kreativ-Büros, ebenso Clubs und Bars oder außergewöhnliche Wohnungen. In einem Neubau anstelle des Ihme-Zentrums könnte man von so was nur träumen und müßte wohl mit dem x-ten Vapiano, Rewe und McFit vorlieb nehmen.

  • Das Ihmezentrum ist einfach zu gigantisch. Im riesigen London mag es ja mit dem Barbican funktionieren, aber in Hannover kann ich mir vergleichbares nicht ansatzweise vorstellen.


    Naja, ich bin weiterhin für Abriss. Auch wenn ich ebenfalls befürchte, dass der Neubau ebenfalls zur Bausünde mutiert. Aber wenigstens würde man nicht erneut so überdimensioniert planen. (Hoffe ich doch mal)


    Ich vermute mal es wird so oder so nicht viel vom ursprünglichen Ihmezentrum übrig bleiben. Der Investor wird es der derzeitigen Massenarchitektur angleichen und dann werden auch die üblichen Geschäfte wieder einziehen.

  • Auch mehr als ein halbes Jahr nach der Versteigerung des Ihmezentrums an die Newtown-Gruppe gibt es noch nicht viel neues zu berichten.
    Aber rund ums Ihmezentrum herum beginnt die Stadt immerhin mit der Aufwertung Gegend, z.B. soll 2.2 Mio € für die Sanierung des Ihme-Uferwegs bereitgestellt werden.
    Der Investor sondiert derweil den Markt.
    Im Oktober soll es eine erneute Eigentümerversammlung geben, dann gibt es vielleicht neue Informationen, so der Verwalter.


    Hier ein Artikel der HAZ.

  • Ich bin gespannt auf Neuigkeiten. Vor allem vor dem Hintergrund der derzeitigen Flüchtlingskrise kann ich mir ein "über Bord werfen" aller bisherigen Planungen vorstellen.
    Schneller Wohnraum ist zur Zeit gefragter als langfristige Revitalisierungen. Zugleich eine Chance wie auch eine Gefahr für das Ihmezentrum.

  • Die Stadt Hannover übt nun auf den neuen Berliner Investor Druck aus, um die Investitionspläne voranzutreiben.
    Sie droht mit der Nichtverlängerung der Mietverträge der städtischen Behörden im Ihme-Zentrum.
    haz.de

  • Das Niedersächsische Denkmalamt hat sich nun endgültig dagegen entschieden, das Ihme-Zentrum unter Denkmalschutz zu stellen.


    Es sei bereits zu viel nicht mehr im Originalzustand.


    haz.de


    Hinzufügen würde ich noch, dass der Komplex einfach zu gigantisch ist, als dass man ihn denkmalgerecht nutzen könnte.
    Für mich eine sehr gute Nachricht.
    Von Abriss, über Teilabriss und über Revitalisierung bis hin zu originalgetreuer Renovierung ist nun weiterhin alles möglich.

  • Außerdem versucht der Investor nun ein wenig Optimismus zu verbreiten, indem er der Eigentümerversammlung Skizzen für eine mögliche Fassade vorstellte.
    Baubeginn soll bereits im Jahr 2016 sein.
    Angeblich hat die Versammlung die Entwürfe sehr positiv aufgenommen.


    neuepresse.de

  • Das Ihmezentrum, das Bodero-Hochhaus und das Kröpcke-Center wurden gebaut, aber viele ähnliche Projekte wurden nie verwirklicht. Einen Überblick bietet die Ausstellung: "Echo-Räume. Nicht gebaute Architekturprojekte in Hannover. In Kooperation mit Stadtarchiv Hannover".
    Ort: Laveshaus | Friedrichswall 5, Ausstellungsdauer: 26. Juni – 26. September
    Öffnungszeiten: montags bis donnerstags 10 – 16 Uhr, freitags 10 – 12 Uhr


    Ich besuchte die Ausstellung in der langen Nacht der Museen in Hannover. Und es war sehr beeindruckend, die teils gigantischen Bau-Projekte in einem Stadtmodell zu sehen, das Hannover darstellt, wenn alle Projekte verwirklicht worden wären. Das Ihmezentrum wäre dann nur eines von vielen gewesen.


    Ich denke nicht, dass es ein Wandel der Mode ist, der weitere Projekte in der Größenordnung des Ihmezentrums verhindert hat, sondern dass vielmehr die Ende der 60er-Jahre eintretende drastische Bevölkerungs-Stagnation die Ursache ist.

  • Auf dieser Seite ist die Einladung zur Ausstellung Echo-Räume zu finden:
    https://www.aknds.de/3784.html…bf9630e6b95cd996099e654ec
    Die auf der Seite abgebildete Zeichnung zeigt, dass zwei Verkehrsträger offensichtlich den Mittelpunkt der Vorstellungswelt Anfang der 70er-Jahre bildeten. Das Auto und die U-Bahn. Wobei aus der Zeichnung klar hervorgeht, dass nicht nur die U-Bahn, sondern auch die Autos unterirdisch fahren sollten.
    Übrigens wurde auch das Ihme-Zentrum einst damit beworben, dass es einmal einen U-Bahn-Anschluss erhalten würde. Bis heute wabern Geschichten durch Hannover, die gar von einer fix und fertig eingerichteten U-Bahn-Station unterm Ihmezentrum handeln. Nur der Gleisanschluss fehle angeblich noch.
    Und das Ihmezentrum verfügt über eine sehr ausgedehnte Tiefgarage. Auch der Lieferverkehr erfolgte einst unterirdisch. Heute dient dieser Tunnel als Fahrrad-Durchfahrt durchs Ihme-Zentrum mit leichtem Grusel-Charakter.
    Was das Ihme-Zentrum braucht, ist ein Aufbrechen des Burg-Charakters. Eine Zugänglichkeit für den Rad- und Fußverkehr auf Erdgeschoss-Höhe.


    Vielleicht hilft ja der Besuch des Fraktionsvorsitzenden der Bundes-Grünen, Anton Hofreiter? Er lobte die Initiative "Küchengärten": "Hofreiter besuchte auf dem Rundgang auch die neuen „Küchengärten“ im Ihmezentrum. „Der mobile Garten aus Paletten auf dem Sonnendeck macht deutlich, welches Potenzial hier steckt.“ Der promovierte Botaniker Hofreiter probierte den erntefrischen Salat und zeigte sich begeistert von dem Projekt: „Die Hochbete sorgen für eine tolle Begrünung der grauen Gebäudesubstanz, ermöglichen Selbstversorgung im Quartier und das Beste ist: jeder kann hier mitmachen.“"
    Quelle: Anton Hofreiter besucht das Ihmezentrum, Lindenspiegel, Juli 2016, Seite 3
    http://www.lindenspiegel.co.uk/archiv/lindenspiegel.pdf