Rosenthaler Quartier [realisiert]

  • Ich will hier nicht das Thema Gentrifizierung / Schicksanierung usw. neu diskutieren. Die Folgen in Gebieten wie Prenzlberg, Spandauer- und Rosenthaler Vorstadt sind hinlänglich bekannt und für jedermann sichtbar.


    Aber dieses manchmal etwas unkritische Rumgehacke auf Autonome/Hausbesetzer/Künstler etc. (in diesem Thread, u. a. auch im Mediaspree-Thread) usw. sollte doch mal einer etwas sachlicheren Betrachtungsweise weichen.


    Autonome/Hausbesetzer/Künstler haben einen nicht unerheblichen Anteil daran, dass Berlin trotz allem immer noch eine recht interessante Stadt ist und nicht so langweilig-geleckt wie z. B. Stuttgart - woher ja viele Neuberliner gerade deswegen kommen.


    Man muss nicht jedes einzelne alternative Künstlerprojekt oder besetzte Haus gutheißen - aber ohne Autonome/Hausbesetzer/Künstler wäre Kreuzberg 36 heute tot, der Oranienplatz ein Autobahnkreuz und der Charlottenburger Danckelmannkiez abgerissen.


    Und nein - ich bin nicht aus der Generation und auch nicht aus der Szene.

  • ^^
    Du hast schon recht, Backstein. Als in Kreuzberg in den 70er/ 80er Jahren die großen Flächensanierungen noch en vogue waren (= Flächenabrisse) hat die Besetzung tatsächlich einige Häuser gerettet. Oder Frankfurt, wo im Westend viel gerettet wurde. Obs dabei um die schönen Häuser oder eher um den Kampf gegen die Spekulanten an sich ging, sei mal dahingestellt. Das Ergebnis finden wir ja alle gut. Die allermeisten Besetzer sind auch recht harmlos und friedliebend.
    Also nichts gegen Künstler und Linke. Gerade im schicken Mitte sind sie sogar eine Bereicherung.


    Aber:


    Auf der anderen Seite ging aus einer Minderheit genau dieser Szene auch die RAF hervor und später die sog. AUTONOMEN, die ich offengesagt für komplexbeladene Vollidioten halte. Beispiel gefällig? Bei den Maikrawallen vor zwei Jahren sah ich live, wie nicht etwa ein Vollkasko-Benz, sondern ein rostiger Gemüselaster eines ansässigen türkischen Händlers umgekippt und zertrümmert wurde > Eat the rich???? Nö, reine Lust am Zerstören. Und wenn es die karge Habe des ärmsten Schweins des Viertels ist. Vor 80 Jahren wäre dieser Schlag von dumpfen Gewalt-Pennern sicher zur SA gegangen, die sich ja auch extrem antikapitalistisch gab (und deswegen ´34 entmachtet wurde)! Antifa? Klar doch - mit faschistischen Strukturen ;) Ach ja: Antisemiten sind sie auch noch....


    Toleranz ja, aber nicht den Intolerantesten gegenüber! Von daher muss ich mich selbst rügen, da ich in meinem letzten Beitrag Künstler, Linke UND Autonome zusammengefasst habe. Sorry also an alle Künstler und aufrechten Linken!

  • Hier nochmal vier aktuelle Bilder vom Rosenthaler Platz und Umgebung, auch wenn sich nicht allzuviel gegenüber den bereits geposteten Bildern geändert hat:





    Mit diesen netten Lichtreflexen hat auch die Easyjet-Absteige eine ganz interessante Fassade: :D



    Inzwischen ist auch der Eckbau mit dem St. Oberholz eingerüstet. Wenn sie diesen auch noch vernünftig aufhübschen, wird der Rosenthaler Platz noch eine richtig vorzeigbare Ecke: :)


    Einmal editiert, zuletzt von Backstein () aus folgendem Grund: SW

  • SE-Eckgebäude Rosenthaler Platz

    Das Gerüst am Eckbau (St. Oberholz) am Rosenthaler Platz ist schon wieder weg - die Fassade wurde frisch geweißt. Bilder von vor einigen paar Tagen bei Regen:



    Einmal editiert, zuletzt von Backstein ()

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    Einmal editiert, zuletzt von dieselbär ()

  • ^War heute auch dort. Offensichtlich wir eine Baugrube ausgehoben. Man rückt dem "linke-Terror-Nest" wohl langsam auf die Pelle:



    Shot at 2012-07-16



    Shot at 2012-07-16



    Shot at 2012-07-16

  • Und wiederum nur einen olympiareifen Diskusswurf entfernt, (um eine gelungene Formulierung aus diesem Forum variierend aufzugreifen), wird seit einigen Wochen der Linienhof in der Kleinen Rosenthaler Straße 9 bebaut. Das Bauvorhaben hatte noch vor zwei Jahren Wellen geschlagen (vgl. z.B. http://www.taz.de/!56532/), und etwas verwunderlich war daher für mich der geräuschlose Beginn der Bauarbeiten. Offenbar hat man sich in der Zwischenzeit geeinigt.


    Ich denke mal, das liegt auch daran, dass die allgemeine Empörungsbereitschaft der Anwohner inzwischen einfach etwas abgestumpft ist. Es kostet einfach zu viel Kraft, bei jedem einzelnen Neubau/Sanierung die gleiche rethorische Kanonade abzulassen (gegen Gentriffizierung, Verschattung, Erhalten von Frischluftschneisen...). Außerdem haben sich wohl die meisten Leute damit abgefunden, dass heruntergekommmende Altbauten auch mal saniert werden können, auch wenn dafür ein paar Hausbesetzer rausgeschmissen werden müssen. Die taz ist/war letztendlich auch nie ein besonders guter Indikator für die Relevanz bestimmter Meinungen.

  • Sehr gut möglich, necrocatz. Dieser spezielle Fall aber scheint mir eher zur Rubrik zu gehören: Inszenierung von Divergenz mit dem Ziel, sich den Kompromiss (oder in diesem Fall: das Schweigen) entsprechend bezahlen zu lassen. Ein Indikator dafür, dass hier ein Deal stattgefunden hat, ist für mich das Schweigen des Auguststraßen-Blog. Wenn noch ein Konflikt vorläge, wäre er ohne Zweifel da entsprechend artikuliert worden.

  • Bevor man dem Betreiber des Auguststrassenblogs indirekt vorwirft, seine Beiträge von irgendwelchen Deals abhängig zu machen, sollte man vielleicht nachschauen, ob nicht zumindest die direkt bauvorbereitenden Maßnahmen doch Erwähnung gefunden haben. Dort ist dann auch zu lesen, dass der Verein Linienhof sich wohl die Kosten des Rechtsstreits nicht mehr leisten konnte.

  • ^ Ok, dieser Eintrag war mir entgangen.


    Und: Bevor man anderen direkt vorwirft, indirekte Vorwürfe zu erheben, sollte man vielleicht deren Beiträge genauer lesen. Ich habe dem Auguststrassenblog nichts vorgeworfen, auch nicht indirekt.

  • Zumindest kann ich mir bei aller Toleranz für bunte Vielfalt gut vorstellen, das das ständige Empörungsgekreische und der ganze Anti-Gentrifizierungs-Aktionismus den umliegenden Bewohnern zuweilen auf die Nerven fällt. Bald werden sie in ihrem Eckhäuschen die letzten Mohikaner sein.

  • Mal abgesehen davon, daß der unsanierte Altbau unmöglich aussieht (wie nach dem Krieg), aber müsste da fassadentechnisch nicht schon allein der Erhaltung wegen mal was gemacht werden? Ich bin zwar kein Statiker, aber dieses Verlottern kann doch für den Bau selbst doch auch nicht auf Dauer so gut sein.

  • Man rückt dem "linke-Terror-Nest" wohl langsam auf die Pelle


    Was ein bisschen schade ist. Ich habe dort mal übernachtet; der Komfort ließ zu wünschen übrig, aber die Gastfreundschaft war tadellos :cool:. Im Ernst: Solche ehemals besetzten Häuser (bzw. Hausprojekte) gehören zu dem Charme, den Mitte nach der Wende entwickelt hat. Dass sie langsam verschwinden, gehört wohl zum Gang der kapitalistischen Dinge (bzw. Gentrifizierung), und was die architektonische Entwicklung des "steinernen Berlins" angeht ist das wohl auch sinnvoll. Aber melancholisch stimmt es mich trotzdem.

  • ^^ Naja, wenn man der 'falschen' Subkultur anhängt, sind die Bewohner gar nicht mehr friedlich, ganz im Gegenteil. Im Prinzip handelt sich sich doch um Gangs, die sich ein Stück Territorium besetzen um sich dort den üblichen gesellschaftlichen Regeln zu entziehen. Warum dies im Fall der linksradikalen Szene so lange geduldet wurde, ist sicher ein interessantes Phänomen deutscher Nachkriegsgeschichte. Irgendwann haben sich solche Dinge ganz von allein totgelaufen und verschwinden - das hat nicht unbedingt was mit Kapitalismus und Gerntrifizierung zu tun, sondern ganz allgemein mit der sehr kurzlebigen Aktualität und Akzeptanz von radikalen Lebensmodellen.


    Mich stimmt das Verschwinden solcher Reibungspunkte in Berlin allerdings auch melancholisch, weil die Vielfalt die durch das Nebeneinander verschiedener Lebensmodelle (und Ideologien, so naiv sie im Einzelfall auch sein mögen) eine prägende Eigenschaft von Berlin ist/war.

  • Ich denke das"Terrornest" (in Wirklichkeit wohl doch eher "Drogennest") stört dort nicht weiter.Gehört das Haus den Besetzern inzwischen sogar ? Ich hätte kein Problem damit,nebenan in einer Eigentumswohnung zu wohnen.Bei uns in Schöneberg gibt es in der Mansteinstrasse auch so ein haus,ein wenig bunter.Das stört auch nicht,manchmal haben die laute Musik bis in den Morgen,dass war es dann aber auch.


    Das Giebelfenster des "Terrornestes" ist bestimmt illegal entstanden und muss ggf.verschwinden.

  • Eigentlich schönes Haus...

    Also das Haus war mit Sicherheit mal eine Schönheit - würde sich lohnen es wieder herzurichten - auf der anderen Seite finde ich den Zustand jetzt, fast schöner als die renovierten DDR-Bauten nebenan.


    Ach übrigens Kleist was Begriffe wie Drogennest etc. angeht, finde ich passt das nicht hierher. 1. Woher weisst Du das in dem Haus Drogen konsumiert werden, und wieso nicht 1 Haus weiter? Solche Vorurteile sind gefährlich, Sie passen einfach zu sehr in das Weltbild heutzutage. Wer weiß für was sich diese Menschen einsetzen - wofür andere zu Feige sind, weil Sie Ihren Wohlstand nicht aufgeben wollen ??


    Also bitte nicht allzuschnell urteilen...

  • ^^ Mit Verlaub, es gibt sehr viele Menschen, die sich tatsächlich für das Wohl ihrer Mitmenschen einsetzen, sei es durch Spenden oder ehrenamtlich oder was auch immer; und dies alles ohne dies für sich persönlich auszuschlachten. Ich unterstelle dagegen der linken Hausbesetzer-Szene generell, dass sie in keinster Weise allgemeinnützig handeln, sondern ihren Eigennutz verfolgen. Ich hätte ja nichts dagegen wenn sie ehrlich zugeben würden dass Häuser besetzen um darin billig zu wohnen. Auf deren selbstgerechtes moralinsaures Weltverbesserertum kann ich aber gern verzichten.

  • Aber aber, sowas is doch feinstes 68ertum. Die Frage ist wie man sowas dauerhaft für die Nachwelt erhalten kann. Finanzielle Förderung durch Bund oder Land könnte den Menschen dort schnell zu Kopf steigen und kontraproduktiv wirken. Schwierig, schwierig....