Nbger Zentrum: Sebalder und Lorenzer Altstadt

  • Wozu richtet man die Stadtmauer aufwendig her, mit Sandstein, Türmchen und allem drum und dran - wenn man es dann zulässt, dass unmittelbar dahinter ein lebloser, abweisender, blinder Kommerz-Klotz hochgezogen wird?!


    Man sollte die Nürnberger Bauverwaltung und die Untere Denkmalbehörde dicht machen. Schlimmer kann´s bau-ästhetisch nicht werden. Und das Geld kann man sinnvoller ausgeben.

  • Josephsplatz 34


    Auch am Josephsplatz besteht nun die einmalige Chance zu einer wichtigen Aufwertung. [...] Zwischenzeitlich ist aber der GEOX-Schuhladen ausgezogen und die Eigentümer könnten sich nun für eine Auffrischung des Gebäudes entscheiden, um so die Vermietbarkeit und den Immobilienwert weiter positiv zu beeinflussen. Auf einem alten Foto habe ich mal den Ursprungszustand gesehen, und der war durch seine üppigen Verzierungen einfach umwerfend.
    [...] Hier wäre eine Fassadensanierung - um nicht zusagen eine Rekonstruktion dringend nötig.


    Heute habe ich eine alte Fotokarte des besagten Hauses Josephsplatz 34 in die Hände bekommen, und möchte die historische Ansicht gerne nachliefern:



    Zum Vergleich, so erfreut es aktuell den Altstadtbesucher und potenzielle Kunden:



    Wäre schön, wenn hier mal etwas geschehen könnte.

  • Zu Josephsplatz 34:
    Ich würde sagen ein schwieriger Fall. Heute ist das Gebäude schon sehr unansehlich. Allerdings überzeugt es mich im Original leider auch nicht wirklich. Für ein Viertel außerhalb der Altstadt war der recht modische Stil der Gründerzeit okay, aber hier erscheint das Gebäude in seinem Original-Lay-out für meinen Geschmack wie ein Fremdkörper.



    Eine Fassadenreko wäre also nicht mein Wunsch um eine Verbesserung herbei zu führen. Da müssten Architekten ran die aus dem ja gut gegliederten Torso etwas hochwertig-repräsentatives herausholen. Viel wäre schon durch die Wiederherstellung der ursprünglichen Fenstergrößen und -aufteilungen getan...



    d.

  • So wie du haben es wohl auch die Zeitgenossen damals beurteilt. Das Haus Josephsplatz hat nicht lange so ausgesehen wie auf dem Foto. Schon in den 1920'er oder 1930'er Jahren wurde die Fassade im Stile der neuen Sachlichkeit umgearbeitet. Leider habe ich davon kein Bild. Die historstischen Verzierungen wurden entfernt, es blieben nur die waagerechten Gurtgesimse und ein kräftiger Strukturputz, und eine in Naturstein verkleidete Erdgeschosszone, in etwa so wie die gegenüber liegende Vordere Ledergasse 2:


  • Danke, genau so etwas suchte ich. Man sieht, mit dem Haus hat das Stadtbild wohl kein Glück gehabt, es sieht auch in der Bauhaus-Version nicht sonderlich schick aus. Zu stark kommt der überformte Gründerzeitentwurf noch durch und schreit nach einer filigraneren Textur, die das wuchtige Haus leichter werden ließe. Insbesondere das plumpe, Hutförmige Sattendach passt überhaupt nicht in die Altstadt, es fehlt an akzentuierendem Giebelschmuck. Mir persönlich gefällt der Ursprungsentwurf noch immer am Besten.


    Auch gut erkennbar auf dem Foto: Bereits 1942 war es nix mit attraktiver Platzgestaltung. Eine einzige Pflasterwüste ist der Josephsplatz.

  • Bemerkenswert, diese zahlreichen Gesichtswandel. Die Proportionen der 42er Variante scheinen mir noch am stimmigsten (trotz der voluminösen Bedachung). Die Fassade mit heruntergezogenen Eckerkern und ruhiger horizontaler Linienführung mit durchgängiger Traufe mag gegenüber dem älteren Entwurf weniger Ablenkung fürs Auge bieten, dafür hinterlässt sie nicht deren Blumenkohl-kopflastigen Eindruck. Die jüngste Version greift unverständlicher Weise diese Atompilz-Optik wieder auf und erinnert an einen plumpen Wachturm, zumindest aus der platzdominierenden Frontalperspektive.

  • Bemerkenswert ist auch, dass die 1942'er-Variante ein massiv gemauertes 5. OG hat, welches der Ursprungsentwurf so nicht hatte, und auch heute nicht mehr existiert. Dadurch wirkt der Bau höher und es gelingt der 1942'er Fassade nicht, eine Ausgewogenheit aus horizontaler (Gebäude zu hoch) und vertikaler Betonung (Gebäude zu breit) herzustellen, der Entwurf könnte heute mit dem fehlenden 5. OG besser wirken. Die Umbauten stellten also jeweils einen tiefen Eingriff dar.


    Eine Fassade von 1942 mit einer zusätzlich durch Gauben aufgelockerten, munteren Dachlandschaft würde mir heute am Besten gefallen, sie wäre auch realistisch wiederherstellbar. Eine Reko der Ursprungsfassade wäre allerdings ein Traum, damit würde es seinem Pendant am Jacobsplatz (Dachlandschaft fehlt komplett)...



    ...oder dem Bäckerhof an der Schlotfegergasse (Fassade entstuckt) wieder entprechen:



    Dieser Bautyp war also durchaus üblich in der gründerzeitlichen Altstadtüberformung.

  • Das Hauptproblem an der ursprünglichen Gestaltung ist aus meiner Sicht die wenig altstadtgerechte Dachlandschaft. Diese Zwiebeltürmchenhauben und geschwungen Dächer sind einfach völlig ohne Kontext und baugeschichtliches Vorbild vor Ort.



    Auch der Rest der Fassade ist weitaus weniger gut gegliedert als in den beiden anderen von dir hier gezeigten Beispiele.
    Ich plädiere daher nicht für eine Reko sondern für eine behutsame Neugestaltung.



    d.

  • Mir wäre sehr wohl, wenn du eine "behutsame, altstadtgerechte Neugestaltung" meinst, dann schließe ich mich an. Denn offensichtlich tun sich ja seit über 120 Jahren die Architekten der Hauseigentümer schwer, das aus dem Bau heraus zu holen. Da es um die Altstadt geht, wäre eine original rekonstruierte Gründerzeitfassade durchaus passend, an sonsten landet man schnell in einer sehr akademischen Diskussion, die im 16. Jahrhundert anknüpfen könnte, als die ersten Sandsteinfassaden an Bürgerhäusern auftauchten, wo es bislang nur Fachwerk gab. Behutsame Weiterentwicklung ist daher sehr weit gefasst, und könnte m.E. ungerechtfertigter Weise auch Objekte als Bezugspunkt wählen, die ich zwar so schlecht nicht finde, aber nicht als Vorbild haben will:



    Die bauliche Heterogenität dieser Ecke zwischen Hefnersplatz, Josephsplatz und Ludwigsplatz ist enorm, und wird sich mit dem Neubau des Wöhrl-Kaufhauses weiter entwickeln. Dabei spielt für mich aber dieser immernoch vorhandene Gründerzeitbau mit seiner prominenten Lage und der charakteristischen Struktur eine besondere Rolle. Es ist durchaus herausfordernd, diesen Bau neu zu gestalten, insbesondere, da man schon drei verschiedene Zustände vergleichen kann. Wenn ich mir die Verunstaltung des ehemaligen Luitpoldhauses am Gewerbemuseum vor Augen führe, bin ich da aber sehr skeptisch und begrüße es sehr, wenn sich die Neugestaltung zwischen den beiden oben gezeigten, mittlerweile historischen (Altstadt-) Varianten bewegen würde. Wird sich aber auch stark daran ausrichten, wie das Haus künftig genutzt werden wird.


    Übrigens, inzwischen ist der ehemalige GEOX-Laden komplett entkernt, was dort genau passiert kann ich vor Ort nicht erkennen.

  • Josephsplatz und Ludwigsplatz

    Um es rund zu machen, hier noch historische Ansichten der beiden o.g. reduzierten Eckgebäude auf einer historischen, kolorierten Postkarte:



    Ak aus Privatsammlung


    Und dazu noch direkt das Vis á Vis zum besagten GEOX-Haus (früheres Marmorhaus), an dem sich heute o.g. Neubau mit der Filiale der "Brown's" Kaffeehauskette befindet.



    Ak aus Privatsammlung


    Üppig dekorierte Geschäftshäuser im europaweit verbreiteten repräsentativen Historismusstil waren in Nürnberg also durchaus keine Seltenheit und haben insbesondere der Lorenzer Altstadt, die auch heute noch den Geschäfts- und Einkaufsschwerpunkt im Wettstreit der Großstädte nach Vorne gebracht. Die Türmchen an den Eckerkern kann man auch als Bezug zu den die Altstadtsilouette prägenden Kuppeln sehen, wo es damals noch die der Hauptsynagoge am Hans-Sachs-Platz, die Hauptbahnhofskuppel und die des Opernhauses und nicht zuletzt die klassizistische Kuppel der Elisabethkirche gegeben hatte. Insofern kann ich das Prädikat "unpassend" hier nicht ganz unterschreiben. Heute freilich, wo vieles bereits verloren gegangen ist, mag das stimmen. Eine umso mehr historisch gerechtfertigte Gestaltung wäre eine historisierende Ergänzung.

  • Die sogenannte "Altstadt" ist heute ohnehin ein stilistisches Kraut- und Rüben-Konglomerat, in dem sich von mittelalterlichen Hutzel-Fachwerkhäuschen über stattliche Patrizierbauten mit Steinfassade, überbordende Gründerzeitbauten und ödester Wiederaufbauarchitektur bis hin zu modern-postmodernen Gebäuden alles findet. Im Grunde ist es ja auch das, was eine über Jahrhunderte gewachsene Stadt auszeichnet.


    Was mich nach wie vor immens stört, ist aber der Gegensatz zwischen den Bauten vor und nach dem 2. Weltkrieg. Die Bauten vom 11. bis ins frühe 20. Jahrhundert haben bei allen Unterschieden eines gemeinsam: Sie sind handwerklich geprägt und zeigen nach außen "lebende" Baumaterialien. Was nach dem Krieg fast ausnahmslos kam, sind rechte Winkel, abweisender Beton, Fertigbauteile und Kunststoffe.


    Ich könnte mich mit modernem Bauen in der sogenannten "Altstadt" um ein Vielfaches besser anfreunden, wenn auch bei zeitgenössischen Bauten, gerne sogar mit außergewöhnlichen Formen, zumindest Naturstein für die Fassadengestaltung verwendet würde, so dass auch diese Bauten "leben" würden. Der beabsichtigte Nebeneffekt wäre ein homogenerer Gesamteindruck der Stadt.


    Bezogen auf´s aktuelle Thema: Ich empfände eine Rekonstruktion der Original-Fassade des markanten Eckgebäudes als passend und würde mich sehr darüber freuen. Gerade an so neuralgischen Stellen, auf die automatisch der Blick fällt, würde das viel bringen. [Dieses Haus sehen tagein tagaus viel mehr Menschen als jemals die hoffentlich irgendwann rekonstruierte Fassade des Pellerhauses sehen würden.] Wie groß die Chancen stehen, möchte ich mir aber lieber nicht ausmalen...

  • Geschmäcker sind verschieden und die Altstadt hat sich auch schon immer weiter verändert, keine Frage.



    Im Grunde unterscheidet sich die Grundauffassung des altstadtgerechten Bauens/Ergänzens ab dem industriellen Aufschwung im 19 Jahrhundert bis zum 1. Weltkrieg und ab Beginn der 20er Jahre.


    - Bis 1914 war es gern gesehen, bei Neubauten stets noch eine Schippe oben drauf zu packen. Türmchen hier, Erker dort. Man bediente sich mal mehr und mal weniger geschickt historischen Zitaten der Altstadt, nutze aber in der Regel teure Materialien ein.
    Resultat war an vielen Stellen der Lorenzer Altstadtseite ein recht schreiendes, aufgeregtes Straßenbild mit vielen Ausrufezeichen bei viel Stein und wenig Farbe. Bei den von nothor gezeigten Bildern steht praktisch an jederEcke eine Art Pellerhaus.


    - Ab den 20er Jahren setzte ein Umdenken ein. Die federführenden Stadtplaner setzten die alten Regeln aus reichstädtischer Zeit wieder konsequenter ein (Reglements zu Traufen, Erkern, Dachneigungen). Ein deutlicher Schub in der"Entschlackung" der Fassaden kam mit den Nationalsozialisten. Diese wollten gleich ganz zurück ins mittelalterliche Nürnberg und der überbordende Historismus war hier nicht gern gesehen.


    - Nach dem 2. Weltkrieg führte die gleiche Riege aus Stadtplanern und Architekten ihr Werk der "Versachlichung" unvermittelt weiter. Ziel war es, das Häusermeer den Leitbauten optisch deutlich unterzuordnen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Königstraße hin zur Lorenzkirche. Die Gestaltung aus den 50ern ist viel ruhiger/gleichmäßiger als die der zuvor dort stehenden Historismus-Paläste (Was an dieser Stelle durchaus gut ist). Viele alte Pläne konnten nun dank der Zerstörungen durch die Bomben einfacher realisiert werden. Was sich nun aber Schritt für Schritt änderte, waren die eingesetzten Materialien. Paradox ist insbesondere, dass mit jedem Jahr des Konjunkturaufschwungs die Bauten i.d.R. schlechter wurden.



    Heute wäre viel gewonnen, wenn der Bestand qualitativ verbessert würde (Fenster,Türen, Anstriche, Details). Hier und da täte eine Reko auch nicht schlecht, ebenso ist bei Ersatzbauten auf höhere Detail-Qualität zu achten.
    Das Gebäude am Josephsplatz finde ich aber persönlich nicht besonders. Ich wiederhole mich, aber mein Rat wäre es, das Gebäude behutsam weiter zu entwickeln. Sind wir also gespannt was der Eigentümer da so anstellt!


    d.

  • @ Dexter: Du triffst es auf den Punkt. Wobei ich noch weitergehen würde in der Beschreibung der Abwärtsspirale in der Bauqualität der Nachkriegszeit: Es sind nicht nur die zurückhaltende Gestaltung, die selbst sehr unter der Heterogenität bis zur Banalität von Baumaterialien wie Plastikfenster- und Türen leidet. Sondern es ist halt leider auch der Verlust einiger Leitbauten, an dem sich das Dogma des zurückhaltenden Bauens orientiert hat.


    An deinem Beispiel Königstraße kann man das gut nachvollziehen: Hier funktioniert das Prinzip bis auf wenige Ausnahmen sehr gut, die wesentlichen Leitbauten sind noch da (Kirchen, Mauthalle und der grandiose Höhepunkt vor der Lorenzkirche. Eigentlich ein Paradebeispiel für dieses Gestaltungsprogramm. Lediglich der Kaufhof passt dort nicht hinein und ist ein "Störer".


    In der Breiten Gasse allerdings versagt das völlig, hier fehlen sämtliche architektonische Höhepunkte. Das Straßenbild verliert sich in weiten Teilen in Mittelmäßigkeit und Gesichtslosigkeit provinzieller Geschäftsarchitektur:






    Zugegeben, hier hat es auch vor dem Krieg keine wesentlichen Leitbauten gegeben, aber immerhin das intakte, berühmte Straßenbild des mittelalterlichen Nürnbergs. Und heute hat die Straße schon an Bedeutung hinzugewonnen, ohne dass es sich am Straßenbild erkennbar macht.


    Das Areal Jacobsplatz/Ludwigsplatz/Josephsplatz würde ich demgegenüber als Zwitter zwischen beiden Beispielen sehen: Sehr viel an historischer Substanz ist noch da, aber zu viel schlägt in seiner Gestaltungsqualität zu deutlich ins Negative aus, z.B. der Anbau des Wöhrl, der hoffentlich bald ersetzt wird, einige Fassadenreihen in der Adlerstraße, und die Südseite der Hinteren Ledergasse absolut, z.B. diese hinterhofartige Situation:



    By the way, diese Rückfassade trägt eine Kartusche mit der Jahreszahl 1678:



    Ein für die sensationelle Lage völlig ruinierter Ort. Das gesamte Areal kann man und muss man fortentwickeln und aufwerten, und dabei spielt das Marmorhaus m.E. eine große Rolle. Worauf ich hinaus will: Es wäre heutzutage in seinem Ursprungsgewand sicherlich ein Leitbau – nicht im historischen Sinn aber im Sinne des Stadtbildes. Denn Tatsache ist auch, dass sich die Gemüter am neuen Kaufhaus Tietz (heute Haupthaus Wöhrl) damals sehr erregten, weil es wohl von allen Geschäftshäusern in der Altstadt am wenigstens der Material- und Formensprache der Altstadt entsprochen hatte. Heute ist es ein Denkmal und aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Ich pers. hätte gerne mehr davon.

  • Ich reise recht viel in Osteuropa. Die Photos von der Breiten Gasse, insbesondere dasjenige mit dem "Bet Box", würde man in ähnlicher Form auch in Provinzstädten in Albanien, Bulgarien oder Rumänien aufnehmen können.


    Dies als zurückhaltende, sich unterordnende Sachlichkeit zur Betonung architektonischer Höhepunkte auf der Grundlage behutsamer Stadtplanung zu empfinden, vermag ich nicht. :nono:

  • Dies als zurückhaltende, sich unterordnende Sachlichkeit zur Betonung architektonischer Höhepunkte auf der Grundlage behutsamer Stadtplanung zu empfinden, vermag ich nicht. :nono:


    Das ist auch nicht das was Dexter damit meint. Aber tatsächlich, hier läuft dieses Prinzip ins Leere und ist überholt, denn es gibt keinerlei Leitbauten in Sichtweite. Und am Josephsplatz/Ludwigsplatz ist die Zuordnung auch nicht klar. Dort gibt es den Weißen Turm, und die Kirchen am Jacobsplatz etwas weiter weg, aber neben dem Wöhrl ist die Heterogenitär so groß, dass man auch das Wöhrl-Kaufshaus als Leitbau ansehen könnte, da er herausragende gestalterische Qualität aufweist und für eine Epoche des Bauens in Nürnberg steht, die mittlerweile historisch ist. Eine rekonstrierte Marmorhaus-Fassade würde sich also gut in die Fassadenreihen an der Südseite des Josephsplatzes und den Hefnersplatz einfügen und dem Areal zu mehr Qualität verhelfen. Aber ich beginne mich zu wiederholen...

  • Das ist auch nicht das was Dexter damit meint. Aber tatsächlich, hier läuft dieses Prinzip ins Leere und ist überholt, denn es gibt keinerlei Leitbauten in Sichtweite. Und am Josephsplatz/Ludwigsplatz ist die Zuordnung auch nicht klar. Dort gibt es den Weißen Turm, und die Kirchen am Jacobsplatz etwas weiter weg, aber neben dem Wöhrl ist die Heterogenitär so groß, dass man auch das Wöhrl-Kaufshaus als Leitbau ansehen könnte, da er herausragende gestalterische Qualität aufweist und für eine Epoche des Bauens in Nürnberg steht, die mittlerweile historisch ist. Eine rekonstrierte Marmorhaus-Fassade würde sich also gut in die Fassadenreihen an der Südseite des Josephsplatzes und den Hefnersplatz einfügen und dem Areal zu mehr Qualität verhelfen. Aber ich beginne mich zu wiederholen...


    Sich zu wiederholen, ist ja nicht das verkehrteste, wenn man richtig liegt.


    Ich wollte meine obige Bewertung auch nicht auf den geschätzten Kollegen Dexter gemünzt wissen, der ja schlichtweg eine architektonische Weltanschauung der letzten Jahrzehnte referiert hat. Mir kommt´s halt schlichtweg wie ein billiger Euphemismus vor: Man sagt "Sachlichkeit", aber im Grunde geht´s um: "günstiger Billigschrott ohne jeden Anspruch". Es gibt ja durchaus Positivbeispiele für eine gelungene Umsetzung dieser Konzeption: Das Neue Museum zum Beispiel kommt völlig sachlich daher. Aber man merkt sofort den Qualitätsanspruch.


    Ansonsten lasse ich mir die Lego-Häuschen in der Innenstadt gerne mit dem Argument verkaufen: Nach dem Krieg war keine Kohle da, aber die Leute brauchten Wohnraum. Da braucht´s dann auch keine aufgesetzte Sachlichkeits-Begründung. Wenn aber in den 70ern nach vielen fetten Wirtschaftswunderjahren immer noch genauso anspruchsbefreit und billig gebaut wird, dann steht die Sachlichkeit eigentlich nur noch für ästhetischen und pekuniären Geiz.


    Entschuldigt meine oft vielleicht zu kritischen Kommentare. Aber mich schmerzt´s einfach, wenn sich meine Heimatstadt unter Wert verkauft. Diesen Gedanken könnte ich jetzt noch weiterspinnen, lass es aber für heute und gehe ins Bett.

  • nothor, ich stimme dir vollkommen zu was den Handlungsbedarf in der Platzabfolge Jakobsplatz, Ludwigsplatz und Josephsplatz betrifft.
    Hier stehen viele sehr gute aber auch einige recht bescheidene Fassaden. Anders als in der Breiten Gasse (vor allem der Abschnitt zwischen Färberstraße und Kaufhof) gibt es hier viel Potenzial nach oben, auch dank der abwechslungsreichen Blickbeziehungen. Die Breite Gasse war aber auch zu Vorkriegszeiten nicht besonders, das war eine vormals recht ärmliche Straße mit geringem Anspruch und im Grunde ist sie es auch heute noch.


    Auch das besprochene Haus am Josephsplatz empfinde ich als Schlüsselbau. Eine positive Veränderung der Fassade und des Daches würde ungemein viel bewirken. Übrigens sieht es für mich so aus, als wäre die Dachlandschaft noch die aus den 30ern. Nur ist nun die massiv gemauerte oberste Etage mit Ziegeln verblendet und wirkt nun wie ein konstruktiver Bestandteil des Daches.



    d.

  • Übrigens sieht es für mich so aus, als wäre die Dachlandschaft noch die aus den 30ern. Nur ist nun die massiv gemauerte oberste Etage mit Ziegeln verblendet und wirkt nun wie ein konstruktiver Bestandteil des Daches.


    Da hast wohl Recht! Ist mir noch gar nicht so aufgefallen. Ein gestalterischer Trick, der aber ungemein viel bewirkt, ich finde die Fassade so viel ausgewogener, das Verhältnis zwischen Dachfläche und Fassade ist stimmiger. Insgesamt ist das Haus ein Paradebeispiel eines verbastelten Objektes.

  • Wie Dexter sagt war die Breite Gasse war nie eine Vorzeigestraße Nürnbergs, wie diese historische Ansicht auch zeigt, obwohl die Straße hier recht aufgeräumt und gepflegt wirkt:



    AK aus Privatsammlung Gulden


    und sie ist es auch heute nicht. Wenn ich durch diese Straße laufe frage ich mich ob es sich überhaupt lohnt irgendwelche Impulse zu setzen. In ihrer Mittelmäßigkeit ist die Straße ja schon fast perfekt!