Rathaus (Sanierung)
Hallo,
ich denke, es ist angemessen, dem Mainzer Rathaus einen eigenen Thread zu widmen; zum Einen, weil es eines der herausragendsten (damit meine ich aber nicht unbedingt schönsten) Beispiele der modernen Architektur in Mainz ist, sondern eben auch zum Anderen durch eine wohl nicht ganz optimale Bauqualität und jahrzehntelange Vernachlässigung einen gewaltigen Sanierungsstau aufgebaut hat, durch den die schon seit dem Bau des Rathauses stattfindenden Diskussionen über die Qualität der Architektur und deren Schutzwürdigkeit immer wieder hochkochen.
Hier, hier und hier zunächst ein paar Beispiele aus der aktuellen Diskussion.
Darüber hinaus Infos aus der Wikipedia und ein Artikel zur Moderne der 60er, der sich in einem Schwerpunkt mit der Architektur Jacobsens in Deutschland (also auch dem Mainzer Rathaus) beschäftigt.
Ein ganz kurzer Abriss zur Geschichte und Architektur (den ich aus einer Broschüre zur Fertigstellung des Rathauses noch so erinnern kann; bei Gelegenheit werde ich das Original suchen und interessante Stellen zitieren):
Mainz verfügte über Jahrhunderte über kein echtes Rathaus mehr (siehe auch Wiki), bevor dann in der 60er-Jahren die Entscheidung getroffen wurde, ein Rathaus zu bauen. Jacobsen war zu diesem Zeitpunkt wegen des Novo-Nordisk-Neubaus (siehe auch denkmalmoderne.pdf -> oben) kein Unbekannter in Mainz und gewann recht souverän den Architekturwettbewerb. (In der Broschüre hatte ich die anderen Entwürfe gesehen, denen gegenüber mir Jacobsens Entwurf schon fast eine Schönheit zu sein scheint.)
Schon damals gab es eine Diskussion darüber, wie die Fassade verkleidet sein sollte; in Mainz gab es auch den Wunsch, eine der Stadt angemessenere Verkleidung zu wählen (z.B. sandsteinfarben). Jacobsen Entwurf mit dem grauen finnischen Marmor setzte sich aber durch und damit eine (wie ich finde) etwas uninspirierte Fassadenkopie der dänischen Nationalbank.
Ein weiteres Fassadendetail - die Gitter - sollten nach Aussage Jacobsens die Konturen der benachbarten Altbauten aufnehmen (eine etwas bemühte Aussage, wie ich finde) und dem Sonnenschutz dienen.
Gestalterisch sollte die Gesamtanlage auch die Idee der Stadt Mainz als ehemalig Festungsstadt zitieren, symbolisiert durch die Mauern und das bastionsartig gebaute Café.
Im Inneren des Rathauses setzte sich Jacobsen bis ins letzte Detail mit der Gestaltung auseinander: Lampen, Stühle, Wandfarben etc. (Ein Teil der Stühle wurde verkauft, um die übrigen durch den Erlös zu restaurieren; hier gibt es übrigens einen Widerspruch in Jacobsens Wahrnehmung: Während seine Design-Objekte heute wohl Ikonen zu sein scheinen und sehr gesucht sind, wird seine Architektur in der Öffentlichkeit nicht so positiv wahrgenommen.)
So weit erst einmal ein kurzer Abriss; Details zum Zustand des Rathauses sind in den obigen Artikeln zu finden. Wie gesagt: Ich versuche mal die Broschüre aus den 70ern wiederzufinden, um dann aus den damaligen Visionen, Ideen und der Wahrnehmung zu zitieren.
Grüße von frodo