Immer mehr Autobahnen

  • Bürgerinitiative für ein Strassenbaumoratorium

    Am 13. Oktober wurde von der in Leipzig ansässigen "Bürgerinitiative für ein Strassenbaumoratorium" die "Petition 20526" beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages eingereicht. Die BI wird von zahlreichen weiteren Initiativen und Verbänden aus vielen Regionen der Republik unterstützt. Sie lautet in der Kurzfassung:


    https://epetitionen.bundestag.…sa=details;petition=20526



    Alle Straßenprojekte des Bundes sind kritisch und ergebnisoffen auf ihre Notwendigkeit zu überprüfen. Dazu ist zunächst ein sofortiges Ausbau-Moratorium erforderlich, soweit nicht im Einzelfall rechtliche Gründe entgegenstehen. Freiwerdende Mittel werden in den Straßenunterhalt umgeschichtet. Es sind konkrete Vorschläge zur Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße zu erarbeiten und dazu, wie die Mittel für die Unterhaltung des Fernstraßennetzes zukünftig effizienter eingesetzt werden können.


    Die Begründung der Petition liegt ebenfalls in einer Kurzfassung vor:



    Deutschland hat ein sehr dichtes Straßennetz, dessen Unterhaltung die öffentliche Hand erheblich überfordert. Straßen werden zunehmend nur noch gelegentlich geflickt, wo eine grundhafte Erneuerung notwendig wäre. Schwere Lkw sind Hauptverursacher des hohen Verschleißes. Ein 40-Tonner belastet die Straßendecke etwa 60.000 mal stärker als ein Pkw. Im wesentlich aus den 1960/80er Jahren stammenden westdeutschen Autobahnnetz besteht ein wachsender Bedarf. 2011 investiert der Bund 2 Mrd €. Notwendig wären jährlich 3 Mrd €. Ebensoviel müssten die Kommunen investieren, die nur die Hälfte aufbringen. Ein gewaltiger Sanierungsstau ist aufgelaufen, dessen Abarbeitung nicht absehbar ist. Ursache ist die öffentliche Überschuldung, die dieses Jahr 2 Billionen € erreicht hat. Ein Ende dieser finanziellen Notlage ist nicht absehbar. Zugleich schrumpft Deutschlands Bevölkerung bis 2030 um etwa 6 % (neue Bundesländer 30 %), bis 2060 um bis zu 17 Mio Einwohner (20 %). Selbst bei einem sofortigen Ausbaustopp würde die Netzdichte pro Kopf der Bevölkerung daher allein aufgrund des Bevölkerungsrückgangs bundesweit bis 2030 um 11 % steigen, in den neuen Bundesländern sogar um 20 %. Gleichzeitig sinkt der Anteil der im erwerbsfähigen Alter Stehenden allein bis 2030 um 15 % (7,5 Mio). Das bedeutet, dass die Unterhaltungslast pro Kopf Erwerbsfähiger steigt, bundesweit allein bis 2030 um 18 % (im Osten um 37 %, wo Ausbauzustand erheblich besser und Straßendichte pro Kopf um fast 60 % über dem Bundesdurchschnitt sind). Die Bedeutung des Autoverkehrs wird in Zukunft tendenziell abnehmen. Gründe sind neben der demografischen Entwicklung mit direkten Auswirkungen auf das Gesamtverkehrsaufkommen die Energiepreisentwicklung (der aktuelle Bundesverkehrswegeplan operiert mit einem extrem niedrigen Ölpreis von 60 Dollar je Barrel im Jahr 2025; aktuell bewegt er sich bei rund 100 Dollar). Dazu kommt ein wachsender Bedeutungsverlust des Pkw bei der jüngeren Generation, der sich eher verstärken wird. Dennoch weist der aktuelle Bundesverkehrswegeplan den Bau weiterer 1.900 km Autobahnen (Kosten: 15 Mrd. €), die Erweiterung von 2.200 km Autobahnen (13 Mrd. €) sowie den Aus- und Neubau von 5.500 km Bundesstraßen (19 Mrd. €) aus. Der Neubau von Bundesstraßen und Ortsumfahrungen geht dabei praktisch immer mit der Übertragung der alten Trassen aus der Trägerschaft des Bundes an die Landkreise und Kommunen einher, die künftig die Unterhaltungslast schultern müssen. Ebenfalls beginnen Landkreise weniger genutzte Landstraßen zu kommunalisieren. Doch schon heute reichen die zur Verfügung stehenden Gelder nicht mehr aus, alle eigentlich notwendigen öffentlichen Ausgaben zu tätigen (Straßenunterhalt, Sozialausgaben, Kindergärten, Schulen, Theater, Schwimmbäder etc.). In absehbarer Zeit werden neben den Pflichtaufgaben keine freiwilligen Aufgaben mehr finanzierbar sein und später auch die Pflichtaufgaben selbst nicht mehr. Die Unterhaltungslast der Straßen wird die öffentlichen Haushalte ersticken.


    In einem ergänzendem Teil des Petitionsverfahrens, der nicht Bestandteil der zur Mitzeichnung stehenden Online-Petition ist, erfolgt eine ausführliche Begründung. Auf der Website http://www.strassenbaumoratorium.de sind unter Downloads außerdem weitere Dokumente, Graphiken und externe Stellungsnahmen veröffentlicht.


    Nachdem bereits kurz nach dem Einreichen der Petition eine Reihe von regionalen oder parteigebundenen Zeitungen darüber berichtet hatten ( http://foto-music-film.com/str…atorium/presse/presse.htm ), erschien am Montag im SPIEGEL ein Beitrag von Guido Kleinhubbert unter dem Titel "Allein auf der Autobahn", in dem auch auf die Petition eingegangen wird: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,800105,00.html


    Dieser Veröffentlichung folgten eine Pressekonferenz am Mittwoch in Leipzig ( http://www.foto-music-film.com…ressekonferenz_301111.pdf ) sowie weitere Berichte in regionalen und überregionalen Zeitungen und Radios. Zu nennen sind etwa ein Bericht auf dem Leipziger Radio Mephisto am 30. November 2011:


    Straßenbaumoratorium
    Verschätzt, verrechnet, verschwendet?
    http://mephisto976.uni-leipzig…rechnet-verschwendet.html


    Erwähnt wird die Petition auch in aktuellen Berichten über anstehende und geplante Straßenbauvorhaben, so etwa den den Bau der Nordverlängerung der A14 in Sachsen-Anhalt


    MDR, 30. November 2011
    Trasse von Magdeburg nach Schwerin
    Baustart für Nordverlängerung der A14
    http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/autobahnbau100.html


    , die B178 neu um Zittau ganz im Osten des Bundeslandes Sachsen:


    Sächsische Zeitung, 1. Dezember 2011
    "Sachsens teuerste Sackgasse"
    http://www.sz-online.de/Nachri…ckgasse/articleid-2926143


    oder die B87 neu in der Rhön (Osthessen):


    Fulda-Info, 3. Dezember 2011
    B87n: BI bittet um Unterschrift für Petition an Bund
    http://www.fuldainfo.de/index.php?area=1&p=news&newsid=18584

    Zeitgleich mit diesen Veröffentlichungen steigt die Zahl der Mitzeichner_innen rasch an. Derzeit beträgt sie bereits über 3502. Die Petition ist vom Bundestag noch bis zum 20. Dezember 2011 als öffentliche Online-Petition zur Mitunterzeichnung freigegeben. Sie muss in dieser Frist 50.000 Unterschriften erhalten, damit sich der Petitionsausschuss in einer öffentlichen Anhörung mit dem Anliegen beschäftigt.

  • Du solltest dir vielleicht bei Gelegenheit mal die Forenregeln durchlesen. Begründete Meinungen sind hier nämlich durchaus erwünscht. Zumal der Nutzen der hier genannten Projekte in der Tat recht zweifelhaft ist und ein Großteil der Gelder im Erhalt der Substanz wohl besser aufgehoben wäre.

  • Den Schwabenpfeil verstehe ich hier aber auch nicht. Es ist doch eigentlich eine Ungeheuerlichkeit, dass derartig riesige Projekte nicht auf ihre Wirtschaftlichkeit überprüft werden. Hätte man derartiges vor 30 Jahren eingeführt, dann wäre vielleicht mehr dringend notwendiges Geld in die Instandsetzung maroder Strecken geflossen (die uns jetzt Tausende von Baustellen und Flickwerk bescher(t)en) und nicht in die mehr oder weniger sinnlose Neuschaffung von Straßen und Autobahnen.

  • @ stativision: es geht ja weniger darum, dass gar nicht geprüft wird, sondern dass für die Prüfungen teilweise unrealistische Annahmen getroffen werden: stetig steigender Verkehr, sinkende Ölpreise, etc. Dass dann so ziemlich alles wirtschaftlich darstellbar ist, ist dann kein Wunder.


    @ Schwabenpfeil: Ich frage mich, wie deine arrogante Ansage, hier gar nichts begründen zu wollen, mit Forenregel #5 zu vereinbaren ist:


    Zitat von Allgemeine Richtlinien

    Bloße Zustimmung oder Ablehnung ist kein Beitrag zum Dialog - weshalb findest Du etwas gut oder schlecht? Begründe Deine Ansicht!


    Bloß, weil du etwas behauptest, wird das noch nicht zur Tatsache, auch wenn du das gern so hättest.

  • ^ Halten wir kurz fest: du hast den Sinn des Forums nicht verstanden. Hier geht es eben nicht um einen am Ende auszuzählenden Plebiszit, sondern darum, sich argumentativ mit verschiedenen Themen auseinanderzusetzen.


    Arrogant ist insofern alleine schon, zu erwarten, dass deine begründungslose Ablehnung des Vorhabens auch nur Irgendetwas zum Forum beiträgt und damit unbedingt schriftlich festgehalten werden muss.

  • Dieser Plan krankt auch mal wieder an sinnfreier Prioritätensetzung.
    Dem mittlerweile gigantischen Nachholbedarf in NRW, BaWü und Hessen wird man nicht im geringsten gerecht, und in Bayern fehlt fast alles der A3 Würzburg-Nürnberg.
    Ganz krass aber Hessen: da wird man mit einer A44 für 1 Milliarde zwangsbeglückt, die kein Mensch braucht, während die Projekte wo das Geld wirklich nötig wäre nicht mal eine Erwähnung unter D finden. Als da vor allem wären:
    - achtstreifiger Ausbau A3 Mönchhof - F-Kreuz (schon seit 2009 im PFV und sollte eigentlich mal zusammen mit dem Flughafenausbau umgesetzt werden)
    - achtstreifiger Ausbau A3 Oxxenbach - Hanau
    - achtstreifiger Ausbau A5 Gambach - Westkreuz-F
    - sechsstreifiger Ausbau A67 Darmstadt - Lorsch und Mönchhof - Rüsselsheim
    - sechsstreifiger Ausbau A60 Rüsselsheim - Mainspitzdreieck
    - sechsstreifiger Ausbau A661 HG-Kreuz - F-Eckenheim
    - Umbau Wiesbadener, Offenbacher, Darmstädter, Bad Homburger Kreuz und Nordwestkreuz FFM
    und das sind alles Projekte des vordringlichen Bedarfs. Aus dem Weiteren Bedarf (dessen Abarbeitung eigentlich bereits 2015 beginnen sollte) warten noch sehr dringend der sechsstreifige Ausbau der A5 zwischen Darmstadt und Heidelberg, sowie zwischen Gambach und der A49, und (derzeit nur teilweise im Bedarfsplan enthalten, aber ein Ausbau ist auch hier mittlerweile überfällig) der A45 Gambach - Olpe.


    Gleiches bei der Schiene. Die NBS Frankfurt - Mannheim und der Ausbau des Knotens FFM nur unter D aufgeführt (sollten ursprünglich mal bis 2008 umgesetzt sein), NBS Frankfurt - Fulda und Frankfurt - Würzburg fehlt sogar völlig. Und das sind alles Projekte die von gut der Hälfte des gesamten deutschen Schienenfernverkehrs genutzt werden, eine Auslastung wie man sie sonst nirgends erreicht (außer auf Augsburg - München, aber die Strecke ist ja mittlerweile endlich fertig).

  • schon seit 2009 im PFV


    Ob ein Projekt planfestgestellt ist/war war doch noch nie entscheidend für die Finanzierung. In Rhein-Neckar gibt es Fernstraßen-Projekte, deren Planfeststellung ausgelaufen ist weil halt 40 Jahre nach der PF noch nicht gebaut wurde...

  • Ein Beispiel: Neue Verkehrszahlen für die B87 neu

    Hier mal ein schönes Beispiel, wie aktuelle Verkehrsplanung in Deutschland, besonders den im Osten gelegenen Bundesländern eben auch funktionieren kann.


    Neubau der B 87n zwischen Taucha und Eilenburg im Nordosten von Leipzig und weiter über Torgau bis nach Brandenburg
    http://de.wikipedia.org/wiki/Bundesstra%C3%9Fe_87


    L-IZ, 10.01.2012
    Neue Verkehrszahlen für die B87: Die Planzahlen für den Neubau sind reine Luftnummern
    http://www.l-iz.de/Politik/Reg…nd-Luftnummern-40489.html


    Die Planungen beruhen auf einer Voraussage für das Jahr 2015 von rund 25.000 Fahrzeugen täglich. Teilweise wird in den Planungsansätzen sogar von bis zu 43.000 Fahrzeugen pro Tag ausgegangen.


    Tatsaechlich sind derzeit gerade einmal 8.900 Fahrzeuge unterwegs auf der B87 westlich Torgau von und nach Leipzig und damit 300 mehr als zur Zählung 2005. Dies belegen die soeben veröffentlichen Zahlen der manuellen Verkehrszählung 2010 für die B87. Der Schwerverkehrsanteil (Busse und Lkw über 3,5 Tonnen) ist von 1.100 Lkw am Tag im Abschnitt Torgau leicht auf 1.280 angestiegen.
    http://www.l-iz.de/html/downlo…ng_BAST_B87n-Korridor.pdf


    Zwischen Jesewitz und Eilenburg fahren gar nur 7.600 Fahrzeuge am Tag, davon sogar nur noch etwas über 600 Lkw. Von Herzberg nach Zwethau, also über die Landesgrenze von Brandenburg nach Sachsen, pendeln nur rund 4.200 Fahrzeuge täglich. - Das ist weniger als ein Fünftel bzw. ein Zehntel der prognostizierten Fahrzeuge! Die gezählten 12.900 Fahrzeuge auf der B87 in Torgau sind offensichtlich ein lokales Problem, was auf die negativen Wirkungen der Suburbanisierung in den 1990er Jahren zurückgeht


    Die 25.000 Fahrzeuge werden nur auf dem Teilstück erreicht, das direkt durch das Leipziger Stadtgebiet führt. Jahnallee und Lützner Straße als Teil der B 87 sind hier eine der wichtigsten innerstädtischen Radialen zwischen Stadtzentrum und Leipziger Westen.


    Weitere Informationen:


    Raumordnungsverfahren
    „B 87 n Leipzig (A14) – Landesgrenze Sachsen / Brandenburg“
    http://www.ldl.sachsen.de/de/i…/raumordnung/b87n_rov.htm


    Pro Ausbau: http://www.pro-ausbau-b87.de/


    Contra:


    http://www.pro-parthenaue.de/
    http://www.alternative-b87.de/
    http://von-der-parthe.blogspot.com/
    http://autobahnstammtisch-sehlis.blogspot.com/
    http://www.oekoloewe.de/stoppb87n.html
    und andere mehr

  • Ob ein Projekt planfestgestellt ist/war war doch noch nie entscheidend für die Finanzierung. In Rhein-Neckar gibt es Fernstraßen-Projekte, deren Planfeststellung ausgelaufen ist weil halt 40 Jahre nach der PF noch nicht gebaut wurde...


    Die Bemerkung zielte auch eher darauf ab, Kommentaren vorzubeugen, die die vollständige Nichtberücksichtigung Hessens wichtigster Projekte einzig auf die frühen Planungsstände schieben wollen.

  • Kirchheimerdreieck

    Hallo,


    ich möchte hier ein Thema ansprechen, dass tausende Autofahrer jeden Sonntag zum Wahnsinn treibt - Das Nadelöhr am Kirchheimer Dreieck.
    Es werden seit 10 Jahren Umbaumaßnahmen zwischen Bad-Hersfeld und Hattembacherdreieck vorgenommen, die alle jedoch überhaupt nichts gebracht haben. Sogar der jetzige Ausbau auf drei Spuren ist völlig sinnlos, wenn am Ende alle Autos durch die eine einzige Spur auf die A7 und weiter auf A5 kommen müssen. Das ganze Geld konnte man sich wirklich sparen.
    Meiner Meinung nach gibt es eine, sogar ganz einfache Lösung: Die Ausfahrt Kirchheim für die aus Kassel kommenden Autos soll vorverlegt werden, um ca. 1-2 Km! Somit hätte man auf der Verbindung von A4 zur A7 zwei Spuren frei! Was noch schlimmer ist - die Ausfahrt nutzen nur 1-3 Autos (kommend aus Kassel) pro Minute!!! - und für die drei müssen tausende Leiden?!
    Und wenn ich mich an alle Sanierungsmaßnahmen dort erinnere, wäre diese Lösung viel billiger, und auch die neuen drei Spuren könnte man sich sparen.
    10 Jahre fahre ich schon dort und immer mehr genervt bin ich, aber auch von der "Ratlosigkeit" der Autobahnbauer überrascht.


    Danke,
    (genervter Autofahrer)

  • ^ Ja, das Kirchheimer Dreieck ist sicher der Hass für viele Autofahrer. Zwei Dinge verstehe ich nicht. Warum wird die A5, eine der von LKWs am meisten frequentiertesten Autobahnen Deutschlands, zwischen Gambacher Kreuz und Kirchheimer Dreieck nicht 6-spurig ausgebaut und warum bleibt nach jahrelangem Umbau am Kirchheimer Dreieck trotzdem nur eine einzige Einfädelspur von der A4 aus Richtung Erfurt kommend zur A7. A4 und A5 sind wichtige Transitstrecken nach Osteuropa, trotzdem wird man gemessen am schlechten Zustand der Autobahn das Gefühl nicht los, dass östlich von Herleshausen noch immer Schluss mit der Welt ist. Großes Aufatmen, wer die Landesgrenze zu Thüringen erreicht hat. Dann geht's entspannt und gut ausgebaut bis an die polnische Grenze.