Stadtschloss Berlin: Der Thread für den Wiederaufbau

  • ...einige Gebäude in der direkten Umgebung aufzählen, wo Fassade und Inhalt ebenfalls nicht übereinstimmen und wo sich seltsamerweise keiner künstlich echauffiert.


    Nicht zu vergessen:
    - das Schinkelsche Schauspielhaus, wo jetzt ein Konzertsaal drin ist
    und
    - den Reichstag, wo jetzt der Bundestag tagt. ;)

  • ^^ Ich sprach von den 90er Jahren, Ben. Da ging es nicht um Schlossrekonstruktion oder Hadid, denn da stand der Palast der Rebublik noch und der Wiederaufbau des Schlosses erschien schon deswegen illusorisch.

  • Der "Welt"-Artikel beinhaltet zwar viel Geschwafel, aber in einer Aussage hat die Autorin recht! Die Fassade passt nicht zum Inhalt!!!


    ich verstehe auch nicht, warum das von Bedeutung ist. Es ist weltweit völlig normal, dass man alte Gebäude umnutzt und einer neuen Nutzung zuführt. Wieso sollte das hier plötzlich ein Problem sein, nur weil es eine Rekonstruktion ist?


    Die Liste könnte man ewig fortführen:
    Die Kommandatur: heute Bertelsmann-Konzern-Repräsentanz (ebenfalls Rekonstruktion)
    Die Neue Wache: Heute zentrale Gedenkstätte für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft
    Das Zeughaus: heute Deutsches Historisches Museum
    Der Louvre: früher Königspalast heute Kunstmuseum
    Wiesbadener Schloss: heute hessischer Landtag
    Potsdamer Stadtschloss: Heute brandenburgischer Landtag (Rekonstruktion)
    Hamburger Bahnhof: heute Museum für Gegenwartskunst
    Gare d’Orsay: Ebenfalls früher Bahnhof heute Kunstmuseum
    DDR-Staatsratsgebäude: Heute Sitz einer kapitalistischen Manager-Hochschule
    Humboldt-Universität: Früher Prinzenpalais heute Uni
    Mannheimer Schloss: Ebenfalls heute eine Uni


    etc.


    Also, wieso ist das im Falle des Humboldtforums jetzt plötzlich ein Problem?

  • Und dennoch ist es komisch, mit welcher Abneigung manche Schloss-Gegner über's Humboldt Forum herziehen. Diese Abneigung nimmt teilweise schon groteske Züge an.


    Ja, aber die Zuneigung mancher Schloss- bzw. Rekonstruktionsbefürworter zu ihrem Libelingprojekt ist ebenso grotesk. ;)


    mescha: Es ist halt kein altes Gebäude und die Frage ob die Nutzung als Ethnologisches Museum in den im Schloss verfügbaren Räumlichkeiten langfristig erfolgreich ist, wird erst später beantwortet werden. Offensichtlich ist ja, dass es wohl Bedenken und Probleme gibt die Ausstellung wirklich sinnvoll zu arrangieren.


    Das hat aber nichts mit der Barockfassade und den Höfen zu tun.
    Die wirken für sich.


    Die Kritiker ahnen wohlmöglich, dass das Konzept des Museums im Humboldtforum nicht funktionieren könnte und in einigen Jahren wieder eine teure Umnutzung nötig wird.
    Mir persönlich ist das Museum relativ egal, wegen der Ausstellung gehe ich da nur einmal hin, ist so ähnlich wie beim Alten Museum: Tolles Gebäude, aber wen interessiert etruskische Kunst???

  • ^ Die Räume mit etruskischer Kunst im British Museum sind stets voller Besucher - wie die anderen. Etwas weiter oben hat jemand den Louvre genannt, einst Königspalast - dort wurde die alte Bausubstanz nur behutsam umgebaut (und alle Fassaden sind reich verziert, nicht nur 3/4). Einige Höfe wurden überdacht, unter dem großen Hof gibt es ein Einkaufszentrum und den neuen Eingang mit Kassen; die Exponate werden in Altbauten ausgestellt.


    Wenn hier bei fast beliebig freier Hand im Inneren irgend etwas nicht funktionieren sollte, liegt es auf keinen Fall an den Fassaden, sondern an anderen Faktoren. Im Zweifelsfall hätte man andere Nutzungen planen sollen.

  • Na ja, das British Museum und der Louvre taugen aber auch nur bedingt als Vergleich.


    Bei ersterem ist der Eintritt für die Dauerausstellungen frei und beide Museen haben haben natürlich Hauptausstellungsstücke, die weit mehr Besucher interessieren als etruskusche oder ethnologische Sammlungen. Vereint man beides in einem Gebäude zu gleichem Eintritt werden sich halt auch immer reichlich Besucher in die anderen Abteilungen verirren.


    Wenn die ganzen Einzelgebäude auf der Museumsinsel einen einzigen Komplex bilden würden, würden sich natürlich Besucher nicht nur die Nofretete und den Pergamonaltar ansehen wollen.


    London und Paris sind außerdem deutlich größer als Berlin, allein deswegen sind die Besucherzahlen ja schon höher.


    Sicher werden die Besucherzahlen in den außereuropäischen Sammlungen des Humboldtforums immer höher liegen als in Dahlem, aber natürlich werden sie nach einem Hype in den ersten Jahren auch wieder abnehmen.


    Dass man schon in wenigen Jahren wieder umbaut und nach einem neuen Konzept sucht glaube ich aber nicht. Zwar würden sich Gemäldegalerie und Kunstgewerbemuseum in (teil)rekonstruierten Räumen sicher gut machen, aber eher glaube ich an den Erweiterungsbau des Bodemuseums, weil man dort auch gut Oberlichtsäle verwirklichen könnte.

  • ...Dass man schon in wenigen Jahren wieder umbaut und nach einem neuen Konzept sucht glaube ich aber nicht. Zwar würden sich Gemäldegalerie und Kunstgewerbemuseum in (teil)rekonstruierten Räumen sicher gut machen, aber eher glaube ich an den Erweiterungsbau des Bodemuseums, weil man dort auch gut Oberlichtsäle verwirklichen könnte.


    Soweit ich verstanden habe wird eine Konzeptveränderung nicht möglich sein da einige großformatige Exponate wohl schon vor Fertigstellung im Humboldt Forum fest installiert werden müssen, da sie sonst durch ihre Größe bedingt nicht mehr durch Türen und Tore passen würden wie diese wunderbaren Südseeboote und auch die Hinduistischen Gebetshölen, die sind ja auch eine feste Installation, ähnlich wie das Ischtar Tor oder der Pergamon Altar im Pergamon-Museum. Das wird schon relativ endgültig sein. Ausserdem ist das Konzept ja auch an den Namen gebunden. Was sollen Preziosen aus dem Kunstgewerbemuseum in einem Humboldt Forum?

  • Soweit ich verstanden habe wird eine Konzeptveränderung nicht möglich sein da einige großformatige Exponate wohl schon vor Fertigstellung im Humboldt Forum fest installiert werden müssen, da sie sonst durch ihre Größe bedingt nicht mehr durch Türen und Tore passen würden ...


    Keine Sorge, wenn's sein muss, kommen die auch wieder raus ;)


    Aber das wird natürlich nicht in wenigen (3-5) sondern in einigen (15-20) Jahren, ggf. neu diskutiert werden müssen, wenn sowieso eine Umgestaltung oder gar Sanierung ansteht.


    Aber ich bin auch kein Gegner der Ethnologischen Museums, vielleicht wird es ja so gut, dass ich gezielt noch ein zweites Mal reingehe und es wirklich eine tolle Ergänzung des Museumsangebots in Mitte wird.


    Für das Umfeld und die Stadt werden aber die Kuppel, die Fassaden und die Höfe weitaus bedeutender sein. Das Schloss wird innerhalb kürzester Zeit eine der Hauptattraktionen der Stadt werden und dabei spielt dann der museale Inhalt nur eine untergeordnete Bedeutung.

  • ... Das Schloss wird innerhalb kürzester Zeit eine der Hauptattraktionen der Stadt werden und dabei spielt dann der museale Inhalt nur eine untergeordnete Bedeutung.


    Wie kommst Du zu dieser Feststellung? Die Dahlemer Sammlungen gehören zu den umfangreichsten und wertvollsten der Welt. Das ist ein wirklicher Schatz, der leider an seinem alten Ort eine art Dornröschenschlaf gehalten hat. Ich denke beides, die Architektur und die Sammlungen werden zusammen zu einem großen Erfolg führen und das touristische Geschehen auch weiter in Richtung Nikolaiviertel befördern sodass das Humboldt Forum getrost eine wichtige Scharnierfunktion auch in dieser Hinsicht wahrnemen kann.

  • Das Ethnologische Museum gehört zu den wenigen Museen in Berlin, die ich völlig vorbehaltlos fast jedem empfehlen konnte. Selbst für Kinder gab es spannende Inhalte. Am neuen Standort wird man sicher noch mehr heraus holen wollen und bspw die Didaktik, die mediale Aufbereitung und die Zugänglichkeit für das internationale Publikum optimieren. Da wäre ich völlig ohne Sorge, dass die Inhalte nicht der Hülle und dem Namen gerecht werden könnten. Auch wenn die Fachwelt sicher dieses und jenes zu kritisieren haben wird: Für den normalen Besucher wird es sicher ein Highlight.

  • Wie kommst Du zu dieser Feststellung? Die Dahlemer Sammlungen gehören zu den umfangreichsten und wertvollsten der Welt. Das ist ein wirklicher Schatz ...


    Mir erscheint das völlig logisch. Man wird das Schloss auf zig Fotos und in fast genau so vielen Filmbeiträgen (Nachrichten, Werbung, Kinofilme, etc) sehen können und natürlich immer wenn man vorbei kommt. Aber von der Ausstellung sieht man nur etwas, wenn man hineingeht oder wenn mal ein Bericht davon im Fernseher kommt und den geziehlt anguckt. Das ist doch bei allen Gebäuden der Museumsinsel insgesamt nicht anders.


    Wie schon gesagt, ich habe nichts gegen die Ausstellung, aber sie wird m.E. im Verhältnis zum Äußeren von untergeordneter Bedeutung sein.
    Man könnte auch sagen: Alle die die Ausstellungen sehen wollen werden auch das Schloss sehen, aber nur ein Bruchteil derer die das Schloss sehen wollen, werden auch in die Ausstellung gehen.

  • Was ist das denn für ein Stuss? Das ist doch bei jedem Gebäude so, dass es mehr Menschen von außen sehen, als reingehen. :confused:
    Das bedeutet doch aber nicht das der Inhalt "eine untergeordnete Rolle" spielt. Das Pergamonmuseum hat auch 3 Millionen Besucher im Jahr, wie viele von außen das Gebäude fotografiert haben ist doch wohl eindeutig das weniger Wichtige.

  • Das ist mE eine recht akademische Debatte. Ich persönlich liebe gute Architektur aber ich kann sie mir kaum gänzlich losgelöst von einem Inhalt und einer Funktion vorstellen (zumindest eine ursprüngliche Funktion). Sonst muss ich schnell an Las Vegas, Babelsberg o.ä. denken aber nicht an eine authentische Stadt. Natürlich bilden etwa das Reichstagsgebäude oder der Berliner Fernsehturm eine schöne Kulisse aber ohne ihre reale Bedeutung wären sie für mich als Bauwerk seelenlos, identitätslos. Wer im Humboldtforum nur das Stadtschloss sehen will, agiert mE im mehrfachen Sinne oberflächlich. Aber selbst die Oberflächen zeigen ja partiell, dass diese Gleichung/ Gleichsetzung so nicht aufgeht...

  • Das Pergamon Museum hat zwischen 900.000 und 750.000 Besucher pro Jahr. Alle Museen der SPK zusammen ziehen 3.5 bis 3.9 Millionen Besucher.
    Für das HF sind 3 Millionen projektiert. Diese Zahl finde ich nach wie vor sehr optimistisch geschätzt.
    Aber ein Vorredner bemerkte bereits dass es auch um didaktische Aufbereitung geht. Und das sehe ich auch so.
    Wenn den Machern gelingt dass ein Museumsbesuch zum Erlebnis wird ist es zweitrangig ob ein Ziegel Tor oder ein Südseeboot zu bestaunen ist.
    Die Ausstellung aber schon niederzuschreiben bevor überhaupt auch nur ein Artefakt am Platz steht ist schon sehr tendenziös!
    Nicht zuletzt ist heute Image und Marketing alles, auch in Museen.
    Die SPK könnte locker mit ihren Schätzen den "Louvre Abou Dhabi" zweifach bestücken!
    Es ist bedenklich dass ein Haus wie das HF schon zur Eröffnung zum Erfolg verdammt ist, es ist doch normal dass neue Museen ihren Weg finden müssen!

  • Was ist das denn für ein Stuss? Das ist doch bei jedem Gebäude so, dass es mehr Menschen von außen sehen, als reingehen. :confused:
    Das bedeutet doch aber nicht das der Inhalt "eine untergeordnete Rolle" spielt.


    Aber genau darum geht es doch!
    Das Berliner Schloss wird doch nicht wiederaufgebaut um Platz für das Ethnologische Museum zu bekommen. Das ginge auch und wahrscheinlich besser in einem modernen Gebäude.
    Das Schloss wird wiederaufgebaut, weil sein Äußeres eine überaus hohe Bedeutung für das Gesamtbild des historischen Stadtbilds hat.


    Ob darin das Ethnologische Museum ist, ist zweitrangig (=untergeordnet).
    Es passt thematisch dahin, aber es hätte doch auch eine Universität oder eine Verwaltung oder sonstwas einziehen können, aber wahrscheinlich hätte man dann aber den Wiederaufbau nicht durchgesetzt bekommen.


    Die seitens der Befürworter, beschworene Bedeutung des Schlosses für das Stadtbild wird durch den Inhalt nicht beeinflusst. Der Inhalt, also u.a. das EM, hat den Wiederaufbau bestimmt erleichtert, aber ob es für das Museum die beste Wahl ist, darf bezweifelt werden.


    Die Gebäude der Museumsinsel einschließlich dem Dom sind alles Gesamtkunstwerke; Fassaden, Innenräume und Inhalte passen zueinander.
    Beim Humboldt Forum wird das leider nicht der Fall sein.

  • Das ginge auch und wahrscheinlich besser in einem modernen Gebäude.


    Aber das ist doch der Clou!
    Es ist hinter der Fassade ein modernes Gebäude!
    Die großen Hallen bieten neue und bessere Möglichkeiten der Präsentation, das Foyer gibt einen spektakulären Raumeindruck für sich, etc. etc.
    Das alte Museum in Dahlem war ein 60er Jahre Bau des Brutalismus mit Waschbeton Optik. Ich persönlich liebe das aber wo passte das besser zur Sammlung als zukünftig das Humboldt Forum?


    Die Nofretete wurde 40 Jahre lang nicht im Neuen Museum präsentiert, sondern in Charlottenburg um dann mit Zwischenstopp auf die Museumsinsel umzuziehen, das hat ihrer Beliebtheit keinen Abbruch getan und praktisch hat es niemanden interessiert hinter welcher Fassade sie stand...

  • Da hast Du natürlich Recht.
    Treffender wäre, wenn ich geschrieben hätte, "... in eine modernen Gebäude, welches speziell als Neubau für das Ethnologische Museum geplant wurde."


    Aber vielleicht passt das ja trotzdem gerade gut ins Humboldt Forum.
    Wir werden sehen.

  • ^ Apropos Museumsbauten - ich hielt das Märkische Museum bisher für eine umgebaute Kirche, erst jetzt erfuhr ich, dass es als Museumsgebäude vor kaum mehr als 100 Jahren entworfen wurde - bestimmt nach den Standards der Zeit. Wie jemand darüber scheibt, die Museen hinter den Schlossfassaden konnte man beliebig neu entwerfen, sicherlich nach den heutigen Standards. Wenn etwas nicht passen sollte, haben die Entwurfsfehler mit der Fassadengestaltung nichts zu tun.


    Es wäre bestimmt nicht besser gewesen, stünde an dieser Stelle ein Neubau von Zaha Hadid, wie manche darüber schreiben. Vor vielen Jahren las ich in einer Architekturzeitschrift, dass eine Feuerwache von Zaha Hadid in BW aufgrund der Planungsfehler als solche gar nicht genutzt werden konnte - ähnlich hätte es mit Zaha-Hadid-Museumsbauten hier werden können, man hätte nur viele Millionen verpulvert.