Leipzig: Umgang mit Bauerbe

  • Ich persönlich weiß immer noch nicht was ich von der VICUS AG halten soll, denn tatsächlich saniert wird das Haus von der Heritus AG.
    Hier das Exposé zum Objekt Klick!


    MfG


    Steve

  • Dank an Dase für die Bilder, Du bist mir mit Deinen Meldungen zum Teil zuvorgekommen, was aber nicht schlimm ist, da Deine Kamera besser auflöst und die Bilder auch wieder hervorragend entzerrt wurden.


    Noch ein paar Bemerkungen zu den gezeigten Bauten: die Dachgestaltung am Eckgebäude Floßplatz/Hohe Straße erkläre ich mir so, dass nach Wiederherstellung des Blendgiebels dieser in Konflikt mit der Gaube darüber geriet, die folglich weg musste, und der Sinn des Architekten für Symmetrie ihn dann auch die seitlichen Dachgauben opfern ließ.


    Eine interessante Randnotiz zum Haus Friedrich-Ebert-Straße 21, einem der letzten Überlebenden der ehemaligen West- und späteren Hindenburgstraße, ist, dass dieses die Wohnung und das Atelier von Hans Lindner beherbergte, der war immerhin jahrzehntelang der Obermeister der Leipziger Fotografeninnung. Sein Ende der 90er teilweise aus ebendieser Wohnung gerettetes Archiv ist eins der wichtigsten fotografischen Zeugnisse (neben Hermann Walter) des alten (kaiserzeitlichen) Leipzig.


    Die Gustav-Adolf-Straße 48 wirkt gemessen an der Pracht des übrigen Straßenzuges ja sehr sachlich, womöglich ist das einer der älteren, noch dem nüchtern-klassizistischen Programm verhafteter Bau. An den Balkons wundert nicht nur die Ausrichtung nach Norden, sondern vor allem der (im Moment) wenig erquickliche Ausblick von dort. Was da auf dem Dach für eine merkwürdige Konstruktion entstehen soll (ich dacht erst an eine Art Pergola), war bisher nicht sicher auszumachen. Hier noch mal der Vorher-Nachher-Effekt (meine Bilder sind natürlich nicht so schön entzerrt):




    Ohne Bild - an der Magdeburger Straße zur Lindenthaler hin ist das mittlere von drei unsanierten Gebäuden (gelber Klinkerbau) fertiggestellt, das Nachbargebäude schon mal eingerüstet.


    Schon länger gefallen sind die Gerüste an diesem um 1910 errichteten einsamen Spätgründerzeitler in der Elsterstraße, ob das eine komplette Sanierung und nur ein Fassadenanstrich war, kann ich nicht mehr sagen. Wie mag diese Straße (ziemlich spektakuläre Sichtachse zum Rathausturm) wohl mal ausgesehen haben? Mittlerweile sieht es da ziemlich gruselig aus, wie man ihr erahnen kann, links die 50er Jahre Platte, rechts das Trafohäuschen.



    Bilder: das zweite von DaseBLN, die anderen von mir.


    Zum letzten Beitrag noch eine kurze Notiz, diese Exposées nerven mich schon seit geraumer Zeit mit ihrem immer gleichen seitenlangen großsprecherischen Huldigungen der Stadt (Porsche und BMW natürlich immer mit dabei, man kann's nicht mehr hören oder sehen), die ganze Aufmachung verrät ja auch auch unmissverständlich, auf wen da abgezielt wird, Zielgruppe Generation 60+, Westdeutschland, selten oder nie in Leipzig gewesen (sonst könnte man sich die Lobhudelei ja sparen). Fakt ist, dass ich in meinen letzten drei Wohnungen die Miete respektive nach München, Frankfurt am Main bzw. Berlin überwiesen habe. So sieht's aus, mit der Sanierung findet in der Regel ein Eigentümerwechsel statt, ich schätze mal vorsichtig, dass 90 % der Gründerzeitwohnungen Eigentümer haben, die nicht nur nicht drin wohnen, sondern auch generell nicht in Leipzig ansässig sind. Nicht, dass mir eine bessere Strategie zur Rettung der Altbaussubstanz eingefallen wäre. Vor Ort ist es mit der Finanzkraft halt nicht weit her...

  • Lipsius:
    das ist korrekt: 2007 gingen 80% aller verkauften eigentumswohnungen an leute aus dem westen. aber das ist doch ein glück! ohne deren geld wären hier 80 % weniger häuser saniert.
    was mich eher stört: während die anleger offensichtlich grossen wert auf denkmalgerechte sanierungen und rekonstruktionen der objekte hier legen, wird "bei denen drüben" unter modernisierung oft nur der einbau von neuen kunststoff-fensterrahmen und eine neue fassadenfarbe verstanden. aber wenn sich hier der aufwand rechnet, müsste er sich doch woanders erst recht lohnen?

  • In Leipzig hat sich wohl eine bestimmte Sanierungskultur entwickelt, die woanders fehlt. Das liegt sicher an den Rahmenbedingungen. Wo in kurzer Zeit praktisch die ganze Stadt saniert werden muss, entsteht eine ganz eigene Dynamik, und wenn gleichzeitig ein enormer Wohnungsüberhang besteht, haben ansprechende Ergebnisse den Vorteil, dass sie sich vermieten lassen, Modernisierung à la Kunststofffensterrahmen und ein Eimer Farbe bleiben zu Recht auf der Strecke.

  • Lipsius: Danke für deine fundierten Zusatzerläuterungen. Was die GA48 betrifft, ich nehme mal an, die Mauer wird noch verputzt und eventuell begrünt werden, das Hofgebäude nebenan ist ja auch saniert. Der Innenhof selber wird wohl eine Mischung aus gepflasterten Parkmöglichkeiten, aber auch Rasen bieten. Wenn die Ecke an der Waldstrasse wieder bebaut wird, kann das durchaus ein hübscher Innenhof werden. Auf dem Dach wird es augenscheinliche eine oder mehrere große Terassen geben - der Aufbau sleber fällt aber von der Straße aus nicht auf. Dagegen hat man an der Ecke Arthur-Hoffmann-/Körnerstraße einen wirklich extrem störenden Aufbau aufs Dach gesetzt, leicht zu erahnen auf dem 1. Bild. Wenn man direkt davor steht, sieht das aus wie ein Container auf dem Dach. Da ist so 'ne Pergola eine Wohltat dagegen :) Ich bin gespannt, was aus der östlichen zweiten Durchfahrt wird, dort ist nämlich eine Mauer eingezogen. Für ihren ursprünglichen Zweck wird man sie also wohl nicht nutzen.

  • ^ Könnte als Fahrradschuppen dienen!?


    Gut, dass es nun auch in der Friedrich-Ebert-Straße mal wieder eine Sanierung gibt. Hoffentlich werden bald auch mal die Heineschen Häuser zwischen Altem und Neuem Westplatz saniert. Das sind derzeit noch richtige und auch die einzigen Schandflecken auf der Westseite der Straße.


    Die Sache mit den Eigentümern in den alten Bundesländern sehe ich langfristig gar nicht mal so verkehrt. Vielleicht ziehts den ein oder anderen ja auch irgendwann mal selbst nach Leipzig? Zumindest bestehen so Kontakte und Berührungsängste werden abgebaut, die es laut diverser Medienberichte ja überraschenderweise immer noch in erheblichem Maße geben soll. Ich selber kenne ein paar Leute "von drüben", die es auch aufgrund der wunderschönen Bebauung zum sehr guten Preis letztlich hierher nach Leipzig gezogen hat. So verteilt sich das Vermögen nach und nach auch wieder auf die Republik.

  • Ich freue mich sehr, daß Ihr so eifrig unsere alten schönen Gründerzeithäuser ablichtet !


    Ich lese sehr häufig dieses Thema, beachte überwiegend die Bilder und kann sagen, daß mir die Renovierungs- und/oder Sanierungsarbeiten nahezu fast alle gefallen!

  • Willkommen im Forum, Heuristiker!


    Eine neue Entdeckung macht mich eher nachdenklich. Am östlichen Ende der Eisenacher Straße (Einmündung in die Lützowstraße) steht ein unsanierter roter Klinkerwohnbau, vor dem jetzt die Straße weiträumig angesperrt wurde. Für eine Sanierung wäre das Prozedere ungewöhnlich. Soll dort etwa abgerissen werden?

  • ^ Vermutlich wird der Altbau, der mir vom Sehen bekannt ist, aus Sicherheitsgründen abgerissen. Das Gebäude ist total hinüber und auf der Prioritätenliste der Stadt steht es auch nicht. Wenn dort kein Plakat eines Investors steht, würde es mich schon wundern, wenn er nun saniert oder gesichert wird.

  • Ich war heute mit nem Freund in Leipzig und muss sagen, ich war echt begeistert. Die Stadt hält wirklich, was eure Fotos, die uns überhaupt erst animiert haben, versprechen. Bei den ganzen frisch sanierten, prächtigen Häusern vergisst man die innerstädt. Platten hier und da glatt. Der Weg von der Alten Messe in die Stadt ist allerdings nicht grad erfreulich :nono:. Aber naja...


    Mir ist aber was aufgefallen: Viele Fassaden bestehen aus gelben, mit grün lackierten Kacheln verzierten Backstein. Wie kommt das? Meine Interpretation ist, dass sich die Farben auf das sächs. Wappen beziehen. Zwar fehlt das Schwarz (außer in manchen Dachschindeln vielleicht), aber die Farbkombination und auch die Häufigkeit lassen es mich irgendwie vermuten. Kann da was dran sein? Wie kommt es sonst dazu? Ist gelber Backstein denn was typisches für die Gegend?


    Hier drei Beispiele:



    Ich weiß nicht, wieso die "auf der Seite liegen"...Wenn ich sie öffne, sind sie richtig herum.

  • ^


    Naja, aber architektonische Schneisen wie der Weg von der Alten Messe zur Innenstadt findet man ja auch zur Genüge in Berlin,oder;)
    Und ehrlich gesagt, finde ich das diese Magistrale auch durchaus seinen Reiz hat und zum Gesamtbild einer Stadt nunmal einfach dazu gehört; schließlich besteht eine Stadt ja nicht nur aus einer Epoche, sondern ihr wohnt eine gewisse Dynamik inne, die sich auch darin niederschlägt, dass man neue Baustile anwendet.

  • ^ Ich glaube nicht, dass Ben vor allem die architektonische Komponente gestört hat. Die Leipziger Magistralen befinden sich nun mal hauptsächlich in einem erbärmlichen Zustand. Die Prager Straße, eine in den 1990er-Jahren neugestaltete Straße mit durchaus imponierenden Neubauten aus selbiger Zeit, bildet da in meinen Augen keine Ausnahme: Grau, trist, leblos und viel zu viele Brachen und Lücken.

  • ^ Wobei, wenn wir ehrlich sind, die Prager noch eine der besten Magistralen ist, da es durchaus hübsche Abschnitte gibt. Wenn man da in die Lützner oder früher die Eisenbahnstraße denkt... ich kenne einige Leute, die Leipzig nur über diese Magistralen kennengelernt haben und den Eindruck hatten, die Stadt wäre äußerst hässlich. Naja, dafür ist es in den Nebenstraßen umso hübscher ;)


    Ben: wenn du noch mehr Bilder hast, kannste die ja in die Leipziger Galerien stellen :)

  • Ich könnte mir vorstellen, dass Ben mit dem "Weg von der Alten Messe in die Stadt" nicht die Prager sondern die Str. des 18. Oktober meinte.

  • ^ Jepp. Und die is in weiten Teilen wirklich übel. Birgt aber ebenso viele Potentiale. Aber dafür existiert ja schon ein Thread hier und darüber wurde ja auch schon ausfühlich diskutiert.


    Davon abgesehen finde ich solche offenen und ehrlichen Meinungen von Auswärtigen wie Ben, äußerst wichtig und interessant. Als Einheimischer nimmt man ja gewisse Mängel irgendwann nicht mehr war.

  • Ben: Stimmt, das mit der Farbgebung ist mir auch schon aufgefallen. Eine Erklärung dafür hab ich bis heute nicht gefunden. Vielleicht möchte ja ein Leipziger etwas dazu sagen? :D

  • Grüße Euch,


    dies wiederhergestellte Gebäude befindet sich angeblich in der Windmühlenstraße, allerdings hatte ich es damals nicht ausfindig machen können. Weiß jemand Genaueres?


    Es ist ein bemerkenswertes Gründerzeitgebäude, schön anzusehen und erstrahlt in einem ordentlichen Glanz.


    Leipzig übt auf mich eine Einzigartigkeit aus, die ich bisher von keiner anderen Stadt her kenne! Gute Lust, mich mit meinen Siebensachen dort niederzulassen. Geisteswissenschaft kann ich dann meinethalben auch vor dem Völkerschlachtdenkmal betreiben. :lach:



    Quelle: DaseBLN

  • Noch ein paar Neuigkeiten ohne Bilder:
    In Gohlis-Mitte ist das Eckhaus Wilhelm-Plesse-Straße zur Rudi-Opitz-Straße, wie schon von einigen Forumsmitgliedern erwartet bzw. befürchtet, in Form einer absoluten Minimalsanierung ferrtiggestellt. Die Fassade dick gedämmt, keinerlei Wiederbestuckung, einfachste Kunststoff-Fenster und Alpiaweiß als Fassadenfarbe. Nur ein Abriss wäre schlimmer gewesen.


    Das L-Konzept-Objekt in der Eisenacher Straße 21 wird seit kurzem entrümpelt. Hier werden die Denkmalschutzauflagen zweifellos eingehalten.


    Gefreut habe ich mich über die Abrüstung an dem langen Gebäudetrakt in der mittleren Zschocherschen Straße (Ecke zur Weißenfelser Straße). Solide Restaurierung der Gründerzeitfassade. Das Erdgeschoss besteht durchgehend aus Schaufenstern (ich denke mal nicht, dass das dem Originalzustand entspricht). Wenn hier mal alles vermietet ist, wird die Zschochersche als Einkaufsstraße noch der Karl-Heine-Straße den Rang ablaufen. In diesem Straßenabschnitt sind dann nur noch das Götz-Café und der merkwürdig verwinkelte, dreiteilige Komplex an der Amalienstraße (anscheinend ein Ladenhüter in der Online-Auslage der LWB) unsaniert.


    Das tortenstückförmige Gebäude Gleis/Erdmannstraße hatte ich mal in der Galerie von LE mon. hist. gezeigt, bei dieser ziemlich grottigen Sanierung aus den 90er Jahren sind inzwischen ordentliche Holzfenster eingebaut und die Fassadenarbeiten (u.a. wurde der Putz großflächig abgeschlagen) lassen annehmen, dass diesmal denkmalgerecht "nachsaniert" wird.


    In der kurzen Kolbestraße ist die Nr. 4 bekanntlich recht mau saniert worden, die Nr. 3 gegenüber hat eine ansehnliche Wiederherstellung der Straßenfassade erhalten, jetzt wird gerade eine (im Moment eher überdimensioniert wirkende) Dachaufstockung vorgenommen.


    Etwas weiter in der Kollwitzstraße ist die bekannte en-bloc-Sanierung in vollem Gang, die Nr. 95 ist nun äußerlich so gut wie fertiggestellt. Auch beim GRK-Projekt (Nr. 77) sind die Dachdecker zugange. Bei der Nr. 85 bewegt sich dagegen gar nichts, dort habe ich nach Aufstellung des Gerüstes noch nie jemanden arbeiten sehen.

  • #1142/1143: Ja, das ist die Sternwartenstraße. Stand allerdings auch im Originalpost, aus dem auch das Bild stammt...


    Lipsius: Danke für die Textnews. Die Schaufenster an der Zschocherschen Ecke Weißenfelser sahen zwar bereits vorher wie nachträglich eingesetzt aus, allerdings würde es mich angesichts der Funktion als Einkaufsstrasse, die die Zschochersche früher mal hatte und nur langsam wiedergewinnt, nicht wundern, wenn de Ladeneinbauten schon zur Erbauung oder in den Jahren darauf erfolgt sind.