Sanierung Staatsoper

  • Das,was ich zur Adresse geschrieben hatte, war aus meiner Erinnerung heraus. In diesem Artikel der Berliner Morgenpost von 2014 steht: "Die Barenboim-Said Akademie wird ihren Haupteingang repräsentativ an die Französische Straße verlegen. Die gegenwärtige Adresse "Hinter der katholischen Kirche 2" würde sicherlich auch einige im Nahen Osten verwirren."

  • ^


    Klingt aber eher nach einer polemischen Äußerung der Morgenpost.


    Der ganze neue Eingangsbereich liegt ja zur Französischen Straße hin - man hat dies sicher nicht nach möglichen Befindlichkeiten eines Straßennamens geplant.
    Auch wenn diese Öffnung alles andere als gelungen ist, belebt sie doch die Straße sicher bei Veranstaltungen. Die bisherige Fassade bot dort keine Eingänge und wirkte dann doch eher abweisend.


    Selbst wenn Befindlichkeiten ausschlaggebend gewesen wären - "Hinter der katholischen Kirche" klingt auch nicht gerade nach einem repräsentativen Namen im Zentrum der deutschen Hauptstadt. Hier hätte sich also ein neuer, gerne auch versöhnlicher Name im Sinne der Idee des Gesamtprojekts angeboten.

  • Wie infantil ist Architektur eigentlich geworden?


    Warum infantil? Die beiden ovalen Ebenen resultieren ja nicht einfach nur aus einer infantilen, modernistischen Laune. Vielmehr soll den Zuschauern ein optimales musikalisches Erlebnis geboten werden. Durch die ovale Anordnung gibt es keine Hinterbänkler mehr. Alle Zuschauer rücken nah ans Orchester ran und können das Klangerlebnis genießen.


    Übrigens: Auch der Dt. Bundestag im Reichstagsgebäude hat das Prinzip "rund trifft eckig". Der Plenarsaal ist nämlich rund und befindet sich in einem eckigen Gebäude. Das genau gleiche Prinzip hatte auch der Bonner Plenarsaal. Und möchtest du jetzt behaupten, dass die Architektur des Deutschen Bundestags infantil ist? Letztendlich bildet die runde bzw. ovale Anordnung einen demokratischen Prozess ab. Die Aufteilung in "gute" vordere Plätze und "schlechte" Hinterbänke entfällt. Das gilt für die politische Debatte im Parlament ebenso wie für das musikalische Klangerlebnis im Konzertsaal.

  • Das Runde muss ins Eckige...

    Das die äußere Form und die innere Gestaltung/Aufteilung eine Einheit bilden sollen und sich aufeinander beziehen sollten ist zwar eine der Grundforderungen der klassischen Moderne der Architektur.
    Insofern es zeitgenössissche Architektur angeht hat man dies Axiom doch schon längst wieder über den Haufen geworfen. Da wird mit Formen wieder so munter gespielt, dass diese selber wieder zum eher reinen Dekor werden. Insbesondere gilt dies ja für den Dekonstruktivismus, dessen Vertreter ja auch Frank Gehry ist. Das von ihm entworfene Gebäude der DZ-Bank am Pariser Platz hat eine sehr klassisch-streng moderne Rasterfassade hinter der sich ein skulptural runder Konferenzsaal verbirgt.


    In der modernen/zeitgenössischen Architektur hat sich inzwischen ein solcher Pluralismus ergeben, dass es unredlich ist nur von der "Klassischen Moderne" her zu argumentieren. Das ist dann wirklich infantil.


    Das äußere Form und innere Nutzung nicht immer zwingend in Einklang zu bringen sind liegt einfach in der Natur der Dinge, man muss man sich halt vielfach nach den vorhandenen Gegebenheiten des Grundstücks oder bestehenden Gebäudes richten. Und die praktische Nutzbarkeit ist wegen der besseren Sichtverhältnisse bei einem gerundeten Konzertsaal nunmal besser.
    Die Hedwigskathedrale nebenan müsste, was äußere und innere Form betrifft, doch eigentlich jeden Modernisten begeistern, aber der fühlt sich vermutlich trotz vereinfachtem Wiederaufbaufs wohl weiterhin vom oberflächlichem Dekor abgestoßen.;)

  • ^ Auch wenn Konstantin von "infantiler" Architektur in einem "vergewaltigten" Gebäude spricht – mit gefällt die Akademie sehr gut. Ich bin vor ein paar Monaten einfach mal hineingelaufen: Niemand hielt mich auf, und ich konnte mich nicht nur in der Lobby, sondern auch im – damals noch nicht ganz fertigen – Saal umgucken. Das Treppenhaus hat man in die teilweise freigelegte Struktur des Hauses hineingebaut; Träger und Mauerwerk liegen frei und man erkennt deutlich, dass es sich um ein modernes Werk handelt, nicht um ein Gebäude des 18. Jahrhunderts. Mir gefällt sowas, aber das ist sicher Geschmackssache.


    Auch den Saal finde ich mit seinem geschwungenen Oberrang sehr elegant, auch wenn man es mit dem Holz vielleicht etwas übertrieben hat und die gemusterte Bestuhlung eher modisch ist als klassisch. Aber das kann man ja bei der ersten Renovierung in ein paar Jahren problemlos korrigieren.


    Ein bisschen dicke finde ich die symbolische Aufladung der Architektur durch Meister Barenboim ("Hier werden wir eine Gemeinde"). Den Anspruch, in Berlin mit Hilfe von Musik und Philosophie den Nahost-Konflikt zu entschärfen, halte ich für überfrachtet. Aber das ändert nichts daran, dass die Stadt einen großartigen, neuen Kammermusiksaal bekommt. Freue mich schon sehr darauf, dort ein Konzert zu hören.

  • ^wollte ich fast genauso schreiben. Nur, dass ich gerade von der Holzoptik sehr begeistert bin.


    Ich finde persönlich, dass das eines der schönsten Kulturprojekte in Berlin in den letzten Jahren überhaupt ist und dafür erhält es fast schon etwas wenig Aufmerksamkeit. Und Maestros sind nun einmal extravagante Persönlichkeiten, daher sei ihm der Pathos gegönnt.


    Infantiles kann ich hier nirgendwo erkennen. Zumal dieser Bau eine freihändige, wenn auch wirklich gelungene, Nachkriegsschöpfung Paulicks ist, das ist genau der richtige Ort für unkonventionelles Schaffen im Rücken des staatstragenden Staatsoperbetriebs.

  • Hier ein Bildchen vom leeren fertigen Saal.


    Über die Polsterung der Stühle kann man sicherlich geteilter Meinung sein und ich mag sie nicht so sehr.
    Das viele Holz mit den Vorteilen für die Raumakustik hingegen gefällt mir ganz gut, soweit sich das aus der Photo- und Filmkameraperspektive beurteilen lässt. Das Oval und die Nähe zum Orchester machen mich neugierig und sprechen mir sehr an. Ich werde bei meinem nächsten Besuch in Berlin versuchen diesen mit einem Konzertbesuch im neuen Saal zu verbinden. Und insgesamt finde ich, dass dies als Erbe des Magazinbaus einen Fortschritt und auch ein Geschenk an Berlin darstellt.


    Allerdings was den Einbruch, oh Verzeihung, den Eingang der Akademie in der Französichen Straße angeht, so finde ich hat man da einen Frevel begangen. Wenn vielleicht darüber hier einen Eingang zu schaffen diskutiert werden kann, was die Notwendigkeit angeht, aber die jetzige Lösung in ihrer Formensprache ist dann doch auch für mich eine Vergewaltigung des Gebäudes.

  • Die ehem. Intendanz von Richard Paulick ist als Baudenkmal eingetragen.


    Im "Einklang" mit dem Denkmalschutz ist daraufhin aus Kostengründen ein Drittel des Baus abgerissen und neu wiederaufgebaut worden (billiger als Sanierung des Bestandes). Zudem wurde das vollständige Innere entkernt und durch einen neuen Bau ersetzt. Konsequenter Weise hat man anschliessend die Eingangsseite zur französischen Seite hin modern überformt.


    Diese Eingriffe in das Baudenkmal sind aus Sicht jedes Denkmalpflegers völlig intolerabel und nicht genehmigungsfähig. Einzig die Eigentümer- und Bauherrenschaft in einer Hand, nämlich der öffentlichen, führte zu dieser fast vollständigen Überformung des Baudenkmals.

  • ^Konstantin, da musst du einräumen, dass man da auch hin- und hergerißen sein kann. Es gab da IMHO ganz andere Fälle, wo man sich gedacht hat "also einem privaten Bauherren hättet ihr sowas nie erlaubt".


    Wenn wir uns nochmal den Zustand vor den Arbeiten anschauen:


    https://upload.wikimedia.org/w…baeude_der_Staatsoper.jpg



    und nun die Veränderung an der Fassade:


    http://www.rbb-online.de/conte…ade-c-volker-kreidler.jpg


    dann empfinde ich das als eine Aufwertung der vormaligen "Seitengassen-Situation". Mehr noch, die Gestaltung Paulicks gerade hier schrie geradezu danach, hier einen Eingang einzubauen. Die hier höhere Dachkante, mit dem Schmuck obenauf, die zurück springende Fassade - ist das nicht klassische Fassadengestaltung um ein Entrée zu flankieren?


    Aus einer Wand in einer Seitengasse wurde ein eigenständiger Gebäudeflügel mit eigenständigem Entrée und einem neuen Konzertsaal dahinter. Das hätte IMHO auch Paulick gefallen. Über die Gestaltung im Detail kann man streiten, aber gerade um sich von Paulicks Originalentwurf abzusetzen und klar zu machen, dass es sich um einen zeitgenössischen Umbau handelt, finde ich sogar wichtig, diesen Eingang nicht historisierend gestaltet zu haben.


    Ob das so betont lieblos im "Technostyle" sein musste, darüber kann man, wie gesagt, schon streiten. Könnte auch das Vordach und die Türen zum Geldautomaten-Vorraum einer Sparkassenfiliale aus den 70ern sein. Da hat man sich einfach keine Mühe gegeben. Den Aufbruch der Fassade als solches finde ich aber trotzdem gut. Diese Gestaltung muss ja nicht ewig so bleiben.


    Für alle Nicht-Berliner, die nicht so bald den Saal besuchen werde können, hier eine Nahaufnahme der umstrittenen Sessel:


    http://www.rbb-online.de/conte…te0/berlin/CAKF5969_b.jpg


    hat tatsächlich etwas von "Stadtbus-Sitzbezug".


    Trotz aller Kritik im Detail ist das für mich ein gelungener und sympathischer Gegenentwurf zu Großprojekten wie der Elbphilharmonie.

  • Es gibt einen weiteren Filmbeitrag des RBB zum Pierre Boulez Saal, mit schönen Aufnahmen und Beiträgen zur Architektur in seiner Funktion als Kammermusiksaal. Und auch das Foyer bekommt kurz zu sehen. (Verfügbar bis zum 21.03.)
    Link

  • Wer jeden Tag dran vorbei fährt, mag es gar nicht glauben wollen. Die Berliner Zeitung berichtet, dass die Staatsoper laut Kultursenator Klaus Lederer (Die Linke) am 3. Oktober wiedereröffnet werden soll.

  • Im Unterschied zur Meldung der Berliner Zeitung ist der Tagesspiegel ob des Eröffnungstermins weniger zuversichtlich. Es mehren sich die Zweifel, ob die geplante Eröffnung am 3. Oktober 2017 tatsächlich gelingen wird. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks hat jedenfalls gemeldet, dass ihr für den 16. Oktober geplantes Gastkonzert Unter den Linden verschoben sei, „da das Haus nach der Wiedereröffnung noch nicht voll bespielt werden könne“.


    Ursprünglich wollte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Bauen im März ggü. dem Tagesspiegel auskunftsfähig sein. Nun hüllt man sich in Schweigen.


    http://www.tagesspiegel.de/kul…lten-werden/19599754.html


    Die Sanierung der Staatsoper bleibt somit dem BER als Lachnummer Berlins dicht auf den Fersen.

  • Laut RBB Abendschau Beitrag vom 03.04. ist es wohl schon amtlich dass "eine feierliche Schlüsselübergabe" zwar am 3.10. erfolgen könne, der Spielbetrieb aber frühestens im Dezember 2017 beginnen können wird. Grund sollen Probleme mit der Bühnentechnik sein.


    Nennt man heutzutage neudeutsch wohl Soft opening :lach:


    Herr Lederer und Frau Lüscher waren nicht zu einer Stellungnahme erreichbar.


    Auch ist nicht klar wie und wann dann die Kudamm Bühne ins Schillertheater wechseln kann wenn dort die Abrissbirne schwingt, das Schillertheater aber noch nicht freigezogen ist...

  • ^Es ist ja einerseits ein schöner Luxus, dass man mit dem Schillertheater ein komplettes, funktionstüchtiges quasi leerstehendes Theater zur Verfügung hat, das als Ausweichstätte für alle möglichen Theaterbetriebe der Stadt, die gerade umgebaut werden, herhalten kann, aber gibt es eigentlich Pläne, dieses sehr schöne Theatergebäude langfristig auch wieder als eigenständiges Theater zu bespielen? Es ist doch eigentlich viel zu schade, dieses Gebäude dauerhaft nur provisorisch zu nutzen.

  • Bzgl. evtl. späterer Eröffnung der Staatsoper: Wenn es am Ende Dezember 2017 wird, ist mir das herzlich egal. Auf die zwei Monate kommt es nun auch nicht mehr an.
    Nur hat man heutzutage ja immer das Gefühl, dass es dabei nicht bleibt. Sollte es dann ein deutlich späterer Termin (oder gar ein nicht spezifizierter) werden, wäre das ein weiteres Trauerspiel für Berlin.
    Bisher möchte ich aber noch optimistisch bleiben... ☺️

  • Die Staatsoper hat kürzlich weitere Hüllen an der West- und Südseite fallen lassen. Es geht sichtlich sehr langsam voran, aber immerhin geht es voran. Es folgen nun einige Eindrücke des heutigen Nachmittags.




    Die Außenanlagen am Bebelplatz östlich der Sankt-Hedwigs-Kathedrale sind bereits seit einiger Zeit fertiggestellt und hinterlassen einen sehr guten Eindruck.




    Im Vergleich zum Vorzustand fällt auf, dass die Gehwege verbreitert worden sind. Die ehemaligen Lampen sind wieder integriert worden.



    Auf der Ostseite der Intendanz und der Barenboim-Said-Akademie wird auch noch an allen Ecken und Enden gewerkelt. Der Aufwand scheint hier aber wesentlich übersichtlicher.



  • Warum nehmen die das Gerüst runter, obwohl noch nicht fertig gestrichen ist? Komisch, vielleicht ein Wandergerüst?


    Die birnenförmigen Leuchten finde ich nicht schön, sind aber wohl Paulick.