Museumsinsel und Erweiterungsbauten (James-Simon-Galerie)

  • Nichts gegen Neubauten die in Altbaustrukturen integriert werden. Für mich ist das hier einfach eine Frage des Geschmacks, und den meinigen trifft Chipperfield mit seinem Eingangsgebäude überhaupt nicht. Hat halt was von einer Baracke.

  • Zitat von Ernst


    Fällt vielleicht jemandem doch noch etwas ein, was sich irgendwo zwischen Glascontainern und "dumpf historisierend" bewegt?


    hoffentlich den architekten ;)


    @nitsche: Was ich nicht ganz verstehe ist der von Dir erkannte krasse Kontrast; in der Formensprache passt sich der Glasbau doch ganz gut an die klassizistische Fassade an (sieht man schön auf http://www.muar.ru/press_dossier/2004/water/water01b.jpg), etwas anderes wäre, auch "respekt"mäßig ( Ernst), ein Gebäude nach Manuel, das "provoziert und auffällt" (nicht, dass ich unbedingt was dagegen hätte). Zum Thema Adlon: Na ja. Vergleicht man mal das heutige Gebäude mit dem ursprünglichen, kommt einem doch das hässlich in den Sinn. Und das mit den Fotografien ist natürlich von uns Beiden Spekulation. Wenn es ein ganz normales Gebäude wäre, würde es kaum fotografiert werden - ganz anders sieht es da tatsächlich mit vielen modernen Bauten aus (jüdisches Museum, Potse, Botschaften, Reichstagskuppel, Kanzleramt, etc.) - auf die nächste Diskussion ;)

  • Mit Kontrast meine ich das Material. Pure Glasfassade - Steinbau.


    So und nu reichts, entschieden wird hier im Forum ja doch nicht, was gebaut wird ;)

  • Ach, wenn's nur das Material ist :)


    Und Du meinst wirklich, man könnte dieses Forum quasi schließen, weil hier ja eh nix entschieden wird?

  • Quatsch, natürlich möchte ich nicht dass das Forum geschlossen wird, weil hier nix entschieden wird. Das Forum ist für mich ein wichtiger Meinungs- und Informationsaustausch.

  • Die Museumsinsel ist doch über lange Zeit gebaut worden, oder? Und ich glaube mich erinnern zu können, daß das letzte Museum (Bodemuseum?) schon in einem anachronistischen Baustil errichtet wurde, weil zu dieser Zeit schon was völlig anderes vorherrschte...


    Wäre es dann nicht respektvoll, den Gedanken weiterzutragen, nämlich "dumpf historisierend" zu bauen, weil die Baugeschichte schon so war, anstatt Chipperfield einen... öh... Kasten hinstellen zu lassen? (Naja, ich mag Chipperfields Bauten leider überhaupt nicht)

  • Wissen wir überhaupt näheres über den Neubau? Hat sich mal einer die Rechtfertigung Chipperfields angehört? Wie sehen die Innenräume aus? Bietet es nicht eventuell bessere Ausstellungräume als es der Altbau je könnte?
    Wir sehen doch bloß diese verschwommenen Renderings die kaum etwas erkennen lassen.


    Abgesehen davon: was ruiniert denn der vermeintlich schlechte Entwurf? Das Neue Museum stellt nicht gerade dar, was ich als Glanzstück klassizistischer Architektur bezeichnen würde. Darüber hinaus wird "der Baukörper [des Neuen Museums] schmucklos ergänzt" (P. Meuser, Vom Plan zum Bauwerk, Berlin 2002)


    Ich kann mir, zugegebener Maßen, auch ein etwas expressiveres Gebäude auf kleinerem Grundriss als repräsentativen Eingang zur Museumsinsel vorstellen. Aber bevor ich ein Imitat vorhandener Bauten abliefere, versuche ich doch mit eigener Note das Bestehende zu ergänzen.


    Weniger gelungen finde ich den Ungers-Anbau des Pergamon-Museums.

  • Zitat von Manuel

    Und Historisieren ist für mich, zumal in Ergänzung zu historischem Baubestand, platte Lüge und Anmaßung auf der einen und mangelnder Mut und Identitätslosigkeit auf der anderen Seite.


    Was ist denn daran mutig, eine einfallslose Glaskiste hinzustellen, wie es derzeit (leider) die meisten tun, anstatt sich dem momentanen Trend bzw. diesem möchtegern-intelektuellen Gefasel zu widersetzen?
    Anmaßend bedeutet soviel wie arrogant. Es ist somit wohl eher anmaßend, 1. ein Gebäude (Neues Museum) noch mehr zu vestümmeln, als es ohnehin schon ist und 2. einen Neubau so zu bauen, dass man ein kultur-hist. und für die Insel viel bedeutenderes - wenn auch dann eben verstümmeltes - Gebäude so zu verstellen, dass man kaum noch was von ihm sieht, als sich nicht in den Vordergrund zu drängen, indem man total aus der Reihe tanzt.


    Zitat von stativision

    Würde hier ein schon ursprünglich vorhandenes Eingangsgebäude original rekonstruiert werden, wäre es ja ok.


    Immerhin stand dort der Packhof, der zwar schon vor längerer Zeit abgerissen wurde, den man aber auch rekonstrieren und zum Eingangsgebäude umfunktionieren könnte. Würde zwar auch den Blick auf das Neue Museum verstellen, aber immerhin in den Kontext passen.


    Zitat von LeFay

    Und ich glaube mich erinnern zu können, daß das letzte Museum (Bodemuseum?) schon in einem anachronistischen Baustil errichtet wurde, weil zu dieser Zeit schon was völlig anderes vorherrschte...


    Das letzte war das Pergamon Museum, welches um 1907 entworfen wurde. Allerdings dauerte die Bauzeit bis 1930, wo ja Bauhaus schon angesagt war. Obwohl, Baupläne werden/wurden wohl eher selten mittendrin so extrem geändert, oder...?



    P.S. Ich habe immer wieder/immer mehr das Gefühl, die Modernisten sind viel intoleranter, als die Traditionalisten. Baut man einen modernen Neubau (z.B. die ganzen am Leipziger Platz), sagen die Traditionalisten meist - natürlich auch nicht immer - Sachen wie "langweilig, aber erträglich...", "nicht grad das originellste, aber ok..." usw. und häufig geht es auch eher um die Gesamtwirkung, als unbedingt um das einzelne Gebäude (Eingangsgebäude). Entsteht hingegen ein historisierender Neubau oder gar eine Reko (Aldon, Palais' neben BbT, Stadtschloss etc.), heißt es von den Modernisten in den meisten Fällen gleich "hässlich, verlogen, rückwärdtsgewandt!" und all so'ne extremen Kommentare.

  • mh, da hab ich wohl eine ganz schöne Diskussion vom Zaun gebrochen. Was ich eigentlich mit aufdringlich gemeint hatte ist zum Beispiel einfach die Höhe des Gebäudes. Man hätte sich hier doch zum Beispiel an den Maßen des alten Packhofes orientieren können. Zum anderen ist der Entwurf auch wie schon oft hier gesagt einfallslos. Denke einfach das die Leute dran vorbeikommen werden und sich fragen, was dieses Gebäude denn jetzt hier soll? Vielleicht hätte man auch einen Eingangsbereich schaffen können, der leicht in den Boden versenkt ist (ähnlich der Pyramide am Louvre). Auf jeden Fall finde ich, dass da einfach ein Bau hion sollte der dem Ensemble würdig wird. Ob nun modern oder historisierend ist dabei doch völlig egal. Die Wirkung muss stimmen und das tut sie meiner Meinung nach beim Chipperfield-Entwurf nicht.

  • Bevor wir alle total wild über Maße etc. rumdiskutieren: Hat einer konkrete Angaben über den "Packhof" (meines Wissens nach alles andere als ein Eingangsgebäude zur Museumsinsel) und vor allen Dingen konkreter Angaben über das Chipperfield-Gebäude außer den paar (eher unaussagekräftigen) Rendering im Thread? Das wäre toll und Danke dafür :)
    Zum Beispiel das Argument, das Ding unter die Erde zu verlegen: Soweit ich mitbekommen habe, ist das doch geplant, oder? Soll heiße, das Chipperfield-Teil verbindet die Museumsinsel auch unterirdisch mit dem Eingangsbau...?


    Ansonsten: Keiner der sog. Modernisten (ich habe übrigens sehr viel für gute Altbauten übrig) bezeichnet alle moderne Bauten (in z.B. Berlin) als mindestens durchschnittlich. (den Leipziger Platz würde ich als "Unplatz" bezeichnen, die Hälfte des Potsdamer Platzes kritisiere ich und die Friedrichstr. bis auf Lafayette ebenfalls; und der Chipperfield-Enwurf stellt für mich alles andere als ein Nonplusultra dar, aber um mir ein wirkliches Bild zu machen, gibt es noch zu wenig konkrete Entwürfe - genausowenig wie irgendeiner beim Stadtschloss gesagt hat: Hässlich. Rückwärtsgewandt MUSS eine solche Architektur aber bitte doch zwangsläufig sein!) Bitte keine Polemik also, ich versuche, derartige Argumente auch zu umgehen, obwohl sie sich manchmal wirklich anböten - man versuche nur mal obiges Argument auf die "Historisten" anzuwenden, die jeden Altbau toll finden...

  • Die Museen werden so oder so unterirdisch miteinander verbunden. Und wenn man sich die Planungen auf http://www.museumsinsel-berlin.de ansieht, dann wird das Eigangsgebäude noch überflüssiger. Demnach dient es in erster Linie lediglich als Eingangsalternative zum Pergamonmuseum. Einen weiteren Eingang könnte vielleicht auch im Rahmen des Neubaus des 4ten Flügels unterbringen. Und ob sich die Besucher nun hier oder da stauen, macht ja wohl kaum einen großen Unterschied ;)...Zudem kann man ja durch die "Archäologische Promemade" auch das Pergamon, sowie auch die anderen Museen erreichen.
    Und die zusätzl. Räume...Es gibt doch die Kasernen oder irgendwann auch das Schloss. Da werden bestimmt genug Räume zur Verfügung stehen, wo man das ganze bestimmt. ebenso gut unterbringen kann. Das gesparte Geld könnte man dann für eine angemessene Reko des Neuen Museums nutzen und die Fläche zum Wasser hin als ein Skulpturengarten oder sowas nutzen...Das Teil könnte somit im Grunde doch wegfallen bzw. kleiner ausfallen...


    http://www.bildindex.de/bilder/MI03726g08b.jpg ist ein Bild vom Packhof, stativision. Ist bestimmt auch nicht grad als Eingang geeignet, aber immerhin würde es sich in die unmittelbare Umgebung einfügen. Aber wie gesagt, es verstellt das Neue Museum ebenso, wie das von Chippy. Insofern...


    @P.S. Es geht 1. nicht nur um Berlin, sprich Friedrichstr., Museumsinsel etc.. In anderen Threads gibt es ebensolche Diskussionen über dasselbe Thema. Und 2. habe ich mich auf die Einstellung zu mod. bzw. trad. Neubauten und nicht zu Altbauten bezogen. Aber das ist mir nur so nebenbei aufgefallen und sollte nicht von eigentl. Thema ablenken!

  • Ben, ich stimme dir voll und ganz zu.


    Der Ungers-Flügel für das Pergamonmuseum sieht aus wie Ungers. Nichts gegen eine eigene Handschrift, aber bei Ungers ist es doch mittlerweile wirklich egal ob er ein Trafohäuschen oder eine Kathedrale plant - es sieht immer gleich aus und erdrückt in diesem Fall meiner Meinung nach den Eingangsbereich des Museums, der zu einer niedrigen Unterführung verkommt - alles andere als einladend. Oft ist zu lesen, dass Ungers damit nur die alten Pläne Messels umsetzen würde, aber so weit ich weiß hat dieser an dieser Stelle nur einen Säulengang geplant, der sehr einladend aussah. Was ist eigentlich mit dem vorgesetzten Foyer? Bleibt das jetzige von 1982 oder plant Ungers einen Neubau - in den Modellen ist da kein Unterschied zu erkennen. Welche Funktion soll denn das Forum haben, das dann nur noch ein Innenhof ist?


    Ständig ist auch hier zu lesen, wie wichtig dieser vierte Flügel und das neue Eingangsgebäude seien. Aber warum eigentlich? Für meinen Geschmack wird viel zu wenig über die Grundkonzeption gesprochen.
    Es gibt zwei gegensätzliche Austellungsmodelle: Im Louvre oder den Vatikanischen Museen wird nur eine relativ kleine Auswahl gut präsentiert gezeigt, die Wege der Besucher wurden so angelegt, um möglichst viele Menschen möglichst problemlos möglichst schnell durch die Museen zu lotsen, eine weitgehnede Orientierung an dem internationalen Tourismusmarkt. In London dagegen, ob National Gallery oder British Museum, hat man bewusst auf eine solche Lenkung (die auch nicht wirklich funktioniert) verzichtet. Robert Anderson, Direktor des British Museums, erklärte, dass er zwar den Besuchern allen Komfort zur Verfügung stellen wolle, "nur eins fordern wir: Sie müssen selbst auswählen, was Sie sehen wollen." Übrigens mit dem Erfolg, dass ein sehr großer Teil der Besucher Londoner sind, die immer neues in der Fülle ihrer Museen (wieder)entdecken. Berlin geht noch viel weiter als Paris oder Rom, ein Schnelldurchgang soll es sein, die Höhepunkte in nur 40 min - ideal für den Tagestouristen, der Sehenswürdigkeiten abhaken will.
    Aber muss denn dem Besucher mundgerecht sein Weg Schritt für Schritt vorgegeben werden? Wäre es nicht spannender, jeden selbst entdecken zu lassen, mit zahlreichen Ruhemöglichkeiten, stillen Winkeln? Und wenn man schon diese allein auf Touristen abzielende Fast Food-Kultur will - lässt sie sich wirklich so planen?


    Beim Eingangsgebäude von Chipperfield (obwohl es bereits fünf Haupteingänge gibt) hoffe ich einfach, dass das nur eine Planungsstudie ist - bis 2015 fließt noch viel Wasser die Spree herunter... Selbst auf den Simulationen, die für das Ding werben sollen, sieht es langweilig, trist und klotzig aus - und alles andere als transparent.
    Einen historisierenden Entwurf wie den von Patzschke lehne ich ab, mir gefällt allerdings die Treppe zum Wasser, während der Eingangsbau von Chipperfield aus dieser Nähe zur Spree gar nichts macht.
    Auch für mich wäre eine Rekonstruktion von Schinkels Packhof ein Eingangsgebäude, das ideal zum Neuen Museum passen würde. Ich meine nur das südliche Wohnhaus - nicht den Hof mit seiner Mauer. Während der Chipperfield-Bau die gesamte Länge des Neuen Museums verdecken würde, hat der Packhof (Wohngebäude) nur die Länge eines Flügels, schon das Eingangsportal wäre unverdeckt - so plante bereits Ludwig Hoffmann 1912. Einen kleinen Platz mit Bäumen, zum Kupfergraben offen zwischen Packhaus und Pergamonmuseum fände ich dann weitaus schöner als den sterilen Chipperfield-Klotz.


    Zitat von Manuel

    Wir leben im 21. Jahrhundert. - Das ist unsere Zeit, unsere Stadt und unsere Sprache. Unsere Identität. Und wir können nicht die Identität des 19. oder 20. Jahrhunderts leben. (...) Architektur muss immer ein Spiegel der Zeit sein.


    Ich kann nicht für alle reden, aber der Chipperfield-Bau ist weder Ausdruck meiner Identität noch meiner Sprache. Wer sollte sich denn überhaupt anmaßen zu bestimmen, welche Architektur "unsere" Zeit, "unsere" Stadt, "unsere" Sprache, sogar "unsere" Identität widerspiegelt? Die Architekten in den Berliner Wettbewerbsjurys, die sich gegenseitig die Aufträge zuschieben? Architekturprofessoren, die in den letzten Jahrzehnten so eifrig mitgewirkt haben, historische Bauten und gewachsene Strukturen (kurzum: Identität) zu vernichten? Wessen Identität meinst du überhaupt? Geht es um den Geschmack der Bevölkerungsmehrheit (schließlich leben wir in einer Demokratie)? Die würde in Berlin sicher den neuen Hackeschen Markt oder das Adlon (das mir nicht gefällt) als die besten Neubauten prämieren. Gibt es in einer pluralistischen Gesellschaft überhaupt den einen Baustil als Verkörperung des Zeitgeistes? Was ist denn, wenn nach den schlechten Erfahrungen der letzten Jahrzehnte gerade eine kritische Haltung gegenüber der Moderne Spiegel unserer Zeit ist?


    Du hast für die Museumsinsel einen mutigen, unangepassten Neubau gefordert. Kennst du den Entwurf von Frank O. Gehry, der den vierten Platz bei dem Wettbewerb 1994 gemacht hat und der Favorit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz war? Auch mich hat der kühne Entwurf zuerst begeistert, aber nicht auf Dauer überzeugen können, weil er zu wenig Rücksicht auf die bisherige Museumsinsel nahm. So kühn, modisch und ansprechend der Entwurf 1994 noch wirkte, so hat sich schon jetzt der "Bilbao-Effekt" abgenutzt, auch weil mittlerweile zahlreiche Gehrys in Deutschland zu finden sind.


    Zu den Sanierungsplänen des Neuen Museums äußere ich mich lieber nicht im Detail - die finde ich einfach nur dumm und barbarisch.


    Ein schönes WE wünscht euch
    Vertigo

  • Zitat von Vertigo


    Aber muss denn dem Besucher mundgerecht sein Weg Schritt für Schritt vorgegeben werden? Wäre es nicht spannender, jeden selbst entdecken zu lassen, mit zahlreichen Ruhemöglichkeiten, stillen Winkeln?


    Das wird es nach diesen Plänen ja auch weiterhin geben, mit dem "Schnelldurchlauf" nur als eine Zusatzoption. Und wenn dadurch auch nur ein Nichtmuseumsgänger in diese Kultur hineingeführt wird, dann ist es das schon wert. Perfekt übrigens auch für Kinder und Jugendliche.


    Zum Eingangsgebäude: Es könnte tatsächlich etwas kleiner geplant werden und noch etwas transparenter.

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    Perfekt für Kinder wäre eine ansprechende Museumspädagogik, die anschaulich und spielerisch einen Zugang zu den Kunstwerken vermittelt - dafür braucht man Zeit, Bewegungsfreiheit und freie Sicht, um etwas entdecken zu können. Wenn die geschätzen 4 Mio. Besucher pro Jahr sich auf einen 40minütigen Rundgang konzentrieren, wird es zumindest da ziemlich voll und ungemütlich - und gerade Kinder werden dann die Werke wohl nicht einmal sehen können.


    In Paris und Rom hat man das Projekt der zentral gelenkten Besucherströme aufgegeben und Nebeneingänge geöffnet - so wie es ja in Berlin mit dem Haupteingangsgebäude und den fünf Einzeleingängen auch geplant ist. Jeder einzelne Museumseingang braucht auch Garderoben, Toiletten, etc. - meiner Meinung nach sollte man erstmal schauen, ob überhaupt Bedarf entsteht, bevor man auf gut Glück das Gefüge der Museumsinsel mit einem zu großen Neubau stört. Eine weitgehend historisch genaue Rekonstruktion des Neuen Museums halte ich erstmal für wichtiger, ein nachträglicher Bau (mit Anbindung an die unterirdische Promenade) sollte auch nach der Fertigstellung aller Museen kein großes Problem sein.

  • Die Prüfung, ob ein großes Eingangsgebäude für die Museumsinsel sinnvoll ist, bzw. ob daran Bedarf besteht, ist allerdings mittlerweile erfolgt. Es wird auch nicht erst seit wenigen Tagen darüber gesprochen.


    Und auch die Frage, ob der vierte Flügel am Pergamonmuseum sinnvoll ist, wurde diskutiert und positiv entschieden.

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    1994 hat man sich für den Entwurf von Grassi entschieden - gebaut wurde trotzdem nicht, weil man sich dann 1997 für einen ganz anderen Entwurf entschieden hat. Gerade in Berlin wurden doch schon viele Entscheidungen revidiert (oder dreimal durch den Bundestrag bekräftigt). Und wenn sich alle Prüfungen auch mit der Realität decken würden, warum steht dann gerade in Berlin so vieles leer oder muss schließen?


    Ich verstehe deinen Hinweis nicht so ganz - natürlich gibt es Entscheidungen, natürlich gibt es diese Diskussion (wie so viele andere) seit Jahren - aber in der öffentlichen Diskussion habe ich eine Alternative zu der Präsentation wie im Louvre kaum gehört.
    Das ist doch hier ein Diskussions- und Austauschforum - darf man nur solange diskutieren, bis eine Entscheidung gefallen ist? Dürfen getroffene Entscheidungen hier dann nicht mehr bedauert oder in Frage gestellt werden?

  • Natürlich soll man hier diskutieren. Aber Deine Äußerung war ja: meiner Meinung nach sollte man erstmal schauen, ob überhaupt Bedarf entsteht. Das stört mich. Es ist (nicht nur in Berlin) darüber diskutiert worden, ob Erweiterungsbauten (Zentrales Eingangsgebäude, 4. Flügel im Pergamonmuseum) sinnvoll sind oder nicht. Und es ist lange und gründlich darüber diskutiert worden, in allen möglichen Medien und Foren. Die Frage wurde ganz klar mit ja beantwortet, es besteht eigentlich dringender Bedarf speziell am Eingangsgebäude.

  • Vertigo: Man wird sehen, ob es auch irgendwas für Kinder (es müssen ja nicht unbedingt 8-jährige sein, auch und besonders Jugendliche sollten dafür aufmerksam gemacht werden) geben wird, das kann ich aus den jetzigen Plänen nicht erkennen. Komischerweise widersprichst Du dir ein wenig selber, indem Du eingestehst, dass es viel Platz Bedarf, um ansprechend Kunst zu präsentieren, das Eingangsgebäude aber lieber durch die kleinere Packhofversion ersetzen würdest. Das ganze Museumskonzept Berlins braucht bestimmt sehr viel Platz, will man nicht wieder nur Stückwerk zeigen und alles mehr oder weniger sinnlos in der ganzen Stadt zu verteilen. Wenn der Platz im Eingangsgebäude so genutzt wird, wie geplant, halte ich das grundsätzlich schon für sinnvoll (obwohl von außen ein kleineres Eingangsgebäude einen besseren Eindruck machen würde). Das mit den 4 Mio. Besuchern halte ich für eine sehr wohlwollende Schätzung, aber man muss natürlich Kapazitäten haben, in 20 Jahren könnte das ja tatsächlich der Realität entsprechen (momentan sind es ja "nur" um 1 bis 1,5 Mio.).


    Dennoch: Angesichts der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von um 2 Tagen pro Tourist halte ich solch einen "Schnelldurchlauf" für sehr sinnvoll. Wie oft war ich schon ein bis zwei Tage in anderen Städten und wäre ins Museum gegangen, wenn ich wüsste, dass ich alle Highlights in einer Stunde präsentiert bekäme - gründlicher kann man es immer noch machen, wenn man länger verweilt. Ich glaube, nicht wenige Berliner Touristen denken ob der Fülle von Sehenswürdigkeiten hier genauso. Und ist man erst einmal auf den Geschmack gekommen.....


    Das mit dem erst einmal sehen, ob Bedarf entsteht, sehe ich skeptisch. Es gibt ja offensichtlich Bedarf, wenn ich die orientierungslosen Massen von Touristen um die Museumsinsel herumlaufen sehe - aber ich weiß natürlich auch, dass das zu einem Großteil auch der Renovierung des neuen Museums geschuldet ist. Trotzdem sehe ich bei der doch eher verwirrenden Gesamtgestaltung der Museumsinsel eine Notwendigkeit einer mehr oder weniger lenkenden, informationsgebenden Instanz.


    Beim neuen Museum wird man sehen, was tatsächlich rauskommt. Oft tut eine erneuerte Innenarchitektur (oder meinst Du nur die Außenarchitektur?) dem Museum ja gut.

  • Ich habe nichts grundsätzliches gegen einen vierten Flügel im Pergamonmuseum oder ein zentrales Eingangsgebäude, beides bedingt sich auch, denn durch den vierten Flügel wirkt der frühere Haupeingang von außen so abweisend, dass man ein neuen Haupteingang braucht.
    Mich stört das umstrittene Konzept einer "Touristenrennbahn" und die Wucht des Eingangsgebäudes: Der Osten der Museumsinsel ist eine schöne Parkanlage, der Westen der Insel wird dann durch ein weiteres Gebäude, das bis an den Kupfergraben reicht, "verdichtet" - es gibt kein Grün, keinen Platz, keinen Weg am Wasser. Es ist ja durchaus sinnvoll, Serviceeinrichtungen in ein zentrales Eingangsgebäude zu verlagern, um in den Museen selbst mehr Platz zu schaffen, z.B. Kassen, Garderobe, sanitäre Anlagen, Museumsshop, ein Restaurant - aber für das Eingangsgebäude ist noch viel mehr vorgesehen: Räume für Wechselausstellungen, ein großes Auditorium, ein Medienzentrum - was immer sich dahinter verbergen mag. Generaldirektor Schuster will dort sogar "Platz für Geselligkeiten, mietbare Locations". (Im selben Interview sprach Schuster sogar von in Zukunft jährlich 5-6 Mio. Museumsinselbesuchern jährlich.) Wenn ohnehin erst 2015 mit dem Bau angefangen werden soll, dann kann man doch solche Räume verlangern, etwa auf die Museumshöfe oder ins Stadtschloss, für Wechselaustellungen ist ohnehin das Obergeschoss des Alten Museums verplant - dann würde vielleicht ein Eingangsgebäude in der Größe des Packhof-Wohngebäudes ausreichen. Wenn das Stadtschloss mal wieder stehen sollte und die außereuropäischen Sammlungen beherbergt, dann gibt es ein riesiges Museumsareal: Museumsinsel, Stadtschloss, DHM, Humboldt-Uni, Museumshöfe, Staatsbibliothek, Architekturmuseum in der Bauakademie (?), Friedrichwerdsche Kirche... das sollte im Blick behalten werden, nicht nur die eigentliche Museumsinsel.
    Die Kritik an der Sanierung des Neuen Museums bezieht sich darauf, dass Kriegs- und Verfallsschäden z.T. nicht behoben, sondern konserviert werden (weil das so "authentisch" ist) und selbst zentrale Räume wie z.B. die Treppenhalle nicht rekonstruiert werden sollen. Die Neubauergänzungen sind betont schmucklos. Chipperfield sagt über dieses Konzept: "Ruinen strahlen oft eine größere Energie aus als intakte Bauwerke, da ihre Materialität deutlicher hervortritt und so die konstruktive Gestalt und Stärke anschaulich wird. Ich sehe eine Gefahr darin, dass dieser Eindruck durch eine gewisse kosmetische Schönung der Ruine verloren geht. [...] An manchen Stellen müssen wir sicher einige Linien wiederherstellen, wobei klar erkennbar bleiben muss, dass diese Ergänzung neu ist."
    Allein ein Vergleich der früheren Treppenhalle und der geplanten, die aussieht wie eine Fabrikruine, halte ich für eine solche Sammlung für vollkommen unangemessen. Aber es gibt ja immer Leute, die meinen man würde den Zweiten Weltkrieg negieren, nur weil man ein Gebäude in seinen ursprünglichen Zustand versetzt (Chipperfield nennt das "synthetische Restaurierung").