Rahmenplan "Innenstadtkonzept Frankfurt"

  • Bei der ganzen Diskussion fehlt es mir ein wenig an Zahlen und Fakten - habe ich die übersehen?


    Klammer auf:
    Mein Alltagserleben ist so, dass man die zweite Spur im Regelbetrieb kaum braucht. Wenn ich als Fußgänger vom Paulsplatz Richtung Zeil gehe, stehen da immer nur wenige Autos an der Ampel, und wenn ich mit dem Auto in der Stadt unterwegs bin, komme ich kaum mal auf die Berliner -. ich lande noch eher am Mainkai.
    Klammer zu.


    Die entscheidende Frage ist aber:
    Wie viele Autos sind es, die täglich die Berliner Straße befahren, und würde es nicht genügen, nur an den Kreuzungen eine Aufweitung auf zwei+x Spuren vorzusehen?


    Den Durchgangsverkehr komplimentiert man ja ohnehin weitestgehend auf den Cityring.


    Wie auch immer:
    Ich denke, die Diskussion sollte sich zunächst mal auf Zahlen stützen, und da habe ich gerade im FR-Artikel die Zahl 36.000 PKW/Tag gefunden.
    Es gibt doch sicher irgendwo belastbare Simulationen, was nach einer solchen Maßnahme zu erwarten ist, und außerdem Vergleichswerte von anderen Straßen mit einer oder zwei Spuren. Daran sollte man sich orientieren.


    Zurück zu Mutmaßungen und Meinungen:
    Nach der Sperrung der Hauptwache bin ich ein bißchen vom Saulus zum Paulus geworden. Die Aufenthaltsqualität dort ist mit weniger Autos und weniger Teer um Längen besser geworden, sodass ich es in der Nähe der Paulskirche - einer Ikone der Deutschen Geschichte - für absolut angezeigt halte, die Aufenthaltsqualität dort ebenfalls zu verbessern.

    Einmal editiert, zuletzt von Metropolit () aus folgendem Grund: Im FR-Beitrag war eine Zahl, die weiterhilft

  • Eine der effizientesten Verbindungen von der Hauptwache zum Eisernen Steg führt über Katharinenpforte, Kornmarkt, Buchgasse...


    ...Wo wir wieder beim Thema der öden Nachkriegsbauten sind. Das wäre die untere Buchgasse - wieso sollte ich (oder sonst jemand) für diesen Anblick nach Frankfurt reisen, wenn genau dasselbe aus dem Fenster in meiner vorstädtischen Billighäuser-Wohnsiedlung zu sehen ist? In den EGs gibts nichts, nur Balkonien.
    Die entstehenden Neubauten schaffen aber keine Abhilfe - etwa in der Mainufer-Gestalzungssatzung werden genau jene Weißputz-Rasterfassaden festgeschrieben, die ohnehin massivst überall hingeklotzt werden - unter diesen Umständen würde selbst Abriss und Neubau keine Verbesserung bringen. Unter dem Link sieht man eine schöne Kirche am Ende der Straße und traurige Turmreste im Hof rechts davon - davor wird ein Neubau errichtet. Sofern ich mich an die Visualisierungen hier im DAF erinnere, ist dieser Neubau öde.
    Dann der Kornmarkt - kaum zu glauben, dass das noch die Altstadt sein soll. (Der Römer befindet sich kaum 150 Meter weiter östlich.) Mit der Berliner Straßenbreite und dem Theatertunnel könnte auch diese städtebauliche Irrung fallen - zugunsten eines Kornmarkt-Platzes zum Verweilen. Gerade hier wird der Platz verschwendet - was an der Höhe des Baus am Kornmarkt an Baumasse künftig weniger wird, kann man anschließend westlich gut verteilen.

  • Was Du da vorschlägst ist ja alles ganz schön und gut. Da sind wir uns ja auch weitgehend einig.


    Was mir fehlt, ist ein für die ganze Stadt gangbarer Weg dahin. Die Annahme, man könne die Straße verengen und damit den Verkehr, der dort fließt, einfach wegdefinieren ist nicht brauchbar.


    Der Verkehr der an der Hauptwache abgeklemmt wurde, fließt jetzt zusätzlich durch die Bankenschlucht und über die Hochstraße.
    Für den Verkehr, der einst über die Zeil floss, wurden die Cityringe "ertüchtigt" indem man sie in teils dreispurige Einbahnstraßen umwandelte (mein Kindergarten geht seither nicht mehr mit den Kindern in den Anlagenring zum Spielen, die Querung der Bleichstraße gilt als zu gefährlich).


    Also weiter die Frage: 36000 Fahrzeuge pro Tag, angenommen 2/3 tagsüber also zwischen 8 und 20 Uhr. Macht 1000 Fahrzeuge je Stunde und Richtung. Ein Drittel, höchstens, schätze ich, ist Anlieger- und Parkhausverkehr, der Rest muss untergebracht werden. Wo? Und: Ein Umweg über den Alleenring dürfte für viele die Gesamtfahrtstrecke, die sie heute über die Berliner führt, um >50% verlängern.

  • Zu den Verkehrszahlen: Landstraßen mit zwei Fahrstreifen (also einem pro Richtung) werden in der Regel ab 20000KFz/Tag auf vier Fahrstreifen ausgebaut, 30000 verkraftet selbst bei ausschließlich planfreien Knotenpunkten so gut wie Keine ohne größere Staus. Den Rest kann sich jeder selbst ausrechnen.


    Bau-Lcfr, da stimmt dir ja jeder zu, da ist allerdings ebenfalls nicht im Geringsten die Breite der Berliner Straße das Problem, sondern der mangelnde Mut der verantwortlichen Politiker die städtebaulichen Fehler der Nachkriegszeit zu korrigieren. Das Thema ist schon öfter hier angesprochen worden, durch die immer wieder aufkeimende Diskussion über Anzahlen von Fahrstreifen aber sofort wieder untergegangen.
    Es gibt leider keinerlei Bestrebungen die Vorstadt-Wohnblöcke zu beseitigen, allenfalls die zur Limpurger und Münzgasse offenen Innenhöfe könnten dort durch irgendwelche Riegel etwas abgeschlossen werden, aber viel besser würde die Vorstadtatmosphäre dadurch auch nicht. Und die anderen von dir gezeigten Unorte werden durch den Bundesrechnungshof geschaffen, für den nicht nur deshalb fast jeder hier im Forum und allgemein jeder dem das Stadtbild am Herzen liegt den Komplettabriss fordert. Aber ausgerechnet die gezeigten Bauteile sollen nach dem Willen von (Schwarz-)Grün ja unbedingt stehen bleiben und stattdessen die unmögliche Situation mit weiteren keineswegs altstadtwürdigen Flachdach-Großbauten zementiert werden, in diesen seltsamen Platz in der Südostecke ist sogar ein zehngeschossiger Solitärbau vorgesehen... :nono:

  • Es ist in dieser lebhaften Diskussion schon alles gesagt worden - nur noch nicht von mir... ;)


    Als erstes setze ich mich jetzt aber mal bewusst in die Nesseln: Die Wohnbebauung um die Berliner Straße ist keine Schönheit. Ganz im Gegenteil. Aber sie ist Teil der Geschichte der Stadt und bietet Wohnraum außerhalb der überteuerten Neubauprojekte. Das ist hilfreich, wenn eine Stadt lebendig sein soll. Ich gebe zu: Manchmal merkt man abends nicht viel davon, dass da so viele Leute wohnen. Warum das so ist? Sicher auch, weil die breite Schneise der Berliner Straße nicht gerade dazu einlädt, hier ein Gefühl von Urbanität aufkommen zu lassen. Ich bin kein übermäßiger Fan davon, immer darüber nachzudenken, ob man historische Grundrisse immer rekonstruieren muss, sondern finde, dass auch die Nachkriegsperiode ihre Daseinsberechtigung hat. Deshalb: Wohnungen sanieren, attraktive Geschäfte, die sich vielleicht halten, weil es angenehm ist, dort auch auf der Straße zu flanieren. (Wo sich attraktive Optionen bieten - ex-Rechnungshof - sollte man die freilich nutzen.)


    Das heißt, es wäre super, wenn die Berliner Straße etwas einladender wäre. Grundsätzlich finde ich den Vorschlag gar nicht schlecht: Oft hat die Berliner zz. ohnehin nur eine Spur, weil eine durch Parken in zweiter Reihe blockiert ist oder sich der Verkehr zum Parkhaus Hauptwache etwas länger zurückstaut... Weitgehend sollte eine Spur mit Parkbuchten, breitere Fußgänger- und Radpassagen und Straßenbegrünung einen guten Beitrag leisten.


    Allerdings: Wie viele hier richtig sagen, ist die Berliner zz. eine Verkehrsader, deren Durchflussvolumen nicht von anderen Straßen aufgenommen werden kann, schon gar nicht vom Anlagen-/Cityring. Wer aus dem Osten - A66, Enkheim, Fechenheim, Maintal, Hanau, ... - kommt, landet früher oder später auf der Hanauer und dann entweder am Mainkai oder auf der Berliner. Eine Verengung ohne Konzept, wo der Verkehr eigentlich hinsoll bzw. wie er verringert werden kann, erzeugt dann einen noch schlimmeren Verkehrsinfarkt, beginnend mit der vermutlich nicht besonders kurzen Bauperiode (=Dreck+0 Fahrspuren für X Monate). Mit Ausnahme der U-Bahn von Enkheim (das P&R-Parkhaus an der Borsigallee ist angeblich ausgebucht) gibt es z.B. keine schnelle und komfortable ÖPNV-Anbindung aus dem Osten. Die 11 und 12 brauchen gut 20 Minuten aus Fechenheim und erschließen nicht das Umland. Die Nordmainische S-Bahn wird vermutlich nicht vor 2020 was, wenn überhaupt. (Der S-Bahn-Tunnel ist ja auch an seiner Kapazitätsgrenze.) Ich halte es einfach nicht für sinnvoll, Straßen zuzumachen, wenn man keine Alternativen schafft. Also: Erst Konzept (Lage der Parkhäuser, Zufahrten, ÖPNV-Anbindung für Umland, dann Struktur der Verkehrsflüsse in der Innenstadt usw.), dann Straßenverengung. Wer signifikant MIV aus der Innenstadt wegholen will, muss ÖPNV-Leistungen attraktiv anbieten.

  • ^ Schauen wir mal nach Düsseldorf - eine Wohngenossenschaft (kein Privatinvestor) reisst Wohnbauten der 1950er Jahre ab und baut neue für 10 EUR/Qm. Über irgendwelche Proteste steht im verlinkten Artikel nichts. Schön, wenn es in einer Stadt gebrauchte billige Wohnungen gibt, doch Frankfurt ist groß - das muss nicht just im Radius von 200-300 Meter um den zentralsten aller Plätze sein. Es reicht auch, wenn es ein paar Bauten der 1950er Jahre in der Altstadt gibt (irgendwelche würden bestimmt bleiben) - sie müssen nicht die Mehrheit der Bausubstanz ausmachen.


    Über die Verkehrsströme schreibe ich nichts mehr, hier ist Wesentliches gesagt.

  • 36.000 PKW/Tag --> Was steckt dahinter?

    Wer signifikant MIV aus der Innenstadt wegholen will, muss ÖPNV-Leistungen attraktiv anbieten.


    Der ÖPNV im Rhein-Main Gebiet ist deutlich attraktiver als beispielsweise der kurz vor dem Kollaps stehende in München. Verbindungen aus Wiesbaden, Mainz, Darmstadt, Hanau, Bad Homburg oder Offenbach sind mit dem Zug eindeutig schneller als mit dem Auto (wenn man die leidige Parkplatzsuche einfaktoriert). Die nordmainische S-Bahn und das abgehängte Fechenheim sind nun wirklich Ausnahmen und nicht die Regel.


    Mich würde zudem eine Unterteilung der 36.000 PKW/Tag interessieren:
    - Wieviel hiervon ist reiner Durchfahr-, Abkürzungs- bzw. Schleichverkehr (genau wie an der Hauptwache)?
    - Was ist der Anteil der reinen Pendler und des reinen Anlieferverkehrs?
    - Wieviele Touribusse fahren den Paulsplatz an und gibt es keine weiteren Alternativen in der Innenstadt?
    - Wieviel schlimmer sieht es zu Messezeiten aus?
    - Wie ist die Entwicklung der letzten 10 Jahre? Rückläufig? Zunehmend? (meine Vermutung ist abnehmend aufgrund der deutlich verbesserten Einkaufsmöglichkeiten im Umland)


    Diese Auswertung war bei der Hauptwache mit einer ungefähren Schätzung möglich, daher sollte eine solche Differenzierung hier auch möglich sein. Je mehr man über die gegenwärtige Nutzung der Berliner Straße Bescheid weiß, umso besser weiß man mit ihr umzugehen.

  • zu #186:


    An der Stelle in Düsseldorf ist man definitiv im Radius von 200-300 Metern von einem zentralen Platz entfernt. Die Bausstellenlogistik im Rand von Düsseldorf dürfte sich auch einfacher und kostengünstiger bewerkstelligen lassen. Die 10 Euro würde im Vergleich zur derzeitigen Miete rund um Dom-Römer eine Mieterhöhung von über 15 Prozent bedeuten.


    Zum einen würde ich gerne allen Bewohnern der Altstadt in Frankfurt nach dem Abschluss von DomRömer, Historisches Museum und MainTor eine Verschnaufpause gönnen.


    Ich weiß auch nicht, warum man immer auf die Bebauung an der Berliner Str., Fahrgasse, Mainkai etc. so draufschlagen muss. Ich schätze die Innenhöfe sehr zum Erholen von den Massen auf der Neuen Kräme, Römerberg und Braubachstraße. Und durch das DomRömerProjekt werden das wahrscheinlich noch viel mehr. Wenn an den angesprochenen Stellen vor dem Krieg mehr los war, liegt das vorallem daran, das die Altstadt krass überbevölkert war. Eine Neubebauung am Mainkai, Fahrgasse etc. würde die Bevölkerung sogar senken, weil immer mehr qm in einer Wohnung von immer weniger Bewohner gewünscht werden. 140qm für 2 Personen sollte eigentlich mit Strafaufschlag geahndet werden.


    Zum dem stimmt es nicht, das diese 50er/60er Bebauung keine urbanen Plätze entstehen lassen kann: Gegenbeispiele sind der neue Platz am südlichen Ende der Kurt-Schumacher, der Platz vor der Kleinmarkthalle und der Liebfrauenberg. Auch die Berliner Straße wird aufleben, wenn dort Platz auf den Trottoirs für Straßencafés etc ist. Das Problem dort ist (wie überall in Ffm), das der Einzelhandel zusammen mit den Hauseigentümern die Fassaden im Erdgeschossbereich zerstören, zerstört haben.


    Die Caritasneubebauung ist dorch im großen und ganzen gelungen. Ich liebe diesen Durchblick vorbei an Zum Prinzen Carl-Turm, Karmeliterkolsterkirchturm zu den Hochhäuser im Finanzdistrikt.


    Warum man Angst hat, das die Berliner für den Autoverkehr kollabiert, wenn Sie nur noch eine Spur hat, erschließt sich mir nicht. Wer von Osten kommt muss durch eine Hanauer Straße, die auf 30 gedrosselt ist (wegen dem Blitzer fahren die meisten sogar nur 20km/h) und zeitweise nur einspurig ist. Auch vom Nordosten / Friedberger muss man an der Konstablerwache durch eine Engstelle um dann einspurig abbiegen zu können. Von Westen her muss man durch einen einspurigen Tunnel oder über eine halbe Abbiegespur von der Neuen Mainzer in die Weißfrauenstraße fahren. Meine Erfahrung ist, das man zu allen Zeiten relativ gefahrlos die Berliner als Fußgänger wild kreuzen kann zwischen den Fußgängerampeln. Gefährlich sind nur die Autofahrer, die sich bei zwei Spuren genötigt fühlen, voll auf das Gas zu treten um dann 100m weiter wieder stark abzubremsen an der roten Ampel. Die Idee mit zwei Spuren vor und nach einer Ampel ist zwar gut. Aber dem Frankfurter Autofahrer sind Ausfächern vor und Reizverschluss nach der Kreuzung leider wesensfremd.

  • ^ Das hat doch Schmittchen ganz gut unter #171 erklärt. Die Innenstadt ist normalerweise ein Ort, der sämtlichen Stadtbewohnern und Besuchern dient - mit zentrumsbildenden Funktionen und viel Betrieb. Ruhig wohnen kann man einige 100 bis 1000 Meter weiter.


    Im zuletzt zitierten FR-Artikel behauptet Cunitz u.a., Wohnbauten anstelle eines Bürobaus würden die Altstadt beleben - dass sie belebter sein sollte, bestreitet auch er nicht. Das würde aber eine weitere Vorstadtcharakter-Siedlung ohne irgendwelche Zentrumsfunktionen gar nicht schaffen - wo die toten Zonen doch gerade aus solchen Siedlungen bestehen. Möglicherweise wäre ein Mittelklassehotel sogar hier und da besser - immerhin gibt es darin auch Gastronomie wie auch mehr Bewohner pro Qm Fläche.


    Gleich kann ich das Beispiel eines Hotels in Maastricht verlinken, das sich an die umliegende altstädtische Bebauung anpasst - mit Satteldächern und Kleinteiligkeit durch kleinteilig verschiedene Geschossigkeit. Etwas dieser Art - möglichst mit mehr Gastronomie im EG - könnte z.B. anstelle des Bürobaus westlich vom Römer entstehen.


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    Erg.: Für die Stellen, wo 1950er-Wohnblöcke durch neue Wohnbebauung ersetzt würden, was politisch womöglich leichter durchsetzbar wäre - selbst Sozialwohnungen müssen nicht zwingend öde Kästen mit Einheitsweißputz bedeuten, es geht auch anders (dieses Beispiel wurde in der Pariser Altstadt errichtet). Eine Nachahmung in der Frankfurter Altstadt würde ich jedoch z.B. mit Künstlerateliers/-Galerien im EG ausstatten, damit ein Passant was lebendiges zu sehen bekommt. Bitte aber - selbst wenn keine Rekonstruktion entsteht, was noch besser wäre - möglichst kleinteilig und nicht in Großsiedlungs-Massstab.

    2 Mal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • Die Innenstadt ist normalerweise ein Ort, der sämtlichen Stadtbewohnern und Besuchern dient - mit zentrumsbildenden Funktionen und viel Betrieb.


    Das Problem hier ist doch, dass die Stadtbewohner hier immer den kürzeren ziehen und immer mehr zu bloßen Innenstadtbesuchern gemacht werden.


    Mein Vorschlag wäre, nach Fertigstellung von den Projekten DomRömer, MainTor, Berliner Straße und Rechnungshof mindestens 10 Jahre die Entwicklung zu verfolgen.


    Im zuletzt zitierten FR-Artikel behauptet Cunitz u.a., Wohnbauten anstelle eines Bürobaus würden die Altstadt beleben - dass sie belebter sein sollte, bestreitet auch er nicht.


    Erstaunlich ist, das auf dem Cunitz-Spaziergang die Bethmannstraße ausgelassen wurde. Im "Hinterhof" von Belebung sprechen, wenn an einer der Hauptstrecken der Altstadt die Stadt die Chance ungenutzt ließ, im/am eigenen Haus für Belebung zu sorgen, indem man die Arkaden des Nordbaues nicht öffnet. Zudem verschiebt die Stadt zunehmend Ämter mit Besuchsverkehr an perifäre Orte, denen man dann auch noch den Straßenbahnanschluss kappt.


    Generell finde ich den Ansatz richtig, in der Altstadt bei Neubauten wie in der Ostzeile, DomRömer, Saalgasse unten Gewerbe oben Wohnen vorzuschreiben. Vielleicht ließe sich bei Bau von zusätzlichen Wohnungen an einigen anderen Stellen bestehende Ergeschosswohnungen zu (kleinen) Ladenlokalen umgestalten.


    Möglicherweise wäre ein Mittelklassehotel sogar hier und da besser - immerhin gibt es darin auch Gastronomie wie auch mehr Bewohner pro Qm Fläche.


    Allheilmittel Gastronomie und Hotel. Nicht das wir nicht schon überversorgt sind mit Gastronomie in Frankfurt. Immer wenn ein normaler Laden schließt, kommt Gastronomie rein. Schon jetzt gibt es einen Mangel an Küchen- und Servicepersonal (sogar bei den Aushilfen). Mit den Hungerlöhnen kann man sich auch kaum noch Randlagen in Frankfurt leisten.
    Besonders Hotels in der Mittelklasse sind meist keine Orte der Stadtbewohner, wenn Sie überhaupt ein Restaurant selbst führen.


    Bei kleinteilig bin ich dabei. Auch dem Europaviertel hätte etwas mehr Kleinteiligkeit gutgestanden. Eigentlich gehört in eine Satzung für die Alstadt eine Beschränkung der Wohnflächen. Neue Wohngebäude sollten verpflichtend eine Variation von 30qm bis maximal 90qm aufweisen.

  • ^ Beim Bau kleinerer Wohnungen fallen mehr Stellplatzkosten ins Gewicht, obwohl die Bewohner eigentlich wahrscheinlicher ganz ohne ein Auto leben. Die Frankfurter Stellplatzsatzung wird gerade diskutiert, dazu fand ich etwa diesen FAZ-Artikel vom Ende Mai - Cunitz ist nicht für komplette Abschaffung, die Teile der Wirtschaft klar fordern.


    Dann hätten wir noch verschiedene Gestaltungssatzungen - kürzlich las ich in der fürs Bahnhofsviertel, dass die Neubauten zumindest die ursprüngliche Parzellierung bei der Fassadengestaltung deutlich sichtbar machen sollten. Diese Minimalstforderung sollte erst recht für die Altstadt zumindest zwischen dem Main und der Berliner Straße wie auch in den Straßenblöcken an der nördlichen Berliner Straße gelten - für die Zeil wäre dies bereits unrealistisch. Bisher gibt es solche Prämisse nicht. Die Siedlungen der 1950er erfüllen diese Minimalforderung nicht - aber auch das eher groß dimensionierte neuliche Caritas-Zentrum mit seinen Einheitsfassaden ebensowenig.


    Hier die Übersicht derzeitiger Gestaltungssatzungen - gerade der wichtigste Altstadtkern fehlt.

    3 Mal editiert, zuletzt von Bau-Lcfr ()

  • Ich habe mich zwar in verschiedenen Beiträgen für den Erhalt des Bundesrechnungshofs stark gemacht, erstens, weil ich das Gebäude (in seinerm gepflegten Urzustand) sogar für ganz gelungen halte, aber vor allem zweitens, weil ich gegen eine Aushölung des Denkmalschutzes bin, egal um welches Gebäude es im einzelnen geht. Ich sehe es allerdings auch wie viele hier im Forum, dass die Gesamtheit der Bebauung im Altstadtgebiet (Bereiche Fahrgasse, Buchgasse aber auch Berliner Straße) natürlich aus heutiger Sicht weder Altstadt-, noch überhaupt Innenstadt-gerecht ist. Es gibt wenige Ausnahmen, wo man bei der Gestaltung in den 50ern noch einen gewissen Willen erkennt, dem Ort gerecht zu werden, im großen und Ganzen wurde man aber nur der damaligen Ideologie gerecht. Daher halte ich auch weniger das absolute Verkehrsaufkommen der Berliner Straße für das große Problem, sondern die Gestaltung des öffentlichen Raums, der Verkehrsfläche und großen Teilen der Bebauung. Dies schränkt m. M. n. die Auffenthaltsqualität ein und die Trennungswirkung wird auch durch solche Details erwirkt, dass man eben als Fußgänger zwischen Neuer Kräme und Paulsplatz schon rennen muss um bei grün über die Berliner drüber zu kommen. Die sprichwörtliche "alte Oma" tut mir da echt leid.


    Ein Aspekt, den ich mal ganz wertfrei ansprechen wollte, kommt mir an dieser Stelle auch etwas zu kurz: klar, wir wissen alle, dass die Kriegszerstörung letztlich schuld daran ist, dass die Altstadt so aussieht, wie sie heute aussieht. Die Politiker und Stadtplaner haben die damals die einmalige Chance gehabt quasi eine Freifläche in einer solchen Lage komplett neu zu überplanen und modernen Anforderungen anzupassen. Dass aus heutiger Sicht diese Chance ein Fluch ist, hatten damals zwar schon einige, aus der damals fortschrittlichen Sicht ewig Gestrige, vorausgeahnt, aber an den entscheidenden Stellen mir Ihren Einwänden kein Gehör gefunden. Sie Situation heute lässt, so wünschenswert es auch wäre, aber eine solche Tabula-Rasa-Vorgehensweise nicht mehr zu. Auch wenn es aus einer objektiven Gesamtsicht der Altstadt guttun würde, nachzuverdichten, neu zu bauen, das Gebiet zu "beleben", wie auch immerdas aussehen sollte, es gibt eben Menschen, die dort wohnen, möglicherweise seit Langem, oder die gezielt dort hingezogen sind und die, wie ich denke, unbestreitbaren Pluspunkte (ruhig UND zentral bei bezahlbaren Mieten) zu schätzen wissen. Es wird doch an jeder Ecke heute nach Bürgerbeteiligung verlangt. Ich fürchte, wenn man die Menschen dort fragt, wird man hören, dass es den meisten dort gefällt, dass es Heimat ist. Da mögen unsere Theorien noch so richtig sein, man wird sie dort nicht verkaufen können. Anderes Beispiel: Kein Mensch der nicht im Mainfeld in Niederrad wohnt, kann nachvollziehen, was man daran finden kann. Und doch gab es ja massiven Wiederstand der Bewohner gegen einen Abriss der Hochhäuser.


    Sorry für den Monolog, aber dies wollte ich nur mal als Denkanstoß einfließen lassen.

  • ^ Die 1950er-Siedlungen werden sicherlich nicht alle gleich verschwinden, eher nach und nach im Verlauf einiger Dekaden. Und dennoch - einige Beiträge davor verlinkte ich ein Beispiel aus Düsseldorf, dass Wohnbauten der 1950er durchaus mal abgerissen werden, weil sich die Sanierung nicht lohnt - sogar von Wohnungsbaugenossenschaften. Es gibt noch mehr Abrisse zugunsten privater Bauprojekte (z.B. diese Häuserzeile ist bereits weg), diese manchmal mit Gestänke-Spuren in den Medien - was im Falle der Wohnungsbaugenossenschaften-Abrisse-und-Neubauten mir nicht bekannt ist.
    Auf ähnliche natürliche Prozesse könnte man auch in der Frankfurter Altstadt hoffen.


    In der darüber verlinkten Bahnhofsviertel-Gestaltungssatzung steht unter §2, dass im Fall der Umbauten entstellter Gebäude das historische Erscheinungsbild vor 1918 wiederherzustellen sei - diese Prämisse müsste logischerweise auch beim Neubau gelten. Um wieviel sinnvoller wäre das in der Altstadt! Das bedeutet nicht eine automatische Abriss-Entscheidung - nur Festlegung, wie gebaut werden soll, falls jemand eine Bausünde der 1950er beseitigt.

  • ...oder die gezielt dort hingezogen sind und die, wie ich denke, unbestreitbaren Pluspunkte (ruhig UND zentral bei bezahlbaren Mieten) zu schätzen wissen.


    Widerspricht sich nicht "zentral" und "ruhig bei bezahlbaren Mieten"? :confused:


    Ich denke, dass Frankfurt nicht mehr das ist, was es möglicherweise in den 50gern war. Die Stadt wird immer attraktiver! Die Menschen, die zental wohnen möchten, sind auch bereit höhere Mieten zu zahlen...so ist es eigentlich in jeder Stadt. Diese Menschen wollen auch meistens eine lebendige Stadt und keine Gartenlanschaft rund um die Häuser aus den 50gern. Ich wüsste nicht warum jemand ein Recht haben sollte, ruhig und zentral bei bezahlbaren Mieten zu wohnen. Als Student habe ich das Recht auch nicht gehabt...:nono:

  • Widerspricht sich nicht "zentral" und "ruhig bei bezahlbaren Mieten"?


    Im Normalfall sicherlich. Die Altstadt in den angesprochenen Bereichen Fahrgasse, südlich Dom, Buchgasse ist aber zentral gelegen, aber dadurch, dass es in den Wohnstraßen kaum Verkehr, Gastronomie und nennenswerten Einzelhandel gibt, definitiv ruhig. Genauso ist meines Wissens die Miete durch die mehrheitlich unsanierte 50er-Jahre-Bebauung (immer natürlich in Relation zum zentralen Standort gesehen) in der Regel noch human.

  • aber dadurch, dass es in den Wohnstraßen kaum Verkehr, Gastronomie und nennenswerten Einzelhandel gibt, definitiv ruhig


    ...Und genau das ist der häufige Kritikpunkt, dass in der engsten Mitte einer Weltstadt tote Zonen existieren, in den ohne Gastronomie, Handel, Kunstgalerien oder Ähnliches nichts los ist. Das widerspricht dem Sinn eines Stadtzentrums.


    Gebiete mit unsanierten billigen Nachkriegsbauten gibt es massenweise auch woanders, die paar Quartiere ändern nicht viel an der gesamtstädtischen Wohnsituation.

  • Freilich ist es ruhig in den weitläufigen autofreien Höfen, das bringt die für Innenstadtverhältnisse enorm weit auseinander stehende Bebauung eben mit sich. Das mit den moderaten Mieten stimmt auch. So unangenehm es für einzelne Bewohner auch sein mag, das Interesse der Öffentlichkeit an besseren städtebaulichen Lösungen ist eindeutig höher einzustufen. Dabei kann und soll es keine großflächigen Abrisse geben. Die Bauten sollen sukzessive ersetzt werden, hier und dort ein oder zwei Riegelbauten, an anderer Stelle ein, zwei Flügel eines Hofs.


    Entscheidend ist, dass das Ganze definierten Zielen folgt, mithin ein solides Konzept hinsichtlich Städtebau und Architektur verfolgt wird. Ein Masterplan für eine attraktive und angemessen verdichtete Innenstadt muss her. Dieser muss dann über viele Jahre hinweg abgearbeitet werden. Sonst wird oft nur veraltete Hässlichkeit durch zeitgemäße Hässlichkeit ersetzt. Der Masterplan sollte sich am historischen Stadtgrundriss orientieren. Und an der einen oder anderen Stelle darf gerne auch eine Rekonstruktion vorgesehen werden.


    Das wäre dann der wünschenswerte Rahmenplan "Innenstadtkonzept Frankfurt", jedenfalls für die genannten Aspekte. Die von der Umweltdezernentin und ihren Parteifreunden eingebrachten Vorschläge für Abrisse zugunsten von neuen Stadtplätzen, gesäumt von neu gebauten "Hochpunkten" in Plattenbauanmutung, braucht hingegen keiner. Zur Illustration der erschütternde Vorschlag für das Fischerfeldviertel:


    fuckt0bmp.jpg
    Bild: © Stadtplanungsamt Frankfurt am Main

  • ^


    Zur Sicherheit nochmal deutlich: ich sehe das ja 100 % genauso. Ich wollte nur den Aspekt mal einbringen. Auch habe ich ja nicht gesagt, dass irgendjemand einen Anspruch auf irgendwas hat...

    Ich wüsste nicht warum jemand ein Recht haben sollte, ruhig und zentral bei bezahlbaren Mieten zu wohnen. Als Student habe ich das Recht auch nicht gehabt..

    Ich kann nur die vermutete Sichtweise bzw. ablehnende Haltung der Bewohner zu einem gewissen grad nachvollziehen.

    Einmal editiert, zuletzt von OllaPeta () aus folgendem Grund: kleine Textänderung