Interessant, dass sich die erste große Diskussion im Dresden-Bereich um Dämmsysteme dreht.
Wir können auch mal darüber diskutieren, wer hier eigentlich die Vorstellung von so manchem finanzieren soll? Am besten alles historisch korrekt rekonstruiert und dabei natürlich auch die historischen Baustoffe verwendet. Ich verstehe es manchmal nicht ganz, wie hier diskutiert und kritisiert wird ohne dabei irgendwie daran zu denken, dass dort drin auch Menschen leben müssen. Ich hatte es ja schon mal erwähnt, wir sind hier bei, wie ich finde, mittelmäßigen Bauten in guter, aber nicht sehr guter oder exzellenter, Lage bei Preisen von 3.500 - 4.000 EUR je qm angekommen. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Wohnfläche ist in Deutschland bei 45 qm oder anders gesagt für eine 4 köpfige Familie bei 180 qm. An sowas ist ja gar nicht zu denken in Dresden, rechnen wir mal mit bescheidenen 125 qm für eine Familie. Dann macht das einen Preis von 440k-500k.
5/6 der Familien in Dresden haben 4.000 EUR Nettoeinkommen oder weniger. Gehen wir mal davon aus, dass man 4.000 EUR hat, davon sollte man nicht mehr als 40% für Zins- und Tilgung aufwenden. Bei 2,5% Zinsen hätte selbst diese Oberschicht-Familie gute 34 Jahre abzuzahlen, neben den Nebenkosten und Hausgeld. Ich gehe vom günstigsten Beispiel von 440k EUR aus. Und ich weiß auch nicht, ob man bei Tilgung über 34 Jahre 2,5% festgeschrieben bekommt.
Wer nicht zu dem oberen 1/6 gehört, der hat noch schlechtere Karten.
Wenn wir jetzt nochmal 100-200k pro Wohnung rechnen, damit es auch ja dem ästhetischen Anspruch eines jeden hier genügt, dann ist Wohnen in Dresden, außerhalb Prohlis, Gorbitz, Pieschen, eigentlich nur noch ein Thema für Doppelverdiener, wobei einer mindestens in leitender Stellung aktiv sein sollte.
Deswegen das nächste mal, wenn hier wieder an 350-700k Wohnungen herumkritisiert wird, dass diese architektonisch langweilige oder öde wären, daran denken, dass es auch jemand bezahlen muss. Wenn die Forenuser pro Projekt 0,4-0,8 Mio. beitragen, dann könnten wir sicher auch architektonisch andere Sachen machen.
Zweitens sollte man auch irgendwann mal den Blick von der Vergangenheit in die Zukunft wenden. An manchen Stellen wie um die Frauenkirche herum ist dieses "wir bauen auf dem historischen Keller auf" sicher eine nette Sache. Früher fand ich es dort auch ganz nett, mittlerweile ist es eher eine quietschbunte Disney-Landschaft für mich. Alte Häuser sind nun mal alt und haben entsprechende Gebrauchsspuren. Das macht den Charm aus, nicht irgendwelches Gerede über Kleinteiligkeit und historischem Vorbild. Aber an anderen Stellen muss man auch mal mit der Vergangenheit abschließen und mit der Zukunft anfangen. Dieses ständige Gerede über historische Vorbilder nimmt wahrscheinlich jedem ambitionierten Architekten auch die Lust, in Dresden etwas zu bauen. Die wollen eh nur ihren alten Scheiß in neuen Farben wiederaufgebaut haben...
Architektur ist kein Selbstzweck und wie gesagt, am Ende muss jmd. darin leben. Eine etwas nüchternere Perspektive würde hier ganz gut tun. Sicher, man läuft halt mal an dem Gebäude vorbei und findet es gut oder schlecht. Nach drei Minuten ist alles wieder vergessen. Die Person darin muss innen drin für 10, 20... 50, 60 Jahre leben. Tagtäglich den größten Teil des Tages...
Wo wir auch wieder beim Thema Finanzen sind. Niemand möchte 15-20 Jahre länger abzahlen, finanziell meist gar nicht möglich aber wir bedenken mal die theoretische Möglichkeit, nur damit es außen ein wenig schicker aussieht.
Schlussendlich außerdem... Warum bauen wir Gründerzeitbauten wieder auf? Warum nicht die Stein- und Lehmhütten unserer Vorfahren? Diese sind doch auch historisch. Gab es in Dresden Palisadenwälle? Was machen die Städte, welche keine historischen Vorbilder haben - bauen die die historische Altstadt einer anderen Stadt nach oder müssen die mit Neubauten leben? (Oh mein Gott... Nein!!!)
Ist wirklich die Mehrheit aller Dresdner für einen historischen Aufbau in jeder Ecke und sei diese noch so unbedeutend? Sind Themen wie Schulsanierungen, KiTa-Aufbau, Straßenbahnausbau, Straßensanierungen, Fahrradwege usw. nicht vielleicht wichtiger für den Durchschnitts-Dresdner?