Rekonstruktion Karstadt am Hermannplatz (in Planung)

  • Ich arbeite in der Finanzbranche und bin mit der Finanzierung von Unternehmen (insbesondere Start-ups) beschäftigt. Richtig ist, dass in Berlin (weiterhin) fleißig investiert wird. Dies ist aber weniger der Politik des Berliner Senats geschuldet, sondern liegt eindeutig an der Attraktivität der Stadt für Investoren (diverse Universitäten/Hochschulen, leichteres Rekrutieren auch von internationalen Mitarbeitern, vergleichsweises niedriges Lohnniveau, gute Infrastruktur etc.pp.).


    Fakt ist aber auch, dass Unternehmen mit mehreren Standorten im Bundesgebiet inzwischen sehr gut überlegen, wo sie ihre Investitionen für weiteres Wachstum tätigen. Die aktuelle Politik des Senats mit Mietendeckel und dem Ausbremsen von Investitionen (bspw. von Google bzw. jüngste Beispiele: Hochhäuser am Kudamm bzw. Karstadt-Umbau am Hermannplatz) führte nach meinen Gesprächen mit den Unternehmen schon diverse Male dazu, dass die Entscheidung zu Lasten Berlins getroffen wurde. Insofern ist hier im Unterschied zur Auffassung DerBes nichts widerlegt.

  • Investitionen werden da getätigt wo man auch Renditen erzielen kann. Da wo die Möglichkeiten zur Rendite massiv beschnitten werden wird auch nichtmehr inverstiert – wieso auch? In anderen Worten, in Berlin wird (jetzt noch) investiert da man sich davon etwas verspricht, nicht weil man Berlin so geil findet. So einfach ist das.

  • Ich arbeite in der Finanzbranche und bin mit der Finanzierung von Unternehmen (insbesondere Start-ups) beschäftigt. Richtig ist, dass in Berlin (weiterhin) fleißig investiert wird. Dies ist aber weniger der Politik des Berliner Senats geschuldet, sondern liegt eindeutig an der .


    Also gibt es keine generelle Investorenfeindlichkeit, richtig? Nichts anderes habe ich behauptet.
    Ansonsten gäbe es z.B. auch keine 600 Millionen Euro-Investition in den Innovationscampus Siemens.
    Sicher läuft nicht alles rund, aber ich finde es nach wie vor richtig, sich kritisch mit Investition auseinanderzusetzen. Gutes Beispiel sind die Samwer-Brüder. Nicht jedes Invest sollte Willkommen sein.

  • Heute wird im Tagesspiegel berichtet, dass der Regierende Bürgermeister Müller die aktuelle Ablehnung des Projektes durch den Bezirk kritisiert und für nicht akzeptabel hält.


    So wie ich das verstehe, deutet er damit an, dass der Senat das Projekt an sich ziehen könnte, da es Bedeutung für die gesamte Stadt hat. :daumen:

  • Schlechte Nachricht.


    FS wird das Vorhaben so mit Sicherheit weiter blockieren, das passt zu ihm. Hätte der Senat es an sich gezogen (oder besser an Neukölln übertragen), so hätte es eine Chance bekommen.


    Ich habe heute ein Interview mit Herrn Herrmann, grüner Minister in Baden-Württemberg gelesen. Da liegen Welten dazwischen. Die Berliner Provinzialität ist inzwischen unfassbar. Ich denke auch Thüringen und Bremen werden wesentlich pragmatischer und professioneller geführt. Die krasse Arroganz mit der Investoren brüskiert werden ist phänomenal.

  • Ich denke bei Berlin laesst sich das pauschal nicht so negativ sagen. Es kommt auch ziemlich darauf an in welchem Bezirk so etwas ansteht. Klar dass in Kreuzberg die Chancen für sowas sehr kritisch gesehen wird, in anderen Bezirken saehe das wieder ganz anders aus. Google waere bestimmt in vielen anderen Bezirken mit Handkuss angenommen worden.
    Und Siemens ist ein Sonderfall schon allein wegen der Groeße und es geht auch deshalb so reibungslos, weil bei ihrem Standort kaum oder kein Konflikt mit dem jetzigen Umfeld da ist.


    Ich denke es die gegenwaertige Regelung ist auch ein Unding. Dass der Bezirk zustaendig ist und der Senat mal eingreift und mal nicht, das ist viel zu schwammig, birgt Konfliktpotenzial und wird langwierig.
    Es sollte klare Kriterien für die Zustaendigkeit geben, wie zum Beispiel Investitionshoehe oder anderes. Das wuerde vieles erleichtern.

  • Ich habe mich ja bisweilen sehr kritisch über Berlin geäußert, einfach weil ich diese Stadt so liebe. Sie ist mein zweites zu Hause und ehrlich gesagt gibt es keinen Platz auf der Welt, an dem ich lieber bin. Nicht Rom, nicht London, nicht Paris, nicht Barcelona.


    Und ich habe mittlerweile auch meine Frieden mit Orten wie dem Alex gemacht, ich bin sogar damit einverstanden, dass der Platz bleibt wie er ist, denn das gehört mittlerweile einfach auch zu Berlin.


    Und auch dass man seinen eigenen Kopf hat und nicht über jeden Stock springt, der einem von außen hin gehalten wird, kann ich verstehen. Denn das Kapital hat auch nicht immer nur das Gute im Sinn. Und auch auf einzelne Personen einzuhauen, ist meiner Meinung nach zu kurz gegriffen. Denn von den Personen gab es seit 1990 viele.


    Was mir aber gerade in Berlin nicht gefällt, ist dieses aufkommende Asterix-Sydrom, dieses Gefühl, man müsste sich gegen jeden und alles wehren, weil alle nur Unheil und Böses über die Stadt bringen wollen. Ich denke, wenn man diese Karte so weiter spielt, überreizt man sein Blatt irgendwann. Und genau diese Gefahr sehe ich.


    Man muss nicht jedem Investor blind vertrauen, denn seien wir ehrlich, diese sind in der Regel keine Gutmenschen, sondern wollen erst mal Geld verdienen. Daher ist es gut, wenn man zunächst skeptisch ist, aber man sollte nicht in Extreme verfallen und sein Handeln von Symbolpolitik überlagern lassen.


    Seien wir realistisch, Signa kommt nach Berlin, weil man mit der Immobilie und dem Grundstück Geld verdienen will und zwar mehr als jetzt.
    Rekonstruiert man das historische Kaufhaus, weil man den Sinn für die frühe Moderne entdeckt hat? Natürlich nicht. Der Bau ist nur Mittel zum Zweck, weil man über die Rekoidee Zusatzflächen bekommt, die man ohne eine Reko niemals erhalten würde.


    Aber anstatt das pauschel abzulehnen und sich total zu verweigern, sollte man versuchen, einen möglichst großen Mehrwert für die Bevölkerung und die Berlinbesucher rauszuschlagen und das Ganze zu einer Win-Win-Situation für alle zu machen. Man kann Signa auch bluten lassen für so viel mehr Geschossfläche. Warum nicht Studentenwohnungen in einem Turm? Warum nicht einen Stock für Museumsflächen freihalten, wo sich die Berliner Institutionen abwechslend temporär präsentieren? Es gibt so viele Ideen, wie man etwas für den sozialen Bereich, den kulturellen Bereich und die Stadt an sich machen kann und wie Signa trotzdem noch mit einem Plus aus der Sache raus geht.


    Aber dafür muss man miteinander reden und nicht übereinander. Denn Berlin hat es gar nicht nötig, sich zunehmend beleidigt in eine Ecke zu stellen. Die Stadt ist toll, vielfältig und in Europa einzigartig. Und es ist die einige echte Metropole, die wir in Deutschland haben. Und diese Rolle sollte man mit Selbstbewusstsein annehmen!

  • Schlechte Nachricht. FS wird das Vorhaben so mit Sicherheit weiter blockieren, das passt zu ihm. Hätte der Senat es an sich gezogen (oder besser an Neukölln übertragen), so hätte es eine Chance bekommen.


    Sehe ich anders. Meine Überlegungen zu dem Vorgang: Müller hat sich hinter das Projekt und gegen Schmidt gestellt. Um den Koalitionspartner dabei nicht öffentlich zu dupieren, hat er darauf verzichtet, offensiv das Verfahren an sich zu ziehen, sondern er hat sich im AGH von einer SPD-Abgeordneten danach fragen lassen – und dann höflich, aber quasi ex cathedra verkündet, dass er das Projekt haben will.


    Müller hat also mit dem Zaunpfahl gewunken, Schmidt aber Gelegenheit gegeben, das Gesicht zu wahren und selbst an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Und Schmidt hat reagiert: Er kann jetzt mit Signa über Zugeständnisse verhandeln, aber wahrscheinlich muss er das Projekt am Ende zähneknirschend genehmigen – sonst dupiert er nämlich Müller; und der sitzt nicht nur am längeren Hebel, sondern hat auch die Senatsgrünen auf seiner Seite.


    Schmidt hat deshalb noch eine Chance. Verbockt er die, dürfte er raus sein aus dem Verfahren. Kann natürlich passieren, dass er trotzdem auf stur schaltet, aber selbst dann ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Ich vermute, seit Müllers Intervention stehen die Chancen für den Bau ziemlich gut. Wenn er verhindert wird, dann eher nicht durch den Bezirk, sondern durch eine lautstarke, gut vernetzte NIMBY-Initiative.

  • Ich hoffe, Du hast recht und das natürlich nicht, weil mir der windige Investor unbedingt am Herzen liegt, sondern wegen des grandiosen Projektes am Hermannplatz. 20er Renaissance mit Chippie am Hermannplatz besser gehts einfach nicht! Da sind sich doch sogar hier quasi alle einig.

  • Erfreulich, dass wir bei so viel Unstimmigkeiten über Baustile, politische Verantwortung und "Ideolodie" bei anderen Themen, gerade bei einem Gebäude der Moderne so eine Übereinstimmung haben.

  • Ich hatte heute das Magazin der Linke in Friedrichshain-Kreuzberg im Briefkasten (welches ich normalerweise nichtmal flüchtig lese um meine Nerven zu schonen). Heute musste mein Wochendbeginn aber drunter leiden, weil es auf der ersten Seite um das gegenwärtige Projekt ging. Ein Hassobjekt für diese Leute, welches unbedingt verhindert werden muss. Es steht für den verhassten Kapitalismus, für das Feinbild eines österreichischen Investors, für „FPÖ-Country“. Die Architektur sei monumentalistisch und protzig. Hochprofessionelle PR Leute würden alle Register ziehen um die Öffentlichkeit zu manipulieren. usw. usf.


    Ich fürchte das Vorhaben wird es im heutigen Berlin noch sehr schwer haben und nicht nur dieses. Gerade wenn die Architektur etwas anspruchsvoller wird, springen bei diesen Menschen die Abwehrreflexe an. Wer schon so böse ist Geld verdienen zu wollen, soll dies bitte im Gewerbegebiet hinter Allerweltsfassaden tun und nicht am Hermannplatz in einer grandiosen, weltberühmten, wiederauferstanden, (jüdischen) Architektur.

  • ^^ Nun ja, das war halt Art Déco – eine Form der Moderne, die es auch Freunden des Historismus leicht macht, ihn zu mögen. Andererseits ziemlich "undeutsch" und amerikanisch – im Stil sehr ähnlich dem Empire State Buliding, nur viel kleiner. Es beruhigt mich, dass in diesem Forum anscheinend niemand unterwegs ist, den so etwas stört.

  • Das Karstadtgebäude ist architekturhistorisch nicht nur für Berlin, sondern für ganz Deutschland bedeutend. Es erinnert an das Verizon- Building in New York, welches nur 2 Jahre früher fertiggestellt wurde und als erster Art- Deco Wolkenkratzer gilt.
    Zu hoffen ist, dass die Fassade wirklich originalgetreu wiedererrichtet wird und nicht nur " zitiert" oder " modern interpretiert" wird. Ein kleiner Teil Originalfassade ist ja noch vor Ort erhalten.
    Das Gebaren des Baustadtrates Schmidt schadet (wieder einmal) Berlin.

  • @RotesRathaus: Aber warum erwähnst du "jüdisch" ? Im Magazin der Linken steht dies jedenfalls nicht.


    Selbstverständlich wird man die Kritikpunkte, die dort aufgezählt werden diskutieren müssen. Da steht auch viel Unfug drin, aber was ist denn mit dem erhaltenen Teil des alten Gebäudes? Gibt es dazu schon eine Aussage des Investors?


    Ich fände es schon schwer vermittelbar, wenn der kleine Teil des Originals weichen müsste, für Fassadenteile aus Betonstein.

  • Vielleicht wäre es hilfreich zu wissen, dass das Karstadtgebäude von der SS gesprengt wurde, damit seine Vorräte nicht den vorrückenden Sowjetsoldaten in die Hände fallen und somit keineswegs ein Opfer des Anglo-amerikanischen Bombenkriegs gewesen ist. Das rückt vielleicht einiges zurecht in manch einem linken Hirn.

  • < Inzwischen bin ich mir ganz sicher, dass hier mitgelesen wird. Nicht nur von rbb-Seite oder vom Bausenat ... somit keine Sorge, dass die Info nicht ankommt.

  • Ich weiß nicht, meint ihr wirklich, dass die Linke jetzt anders denkt wenn sie von der längst bekannten Tatsache erfährt, dass die SS das Gebäude gesprengt hat???


    Denen geht es doch mehr um die Erhaltung des Ist-Zustands. Was da früher stand, in diesem Fall sogar nur für ca. 17 Jahre, ist da eher unwichtig.